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Abgebrannt

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21.03.2004
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Abgebrannt

Tim saß auf einer unbequemen, schmalen Holzbank. Er zog eine Schachtel Streichhölzer aus der Hosentasche und entzündete eines davon. Er hielt es gegen den Docht der langen Kerze, in der Mitte des Tisches. Nach einigen Sekunden flackerte die Flamme kurz auf, dann brannten zwei kleine Lichter vor seinem Gesicht. Er wedelte mit dem Streichholz bis er erlosch und warf es in den Aschenbecher. Langsam hob er das Glas an die Lippen und nippte an dem eiskalten Cuba. Cuba Libre, ihr Lieblingscocktail, dachte er. Er stellte das Glas ab und sah auf die Uhr. In zehn Minuten sollte er vor dem Kino sein, er würde sich beeilen müssen. Eilig kippte er den restlichen Cuba hinunter, stand auf und verließ die Kneipe. Ihre Lieblingskneipe, dachte er traurig.

Erleichtert ließ sich Liam auf die Bank fallen. Endlich sitzen, dachte er. Er nahm einen Schluck von Jenny’s Wasser.
„Verdammte Fahrerei,“ grinste er zu Jenny hinüber. Die nickte nur, dann hellte sich ihr Gesicht kurz auf und sie gab ihm ein Zeichen, sich umzudrehen. Liam tat, wie ihm geheißen und er blickte in das schönste Paar Augen, die es auf diesem Erdball gab.
„Hey.“ Sarah setzte sich neben Liam. „Wie geht’s?“
„Gut. Und dir?“ Er war etwas von der Rolle, mit Sarah hatte er heute nicht gerechnet. Sie legte ihre Handtasche auf den Tisch und schob die Kerze von ihr weg. Sie sah bezaubernd aus, in ihrem weißen Top, das von einem dunkelrot glitzernden Kussmund geziert wurde. Ihr langes blondes Haar fiel über ihre Schultern und schimmerte golden im schwachen Licht der Kerze und der gedämpften Lampen.
„Wollt ihr etwas zu trinken?“ Das freundliche Gesicht einer hübschen Bedienung sah sie fragend an. Sarah schüttelte den Kopf, Liam bestellte sich eine Cola. Die Bedienung nickte freundlich und verschwand wieder hinter der Bar.
Auf Jenny’s Gesicht umspielte ein wissendes Lächeln die blassen Lippen. Ihre Augen huschten von Liam zu Sarah und wieder zurück. Sie beugte sich zu Liam hinüber.
„Hey,“ flüsterte sie, „du weißt, dass ich noch ein Kussfoto von dir bekomme.“ Sie lehnte sich zurück und lächelte entzückt als sie Liam’s, zu einer Grimasse verzerrtes, Gesicht sah.

Eine Stunde und zwei Colas später lehnte sich Liam ganz nahe an Sarah und wollte gerade ansetzten etwas zu sagen, als ihn Jenny antippte und mit dem Kopf zur Tür deutete.
Wie vom Blitz getroffen, zuckte Liam zusammen, so dass Sarah erschrak und ihn entgeistert anstarrte. Liam wandte sich von ihr ab und brachte ihre Handtasche als Barriere zwischen sich und Sarah. Dann starrte er angestrengt in seine Cola. Sarah sah ihn verwundert an, blickte dann zur Tür und erkannte dort Tim’s Gesicht unter all den anderen. Das erklärte einiges. Dann erkannte Tim sie und sah sofort woanders hin. Letzte Woche war es das gleiche gewesen und es würde wohl so weiter gehen, wenn diese beiden Sturköpfe nicht endlich miteinander redeten. Aber das mussten die beiden selbst wissen. Sie wandte sich wieder Liam zu.
„Du kannst durchaus mit mir reden – auch wenn er da ist.“
„Ja ja, schon klar.“ Liam spielte mit seinen Fingern. Er war nervös. Sie seufzte und nahm ihre Handtasche. Sie kramte ihr Handy heraus und sah nach der Uhrzeit. 23 Uhr. Wenn das so weiter ging, würde sie wohl bald nach hause fahren. Dann fanden ihre Augen in der Menge ein anderes, bekanntes Gesicht. Sie sprang auf und kletterte über Liam hinweg zur Bar, hin zu Michael. Nur weg von dieser komischen Stimmung, dachte sie.

Nadja bemerkte Sarah’s Blick zu Tim. Und sie bemerkte seine traurigen Blicke zu ihr. Dass er Liam mit wütenden Blicken bedachte, fand sie nur all zu verständlich. Sie ließ ihren Freund mit Liam, Sarah und Jenny am Tisch zurück und bahnte sich ihren Weg zu Tim.
„Hey.“
„Hallo.“ Tim lächelte gequält. „Wie geht’s?“
„Och, ganz gut.“ Nadja sah in Tim’s eng stehende Augen. „Was man von dir nicht behaupten kann, oder?“
Tim zuckte kurz zusammen, entspannte sich dann jedoch wieder. Er murmelte irgendetwas unverständliches.
„Hast du schon mal mit ihr geredet?“ Ob er mit Liam geredet hatte, brauchte sie nicht zu fragen. Dazu waren beide zu stolz. Wenn man in dieser Situation von Stolz sprechen konnte.
„Nicht richtig.“ Tim warf einen kurzen Blick hinüber zu Sarah, die gerade mit einem anderen Kerl an der Bar stand. Dann sah er, dass Liam in die selbe Richtung blickte.
„Irgendwann hau ich ihm eine rein.“ Es war ihm rausgerutscht. Aber jetzt war es egal. „Er macht das doch nur, um mir zu beweisen, dass er jede haben kann!“ Tim schnappte nach Luft.
Nadja stand nur da und hörte ihm zu. Sie wollte seine Aussagen nicht kommentieren, sie wusste ja nicht, was wirklich passiert war. Nur, dass Liam etwas von Tim’s – jetzt Ex – Freundin wollte. Und dass er ihr bereits geschrieben hatte, als die beiden noch zusammen waren. Alles andere waren Gerüchte, die zum einen von Tim, zum anderen von Liam in die Welt gesetzt wurden. Oder von ganz anderen Leuten.
„Er ist wohl der hinterhältigste Mensch, den ich kenne.“ Er schloss die Augen, als ob er sich vergewissern müsste, wirklich keinen hinterhältigeren Menschen zu kennen. Nadja berührte ihn vorsichtig am Arm.
„Hey.“
Tim schlug die Augen wieder auf.
„Komm, red mit ihr.“
Tim protestierte kurz, ließ sich dann aber von Nadja mit zum Tisch ziehen, an den sich Sarah gerade wieder setzte.

Als er Tim zum Tisch kommen sah, stand Liam auf und entschuldigte sich. Er müsse kurz mal auf die Toilette. Wahrscheinlich hatten sie es alle durchschaut, aber es war ihm egal. Jenny sah ihm fragend nach, doch er winkte ab, er wollte alleine sein. Er mied Tim’s Blick und warf Nadja einen fragend-vorwurfsvollen zu. Doch sie schien durch ihn durch zu sehen und so ging er weiter, bahnte sich einen Weg zum Ausgang.
Vor der Kneipe war es kalt. In wenigen Meter Entfernung stand eine Gruppe von Punks um einen CD-Player versammelt und klopften mit ihren schweren Stiefeln den Takt der Musik auf das Kopfsteinpflaster.
Liam fischte eine Zigarette aus seiner Hosentasche und zündete sie an. Nach drei tiefen Zügen hatte er sich wieder etwas beruhigt. Was sollte schon groß passieren? Mehr als die große wunderbare Versöhnung konnte es ja nicht geben. Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Das wäre dann ja bereits die zweite. Er verstand Sarah nicht. Was fand sie an seinem ehemals besten Freund? OK, er war hübsch, aber beziehungsunfähig. Aber wahrscheinlich behauptete Tim das gleiche über ihn. Sie waren sich einfach zu ähnlich. Er warf die Zigarette auf den Boden und trat sie aus. Lieber Tim’s stechende Blicke, als diese stechende Kälte. Er zog die Tür zur Kneipe auf verschwand in einer Wolke aus Schweiß und Zigarettenrauch.

„Ich glaube, wir könnten wirklich glücklich sein. Wenn nur Liam nicht im Weg stünde.“ Tim sah ihr in Sarah’s wunderschöne Augen. Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte. Dann sah sie auf seine Hände.
„Ach Tim,“ sagte sie leise, „glaubst du das wirklich, was du da sagst?“ Ihre rechte Hand spielte mit dem Ring an ihrem linken Mittelfinger. Sie drehte ihn und sah in Tim’s Augen. Der senkte den Kopf und sah kurz zu Boden. Dann blickte er ihr direkt in die blauen Augen und sagte mit fester Stimme: „Ja, das glaube ich.“
Sarah schüttelte den Kopf. Ein trauriger Schimmer legte sich auf ihre Augen.
„Ich nicht.“
Tim seufzte.
„Du gibst mir nicht mal eine Chance“, jammerte er.
Sarah lachte wieder auf.
„Stimmt, aber eine dritte Chance brächte weder dir noch mir etwas.“ Mit ihrer linken Hand umfasste sie den Kerzenständer, der in der Mitte des Tisches stand, und zog ihn näher zu sich. Die Flamme flackerte unruhig über der weit heruntergebrannten Kerze.
„Weißt du Tim, irgendwann ist Schluss.“ Sie sah ihm noch einmal in seine eng zusammen stehenden, braunen Augen. Dann wandte sie sich der sich beruhigenden Flamme zu. Irgendwann ist Schluss, dachte sie und blies die Flamme aus.

 

Verdammt, ich habe den Text beim ersten Lesen einfach nicht verstanden:
Tim liebt Sarah, Liam auch; vielleicht lieben sie auch nicht, vielleicht wollen sie nur. Liam und Tim haben Streit miteinander, offensichtlich ob dieser Frau. Sarah glaubt, daß die beiden miteinander reden sollten, in jedem Fall betrachtet sie es nicht als ihre Aufgabe. Sarah und Tim waren ein Paar, jetzt sind sie es nicht mehr. Tim und Liam waren einmal beste Freunde. Liam hält Tim für attraktiv aber beziehunsunfähig.
Das also meine Zusammenfassung nach dem zweiten Lesen. Und was genau sind "zweite Chance" und "dritte Chance"?

Der Text, durchaus gut geschrieben, braucht m.E. ein wenig Entwirrung, teilweise mehr Erklärungen und vor allem Charaktere. Es sind einfach sehr viele Namen. Der Leser erfährt lediglich, wer besonders attraktiv ist. Die Namen bleiben leer, man kann sie sich kaum merken.

Einen guten Satz fand ich:

Er schloss die Augen, als ob er sich vergewissern müsste, wirklich keinen hinterhältigeren Menschen zu kennen.

Ich finde zudem keine Intention im Text, keine wirkliche Handlung. Diese soll vielleicht Sarahs Absage an Tim sein, die bildlich umgesetzt wird: Kerze anzünden am Anfang, ausblasen am Ende, daher auch der Titel, den ich zuerst als 'ohne Geld' interpretiert hatte.

Vorschläge/ Anmerkungen (teilweise sehr subjektiv):

  • "Er wedelte mit dem Streichholz bis er erlosch und warf es in den Aschenbecher." - 1. 'bis es erlosch' 2. 'und dann warf er es' finde ich besser
  • "Langsam hob er das Glas an die Lippen und nippte an dem eiskalten Cuba. Cuba Libre, ihr Lieblingscocktail, dachte er." - 'Langsam setzte er das Glas an die Lippen und nippte von dem eiskalten Cuba Libre, ihrem Lieblingscocktail.'
  • "in das schönste Paar Augen, die es auf diesem Erdball gab." - 'das es auf diesem', singular
  • "und schob die Kerze von ihr weg." - 'von sich weg'
  • "Auf Jenny's" - 'Jennys'; taucht dauernd auf, ist aber englisch und falsch
  • "Sie lehnte sich zurück und lächelte entzückt als sie Liam's, zu einer Grimasse verzerrtes, Gesicht sah." - 'Sie lehnte sich zurück und lächelte entzückt, als sie Liams zu einer Grimasse verzerrtes Gesicht sah.'
  • "wollte gerade ansetzten" - 'ansetzen'
  • "wohl bald nach hause" - 'nach Hause'
  • "anderes, bekanntes Gesicht." - ohne Komma
  • "Nicht richtig." - vielleicht besser: 'Nicht wirklich.'
  • "In wenigen Meter Entfernung stand eine Gruppe von Punks um einen CD-Player versammelt und klopften mit ihren schweren Stiefeln den Takt der Musik auf das Kopfsteinpflaster." - 'und klopfte', singular, vgl. o.
  • "Aber wahrscheinlich behauptete Tim das gleiche über ihn." - 'von ihm'
  • "Wenn nur Liam nicht im Weg stünde." - Wenn der Satz Sarah charakterisieren soll, dann gut. Soll er heißen, daß die Beziehung nicht möglich ist, weil sie Liam Tim vorzieht, so: 'Wenn es Liam nicht gäbe.'

 

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