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Adam und Elizabeth
Wir schreiben das Jahr 1900. Zeit des Krieges zwischen Großbritannien und den Burenrepubliken Transvaal und Oranjefreistaat. Eine schwere und harte Zeit trat in Großbritannien ein und das Britische Militär war ständig im Einsatz.
Auch Adam, ein junger, starker Mann von 20 Jahren, gehörte zu den tapferen Soldaten, die das Heimatland verteidigten.
An einem Tag, an dem Adam gestattet war, sich frei zunehmen, begab er sich auf den Weg zu Elizabeth, dem schönsten Mädchen, dem er je in die Augen geblickt hatte. Allein ein Gedanke an diese, lies sein Herz höher schlagen und die Freude, der Geliebten zu begegnen, vertrieb all seinen Kummer und Schmerz.
Er ritt lange und schweigend einen schmalen Waldweg entlang, summte mal ein Lied vor sich hin oder träumte mit offenen Augen von ihr.
Schon bald bemerkte er, wie sich die letzten Sonnenstrahlen hinter den Bergen, die sich rund um den Wald erstreckten, versteckten. Er ahnte, dass binnen kurzer Zeit das gesamte Land in Dunkelheit gehüllt war und er trieb sein schwarzes Pferd dazu an, schneller zu reiten.
„Elizabeth“ flüsterte er sehnsüchtig, als er plötzlich das Waltende erreicht hatte und auf eine Wiese blickte, auf der ein kleines Haus stand. Die Fensterläden waren weit geöffnet und eine Wäscheleine war an zwei schmalen Pfosten gespannt. Schnell und mit einem kribbeln im Bauch trieb er das Pferd vor den Eingang des Hauses wo er es anband. Dann trat er sogleich unter die Türschwelle und klopfte an das etwas morschgewordene Holz. Eine ältere Frau machte auf und musterte den jungen Mann. Ihr Gesicht war von tiefen Furchen gekennzeichnet, und ihr Blick wirkte düster und unheimlich. Doch als sie Adam erkannte, hellte sich ihr Gesicht auf. „Oh, Guten Tag Adam.“ Sie lächelte freundlich und Adam spähte kurz in das Innere des Hauses. „Guten Tag. Ähm.... Wo ist denn das Fräulein Elizabeth?“ fragte er. Die Alte kicherte und deutete hinter das Haus. „Sie sitzt am Bach, junger Mann, und schreibt an einem Gedicht. Sie sagt immer, dass sie durch das rauschen des Baches und die Klarheit des Wassers besonders inspiriert sei.“ Dann wandte sie sich um und schloss die Tür. Adam ging sogleich zu dem ihm bekannten Bach und schon von weitem erkannte er denn schmalen Rücken und das gelockte braune Haar. Er schlich sich an, lief auf Zehenspitzen und näherte sich der Unwissenden. Diese saß tatsächlich am Bach, die nackten Füße im Wasser, mit einer Feder in der einen und einem Blatt in der anderen Hand. Sie murmelte unzählige Worte vor sich hin und eine Locke fiel ihr über die Schulter. Gerade als sie einen neu gekommenen Gedanken notieren wollte, legte Adam beide Hände über ihre Augen und verdeckte diese. Elizabeth stieß einen erschrockenen Schrei aus und lies ihre Feder fallen, ehe sie für einen Augenblick innehielt und dann ihre Hände auf die seine legte. „Adam?“ fragte sie zärtlich und nahm seine Hände von ihren Augen. Sie drehte sich so stürmisch um, dass sie gegen das Tintenfläschchen stieß und es geradewegs in den Bach floss. „Oh Adam!“ rief sie glücklich und schlang ihre Arme um seinen Körper. „Die Tinte....Sie ist in den Bach gefallen!“ meinte er beiläufig, doch Elizabeth grub ihr Gesicht in seine dünne Jacke. „Ach die dumme, dumme Tinte! Lass sie doch in den Bach fallen! Geliebter....du bist endlich da! Ich habe so sehnsüchtig auf dich gewartet! Ich wartete auf jeden Brief von dir, kam fast um vor Sorge....“ Adam legte seine Hände auf den Lockenkopf und streichelte sie zärtlich. Sie hob den Kopf um ihm in die Augen zu schauen. Er sah die Freudentränen in ihren Augen schimmern und sein Herz machte einen Sprung. Vorsichtig, als könne er ihr wehtun, nahm er ihren Kopf zwischen die Hände und näherte sich ihr. Ihre Lippen trafen sich zu einem langen, innigen Kuss, der beiden endlos schien. Dann lehnte sie ihren Kopf an seine breite Schulter und schloss die Augen. „Bitte geh nie wieder weg.“ Flehte sie leise und Adam starrte betreten zu Boden. Wie sollte er ihr nur erklären, dass er für die nächste Zeit im Dienst sei und sie nun doch wieder verlassen musste? Es schmerzte ihn, daran zu denken, und er beschloss, diese Nachricht noch bis auf den Morgen zu verlegen.
Als beide von der Alten Frau, die Elizabeths Großmutter war, hineingerufen wurden, um gemeinsam zu Abend zu essen, waren die beiden Verliebten froh, aus ihren schmerzlichen Gedanken gerissen worden zu sein. Sie folgten dem Ruf der Alten und kurze Zeit später saßen alle Drei am gemütlichen Tisch, auf dem dampfendes Fleisch und zubereitetes Gemüse bereit stand.
Adam langte tüchtig zu, denn so gutes Essen bekam man während des Dienstes nicht. Nur Elizabeth saß schweigend am Tisch, die Hände auf den Schoss gelegt und den leeren Teller von sich geschoben. „Magst du nicht essen, mein Schatz?“ fragte die Frau herzlich, doch Elizabeth schüttelte mit einem „Nein danke“ den Kopf. Sie spürte, dass etwas nicht stimmte, mit Adam und im allgemeinen und ein ungutes Gefühl beschlich sie. „Beth, magst du nachher mit mir einen Spaziergang den Bach entlang machen?“ fragte Adam plötzlich um die Stille zu durchbrechen, die sich auf alle drei gesenkt hatte. Elizabeth sah auf und die eben so blassen Wangen nahmen wieder ihr gesundes rosenfarben an. Ihr Augen strahlten und ihr Kummer schien wie verflogen.
Nach dem ausgiebig langen Spaziergang unter dem hellen Schein des Mondes, kehrten beide erschöpft und mit glühenden Wangen zum Haus zurück. „Pssst.“ Machte Elizabeth und legte einen Finger an ihre Lippen. Ihre Augen glänzten schelmisch. „Großmutter schläft doch schon. Also müssen wir ganz leise sein.“ Flüsterte sie und drückte den Griff der Tür nach unten....als sie plötzlich innehielt und mit erschrockenem Gesicht Adam anstarrte. „Was ist denn?“ fragte er und trat dicht hinter sie. „Ich glaube...Ich glaube....Sie hat uns ausgesperrt.“ Meinte sie mit blassem Gesicht. Sie presste sich mit dem ganzen Gewicht gegen die Tür, doch sie gab nicht nach. „Lass mich mal, Fliegengewicht.“ Adam fand das ganze lustig und grinste. Er tat es ihr gleich, doch auch bei ihm öffnete sich die Tür nicht. „Was machen wir denn jetzt?“ fragte Elizabeth verzweifelt mit ihrer kindlichen Stimme. Sie schlang die Arme um sich, zittern durchrieselte ihren Körper. Adam trat zu ihr und zog sie an sich. Er grinste immer noch. „Tja, ins Haus kommen wir sobald nicht rein, glaub ich. Habt ihr nicht eine leerstehende Scheune?“ fragte er plötzlich und verwundert hob Elizabeth den Kopf. „Ja, haben wir, seit mein Pferd starb. Warum?....Nein,“ flüsterte sie plötzlich. „Das ist doch nicht dein ernst!“ Elizabeth rümpfte die Nase, als sei dies ein so absurder Gedanke. „Doch, oder willst du hier draußen weiter frieren? Es ist ziemlich kalt geworden.“ Kurz überlegte das Mädchen, ehe sie nickte und sich mit ihm zum alten Stall begab. Dort lag noch Stroh, zu ihrer Freude und eine alte Decke war über Holzbretter gelegt. „Bestens, jetzt steht unserem ersten gemeinsamen Abenteuer nichts im Wege.“ Meinte Adam belustigt über das ernste Gesicht Elizabeths. Es erstaunte ihn, wie verbissen und ernst das einst so fröhliche Mädchen geworden ist. Er nahm die Decke und warf sich neben sie auf das Stroh. Er wickelte die etwas dreckige, verfilzte Decke um sich und Elizabeth und schmiegte sich an ihre schmalen Schultern. „Ist das nicht schön, hier? Wir beide, nur du und ich.“ Seufzte er und Elizabeth fing an zu kichern. „Ganz bestimmt, Adam. So was war schon immer mein sehnlichster Traum. Nur mit dir allein zu sein. In einem Stall.“ Sie taute auf und innerhalb kürzester Zeit unterhielten sie sich angeregt. Doch ihre wahren Gedanken blieben unausgesprochen und als sich Elizabeth wieder in schweigen hüllte und verträumt auf ihre Angezogenen Beine starrte, zog Adam sie einfach an sich. „Ach Elizabeth.“ Hauchte er in ihr Ohr und lies seine Lippen über ihr Ohrläppchen gleiten. Diese drehte sich plötzlich mit dem Gesicht zu ihm und legte ihre weichen Lippen auf die seine, um in einem sinnlichen Kuss zu verschmelzen. Als Adam seine Hände unter ihr dünnes Hemd schob und ihren Rücken streichelte, bekam sie eine Gänsehaut und sie fuhr mit ihren Fingern durch sein dichtes, braunes Haar. Dann wanderten diese über seine Ohren, über seine hohen Wangenknochen, die Wangen entlang. Als er sie auf das Stroh zog, tasteten ihre Hände über seine Muskeln und beide tauschten leidenschaftliche Zärtlichkeiten aus. „Bitte geh nie wieder.“ Flüsterte Elizabeth.
Am Morgen spürte Elizabeth ein kitzelndes Gefühl an ihrer Wange. Irgendetwas fuhr ihr über das Gesicht, über die Nase und ihrer Lippen. Elizabeth blinzelte und als sie die Augen aufschlug entdeckte sie Adam, der sich über sie gebeugt hatte und einen Strohhalm über ihr Gesicht tänzeln lies. Sie lachte und begrüßte ihn mit einem herzlichen Kuss. „Guten Morgen, mein Schatz.“ Rief sie und streckte sich. Die hellen Sonnenstrahlen fielen durch die Löcher im Stall und der sonst etwas dunkle Raum war hell erleuchtet.
„Hach ist das ein schöner Tag!“ rief sie überschwänglich und beobachtete Adam, der sich die schwarzen Stiefel anzog. „Warum so eilig, mein Geliebter?“ fragte Elizabeth neugierig. Sie zog sich gerade das lange Kleid über und band es sich am Rücken zu. Gerade als auch sie die Schuhe anzog öffnete Adam die Stalltür und das gleißende Licht breitete sich im ganzen Stall aus. „Heute wird es ganz sicher sehr heiß!“ rief sie aufgeregt und rannte zu ihm. Sie lies sich in seine Arme fallen, um ihm einen zweiten Kuss zu schenken. Er lies es geschehen, doch plötzlich nahm er sie an den Schultern und hielt sie etwas entfernt, um sie anblicken zu können. Ihr braunes Haar stand wild in alle Seiten und vereinzelte Strohhalme hatten sich dort eingenistet. Lächelnd zog er eines heraus. Ihre vollen Lippen setzten zu einem schelmischen Lächeln an und ihre Augen glänzten temperamentvoll. Doch sie bemerkte, dass ihm etwas auf dem Herzen lag und sogleich wich aus ihrem Blick die Freude. Sorge war gekennzeichnet. „Elizabeth....ich muss dir was unheimlich wichtiges sagen.“ Fing er an und sein Gesicht wurde blass. Betreten blickte Elizabeth zu Boden. Sie faltete ihren Rock, zupfte nervös daran herum, um ihre Unsicherheit zu verbergen. „Ich muss gehen.“ Sagte er. „Für wie lange? Wir sehen uns doch sicher wieder?“ fragte sie hoffnungsvoll. „Ja, sicher tun wir das. Ich werde in eine andere Militärgruppe aufgenommen und werde Großbritannien verteidigen .“ „Ist das denn sehr gefährlich?“ Tränen bildete sich in ihren Augen. „Hey, Beth! Du weißt doch, nichts und niemand kann mir gefährlich werden!“ er überspielte seine eigene Angst und Trauer mit einem gekünstelten Lachen. Auch ihm lief nun eine Träne über die Wange. Er gab ihr noch einen Kuss, diesmal auf die Stirn und Elizabeth blinzelte vergeblich ihre Tränen weg. Erneut perlte eine aus ihren Augen und schnell legte Adam seine Lippen auf die Träne, um sie wegzuküssen. „Pass auf dich auf, ja, meine Kleine?“ wollte er wissen und Elizabeth nickte tapfer. Als er sich umdrehte und sein Pferd vom Pfosten band, hörte er jedoch hinter sich laute Schluchzer. Er wandte sich um. Elizabeth stand zitternd da und starrte auf den Boden. Sie hatte ihre Hände zu Fäusten geballt und eine Träne nach der anderen fiel zu Boden. Mit einer eleganten Bewegung schwang Adam sich auf das Pferd und zog an den Zügeln. „Los geht’s!“ rief er und trat ihm in die Flanken. Das Pferd setzte sich in Bewegung. Als Elizabeth Adam hinterher starrte, wie er sich immer weiter von ihr weg bewegte, und sich nicht einmal mehr umwand, um ihr ein letztes Mal zuzuwinken, krampfte sich ihr Herz erneut zusammen und mit einem lauten Schluchzer gaben die Beine unter ihr nach. „Komm zurück. Bitte, komm zurück...“ weinte sie. Als die Tür aufging und die Großmutter sie in einem solchen Zustand vorfand, fragte sie nicht, was los sei. Sie nahm das weinende Mädchen in den Arm und versuchte sie zu trösten.
Elizabeth schrieb Tag für Tag einen Brief an ihn, jedes Mal berichtete sie ihm ausführlich, wie sie die Zeit ohne ihn verbracht hatte, sie schilderte alle Gedanken und Gefühle doch noch kein Brief war beantwortet worden.
Nach 5 Monaten langen wartens, schrieb sie erneut einen Brief an ihn. Sie wusste, dass dies wohl für ihn die wichtigste Nachricht in seinem Leben war,
und sie freute sich schon auf seine Rückkehr, wenn sie seine Hand auf ihren Bauch legen konnte, um zu sagen: „Fühl mal. Merkst du, wie es sich bewegt?“
Als eines Tages jedoch ein Soldat aus der selben Truppe wie Adam , vor der Tür stand, zerplatzte der Traum wie eine Seifenblase. Er reichte ihr ein Stapel Briefe, und setzte bedauernd die Mütze ab. Dann sagte er, das Adam keinen der Briefe empfangen konnte, da er schon gleich im ersten Einsatz gegen das feindliche Militär gefallen war.
So war der Traum einer gemeinsamen Zukunft zerstört worden, wie auch die erste Liebe Elizabeths.
Als das Kind zur Welt kam, taufte Elizabeth das Kind auf den Namen Adam. Möge er in ihrem Herzen immer weiter Leben....