- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 10
Eine verwelkte Rose
Sie legte sich auf die braune Matratze zu ihm.
"Weißt du", flüsterte sie mit zittrigem Atem, "wie sehr ich dich vermisst habe?"
Er schwieg. Sie horchte.
Auf dem Weg zu ihm hatte sie die goldene Kette
ihres Vaters in den schwarzen See befördert. Es schnürte ihr die Kehle zu.
Ihr Kleid war weiß und mehrfach beschichtet über ihrer angespannter
Haut. Ihre Haare klebten schweißnass auf ihrem Gesicht. Ihr Atem wurde langsam regelmäßiger.
"Ich komme zu dir. Diesmal für immer."
Sie wusste, dass sein Schweigen seine Art des Redens war. Daran hatte sie sich gewöhnt und es wurde ihr langsam immer angenehmer.
Für einen Moment der Unsicherheit wendete sie sich von ihm ab, legte sich auf ihre rechte Seite und legte die weiße Rose neben sich, um es anzustarren.
Erinnerungen durchfluteten sie. Ihre Muskeln spannten sich noch mehr an als zuvor und sie vergaß, wo sie ihren linken Arm hingelegt hatte.
Wieder überkam sie der Geruch von verbrannter Tinte und Papier, das Braune der Asche und das lodernde Feuer, was sich in den Augen ihres Vaters wiederspiegelte. Das Braune seines Uniforms.
Schlagartig schloss sie ihre Augen in der kindlichen Überzeugung, dass
die Bilder verschwinden würden. Zwar verschwanden die Bilder nicht, aber ein merkwürdiger Schmerz trat ein. Sie spürte es am linken Unterarm. Dornen hatten sich in ihre Haut gebohrt.
Ohne eine Miene zu verziehen benutzte sie die rote Tinte und die Spitze ihres Zeigefingers um ein Bild zu zeichnen. Sie zeigte es ihm.
"Schau, Elias. Jetzt sind wir gleich."
Er schien zu lächeln, was sie noch glücklicher machte. Sie umklammerte ihren Körper.
Noch einmal drehte sie sich um und dachte :
"Früher hattest du dich vor deinem Namen gefürchtet."
Jetzt legte sie sich auf ihren Rücken und starrte ein besseres Kunstwerk an, als das, was sie auf ihre Haut gezeichnet hatte. Sterne lagen verstreut auf dieser endlos großen, schwarz-blauen Decke. Sie löste endlich den Griff ihrer Arme um ihre Taille, obwohl ihre Muskeln
sich noch viel angespannter anfühlten und drehte sich um zu ihm, um sich daran zu erinnern, warum sie gekommen war. Sie drehte ihren Rücken zu allem, was atmete und sich bewegte.
Eine Feststellung lastete auf ihrem Herz.
"Keiner wird uns verstehen."
Denn keiner hatte es getan.
Am nächsten Tag kam der Friedhofwärter. Was er sah war eine junge Frau in einem Brautkleid, die durch den Frost von letzter Nacht nicht mehr zu atmen schien und ein Stein mit der Beschriftung : "Hier ruht eine weiße Rose."