Über das Schreiben einer Geschichte
Was für einen Tag haben wir heute? Samstag? Ja, Samstag! Letztes Buch gelesen und bis zur Bundesligaübertragung geht’s noch ne Weile. Was also tun?
Idee:
Kleine Geschichte schreiben.
Gut, gut, dann setz ich mich an den PC und schreib eine. Aber wie? Und worüber? Keine Panik, der Computer ist ja noch beim Hochfahren.
Lassen wir also die Gedanken kreisen:
Wie wäre es mit einer vom Erfolg verwöhnten Frau, die nach vielen Jahren nach Hause zurückkehrt, um sich um ihre todkranke Mutter zu kümmern und diese aus Mitleid mit den Morphiumpillen umbringt, die der Arzt ihr ursprünglich zur Schmerzlinderung verschrieben hatte?
Die Idee an sich ist ja nicht schlecht, aber irgendwelche Filme kopieren, die erst gestern im Fernsehen liefen, ist wohl auch keine Lösung. Damit fällt dann wohl auch die Geschichte von dem Jungen mit den Zauberkräften, der eine Zaubererschule besucht und dort gegen das Böse kämpft weg. Mist Blöder.
Blödes Willkommensignal, ich seh doch, dass du hochgefahren bist, bin doch nicht blind. Eine Geschichte über einen Blinden? Da verlier ich immer den Durchblick. Gut kein sonderlich gelungenes Wortspiel, aber das ändert leider nichts an der Tatsache.
Wer im Kopf nichts findet, schaut sich eben etwas um, vielleicht versteckt sich dort die nötige Inspiration, das Steinchen das alles ins Rollen bringt, die Sahne, ohne die die Waffel nicht schmeckt, der Regentropfen, der den anderen zeigt, wo es lang geht.
Wenn ich eine Geschichte über Carmen Electra oder Che Guevara schreiben wollte, wäre das bestimmt keine schlechte Idee, aber das soll weder ein Revolutionsaufruf noch ein Porno sein, obwohl mir das Weiße visuelle Papier immer noch vorwurfsvolle Leere entgegen schreit. Papier ist geduldig. Da hat es mir aber leider etwas voraus. Keiner zwingt mich diese Geschichte zu schreiben, ich bin weder von meinen Fans, noch von dem Leistungsbezogenen Vertrag mit Klett abhängig.
Aber halt, war da nicht der Hauch, der meinen Geist in die richtigen Bahnen lenkt? Prinzessin und Frosch? Frosch und Prinzessin? Frosch und Frosch ? Prinzessin und Prinzessin? Nein! Alles schon da gewesen. Da könnte man ganz grimmig werden.
Da sich also weder in den Windungen meines so vielseitigen Gehirns, noch in meiner direkten Umgebung eine Inspiration für mein Geschichtlein finden lässt, wäre ein Reality-Bericht wohl eine schlaue Idee. Nackt rausgehen Leute aufmischen und am nächsten Tag den Polizeibericht abtippen. Wohl eher am nächsten Sylvester.
Stellt sich nur die Frage, ob das ein wirklich ernstzunehmender Hinderungsgrund ist.
Denn:
Was zählt, ist der Wille zur Geschichte.
Und was gäbe das für eine Story ab, wenn ich sogar dieses Megacoole „Basierend auf einer wahren Begebenheit“ darunter setzen könnte.
Bedenkt man es Recht, kenne ich keinen Oskargekrönten Film, der auf einer wahren Geschichte basierte. Wie wäre es also, wenn ich ein kleines Geschöpf, halb Mensch, halb Zwerg, genannt Schlobbit, die überall so bösartige Welt durchstreifen lasse, mit dem Auftrag eine heilige Halskette zu verheizen. Das brächte mir bestimmt ein paar Oskars, dafür bräuchte man nicht einmal besonders talentierte Schauspieler, will sagen, glaubhafte Charaktere.
Ich bin schon ganz durcheinander, vielleicht wäre eine herrlich einfach und Happy-End süchtige Liebesgeschichte mit einer dramatischen Flughafenszene, an der die Frau sich zwischen Mann und Liebhaber entscheiden muss, doch das Richtige.
Andererseits könnte das auf einer wahren Begebenheit beruhen und so meine Verfilmungschancen drastisch minimieren.
Vielleicht rufe ich meine Freundin an, schließlich habe ich schon des Öfteren gehört, dass die Freundin eine Art Muse sein kann. Die Idee ist gut, schlecht aussehen tu ich nicht und Zeit genug hätte ich, um mir eine zu suchen, die auch auf mich eingeht, anstelle dieser Schnepfe von der Rat auf Draht Verbindung. Obwohl ein Dialog zweier solcher Personen keine schlechte Idee wäre.
Am besten in kurzen Briefchen über das Internet:
Hilfesuchende/r: Hallo ich habe ein Problem, dass es mir unmöglich macht mit anderen Mädchen Kontakt aufzunehmen.
Annahmestelle: Das wäre? Wir hören dir zu! Sprich dich ruhig aus, wir sagen nichts weiter.
Hilfesuchende/r: Ich bin sehr schüchtern und habe kein Internet.
Annahmestelle: Wie hast du uns dann diese Mail dann geschrieben?
Hilfesuchende/r: ???
Das sind die Fragen, die die Logik eines Dialogs immer wieder ins Wanken bringen. Aber das soll mich nicht aufhalten, denn es gibt so oder so bessere Ideen für eine Geschichte, die sowohl meiner politischen Meinung entspricht, zum Nachdenken anregt, witzig ist, in der Fülle der Informationen nicht zu knapp, als auch in ihrem schreiberischen Stil den Leser anspricht.
Vielleicht sollte ich mir erstmal die kratzigen Socken von meinen Füßen abstreifen, die stören mich empfindlich in meiner Konzentration.
Barfuß schreibt es sich doch gleich viel besser. Fragt sich nur was.
Vor Neid erblassen könnte ich, wenn ich die Stephen King, John Grisham, Wolfgang Hohlbein und was weiß ich noch Romane in meinem Regal stehen sehe. Diese Menschen haben Ideen, unendlich viele, so scheint es. Und ich weiß nicht einmal, worüber ich eine gewöhnliche Geschichte schreiben soll.
Was ich mir aber eingestehen muss, ist meine hohe Messlatte, denn schließlich hätte ich schon über den Tagesablauf einer Regenpfütze, eine kitschige Liebesgeschichte oder sonstige geistlose Literatur wiedergeben und zu Papier bringen können.
Wissen sie was? Ich schau einfach in meinem Büchlein nach, in dem ich alle Ideen, die mir irgendwann, wenn ich betrunken, gut gelaunt, oder vielleicht sogar eine melancholische Phase habe, kommen.
Hier steht:
Über das Schreiben einer Geschichte.
Zu Ende gekreist.