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Im Aquarium
„Das ist ein Rätsel. Das ist eine Falle oder eine List. Was hat das alles zu bedeuten? Was will sie von mir?“ Werners Kopf fühlte sich an, als wäre er voll mit Nebel. Sogar das von Sonnenlicht durchflutete und grell-bunt eingerichtete Zimmer, in dem er sich befand, wirkte durch diesen Nebel pastellfarben bis blendend grau.
„Was ist das für ein Rätsel?“, fragte Werner laut.
Die Frau in Lila schwieg.
„Das ist doch eine Falle!“
Die Frau in Lila schwieg.
„Was hat das zu bedeuten?“
In langsamen und bedachten Schritten tigerte die Frau durch das Zimmer, ohne ein Wort zu sagen.
„Was wollen Sie von mir?“, schrie Werner.
„Du weißt genau, was ich will“, antwortete die Frau streng.
Nun schwieg Werner.
„Ich will nur eine Antwort auf meine Frage“, sprach die Frau in Lila Wort für Wort aus.
„Na dann, dort! Dort! Auf dem Schreibtisch!“
Nur Kopfschütteln als Antwort. „Wo?“, kurz und hart.
„Dann eben am Fenster! Dort ist viel Licht!“
Die Frau wendete Werner den Rücken zu. „Wo?“, wie aus der Kanone geschossen.
Werner dachte einen Moment nach. „Vielleicht verstehe ich die Frage falsch.“ Aber die Frage ist doch eine einfache. Was könne man da schon falsch verstehen? Sein Blick überflog das ganze Zimmer. „Nein, das Zimmer an sich liefert keine Antwort.“ Er dachte noch eine Weile nach. „Ja, ich habe die Frage doch falsch verstanden!“
„Zwischen den Pflanzen ist bestimmt ein geeigneter Ort!“, teilte er stolz mit.
„Schon näher, aber immer noch nicht richtig“.
„Näher an Sauerstoff? In der Ecke vielleicht?“
Die Frau drehte sich hastig zu ihm um.
„Du weißt genau, dass 'in der Ecke' nicht die richtige Antwort sein kann. Nun denk doch mal nach. Es kann doch nicht so schwer sein. Wo?“, die Frau in Lila schaute ihn nun fast liebevoll an. Lächelnd, als würde sie mit ihm nur Raten spielen und wisse die Antwort schon längst.
Nun merkte Werner, dass er stramm in der Ecke des von Sonnenlicht durchfluteten Zimmers stand, umgeben von bunten Sachen, die durch den Nebel blass, pastellfarben und blendend grau erschienen. Er merkte, dass er nackt, und dass er ein Mädchen war. Ein kleines noch dazu. Noch nicht einmal eingeschult.
„Ich frage dich zum letzten Mal. Wo fühlt sich der Fisch im Aquarium am wohlsten?“
„Im Wasser.“