Was ist neu

Thema des Monats Die Kältekammer

Mitglied
Beitritt
11.12.2015
Beiträge
142
Zuletzt bearbeitet:

Die Kältekammer

Tag 1 - Samstag
Alles begann an diesem Samstag im Januar. Es nieselte, die Wolken hingen tief und es war kalt. Wir befanden uns auf der Heimreise von einem zweiwöchigen Weihnachtsurlaub. Zusammen mit meiner Frau Ella und unserem Hund hatte ich mich über die ungeliebten Weihnachtsfeiertage hinweg in unserem Ferienhäuschen am Meer versteckt und dann ein gemütliches Silvester mit Ella im Whirlpool gefeiert. Jedes Jahr aufs Neue war es mir ein Grauen, wenn die ganze Welt in den blinkenden und klingenden Weihnachtstaumel verfiel. Zum Glück besaßen wir dieses Kleinod direkt am Meer. Unseren Zufluchtsort. Jetzt aber, an diesem Samstag, meinem zweiundvierzigsten Geburtstag, fuhren wir auf der Autobahn zurück, unserem Alltag entgegen. Viel zu schnell flossen die Kilometer unter den Reifen des Volvos dahin, den meine Frau ruhig fuhr.
Wehmütig starrte ich durch die Fensterscheibe hinaus in die triste, dahinfliegende Landschaft. Ich liebte diese Kargheit. Scheinbar endlos erstreckten sich die Felder mit aufgebrochener Erde, ab und an durchzogen von olivgrünen Hecken. Ich empfand den Winter schon immer als die schönste Jahreszeit am Meer. Keine störenden Touristen. Nur das Wasser, der Sand und der Wind. Die Elemente unter sich. Innerlich sträubte sich jede Faser in mir, das Meer zu verlassen. Leichter Regen setzte ein.
Unerwartet fuhr sie an der nächsten Ausfahrt ab. „Haben wir was vergessen?“ fragte ich erstaunt.
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Ich schenke dir noch eine weitere Woche Urlaub am Meer.“
Sagte sie und strahlte dabei.
„Wir bleiben noch?“, fragte ich ungläubig. Sie nickte so heftig mit dem Kopf, dass ihre Locken einen wilden Tanz vollführten. Die Freude über die gelungene Überraschung strömte geradezu aus ihr heraus. Wie schön sie in diesem Augenblick aussah!
„Das hast du ja schön ausgeheckt!“, stammelte ich überwältigt.

So kam es also, dass wir für mich völlig unerwartet, auf dem Weg zu einem Haus waren, das Ella übers Internet bei einem Reiseanbieter für eine Woche gebucht hatte.
Wir folgten der Wegbeschreibung und fuhren immer tiefer in einen Eichenwald hinein. Der Weg war an vielen Stellen aufgeweicht. Die Reifen drehten mehrmals durch. Nach einer nicht enden wollenden Irrfahrt fanden wir schließlich das Häuschen. Es lag völlig abgelegen im Wald.
Klein und schwarz duckte sich die Hütte in einer Mulde, die von alten, knorrigen Eichen umstanden wurde. Der ganze Ort wirkte sehr düster und mich überkam ein beklemmendes Gefühl. Ein Blick in die Augen meiner Frau, und ich wusste, sie empfand genauso. Oder war sie nur von der Fahrt erschöpft?
Ich nahm den hinter dem Fallrohr versteckten Schlüssel an mich und schloss die Eingangstür auf.
Sofort schlug mir muffiger Geruch entgegen. Irgendwie faulig. Mutig durchschritten wir gemeinsam alle Räume, die sehr klein waren. Alle Zimmer waren finster, obwohl große Fenster in den dunklen Wald blickten. Selbst am Tage würden wir die Lampen einschalten müssen, so düster war es. Die vollständig mit Holz getäfelten Wände und Decken wirkten beengend. Die Luft war bitterkalt. Schon seit Monaten muss dieses Haus nicht mehr bewohnt worden sein. Ein Blick auf das Thermometer an der Wand bestätigte mein Temperaturempfinden. Sieben Grad!
Wie alle Ferienhäuser dieser Art war auch dieses mit elektrischen Heizungen in jedem Raum und einem Schwedenofen im Wohnzimmer ausgestattet. Ich drehte alle Heizungen auf höchste Stufe und es fiel mir schwer, meine Fassung zu bewahren. Ella erging es nicht anders, aber da sie ja dieses Haus ausgesucht hatte, sagte sie nur trotzig: „Ach, wenn wir uns erstmal eingerichtet haben, dann sieht’s schon ganz anders aus!“
Also machten wir uns gemeinsam daran, den Wagen auszuladen. Schnell war alles ausgepackt und ich beschloss, noch für ein Stündchen ans Meer zu gehen. Freudig sprang mir unser Labradormischling Arko um die Beine, als ich nach seiner Leine griff.
Hinter der Hütte begann ein schmaler Pfad, der an den Eichen vorbei in den Buchenwald hineinführte. Die Hände tief in den Manteltaschen vergraben schlug ich diesen Weg ein. Nach zirka zwanzig Minuten Fußmarsch lief Arko voraus und begann aufgeregt zu bellen. Als ich ihn eingeholt hatte, traute ich kaum meinen Augen: Der Wald endete ganz abrupt in einem kleinen Strand, kaum größer als ein Badetuch. Die Äste der Bäume ragten weit über die Brandung hinaus und bewegten sich in einem hektischen Rhythmus. Starker Wellengang rollte krachend ans Ufer. Arko bellte immer wilder gegen die Wellen und fletschte die Zähne. Ich konnte nicht erkennen, was der Grund dafür war.
„Ein eigenartiger Ort!“, ging es mir durch den Kopf. Fröstelnd zog ich meinen Mantel enger um mich und rief den Hund zu mir. Arko drückte sich winselnd und mit eingekniffenem Schwanz gegen meine Beine.
„Lass uns wieder zur Hütte gehen!“, sprach ich zu Arko und klopfte ihm leicht auf die Seite. Wir wendeten uns wieder dem Wald zu und schon nach wenigen Metern war von dem ohrenbetäubenden Getöse der Wellen nichts mehr zu hören. Absolute Stille umfing uns. Vom feuchten Waldboden stieg Nebel auf.
Auf dem Rückweg zum Ferienhaus hatte ich das Gefühl, einen anderen Weg zu gehen, als den, den ich gekommen war. Rasend schnell begann sich jetzt die Dämmerung um die Bäume zu schmiegen. Ich beschleunigte meinen Gang und konnte es nicht unterdrücken, in unregelmäßigen Abständen hinter mich zu blicken. Aber ich sah nichts außer dem Nebel, der leise und tastend weiter in den Wald hinein kroch.
Außer meinen Atemzügen und den dumpfen Schritten auf dem weichen Waldboden war kein Geräusch zu vernehmen. Nur Arkos Hundemarke klirrte ganz leise im Takt seiner Schritte. Er wich mir jetzt nicht mehr von der Seite. Aufmerksam passte er sich jeder meiner Bewegungen an. Seine Ohren horchten in alle Richtungen, nach scheinbar lautlosen Geräuschen. Ich konnte die Anspannung in seinen Muskeln sehen, er zitterte leicht und stellte die Nackenhaare auf. Was machte ihn so unsicher?
Die Dunkelheit im Wald wurde rasch zu einer undurchdringlichen Schwärze. Nahezu blind tappte ich vorwärts. Sobald ich vom Weg abkam, stolperte ich. Die intensive Nähe meines Hundes, dessen warmen Körper ich neben mir spüren konnte, war irgendwie tröstlich. Hatte ich mich tatsächlich verlaufen?
Dann sah ich einen schwachen Lichtschein durch den Nebel schimmern. Wir gingen darauf zu und endlich erreichten Arko und ich die Hütte. Selten hatte ich mich so gefreut, nach Hause zu kommen.
„Ihr wart aber lange unterwegs“, schalt uns meine Frau. Ich wusste, dass sie es nicht gerne hatte, wenn sie zum Einbruch der Dunkelheit alleine im Haus war. Zumal in einem fremden Haus wie diesem.
„Na, so spät ist es ja nicht geworden“, versuchte ich sie zu besänftigen. Ich erzählte ihr von der kleinen Bucht und dem Strand, den ich gefunden hatte, erwähnte aber nicht dieses unheimliche Gefühl, welches mich dort ergriffen und den Hund verunsichert hatte. „Es zieht Nebel auf“, sagte ich stattdessen. „Dann wird die Nacht wohl nicht so kalt werden.“
Erst jetzt bemerkte ich, dass es in der Hütte noch immer eisig war.
„Hast du noch nicht den Ofen angefeuert?“, fragte ich sie.
„Klar hab ich das. Was denkst du denn? Seit fast zwei Stunden glüht dieser Ofen. Fast einen ganzen Sack Holz habe ich schon verbrannt, aber es will einfach nicht so recht warm werden hier drinnen“, sagte Ella.
Fröstelnd zog ich meine Schultern bis an die Ohren.
Sie grinste schelmisch. „Na, nun sei mal nicht so zimperlich. Du bist auch schon total verwöhnt. Wir machen uns das hier einfach gemütlich, selbst wenn wir heute Abend alles anziehen müssen, was wir an Kleidung eingepackt haben. Von so ein wenig Kälte lassen wir uns doch nicht den Urlaub verderben, oder?“ Ich staunte nicht schlecht über ihren Pragmatismus.
„Vielleicht sind ja die Heizungen defekt“, faselte ich und legte meine Hand beiläufig auf einen der Heizkörper. „Au!“, schrie ich und riss instinktiv meine Hand zurück. Die Heizungen waren glühend heiß. Ich ging zum Thermometer. Und tatsächlich war die Temperatur seit unserer Ankunft um zwei Grad gestiegen. „Da helfen jetzt nur Geduld, warme Decken und ein Grog!“, versuchte ich optimistisch zu klingen. Ich nahm Ella in den Arm, drückte sie sanft an mich und vertraute darauf, dass bis zum Morgen die Hütte kuschelig warm sein würde. „Das ist bestimmt nur so, weil das Haus so lange nicht bewohnt wurde“, machte ich uns beiden Mut.
Nachdem wir eine Kleinigkeit zu Abend gegessen hatten, kuschelten wir uns auf dem Sofa zusammen - dick eingemummelt in Pullovern und Decken - und schauten uns gemeinsam einen Film im Fernsehen an. Arko schlummerte erschöpft zu unseren Füßen. Zwischendurch, wenn das Feuer im Ofen auszugehen drohte, warf ich ein Scheit Holz nach. Als wir uns gegen zehn Uhr ins Bett begaben, war die angezeigte Temperatur auf dem Thermometer immer noch einstellig.


Tag 2 – Sonntag
Der nächste Morgen begann, wie der vorherige Abend geendet hatte: mit einem Blick aufs Thermometer. Der Schock! Obwohl alle Heizungen die ganze Nacht auf höchster Stufe eingeschaltet waren und der Ofen bis 22.00 Uhr befeuert wurde, war die Temperatur in der Hütte wieder gefallen. „Das kann nicht sein!“, stammelte ich. Aber ein Griff an meine kalte Nase mit den ebenso kalten Fingern bestätigte es. Es war noch eisiger als gestern. Ella kam in ihre Daunendecke gewickelt aus dem Schlafzimmer gestolpert und fragte mich ungläubig, ob die Heizungen jetzt doch ausgefallen seien. Ich prüfte alle Heizungen, aber alle waren intakt und glühten. Ich ging zum Stromzähler, und auch dieser bestätigte, dass die Heizungen die ganze Nacht auf Hochtouren gelaufen sein mussten, da wir unglaublich viel Strom verbraucht hatten.
Und das Haus blieb trotzdem kalt. Mein Schock über die Unbeheizbarkeit der Hütte schlug in Ärger um. „Das ist doch nicht zu glauben. Wir heizen und heizen, und die Temperatur in diesem dunklen Loch steigt nicht über neun Grad! Das ist doch eine Zumutung vom Reisebüro. Wenn diese Hütte im Winter nicht beheizbar ist, dann kann sie eben nur im Sommer vermietet werden“, schimpfte ich. Meine Frau stand jetzt in der Küche und bereitete auffallend stumm das Frühstück zu. Sofort taten mir meine Worte leid. „Oh, Schatz, das ging doch nicht gegen dich“ Sie blickte mich mit Tränen in den Augen an. „Du kannst doch nichts dafür, dass dieses Haus einfach nicht warm werden will“, lenkte ich weiter ein.
„Aber ich habe es ausgesucht”, schluchzte Ella. „Also bin ich schuld. Jetzt vermiest uns diese Kälte auch noch unsere letzten Urlaubstage. So hatte ich mir die Überraschung nicht vorgestellt“ Sie war völlig aufgelöst.
Ich nahm ihren Kopf in die Hände und wischte die Tränen fort. „Deine Überraschung mit dem Haus ist doch super“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Und warm wird es auch noch werden. Das ist doch nur, weil das Haus wahrscheinlich über Monate ausgekühlt war.“ Schniefend wischte sie sich die Tränen von den Wangen. Um sie endgültig zu beschwichtigen, sagte ich: „ Wir fahren jetzt einfach in die nächstgelegene Stadt und kaufen noch etwas Holz nach, was hältst du davon?“
„Aber es ist Sonntag. Da hat doch nichts geöffnet“, wandte sie ein.
„Da hast du Recht“, gab ich grübelnd zu. „Aber an jeder Tankstelle hier wird auch Holz verkauft. Und Tankstellen haben auch an Sonntagen geöffnet.“
„Dann lass uns jetzt endlich ordentlich frühstücken!“, antwortete sie mit fester Stimme. Sie hatte sich wieder gefasst. Der Wasserkessel auf dem Herd begann wie auf Stichwort zu pfeifen.
Am späten Vormittag machten wir uns also auf die Suche nach einer Tankstelle. Da durch den gestrigen Regen der Waldweg stark aufgeweicht war, kam der Wagen immer wieder ins Schlingern. Schlamm spritzte hoch. Aber wir schafften es, ohne uns festzufahren, bis zur Straße. Der nächste Ort lag fünfunddreißig km entfernt. Dort würde es ganz sicher eine Tankstelle geben.
Nachdem wir den Wald verlassen hatten, konnten wir nicht weit entfernt das Meer blau aufblitzen sehen. Inzwischen war die Wolkendecke aufgerissen und mit dem Sonnenschein kam auch unsere gute Laune zurück. Wir beschlossen, spontan einen kleinen Abstecher ans Meer zu machen. Wir parkten den Wagen am Straßenrand und schlenderten eng umschlungen am Strand entlang. Arko lief voraus und tollte ausgelassen im Sand. Ella und ich genossen den herrlichen Blick über das Wasser, die Sonne und das Rauschen der Wellen. Aller Ärger war vergessen. Wir waren glücklich, obwohl die Kälte in unsere Wangen biss. Der Wind blies mäßig.
Nach einer Weile zeigte Ella zum Horizont und meinte: „Schau mal, Schatz! Da zieht schon wieder was auf.“
Ich drehte mich um und erblickte eine schwarze Wolkenfront, die rasend schnell auf uns zukam.
„Lass uns jetzt lieber weiterfahren“, sagte ich und wir machten uns auf den Rückweg zum Auto. Der Wind nahm jetzt stetig zu und zerrte immer wütender an unseren Mänteln. Mein Kinn und meine Lippen wurden taub, sodass die Unterhaltung schwer fiel.
„Ich denke, wir sollten uns beeilen“, hörte ich meine Frau gegen die nun inzwischen kräftigen Böen anschreien. Ich pfiff nach Arko. Sehen konnte ich ihn nicht, da der eisige Wind mir Tränen in die Augen trieb. Ich umfasste Ella fester und gemeinsam stemmten wir uns gegen den Sturm.
Endlich am Auto angekommen, sah ich Arko, der sich Schutz suchend unter dem Wagen verkrochen hatte. Er wimmerte vor Kälte. Oder hatte er Angst? Wovor?
Schnell stiegen wir ein und schlossen die Türen. Eine eigenartige Stille umfing uns, da das Tosen des Windes nun ausgesperrt war. Unsere Brustkörbe hoben und senkten sich im raschen Rhythmus. Wir waren abgekämpft. Ich fühlte mich erschöpft. Kleine Rauchwolken entstiegen unseren Mündern beim Atmen.
„Launisches Wetter hier!“, war der trockene Kommentar meiner Frau. Ich startete den Wagen und fuhr wieder auf die Straße weiter in Richtung der ersehnten Tankstelle. Trotz dieses abrupten Endes unseres Spazierganges waren wir zufrieden. Am Meer kann das Wetter sehr schnell umschlagen. Das wussten wir beide und ließen uns deshalb nicht die Laune vermiesen. Trotzdem kroch leichtes Unbehagen meinen Nacken hinauf.
Am frühen Abend, mit drei völlig überteuerten Säcken Holz im Kofferraum, bogen wir wieder von der Straße in unseren Waldweg ein. Der Boden war überraschenderweise nicht mehr aufgeweicht, sondern er war gefroren. War es in den letzten Stunden so kalt geworden? Ich musste einigen Ästen ausweichen, die der Sturm herabgerissen hatte und quälte den alten Volvo den Weg herauf zu unserer Hütte.
Im Haus angekommen, feuerte ich sofort den Ofen an. Das Thermometer zeigte, dass die Temperatur in unserer Abwesenheit noch weiter gesunken war. Wir tranken heißen Grog und kuschelten uns gutgelaunt in die Decken und betrachteten die Flammen im Ofen.
Nach einer Stunde ständigen Holznachlegens hatte sich die Raumtemperatur leicht erhöht. „Zwei Grad in einer Stunde!“, rief Ella begeistert. „Dann haben wir es um Mitternacht endlich warm hier.“
Noch teilte ich ihren Enthusiasmus. Das sollte sich bald ändern.
Zum Abendessen kochte sie recht aufwändig: Gulasch mit Klößen und Rotkohl. „Ein verspätetes Geburtstagsessen, mein Schatz!“, sagte sie. Aber ich kannte sie zu genau. Ich wusste, sie wollte nur unsere inzwischen wieder im Sinken begriffene Urlaubslaune retten. Vielleicht wollte sie aber auch nur mit diesem Essen unsere Körper von innen wärmen. Beides gelang ihr nicht.
Nach dem Essen ging ich zum Auto, um die letzten beiden Holzsäcke aus dem Kofferraum zu holen. Als ich die Haustür öffnete, traf mich fast der Schlag. Alles war weiß. In den letzten drei Stunden musste es kräftig geschneit haben, und wir hatten es in der Hütte nicht mitbekommen. Ein eisiger Schauer überlief mich.
„Draußen hats ordentlich geschneit!“, rief ich Ella zu und ließ die Holzsäcke vor dem Ofen fallen. Sie unterbrach ihren Abwasch und kam zu mir, während sie sich ihre Hände an der Schürze abtrocknete. „Geschneit?“, fragte sie ungläubig.
„Ja. Schau doch selbst. Draußen ist alles schneeweiß“, antwortete ich leicht gereizt und warf ein weiteres Scheit Holz in den Ofen.
„Warum brüllst du mich denn so an?“, fragte sie aufgebracht.
Die Stimmung war auf dem Tiefpunkt. Später zog sich jeder die Decken enger um den Körper und hielt die Hände an der wärmenden Tasse Grog. Schweigend starrten wir auf den Fernseher, ohne wahrzunehmen, was dort gezeigt wurde. Jeder war ärgerlich auf den anderen, ohne so recht zu wissen, warum.
„Schalte doch mal um auf den Wetterbericht“, sagte meine Frau kurz nach 20.00 Uhr. „Vielleicht bleibt der Schnee ja auch morgen noch liegen und wir können eine kleine Schneewanderung machen“, verplante sie unser unerwartetes Winterglück.
Dann kam die Wettervorhersage für morgen. Minus 20 Grad!
Verdutzt schauten Ella und ich uns an. „Minus zwanzig Grad! Schatz, wir müssen sofort morgen abreisen“, sagte ich bestimmt.
„Ach, das wird schon nicht so schlimm werden“, winkte sie ab.
Doch ich beharrte weiter: „Momentan haben wir draußen vielleicht minus zwei Grad. Und unsere Hütte lässt sich jetzt schon kaum beheizen. Bei minus 20 Grad fallen uns hier die Nasen ab. Wir werden hier drinnen noch erfrieren“
„Ach was. Jetzt krieg dich mal wieder ein! Ich habe doch nicht diese Hütte für eine ganze Wochen gemietet und bezahlt, und das auch noch als Geburtstagsgeschenk für dich, um nach zwei Tagen wieder abzureisen“, brüllte sie mich an.
Wir stritten bis tief in die Nacht, legten dabei weiterhin Holzscheite in den Ofen. Als wir dick in unsere Schlafdecken gewickelt einschliefen, stand der Entschluss fest: Wir würden morgen abreisen!

Mitten in der Nacht schreckte ich aus dem Schlaf. Arko hatte angeschlagen. Draußen tobte inzwischen ein gewaltiger Sturm. Die Fensterläden klapperten unaufhörlich und drohten, aus ihren Verankerungen gerissen zu werden. Der Hund bellte wie verrückt und rannte aufgeregt an der Fensterfront im Wohnzimmer auf und ab. Ich versuchte ihn zu beruhigen, doch er wurde immer aufgebrachter und versuchte an den Fenstern emporzuspringen.
Plötzlich gab es einen lauten Knall. Wir zuckten zusammen. Arko verstummte sofort und spitzte die Ohren. Der Sturm schien sich auf einen Schlag gelegt zu haben. Kein Rütteln des Windes an den Fensterläden war mehr zu hören. Nur noch Stille. „Wahrscheinlich hat sich ein Fensterladen gelöst“, sagte ich zu Ella. „Ich gehe kurz hinaus und werde ihn wieder festmachen.“
Da rannte Arko aufgeregt zur Eingangstür. Er lauschte und kam dann wieder zurück ins Wohnzimmer. Dort stellte er sich vor die Terrassentür und starrte durch die Scheibe hindurch in die Dunkelheit hinaus. Sein Körper vibrierte vor Anspannung. Nur das Rascheln unserer Kleidung, wenn wir uns bewegten, war zu hören.
Meine Frau ergriff meinen Arm. „Das ist unheimlich“, flüsterte sie in mein Ohr. Gerade wollte ich ihr beruhigende Worte sagen, als Arko anfing, die Zähne zu fletschen und furchterregend knurrte. Mit angelegten Ohren und eingezogenem Schwanz fixierte er die Terrassentür. Mir wurde flau im Magen. Ich konnte nicht sagen, was mir mehr Furcht einflößte. Das Knurren, das ich bei Arko bisher noch nie gehört hatte, oder aber der Grund, warum Arko so aufgebracht war.
Ella war nun noch enger an mich herangerückt. Sie drückte meinen Arm fest an ihren Körper. „Wir haben doch alle Türen fest verschlossen, oder?“, fragte sie mich mit angsterfüllten Augen. „Ich werde nochmal alles überprüfen“, beruhige ich sie.
Arko legte sich mit eingekniffenem Schwanz und winselnd unters Bett.

Tag 3 – Montag
Am Montag fiel der erste Blick nicht auf das Thermometer an der Wand, sondern aus dem Fenster. Über Nacht hatte es weiter geschneit. Sehr viel geschneit. Mit offenem Mund, aus dem kleine Atemwölkchen kamen, betrachtete ich das Fenster, das bis zur Hälfte eingeschneit war. Der Schnee musste ein bis zwei Meter hoch liegen. Ich sprang zum anderen Fenster und schaute nach dem Auto. Nur noch die Antenne ragte aus dem Schnee. Alles war zugeschneit. Da wurde mir bewusst, dass an eine Abreise nicht mehr zu denken war. Niemals würde ich die Zufahrt und den Waldweg freigeschippt bekommen. Hatten wir eigentlich einen Schneeschieber?
„Wir sitzen fest!“, konfrontierte ich uns mit der unumstößlichen Tatsache.
„Und wir haben Minusgrade im Haus“, ergänzte Ella und hielt ein gefrorenes Glas Mineralwasser hoch.
Ich rannte in die Wohnstube und schaltete den Fernseher ein. Auf jedem Sender wurde über den plötzlich hereingebrochenen arktischen Winter berichtet. Ganz Nordeuropa wurde von einer meterdicken Schneeschicht bedeckt. Sämtliche Verbindungswege, sei es nun Straßen-, Flug- oder Bahnverkehr waren vom Nordkap bis zu den Alpen abgeschnitten. Wetterbesserung wurde erst für den kommenden Samstag erwartet. Wir saßen also tatsächlich die nächsten Tage fest. Und es war so bitter kalt hier drinnen.
Plötzlich erlosch das Fernsehbild. Wild drückte ich auf den Tasten der Fernbedienung herum. „Nein! Nicht auch das noch!“, schrie ich.
Ella entriss mir die Fernbedienung und fragte mit zitternder Stimme: „Stromausfall?“
Ich rannte zum Sicherungskasten und riss ihn auf. Alles sah auf den ersten Blick normal aus. Dann begann ich jede Sicherung einzeln zu prüfen. Alles war korrekt. Der Strom kam einfach nicht mehr in diesem Haus an. „Na das passt ja!“, versuchte ich es mit Galgenhumor.
Ich ging zurück ins Wohnzimmer zu meiner Frau, bestätigte mit einem kurzen Nicken ihre Befürchtung und gemeinsam feuerten wir schnell den Ofen an. Viel Holz hatten wir nicht mehr. Gestern Abend hatten wir zwei Säcke Holz verbraucht. Da wir nur drei Säcke gekauft hatten, blieb uns nur noch ein einziger, letzter Sack.
„Damit kommen wir gerade mal bis zum Mittag“, sagte ich mit besorgtem Blick auf das Holz.
„Es bleibt uns nichts weiter übrig, als Holz sammeln zu gehen“, sagte sie in die entstandende Stille. „Viel Holz!“, setzte ich hinzu. Gemeinsam öffneten wir eines der Fenster. Der Schnee fiel uns entgegen. Ich hob zuerst Ella auf die Schneedecke und kletterte ihr dann nach. Damit Arko im Haus blieb, schob ich das Fenster hinter mir wieder zu. Vorsichtig versuchte ich über die Schneedecke zu kriechen, brach aber immer wieder ein. In diesem Augenblick wurde mir das gesamte Ausmaß unserer Lage bewusst. Panik flammte auf. „Wie willst du hier Holz sammeln?“, fragte ich Ella gereizt.
Sie schaute mich mit riesigen Augen an, in denen Tränen aufstiegen. Plötzlich begann sie bitterlich zu weinen. Laut schrie sie: „Daran ist dieses Haus Schuld. Es muss verflucht sein, oder so.“ Immer wieder wurde sie von Weinkrämpfen geschüttelt. „Erinnerst du dich an unser erstes Gefühl, das wir beide hatten, als wir hier angereist waren?“, fragte sie.
Mir fiel wieder ein, wie beklemmend ich diesen Ort zwei Tage zuvor empfunden hatte. „Ja, irgendwie war es von Anfang an abweisend und kalt hier“, antwortete ich mit vor Kälte tauben Lippen.
Sie stützte ihren Rücken an einen Baumstamm und rieb die Finger aneinander. Langsam kroch ich auf sie zu. Meine Kräfte begannen zu schwinden. „Es ist so furchtbar kalt!“, hauchte Ella in mein Ohr, als sie sich an mich schmiegte. Ich versuchte, uns mit meinem Körper zu wärmen. Dann wurde ich ganz schläfrig.

Ende

 

Hallo Lind,

Und ein Herzliches Willkommen hier.

Zunächst muss ich sagen: ein gelungener Einstand.
Fehlerfrei geschrieben, spannend, aber vielleicht an einigen Stellen etwas zu lang, zu detailliert.

Da ich gerade nicht viel Zeit habe, nur kurz im Steno:

Manchmal hast du einen Punkt in der wörtlichen Rede zu viel, wenn es mit Komma weitergeht.
Beim Sprecherwechsel sollte man einen Zeilenwechsel machen.
Haben sie kein Telefon oder Handy, um Hilfe zu holen?
Das Ende war absehbar, hätte mir eine Wendung gewünscht.
Wie passt die Story zum Thema des Monats?

Gerne gelesen.
Viel Spaß hier noch.

LG,
GoMusic

 

Hallo Lind,

Willkommen bei den Wortkriegern und ich finde es klasse, dass du gleich im TdM einsteigst.

Ich schreibe mal beim Lesen mit ...

Zusammen mit meiner Frau und meinem Hund

Sie haben sich doch den Hund bestimmt gemeinsam zugelegt. Ich würde es schöner finden, würdest du schreiben und unserem Hund

Jedes Jahr aufs Neue war es mir ein Grauen, wenn die ganze Welt in den alljährlichen Weihnachtstaumel verfällt.

Unser Zufluchtsort. Jetzt aber, an diesem Samstag, ausgerechnet an meinem 42. Geburtstag, fuhren wir auf der Autobahn zurück, unserem Alltag entgegen.

... zweiundvierzigsten ... Zahlen ausschreiben

Viel zu schnell flossen die Kilometer unter den Reifen des Volvos dahin. Überhaupt fuhr meine Frau den Wagen viel zu rasant.

Viel zu schnell ... viel zu rasant Ungünstige Doppelung

Wehmütig starrte ich durch die Fensterscheibe hinaus in die triste Landschaft. Ich liebte diese Kargheit. Scheinbar endlos erstreckten sich die Felder mit aufgebrochener Erde, ab und an durchzogen von olivgrünen Hecken. Ein Werbespot für Melancholiker. Ich empfand den Winter schon immer als die schönste Jahreszeit am Meer. Keine störenden Touristen. Nur das Wasser, der Sand und der Wind. Die Elemente unter sich. Mit trauriger Miene sah ich die Landschaft dahinfliegen. Innerlich sträubte sich jede Faser in mir, das Meer zu verlassen. Leichter Regen setzte ein.

Hier hältst du dich für meine Begriffe zu lang mit der Beschreibung der Landschaft und den Empfindungen deines Prot. auf. Da ist Kürzungspotenzial.

Plötzlich lenkte meine Frau den Wagen herunter von der Autobahn.

Sie fährt nicht plötzlich von der Autobahn runter, sondern an einer Ausfahrt. Die kommen in der Regel nicht plötzlich, es sei denn, man ist so in Gedanken, dass man die Ausschilderung nicht mitbekommen hat. :)

Ich dachte[,] das schönste Geschenk, was ich dir machen kann, ist noch eine weitere Woche Urlaub hier am Meer.“

Verblüfft schaute ich in die strahlenden Augen meiner Frau.

Besser in ihre strahlenden Augen, denn wer außer dem Hund ist denn noch im Auto? Und sie spricht doch mit ihm.

Sie nickte so heftig mit dem Kopf

Sie nickte so heftig reicht doch, denn womit soll sie denn nicken? :D

In der Wegbeschreibung stand nur der Hinweis, dass das Häuschen sehr abgelegen und recht schwer zu finden sei. Wir folgten den Anweisungen auf der Beschreibung und fuhren immer tiefer in einen Eichenwald hinein.

Wenn in der Wegbeschreibung nur steht, dass das Haus schwer zu finden ist, welchen Anweisungen folgen sie dann? Das ist verwirrend.

Der Weg war an vielen Stellen total aufgeweicht.

Auf das total solltest du verzichten.

Der ganze Ort wirkte sehr düster[,] und mich überkam ein beklemmendes Gefühl.

Nach einer nicht enden wollenden Irrfahrt fanden wir schließlich das Häuschen.
Unsere Freude auf eine weitere Woche Urlaub hier auf der Halbinsel war durch die aufreibende Geländetour nicht getrübt.

Klein und schwarz duckte sich die Hütte in eine Mulde, die von alten, knorrigen Eichen umstanden wurde. Der ganze Ort wirkte sehr düster und mich überkam ein beklemmendes Gefühl. Ein Blick in die Augen meiner Frau, und ich wusste, sie empfand genauso. Oder war sie nur von der Fahrt erschöpft?


Hier ist ein Widerspruch. Als sie am Häuschen ankommen, ist die Stimmung nicht getrübt. Da sehen sie doch, dass es in düsterer Umgebung steht. Warum bekommt er dann ein beklemmendes Gefühl? Das hätte er schon bekommen müssen, als sie die Hütte fanden.

Aber ein Griff an meine kalte Nase mit meinen kalten Fingern bestätigte es.

Wenn du die Doppelung kalte - kalten lassen willst, dann wäre es besser, du schriebest: mit meinen ebenso kalten Fingern ...

Ich prüfte alle Heizungen, aber alle waren intakt und glühten fast.

Also, wenn die abends 22 Uhr das letzte Mal den Ofen bestückt haben, dann ist Früh das Wasser nicht mehr heiß. Vor allem, wenn so viel Energie abgegeben wird, wie in den kalten Räumen.

Ich ging zum Stromzähler, und auch dieser bestätigte, dass die Heizungen die ganze Nacht auf Hochtouren gelaufen sein mussten, da wir unglaublich viel Strom verbraucht hatten.

Wie jetzt? Ich denke, die feuern mit Holz. Jetzt haben sie eine elektrische Heizung?

„Also bin ich Schuld.

Also bin ich schuld. Oder: Also habe ich Schuld.

„Da hast du R[r]echt.[KEIN PUNKT]“, gab ich grübelnd zu.

Das mit dem Punkt kommt später noch weiter. Musst du noch mal drüber schauen.

Schlamm spritzte hoch. Aber wir schafften es[,] ohne uns festzufahren[,] bis zur Straße.

Der nächste Ort lag 35 km entfernt.

Fünfunddreißig Kilometer

Wir beschlossen spontan[,] einen kleinen Abstecher ans Meer zu machen.

Wir waren glücklich, obwohl die Kälte [sich] in unsere Wangen biss.

Die Kälte kann sich nicht beißen

so dass die Unterhaltung schwer fiel.

Sodass

Unsere Brustkörbe hoben und senkten sich im raschen Rhythmus.

Das ist umständlich

Der Wind säuselte im Kamin.

Nee! Der Sturm tobt und hier säuselt der Wind? Und wieso im Kamin?

Die Fensterläden klapperten unaufhörlich und drohten, aus ihren Verankerungen zu reißen.

aus ihren Verankerungen gerissen zu werden. Die können das nicht selber. :)

Vorsichtig kroch ich über die Schneedecke. In diesem Augenblick wurde mir das gesamte Ausmaß unserer Lage bewusst. Panik flammte auf. „Wie willst du hier Holz sammeln?“, fragte ich gereizt. „Das Holz liegt mindestens einen Meter tief verschneit.“

Du musst dich entscheiden, wie viel es geschneit hat. Vorhin waren es zwei Meter, jetzt ist es ein Meter. Und in neuem Pulverschnee versinkt man. Da kann keiner auf der Schneeschicht kriechen.

Zwei Wochen später – Regionalanzeiger
„Der arktische Wintereinbruch, der dieses Jahr ganz Nordeuropa in seinen eisigen Klauen gefangen hatte, forderte auch in dieser Region Opfer. Gestern wurden zwei Leichen in einem Waldstück nahe einem Ferienhäuschen entdeckt. Spaziergänger wurden auf das Häuschen aufmerksam, da dort unablässig ein Hund bellte. Beim Näherkommen fanden sie die fast unversehrten Leichen, die bisher noch nicht identifiziert werden konnten. Laut vorläufigem Autopsiebericht handelt es sich bei der Todesursache bei beiden um Tod durch Erfrieren. Das Einsatzkommando wurde bei Betreten des Ferienhäuschens von einem aggressiven Labradormischling angegriffen und musste diesen erschießen. Der angegriffene Polizist hat schwerste Bissverletzungen am Hals erlitten.
Es ist allen Ermittelnden in diesem Fall ein Rätsel, warum sich die beiden Personen bei diesen winterlichen Witterungsverhältnissen außerhalb des Hauses aufgehalten hatten.

Von welcher Wolke aus hat denn dein Protagonist nun diese Geschichte erzählt? Das geht so nicht. Da musst du eine andere Erzählerperspektive wählen.

Die Idee ist nicht schlecht, die Geschichte aber viel zu langatmig erzählt. Hier musst du gewaltig kürzen. Es passiert ja eigentlich nichts, außer, dass sie einmal Holz kaufen gegangen sind.
Ja, und mit der Heizung, das ist undurchsichtig. Erst Holz, dann Elektro, dann Kamin, dann wieder Holzofen. Hier musst du dich für eine entscheiden.
Dann würde ich an deiner Stelle das Haus geheimnisvoller gestalten. Das Haus ist doch schuld, dass es nicht warm wird. Da muss was passieren. Das Haus muss aktiv sein.
Und dann noch der Knall nach dem Sturm. Was ist da passiert? Ich dachte erst, das Haus habe sich vom Fundament gelöst und schwebe nun im Sturm. Aber es stand noch. Das ist nicht befriedigend. Wenn du den Knall erwähnst, muss hier eine Auflösung kommen, was da passiert ist.

Also, bis Silvester hast du ja noch Zeit :) Viel Spaß beim Überarbeiten!

Schönen Gruß
khnebel

 

GoMusic und khnebel,
vielen Dank für das rasche Feedback und die wirklich intensive Auseinandersetzung mit meiner Kurzgeschichte. Ich werde die nächsten Tage die Geschichte nochmal überarbeiten und bestimmt viele Tipps von euch übernehmen bzw. einfließen lassen. Wirklich, nochmals Dank für eure Mühe und auch die Zeit (besonders khnebel!), die ihr mir gegönnt habt. Ich hoffe, das es möglich ist, die Geschichte dann nochmal neu einzustellen. (Bin halt neu hier, muss mich erst zurechtfinden...)
Allen Wortkriegern einen schönen Wochenstart!
Lind

 

Hallo Lind,

Ich hoffe, das es möglich ist, die Geschichte dann nochmal neu einzustellen.

Bitte nicht neu einstellen, sondern in diesem Thread überschreiben.

khnebel

 

Hallo khnebel,

Ok. Mach ich dann, wenn ich soweit bin. Danke für den Hinweis.

Grüße
Lind

 

Hallo Lind,

ich habe gleich zu Beginn Deiner Geschichte schmunzeln können:

Zusammen mit meiner Frau und meinem Hund hatte ich mich ... und dann ein gemütliches Silvester zu zweit im Whirlpool gefeiert.
Wer ist der/die zweite im Whirlpool? Der Hund?

Es ist klar, dass Du nicht den Hund meinst, aber durch Deine Satzkonstruktion bleibt diese Frage offen hängen.

Jedes Jahr aufs Neue war es mir ein Grauen, wenn die ganze Welt in den alljährlichen Weihnachtstaumel verfällt.
Die Welt verfällt zwar jedes Jahr aufs Neue, da Du aber schreibst, es war mir ein Grauen, muss es auch verfiel heißen.

Unser Zufluchtsort.
Da im vorigen Satz dieses Kleinod im Akkusativ steht, sollte in diesem angehängten unvollständigen Satz auch der Akkusativ stehen: Unseren ...

ausgerechnet an meinem 42. Geburtstag
Na ja, wenn man vom Geburtsdatum an rechnet, kommt man ausgerechnet wohl auf den Samstag, aber - Scherz beiseite - was meinst Du mit ausgerechnet? Das es der Tag der Rückfahrt ist, dass es ein Samstag ist oder irgendetwas ganz anderes?
Wehmütig starrte ich ... . Ich liebte diese Kargheit.
Dieser Gegensatz ist so nicht verständlich. Schaut er wehmütig, weil er die Kargheit nun verlassen muss? So denke ich es mir, aber es könnte zu fatalen Fehleinschätzungen kommen, wenn Leser zuviel interpretieren müssen.

Gut, der Gedanke wird im folgenden Text bestätigt. Ich höre jetzt auch mal auf mit dem Kommentieren. Deine Geschichte durchzieht ein pessimistischer oder - wie Du erwähnst - melancholischer Grundton. Ich wurde beim Lesen an einen Jugendroman erinnert, in dem eine Familie im Wald einen schweren Kälteeinbruch überlebt. Warum schaffen es diese beiden nicht? Ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, dass sie sich aufgegeben haben.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo Lind,

da sind ein paar schöne Formulierungen in deiner Geschichte, wie z.B. Rasend schnell begann sich jetzt die Dämmerung um die Bäume zu schmiegen. Sowas mag ich :shy:

Ich konnte deinen Protagonisten von Anfang an so gut verstehen. Ich werde auch immer ganz melancholisch, wenn ich das Meer wieder verlassen muss. Und an den Feiertagen abzuhauen, fand ich ebenfalls gut nachvollziehbar. Umso mehr habe ich mich für ihn gefreut, dass seine Frau ihn überrascht hat mit einer Woche Verlängerung.

Sehr gut fand ich auch die Beschreibung des Hauses und wie es auf die beiden wirkt. Ich konnte mir das gleich vorstellen, den Geruch, die Enge, die Dunkelheit. Und schade für die Frau, sie hat sich solche Mühe gegeben und dann ist das so ein seltsamer Ort. Ich finde wirklich, das hast du gut gemacht.

Diese Frage hier: Fühlte ich mich verfolgt? kannst du meiner Meinung nach getrost weglassen, das bremst die Spannung und stört die Stimmung. Auch die Fragen danach, die du immer am Ende der Absätze stellst, würde ich weglassen.

„Na, so spät ist es ja nicht geworden.“, log ich, um sie zu besänftigen.
Lügt er wirklich? Ich finde eher, er beschwichtigt sie. Das "lügen" passt hier nicht so wirklich.

erwähnte aber nicht dieses unheimliche Gefühl, welches mich dort ergriff und den Hund verunsichert hatte.
ergriffen sollte es heißen, da es meiner Meinung nach zu der Plusquamperfekt-Konstruktion mit "und den Hund verunsichert hatte" gehört.

„Es zieht Nebel auf.“, sagte ich stattdessen. „Dann wird die Nacht wohl nicht so kalt werden.“
Erst jetzt bemerkte ich, dass es in der Hütte noch immer eisig kalt war. „Hast du noch nicht den Ofen angefeuert?“, fragte ich meine Frau.
„Klar hab ich das. Was denkst du denn? Seit fast zwei Stunden glüht dieser Ofen. Fast einen ganzen Sack Holz habe ich schon verbrannt, aber es will einfach nicht so recht warm werden hier drinnen.“, sagte sie.
„Ja, es ist immer noch klirrend kalt hier.“, fröstelnd zog ich meine Schultern bis an die Ohren.
Dieser Dialog holpert ein wenig, vielleicht kannst du den noch ein bisschen verfeinern.

aber alle waren intakt und glühten fast.
"fast" würde ich löschen.

Die Tatsache, dass irgendetwas nicht stimmt, über das Verhalten des Hundes zu beschreiben, funktioniert gut, wie ich finde, vor allem hier:

Da rannte Arko aufgeregt zur Eingangstür. Er lauschte und kam dann wieder zurück ins Wohnzimmer. Dort stellte er sich vor die Terrassentür und starrte durch die Scheibe hindurch in die Dunkelheit hinaus. Sein Körper vibrierte vor Anspannung. Nur das Rascheln unserer Kleidung, wenn wir uns bewegten, waren zu hören.
Meine Frau ergriff meinen Arm. „Das ist unheimlich.“, flüsterte sie in mein Ohr. Gerade wollte ich ihr beruhigende Worte sagen, als Arko anfing, die Zähne zu fletschen und furchterregend knurrte. Mit angelegten Ohren und eingezogenem Schwanz fixierte er die Terrassentür. Mir wurde flau im Magen. Ich konnte nicht sagen, was mir mehr Furcht einflößte. Das Knurren, das ich bei Arko bisher noch nie gehört hatte, oder aber der Grund, warum Arko so aufgebracht war. Oder knurrte er nur die plötzliche Windstille an?
Die Frage am Schluss würde ich wieder weglassen.

Was mir leider überhaupt nicht gefällt, ist der letzte Absatz ab "zwei Wochen später - Regionalanzeiger". Das nimmt total die verzweifelte Stimmung, die du davor aufgebaut hast und gibt dem Leser auch keine Infos, die er unbedingt braucht. Das würde ich komplett streichen und die Geschichte mit "Dann wurde ich ganz schläfrig" enden lassen.

Insgesamt hat mir dein Text gut gefallen.
Liebe Grüße
RinaWu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lind,

vorweg: Ich finde, du kannst richtig gut schreiben und machst auch kaum Fehler.
Und auch die Art, wie du etwas beschreibst, gefällt mir.

Nur beim Plot habe ich viele Fragen. Das mag daran liegen, dass ich nicht richtig gelesen habe, möglicherweise aber auch daran, dass du nicht alles zu Ende gedacht hast. Ich habe meine Fragen mal aufgelistet:

Warum konnte die Geburtstagsüberraschung nicht sein: Noch eine Verlängerungswoche im eigenen Ferienhaus am Meer?

Warum bleibt es in einem kleinen, holzvertäfelten Raum kalt, obwohl auf ‚Deuvel komm raus’ geheizt wird. Ich weiß, das soll unerklärbar, unheimlich wirken. Das wäre auf jeden Fall mal etwas Neues im Fantasy-Genre: Ein verhextes Haus, das sich einfach nicht auf Temperatur bringen lässt. Oder aber, du folgst khnebel s Rat und machst dieses Haus zu etwas Lebendigem.

Warum brechen die beiden nicht gleich am nächsten, spätestens aber am zweiten Tag wieder auf? Es ist bitterkalt, riecht muffig, und überhaupt stimmt ja die ganze Atmosphäre nicht.

Was soll die Beschreibung der bedrohlichen Natur außerhalb des Hauses? Du skizzierst hier etwas, vertiefst es aber nicht. Und es hat auch keine Verbindung zur Unbeheizbarkeit des Hauses, steht einfach so daneben als etwas, was auch unheimlich ist.

Wovor hat der Hund Angst? Auch hier deutest du etwas an, was aber nirgendwohin führt.

Warum können die beiden durch die großen Fenster oder zumindest durch die Terrassentür nicht sehen, dass es seit Stunden schneit? Zumindest die Terrassentür muss durchsichtig sein, denn Arko kann durch sie hindurchschauen. Und auch durch die Fenster können sie ja am dritten Tag morgens schauen.

Warum funktioniert auch die Heizung nicht mehr? Erst am dritten Tag fällt doch der Strom aus.

Ich kann schon verstehen, dass man in eine solche Situation geraten kann, wie du sie am Ende schilderst: Eingeschlossen vom Schnee und ohne Heizung. Das ist ein oft gelesenes Szenarium. Aber ich kann die Logik des Weges dahin nicht nachvollziehen. Die sitzen und frieren fast zwei Tage lang, das sind 48 lange Stunden und sie beenden diese Situation nicht, liefern sich ihr ohne Not immer weiter aus. Bei 9 Grad. Als Begründung bietest du an, dass er ihr nicht weh tun möchte bzw. dass sie meint, dass man ja nicht schon nach zwei Tagen abreisen könne. Gleichzeitig schilderst du die Situation aber so, dass ich schon nach einem halben Tag meine Sachen wieder gepackt hätte. Zumal es da doch noch das eigene Ferienhaus am Meer gibt, in das man alternativ hätte zurückfahren können.

Noch mal: Schreiben kannst du. Mein Problem ist die Handlung und das Verhalten deiner Personen.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Euer Input ist echt Gold wert! Leider naht der 31.12. so schnell.

 
Zuletzt bearbeitet:

„Lass uns wieder zur Hütte gehen!“, sprach ich zu Arko und klopfte ihm leicht auf die Seite.

Sprichstu?, pardon, der Prot., ernstlich so mit Hunden?,

liebe/r/s Lind -
und damit ein herzlich Willkommen hierorts!

Nie hätte ich erwartet, dass hier der Wintereinbruch Dezember 1978 thematisiert würde, in dem die Bundeswehr schneeräumend sinnvoller eingesetzt werden musste, als heute in Polizeiaktionen gegen Großkriminelle ..., der junge Friedel samt Freundin im Harz derart eingeschneit wurde, dass er zur Jahreswende seinen Urlaub telefonisch bei seinem Arbeitgeber MPI und im Endeffekt doch eigenmächtig verlängerte. Nun, der reale Winter 78/79 mit sibirischen Kältegraden dauerte bis März, und wenn denn dieser die Vorlage gäbe, wäre das Ende Deiner für einen Erstling erstaunlich gut erzählten Geschichte nicht einmal in unseren Breiten unwahrscheinlich.

Dennoch gibt es noch einiges zu tun! Gelegentlich verwendestu in leichter Inflation Possessivpronomen, exemplarisch hier

Aber ein Griff an meine kalte Nase mit meinen kalten Fingern bestätigte es.
Wessen Nase könnte der Erzähler mit wessen Fingern greifen? Genügt in diesen Fällen oft die Einschränkung durch bloße Nutzung des bestimmten oder unbestimmten Artikels, nicht aber bei dem Trio, wo der Hund immerhin benannt wird, die Frau aber immer als Besitz eigentümlich "meine Frau" gebetsmühlenartig diskriminiert wird. Hat sie in dem Winter ihren Namen verloren?

Dreimal schnappt m. E. die Fälle-Falle zu

Klein und schwarz duckte sich die Hütte in eine Mulde, die von alten, knorrigen Eichen umstanden wurde.
Nein! Das Haus duckt sich „in einer Mulde“, Dativ, denn das Haus steht in der Mulde.
Nr. 2
… und ließ die Holzsäcke vor dem Ofen fallen.
Hier genau umgekehrt, also Akkusativ. Du lässt die Säcke „vor den Ofen“ fallen und hernach liegen sie dann vor dem Ofen.
Letztlich ist der Genitiv arg fehl am Platz
… und warf ein weiteres Scheit Holz in den Ofen.
: besser: warf „einen weiteren“ Scheit in den Ofen

Hier wäre vor der Infinitivgruppe ein Komma zu setzen, das sie von einem Substantiv (Fassung) abhängig ist

und es fiel mir schwer[,] meine Fassung zu bewahren.
Ebenso hier
Auf dem Rückweg zum Ferienhaus hatte ich das Gefühl[,] einen anderen Weg zu gehen, als den, den ich gekommen war.
und auch hier
… und konnte es nicht unterdrücken in unregelmäßigen Abständen hinter mich zu blicken.

Hier nun ist der abschließende Punkt in der wörtlichen Rede entbehrlich, sofern a) der übergeordnete Satz („schalt uns meine Frau“) sich direkt anschließt und b) ein einfacher Aussagesatz die wörtl. Rede bechließt (Frage- oder Ausrufezeichen wären dagegen zu setzen, gelingt Dir auch i. d. R.) Der Aussagesatz hat sich aber mit einer falsche Regel bei Dir eingeschlichen
„Ihr wart aber lange unterwegs.“, schalt uns meine Frau.
Da musstu insgesamt noch mal durch!

Gegen Ende wird’s dann flüchtig, wenn etwa das sonst korrekte Komma vergessen wird

„Wir sitzen fest!“[,] konfrontierte ich meine Frau mit der unumstößlichen Tatsache.

Hier drängt sich ein Buchstabe vorlaut vor!

Sie grinste schlemisch.
„Also bin ich Schuld. …
Immer klein „schuld sein“

Hier dringt zumindest ein wenig Flüchtigkeit durch

Nur das Rascheln unserer Kleidung, wenn wir uns bewegten, waren zu hören.
„war zu hören“ bezieht sich aufs Rascheln. Und eine vorletzte Anmerkung: Die Todesmeldung am Ende sollte noch durch Gänsefüßchen beendet werden ... Den gelegentlichen Tod des Genitivs durch den Dativ laste ich hier der Presse an!

Und die letzte Anmerkung:

Gern gelesen vom

Friedel,
der vorsorglich ein schönes Wochenende wünscht!

 

An alle Wortkrieger, die sich die Mühe machten, meine Kurzgeschichte zu durchleuchten:
Vielen Dank dafür! Ich habe viele eurer Ratschläge angenommen und den Text nochmal überarbeitet.

Der Text steht jetzt also nochmal neu drin.

Schönen 4. Advent euch allen!
Lind

 

Von welcher Wolke aus hat denn dein Protagonist nun diese Geschichte erzählt? Das geht so nicht. Da musst du eine andere Erzählerperspektive wählen.

Och, finde ich nicht. Die Perspektive wechselt halt. Das ist doch ein normales Mittel von Textgestaltung.

 

Hallo Lind

die Geschichte habe ich ganz gern gelesen, zumal sie die Erinnerung an kältere Tage weckt. Und an das, was es schon lange nicht mehr gibt in unseren Breiten: Schnee.
Etwas lang geraten ist sie schon und dennoch spannend genug, um bis zum Ende durchzuhalten. Nur: das ist eigentlich keine Kurzgeschichte. Das ist ein kleiner Roman (oder eine Erzählung) und wenn du einen Roman daraus gemacht hättest (was du ja noch kannst), dann könnte das Ganze richtig stark werden. Denn im Rahmen der vorgelegten Geschichte lassen sich die feinen Fäden der Beziehung zwischen den beiden, der Kälte, die sich nach und nach auch zwischen ihnen entwickelt, weitaus sorgfältiger zeichnen. Im Rahmen dieser Geschichte ist es jedoch zu wenig und in mancherlei Hinsicht nicht richtig nachvollziehbar. Die Schicht, die darunter liegt, bleibt im Ungefähren.

Ich schau mal in den Text selbst:

Zusammen mit meiner Frau Ella und unserem Hund hatte ich mich über die ungeliebten Weihnachtsfeiertage hinweg in unserem Ferienhäuschen am Meer versteckt und dann ein gemütliches Silvester mit Ella im Whirlpool gefeiert.
ff.
warum sind die feiertage ungeliebt?

Nur das Wasser, der Sand und der Wind. Die Elemente unter sich.
sonne ist auch geil :)

So kam es also, dass wir für mich völlig unerwartet, auf dem Weg zu einem Haus waren, das Ella übers Internet bei einem Reiseanbieter für eine Woche gebucht hatte.
ich kapier nicht, warum sie nicht wieder in das eigene ferienhaus mit dem whirlpool gefahren sind...

Der ganze Ort wirkte sehr düster und mich überkam ein beklemmendes Gefühl.
wirkte düster ist blabla... was macht ihn düster?

„Ach, wenn wir uns erstmal eingerichtet haben, dann sieht’s schon ganz anders aus!“
kein gedanke ans zurückfahren?

Starker Wellengang rollte krachend ans Ufer. Arko bellte immer wilder gegen die Wellen und fletschte die Zähne. „Ein eigenartiger Ort!“, ging es mir durch den Kopf.
warum macht der das?

Die Dunkelheit im Wald wurde rasch zu einer undurchdringlichen Schwärze. Nahezu blind tappte ich vorwärts. Sobald ich vom Weg abkam, stolperte ich.
gleich kommen orks oder so ein kettensägemonster oder?

Der nächste Morgen begann, wie der vorherige Abend geendet hatte: mit einem Blick aufs Thermometer. Der Schock! Obwohl alle Heizungen die ganze Nacht auf höchster Stufe eingeschaltet waren und der Ofen bis 22.00 Uhr befeuert wurde, war die Temperatur in der Hütte wieder gefallen.
ist schon komisch, kann ich mir kaum vorstellen...

So hatte ich mir die Überraschung nicht vorgestellt“ Sie war völlig aufgelöst.
kann weg, die tränen zeigst du doch gleich danach#

Der nächste Ort lag fünfunddreißig km entfernt. Dort würde es ganz sicher eine Tankstelle geben.
wo ist denn das? in russland oder norwegen?

Am Meer kann das Wetter sehr schnell umschlagen.
ja herr oberlehrer, stimmt :)

Wir tranken heißen Grog und kuschelten uns gutgelaunt in die Decken und betrachteten die Flammen im Ofen.
jetzt kriegen sie vom saufen bessere laune:)

„Geschneit?“, fragte sie ungläubig.
„Ja. Schau doch selbst. Draußen ist alles schneeweiß“,
gibts da kein fenster oder warum merkt sie es nicht?

Dann kam die Wettervorhersage für morgen. Minus 20 Grad!
Verdutzt schauten Ella und ich uns an. „Minus zwanzig Grad! Schatz,
dachte, bei minus 20 grad schneit es nicht mehr... oder?

Wir stritten bis tief in die Nacht, legten dabei weiterhin Holzscheite in den Ofen.
das meine ich: da muss doch noch mehr versteckter unmut zwischen den beiden sein...

Ich versuchte, uns mit meinem Körper zu wärmen. Dann wurde ich ganz schläfrig.
und noch was: der schreibt darüber und erfriert dann, komische perspektive...

viele Grüße und frohe Weihnachten - möglichst im Warmen :)
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Lind,

und auch von mir ein herzliches Willkommen!

Mir hat die Geschichte gut gefallen. Die Idee von einem Haus, dass sich nicht heizen lässt, finde ich super. Hätte mir fast ausgereicht, also ich meine, den mysteriösen Spuk, das Dunkle, das gewaltige Meer, die wahnsinnige Wetterfront ... aber gut, das alles gehört wohl dazu, aber das Haus hat es mir echt angetan. Wer weiß, vielleicht will ich auch mal so ein Haus für eine Geschichte :).

Ich finde, die Geschichte macht vieles richtig. Das Drama steigert sich, die Umstände werden widriger, es gibt immer so kleine Plateaus, wo dem Leser ein Verschnaufen gegönnt wird (der gemeinsame Strandspaziergang) und das Ende, ja, so musste es wohl kommen. So richtig "beklemmt" hat mich die Geschichte aber nicht, es gelingt Dir nicht ganz, die ganze Atmosphäre auf mich beim Lesen zu übertragen. Da fehlt mir noch so ein bisschen Handwerk, bisschen Stilkunde. Weiß jetzt nicht, wie lange Du schon schreibst, aber wenn noch nicht so ganz lange, dann bin ich sehr auf deine Geschichten in zwei Jahren gespannt, sofern Du dran bleibst.

Und deshalb setze ich genau da an. Ich werde mich auf ein, zwei Dinge beziehen, man kann alles super in so Ratgebebüchern nachlesen. Die sind keine Rezeptbücher, aber sie vermitteln doch ein gewisses know how.

Show don't tell steckt in der Geschichte ja schon drin. Du schreibst szenisch, auch toll, was Dir noch nicht ganz gelingt, ist deinem Leser zu vertrauen. Da schreibst Du was, schilderst die Situation und dann sagst Du noch hinterher, welches Gefühl sich jetzt einstellen soll. Mach das nicht. Sag dem Leser nicht, was er fühlen soll. Male Bilder und lass ihn selbst fühlen. Der Leser macht das schon.

Dann - ganz wichtig - verdichten. Verdichten heißt nichts anderes als - alles Überflüssige wegstreichen. Einzelne Wörter, Sätze, Absätze wenn es sein muss. Dadurch bekommen Geschichten eine Intensität, die spürbar, erlebbar wird. Es tut weh, aber es ist so genial ;).

Das sind so zwei Punkte, steht wie gesagt auch in jedem der vielen Bücher rund ums Schreibhandwerk. Es gäbe noch mehr, aber lesen kannste ja auch allein. Ich zeige Dir noch Textstellen, wo man die Punkte anwenden könnte. Ich sag bewusst könnte, denn das musst Du am Ende selbst entscheiden, ob oder ob nicht. Es soll ja ein "Lindtext" bleiben.

Zusammen mit meiner Frau Ella und unserem Hund hatte ich mich über die ungeliebten Weihnachtsfeiertage hinweg in unserem Ferienhäuschen am Meer versteckt

Wenn er sich vor den Weihnachtstagen versteckt (ja schon fast verschanzt), dann ist auch klar, er mag sie nicht. Deshalb: ungeliebt erklärt dem Leser, was er auch so schon durch den Text erfährt.

Jedes Jahr aufs Neue war es mir ein Grauen, wenn die ganze Welt in den blinkenden und klingenden Weihnachtstaumel verfiel. Zum Glück besaßen wir dieses Kleinod direkt am Meer.

Ich weiß bereits, er mag Weihnachten nicht und ich weiß auch von dem Haus am Meer. Warum also nochmal. Ich bin doch nicht blöd, ich kann doch lesen ;). Da hier nix neues gesagt wird, mir auch kein Gefühl vermittelt wird, steig ich mal eben für die zwei Sätze aus und überflieg die, bis was Neues kommt. Aussteigen des Lesers ist immer Intensitätsverlust. Das ist wie Werbung im Film.

Jetzt aber, an diesem Samstag, meinem zweiundvierzigsten Geburtstag, fuhren wir auf der Autobahn zurück, unserem Alltag entgegen. Viel zu schnell flossen die Kilometer unter den Reifen des Volvos dahin, den meine Frau ruhig und besonnen fuhr.

Logisch. Nach dem Urlaub folgt meist der Alltag. Das weiß der Leser, keine gute, neue Info.
Und es ist völlig unwichtig, ob die Frau das Auto jetzt ruhig und besonnen fährt oder aggressiv und temporeich. Jedenfalls für deine Geschichte ist es völlig egal. Sie fährt und weil sie fährt kann sie auch später abbiegen, das ist die wichtige Info.

Unerwartet lenkte sie den Wagen herunter von der Autobahn. Erstaunt fragte ich, warum wir jetzt abbiegen, doch sie schmunzelte nur und sagte: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Ich dachte das schönste Geschenk, was ich dir machen kann, ist noch eine weitere Woche Urlaub hier am Meer.“

Na gut. Das ist doch ziemlich tell. Dabei wäre show so einfach:

Meine Frau setzte den Blinker und fuhr von der Autobahn ab.
"Warum?", fragte ich und überlegte, was ich wieder vergessen hatte. Wollten wir noch zu irgendwem ranfahren? Wohnt hier überhaupt jemand, den wir kennen? (Solche keinen Eingeständnisse von Fehlern machen Figuren viel echter und sympathischer - das mal nebenbei.)
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!", sagte sie und strahlte. "Ich schenke dir noch eine Woche Urlaub am Meer.“ (Klingt echter. Bei Dialogen Vorsicht vor langen Sätze. Man nutzt tatsächlich eher kurze Sätze beim Reden. Achte mal drauf.)

So ungefähr ... Das sind so Beispiele, wo ich versucht hab zu verdeutlichen, was ich meinte. Und falls dir das irgendwie brauchbar erscheint, zieh es einfach für den Rest des Textes nach eigenem Gutdünken durch. Wenn es für dich keinen Sinn macht, dann ignoriere es einfach.

Aber nochmal, die Geschichte fand ich gut. Die habe ich echt gern gelesen.
Beste Grüße, Fliege

 

Vielen Dank an tortich, Isegrims und Fliege für eure Reaktionen, Kritiken und Tipps.
Ich bin auch gerade dabei alle anderen Kurzgeschichten in dieser Challenge zu lesen und muss sagen, meine Augen schmerzen von den vielen Buchstaben... Aber die Geschichten sind teilweise wirklich schön. Da braucht man gar keine Bücher mehr kaufen. Einfach einloggen und die Lektüre ist gesichert.

Nach so vielen Geschichten tut es gut eure Worte zu lesen, die ich als sehr positiv empfinde. Fliege: Könntest du mir so ein Schreib-Buch empfehlen?
Ich werde die letzten Tage in 2015 nutzen, um meine Geschichte noch zu verbessern. Ein Bestseller wird sie dadurch wohl nicht mehr werden, aber das war auch nie meine Absicht. Ich wollte mal Feedback und habs bekommen. Dankeschön.
Und dann noch alle anderen Geschichten lesen. Echt viel Arbeit.
Aber euch gehts ja genauso.

Bis denne!
Lind

 

Nun nochmal kurz überarbeitet. Danke für alle Hinweise.

Da der Winter ja irgendwie nicht kommen will, gibts ihn halt hier als Geschichte..

 

Hallo Lind,

ich fand deine Geschichte eigentlich ganz gut. Eigentlich heißt aber auch, nicht so perfekt, wie sie hätte sein könnten.
Das liegt daran, dass du von dem einen zuviel und von dem anderen zu wenig geschrieben hast.

Zuviel ist insgesamt die breit angelegte Geschichte, denn im Grunde genommen passiert in ihr ja nicht viel.
Auf einen Satz verkürzt würde man sagen: Ehepaar ist in immer eiskalter werdenden Miethütte gefangen.
Ich halte es für immens wichtig, dass man sich als Autor immer klar macht, was man eigentlich sagen möchte. Wenn der Plot deiner Geschichte genau das sein soll, was ich in einem Satz geschrieben habe, dann ist der gesamte Vorspann zu lang und unergiebig.

Es gibt diese Regeln für Kurzgeschichten, die man keinesfalls sklavisch beachten sollte, die aber gute Hinweise geben können, was man an einer Geschichte eventuell noch verbessern kann.
Die Regel, die ich meine, lautet, dass jeder folgende Satz in der Handlung weiterführen soll. In der Handlung, nicht in der Ausschmückung der Atmosphäre, es sei denn die Atmosphäre ist wichtig für die Handlung und umgekehrt. Das kann man sicherlich nicht so akribisch durchziehen, wie es als Regel da steht, aber es soll damit klar gemacht werden, dass man in einer Kurzgeschichte relativ schnell auf den Punkt kommen sollte.
Dein Anfang verbraucht zu viele Sätze, bevor das Paar in dieser Gruselhütte angekommen ist. Sicherlich willst du den krassen Gegensatz darstellen, dass sie quasi vom Regen in die Traufe geraten, aber ich bin mir sicher, das geht deutlich kürzer, denn der eigentliche und wirklich spannende Teil deiner Geschichte beginnt ja erst bei der Ankunft in der Hütte.

Wenn der folgende Satz in der Handlung weiter voran bringen soll, dann bedeutet das aber auch, dass jeder nachfolgende Satz die Spannung steigern muss. Das ist gerade in deiner Geschichte mehr als nur wichtig, denn der Plot selbst ist ja auf dieses Gefangensein in der Kälte angelegt, nicht wahr?

Du schwankst aber mit deinen Protagonisten hin und her. Erst ist ihnen saukalt, obwohl die Heizkörper glühen, aber mit einem Frühstück bringen sie sich wieder in die Wärme? Ich würde eher eine halbe Stunde unter der Dusche stehen und den immer heißeren Wasserstrahl über mich laufen lassen, um in solch einer Situation Wärme zu bekommen und klar ein heißer Tee oder Kaffee käme danach dazu.
Dann denkt man die Kälte kriecht weiter voran und sie werden gleich weiter an dieser Kälte scheitern, aber nein, du lässt deine Protagonistin erst Mal gemütlich ein gutes Abendbrot zubereiten. Genau hier fehlt es am Spannungsbogen, den zersägst du einfach an dieser Stelle.

Als dann der Schnee sie quasi einschließt, ist die Spannung wieder da.

Aus meiner Sicht verschenkst du auch noch an weiteren Stellen die Möglichkeit, die Spannung zu erhöhen. Und zwar immer dann, wenn der Hund sich merkwürdig benimmt. Ich würde da einfach mehr das Tier ernst nehmen.
Ich habe selbst schon oft erlebt, dass meine Katzen/Kater sich plötzlich deutlich anders verhalten als sonst und ich habe dem zunächst keine Bedeutung beigemessen. Aber mit den Jahren hat sich in mir die Erkenntnis festgesetzt, dass die immer einen wichtigen Grund haben, sich anders zu verhalten. Und genau diesen Grund muss man zu erkennen versuchen. Ich meine daher, dass das Hundeverhalten von deinen Protagonisten in genau dieser Erkenntnis sehr ernst genommen werden sollte und sie sollten noch intensiver nach dem Grund suchen, den sie natürlich nicht finden, aber du kannst somit beim Leser ein mulmiges Gefühl hinterlassen. Es erhöht die Spannung.


Am Ende gefällt mir dieser Satz so überhaupt nicht.

„Es ist so furchtbar kalt!“, hauchte Ella in mein Ohr,
Also ehrlich, der Mann weiß, dass es lausig kalt ist, der Leser weiß es schon lange.

Was empfindet Ella da gerade? Doch eher sowas wie Panik, hier an der Kälte zu sterben, nicht wahr? Und genau das müsste sie auch sagen. Sie hat Angst. Das muss rüberkommen und der Leser muss diese Angst auch bekommen.


Du könntest aus der Geschichte echt noch was Feineres machen.

Lieben Gruß

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

lakita,
vielen Dank Lakita für deine Ratschläge und deine (umfangreiche) Mühe, die du dir gemacht hast. Dass die Geschichte zu lang ist und durch Verkürzung mit Fokus aufs Wesentliche deutlich an Spannung und auch an Qualität gewinnen würde, habe schon mehrere Vorgänger angemerkt. Da haben wohl alle recht mit. Das fällt mir natürlich sehr schwer, da jetzt nochmal dranzugehen. Ich werde es aber tun. Zur Zeit lese ich einige Ratgeber-Bücher und hoffe, da eine Art Anleitung zu finden. Ich hatte meine Geschichte tatsächlich nur aus "dem Bauch heraus" geschrieben, in ca. 5 Stunden war sie fertig, und wusste damals nix von Schreibregeln u.s.w. Nun bin ich ja schon etwas schlauer.

Da ich bei der Abstimmung so kläglich gescheitert bin (nicht eine einzige kleine Stimme für meine Geschichte), muss ich jetzt erstmal meine Wunden lecken, die Geschichte mal eine Zeit beiseite packen und dann nochmal neu betrachten und verändern. Da freu ich mich auch schon drauf, aber es wird wohl zwei, drei Monate dauern, bis ich mich da wieder traue.

Ich würde mich freuen, wenn du dann, und alle anderen Wortkrieger natürlich auch, nochmal die Nerven habt, es erneut zu lesen.

Bis dahin!

Liebe Grüße
Lind

 

Da ich bei der Abstimmung so kläglich gescheitert bin (nicht eine einzige kleine Stimme für meine Geschichte),

Die Abstimmung geht doch noch 5 Tage? Wieso jammerst du schon vor dem Ende? ;)

Hallo Lind,

ich habe die Geschichte einerseits gerne gelesen, weil da so eine unheilvolle nicht greifbare Stimmung war. Andererseits waren da so nicht verständliche Handlungen der Protagonisten, wo bei mir dann als Logiktante alle Lichter angehen.
Da muss unbedingt noch ein Grund her, wieso die nicht früher fahren könnten wie sie wollten. Mir wäre es doch scheißegal, wenn mein Mann etwas gebucht hätte und ich würde mich unwohl darinnen fühlen. Da wäre ich schneller wieder weg wie angekommen - und wenn ich alleine fahren müsste.

Wie wäre es denn, wenn die zwei auf einer Insel wären, mit der Fähre gefahren (von mir aus auch mit dem Auto) und die nächste Fähre würde frühestens in drei Tagen kommen? Dann frage ich mich nicht mehr, wieso die so lange ausharren :D - dann könnten sie halt nicht anders.

Das Mysteriöse von der Hütte, die nicht warm wird - damit muss man halt als Leser leben, wenn ich auch nicht richtig glücklich damit geworden bin.

Also was ich sagen will: Die Begebenheiten für den Leser verständlich aufgebaut könnte die Geschichte viel wirkungsvoller werden lassen.

Liebe Grüße
bernadette

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom