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Über Spitzbärte, einen Kobold und die Vorteile von Schuhen

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11.06.2004
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Über Spitzbärte, einen Kobold und die Vorteile von Schuhen

Die meisten Gasthäuser sind nichts Besonderes.
Dieses hier schon.
Es war etwas sehr besonderes. Vielleicht wegen der Suppe.
Es kamen nicht viele Gäste, aber das wäre auch eher verwunderlich gewesen.
Wunderlich hingegen waren die Gäste selbst.

Die Wirtin stand in der Küche und rührte ihre Suppe. Das Rezept war geheim. Und nur sie allein kannte es. Und natürlich hütete sie es wie ihren Augapfel.
Sie stand also in der Küche und rührte in dem großen Kessel, der über dem Feuer hing. Hin und wieder ging sie nach draußen, um ihrem Mann, dem Wirt zu helfen. Dieser arbeitete die meiste Zeit an der Schenke und zapfte Getränke.
Zwei Männer saßen an einem Tisch. Sie waren schon sehr lange hier, man konnte fast meinen, sie gehörten zum Inventar des Gasthauses. Und sie stritten. Sie stritten laut und seit sie hier waren. Ununterbrochen.
»Nein, nein, nein«, sagte der eine. Er hatte einen Spitzbart und einen eher verschlagenen Blick.
»Doch, doch, doch«, widersprach der andere, ebenso leidenschaftlich. Er war etwas älter und hatte schon weißes Haar.
So ging es schon eine geraume Weile.
Die Wirtin kam in den Schankraum und warf ihrem Mann einen Blick zu. Dieser nickte stumm. Die Frau stellte sich neben ihren Gatten und beide betrachteten sie die heftig diskutierenden Gäste.
Da klopfte es plötzlich an der Tür.
Wirt und Wirtin warfen sich einen fragenden Blick zu.
Schließlich ging die Wirtin an den beiden Streithähnen vorbei und öffnete. Vor ihr stand ein junger Mann mit einem weiten Mantel und einem Koffer in der Hand.
»Guten Tag, gnädige Frau«, begann er und schob einen Fuß zwischen Türrahmen und Tür. »Es wird Sie bestimmt freuen, meine Bekanntschaft zu machen, denn Sie werden es nicht bereuen.«
Die Wirtin sah ihn fragend an. Sie bekam nicht oft Besuch, um genau zu sein, war dies hier ihr erster überhaupt. Verständlicherweise wollte sie nicht unhöflich sein.
»Kommen Sie doch herein«, bat sie deshalb.
Der Fremde war etwas verwirrt, dass man ihn so einfach einließ. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so leicht werden würde.
Sofort setzte er sein schmierigstes Grinsen auf und betrat die Gaststube.
Er nahm am Tresen Platz und bestellte ein Bier. Als der Wirt das schaumige Gedicht vor die Nase des Fremden stellte, reichte dieser ihm die Hand.
»Darf ich mich vorstellen«, sagte er, »mein Name ist Frederick von Felsenstein.«
»Und was wollen Sie hier?« fragte der Wirt.
»Ich bin ihr Glück«, antwortete der Mann und nahm einen Schluck von seinem Bier.
»Immer muss ich der Böse sein«, rief der Spitzbart erbost, so laut, dass alle es hören konnten. Der Wirt, die Wirtin und Frederick drehten sich um.
»Das steht mir langsam bis hier«, fügte der Spitzbart an und hob seine Hand an den Hals.
»Du solltest dich nicht so merkwürdig anstellen«, warf der Weißhaarige ein. »Immerhin habe ich dir einiges zugestanden.«
»Noch ein Schnäpschen?«, fragte der Spitzbart plötzlich.
»Gern.«
»Wirt! Zwei Schnäpschen!« Dann wandte er sich wieder seinem Tischnachbarn zu. »Verzeih, dass ich dich unterbrochen habe. Wo waren wir?«
»Wir waren dabei uns anzuschreien.«
»Ach, ja...« Der Spitzbart kratzte an seinem Spitzbart. »Darf ich noch einmal die Pläne sehen?«
»Ja, selbstverständlich«, antwortete der Weißhaarige. Er holte ein paar zusammengerollte Papierstücke aus seiner großen Tasche und breitete sie auf dem Tisch aus.
»Danke, sehr freundlich«, sagte er zu dem Wirt, der gerade die beiden Schnapsgläser servierte.
»Zum Wohlsein«, sagte der Spitzbart und hob sein Glas.
»Zum Wohlsein«, antwortete der Weißhaarige.
Und beide tranken sie den Schnaps in einem einzigen Zug leer und klopften die Gläser auf den Tisch.
»Himmlisch«, sagte der Spitzbart.
»Höllisch gut«, meinte der Weißhaarige und sie kicherten beide wie Schuljungen.
»Darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf meinen Koffer lenken?« sagte Frederick. Der Wirt warf ihm einen sonderbaren Blick zu.
Frederick zögerte nicht lange und öffnete mit einer eleganten Bewegung seinen Koffer.
»Und?« fragte er. »Was halten Sie davon?«
Der Wirt lugte neugierig in den Koffer. Seine Frau, die hinter ihm stand, warf ebenfalls einen verstohlenen Blick auf den Inhalt, so als wäre es etwas Verbotenes.
Der Spitzbart beugte sich unterdessen über die Pläne. »Das sieht alles sehr wirr aus«, meinte er dann kritisch.
»Ja, es ist noch ein Entwurf, möchte ich anmerken«, gab der Weißhaarige zu.
»Und die sollen alle da drin leben?« fragte der Spitzbart und deutete auf einen Plan, der etwas darstellte, was Ähnlichkeit mit einem Schuh hatte.
»Naja, es schien mir eine vernünftige Form. So im Großen und Ganzen. Bequem, altbewährt, einfach. Ein Schuh eben.«
»Tatsächlich? Findest du, sagen wir mal, eine Scheibe nicht vernünftiger?«
»Eine Scheibe?«
»Ja«, sagte der Spitzbart, dem seine Idee nun eigentlich ganz gut gefiel.
Der Wirt schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht«, sagte er dann, noch immer auf den Inhalt des Koffers starrend.
»Was ist das?« fragte die Wirtin. Der Wirt hatte sich die selbe Frage gestellt, sich aber nicht getraut, offen zuzugeben, dass er nicht wusste, was da vor ihm lag.
»Das, meine Dame, wird ihre Arbeitsgewohnheiten revolutionieren«, rief Frederick begeistert. »Es ist -«, er machte eine bedeutungsschwangere Pause, »- ein Staubsauger. Und nicht irgendein Staubsauger, sondern der Kobold 636 Turbo mit 2 Ansaugstutzen, feinmaschigen, mit Pfefferminze aromatisierten Staubbeuteln und einer Super-Turbo-Saugfunktion.«
»Was?« fragte die Wirtin.
»Ein Staubsauger«, sagte Frederick. »Damit können Sie mühelos Staub aufsaugen.«
»Welchen Staub denn?« fragte die Wirtin mit finsterer Mine.
»Ähm«, sagte Frederick.
Der Weißhaarige schüttelte indes den Kopf. »Nein, tut mir leid, so geht das nicht. Eine Scheibe, Schwachsinn!«
Der Spitzbart lehnte sich beleidigt zurück. »Na gut, wir brauchen nicht über deine Pläne zu reden. Von Schuhen und diesen komischen Dingern, die laufen können.«
»Das sind Giraffen«, ereiferte sich der Weißhaarige. »Giraffen, nennt man die.«
»Vorher hast du noch irgend etwas von Hunden gemurmelt.«
»Hunde?« rief der Weißhaarige. »Hörst du mir eigentlich zu? Ich habe gesagt: Hunde, niemals! Es wird keine Hunde geben. Die waren von Anfang an ein Fehlkonzept. Nie und ich betone: niemals wird es Hunde geben.«
»Und wer soll dann die Giraffen betrachten und bewundern können? Wer soll deine wunderbare Schuhwelt loben und preisen?« Der Spitzbart setzte ein gewinnendes Lächeln auf und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, wie jemand, der weiß, dass er Recht hat.
Doch der Weißhaarige grinste nur schelmisch.
»Hier kommt meine genialste Idee zum Tragen«, sagte er.
»Naja, natürlich meinte ich nicht, dass es hier schmutzig ist«, versuchte Frederick sich im selben Moment gerade zu verteidigen. »Ich wollte nur andeuten, dass..., ähm, dass...«
»Ja?« fragte die Wirtin. »Jetzt bin ich aber gespannt.«
»Ich wollte nur sagen, dass sie es beim nächsten Mal, wenn Sie saubermachen, viel leichter haben... werden... könnten. Ähm.«
»Wie viele von den Dingern haben Sie eigentlich schon verkauft?« fragte der Wirt.
»Och, das kann man nicht so genau sagen«, antwortete Frederick. »Das ist so eine ungenaue Zahl, die sich schwer irgendwie vernünftig runden lässt.«
»Wie viele?«
»Naja, so genau weiß ich das gar nicht mehr. Vielleicht ein paar wenige... Sie müssen natürlich fairerweise auch zugeben, dass ich wenig Möglichkeiten hatte, bisher einen Staubsauger zu verkaufen, um ganz ehrlich zu sein, keine.«
»Sie haben keinen verkauft?« fragte der Wirt belustigt.
»Elfen«, erklärte der Weißhaarige gerade.
»Elfen?« Der Spitzbart konnte es gar nicht glauben.
»Ja«, erwiderte der Weißhaarige begeistert. »Kleine, androgyne Elfen, die um Feuer tanzen, Lieder singen und überhaupt ziemlich verblödet sind.«
»Das ist ja fast... brillant«, gab der Spitzbart zu.
»Ja, ja.«
»Und wann soll diese ganze Sache anlaufen?«
»Ach, da hab ich noch ewig Zeit. Schnäpschen?«
»Gern.«
»Herr Wirt? Zwei Schnäpschen, bitte.«
Frederick brauchte jetzt erst einmal ein Bier. Er hatte sich das alles viel einfacher vorgestellt. Aber er würde noch an sich arbeiten müssen.
»Kopf hoch«, meinte die Wirtin. »Vielleicht kaufe ich ja doch noch einen Staubdings.«
»Staubsauger«, verbesserte Frederick kleinlaut.
Der Wirt sah seine Frau an. »Hast du die Suppe eigentlich vom Feuer genommen?« fragte er die Wirtin.
Seine Gattin starrte ihn mit großen Augen an.

Diese Suppe war wirklich etwas Besonderes.
Aber man hätte sie nicht zu lange kochen lassen dürfen.
Wenn es schon ein Universum gegeben hätte, dann hätte man die folgende Explosion von einem bis zum anderen Ende hören können – sofern ein im Entstehen begriffenes Universum überhaupt Enden hat.

Erwähnte ich, dass diese besondere Suppe die erste überhaupt war?

 

So eine schlechte Geschichte hab ich ja noch nie gelesen... (ganz fiese Kritik ;) )

Scherz, ich find das Konzept mal richtig cool, erst recht weil ich beim ersten Mal wirklich gedacht habe, dass du nur Schwachsinn geschrieben hast. Wenn man aber erstmal dahinter gekommen ist, genial!!
Wuerde vielleicht das Gespraech zwischen Teufel und Gott krusiv machen. Ist vielleicht besser fuer die Uebersicht und man kommt schneller drauf... ...vielleicht aber auch nicht.


@ Uwe, natuerlich haette diese Geschichte auch irgendwo anders passieren koennen, aber nenn mit doch mal eine Geschichte, die nicht wo anders haette Geschehen koennen. Ich denke, man aendert in jeder so ein, zwei Worte um und dann geschieht die Geschichte eben aufm Klo, in meinem Schlafzimmer oder so.

 

Hallo Chazar,
erst habe ich mich über den Unsinn amüsiert, dann hat es auf einmal Sinn gemacht und ich hatte noch einmal Spaß! Klasse Mischung aus Schöpfungsmythen und Humor, sehr kreativ! Schließlich ist die ganze Geschichte mit dem Urknall so kompliziert, dass niemand so richtig versteht, wie das gewesen sein könnte. Ich könnte höchstens noch darüber meckern, dass man die zwei Gespräche nur schwer auseinander halten kann. Ich würde auch Leerzeilen einbauen, das deutet dann auch ein bisschen an, dass an dem anderen Schauplatz noch weiter geredet wird. Ach ja, und bei dem Koffer dachte ich immer an ein Aktenköfferchen. Vielleicht würde ein Hinweis auf die Größe nicht stören.
Gruß
tamara

 

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