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Alles, alles weg

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02.05.2003
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Alles, alles weg

Der Mensch war so. Schon immer. War immer schon so gewesen. Hatte nie darüber nachgedacht oder etwas anderes in Betracht gezogen.
Er wird nichts tun. Nichts verstehen, wird niemals zuhören. Nie handeln.
Nur schweigen.
Es wird beginnen.


Sie war ganz allein. Dort auf ihrer Steintreppe in dem Dorf war sie allein.
Das Wetter war eigentlich relativ warm. Warm genug, dass sie im T-Shirt dort saß. Ein lauer Wind blies durch ihr blondes Haar und ließ sie ein wenig zittern.
Es war Frühling. Die Zeit des Erwachens, des Neuanfangs. Die Zeit, in der die Menschen glücklich und hilfsbereit sind. In der jeder versucht, alte Konflikte aus der Welt zu schaffen. In der jeder seiner Frau sagt, wie sehr sie doch geliebt wird. In der die Männer nachts wieder besser schlafen. In der zwölfjährige Kinder ihren ersten Kuss erleben.
Es war diese Zeit, in der jeder glücklich ist.
Sie war nicht glücklich. Hatte Kummer, großen Kummer. Sie war noch jung, doch trotzdem war da eine Lücke. In ihr. Da war eine Lücke. Eine Lücke, die zu tief saß um überhaupt entdeckt zu werden.
Sie hatte jemand verloren. Jemand, der ihr viel bedeutet hatte.
Es war ihr egal, was alle sagten, sie wollte nicht vergessen. Noch nicht, war noch nicht soweit. Sie erinnerte sich.
Dieses Bett, dieses hässliche, leere Bett.
Niemand lag mehr in diesem Bett. Weiß und karg stand es da, in diesem Krankenhaus, auf dem Berg. Sie sah es vor sich. Sah nur das. Das Bett, das leer war. Wieder leer. Seit über vier Monaten.
Und weinte. Sie weinte, weil sie sie vermisste. Vor einer Woche war es passiert. Da hatten sie den Anruf bekommen. Ihre Mutter hatte den Hörer fallen gelassen.
Danach war es still gewesen. Für immer.
Sie saß immer noch da, auf der Steintreppe. Autos fuhren an ihr vorbei. Schnell oder auch langsam, das war egal, sie nahm sie sowieso nicht wahr.
Sie war weg. Einfach so, sie konnte es nicht fassen. Es war einfach alles zu schnell gegangen.
Nicht mal Zeit zum Verabschieden hatte sie gehabt. Es war einfach nicht fair.
Warum?
„Warum was?“
Sie blickte auf. Hatte sie laut gedacht?
Ein Junge in ihrem Alter blickte sie freundlich an. Was ihr zuerst ins Auge stach waren diese unglaublich hellen grünen Augen. Er hatte markante Gesichtszüge und ein Lächeln für Götter.
Sie blinzelte verwirrt, versuchte sein Gesicht zu fokussieren.
„Ach, nichts, es ist nichts, ich hab wohl nur laut gedacht, tut mir leid.“
Er deutete neben sie.
„Kann ich mich zu dir setzen?“
Sie zuckte mit den Achseln. „Bitte, versuch einfach meine Tränen zu ignorieren.“
Ohne darauf etwas zu erwidern ließ er sich neben sie plumpsen und fuhr sich durchs Haar.
„Wieso weinst du denn?“ wollte er dann wissen.
„Wüsste nicht, was dich das angeht...“
Was wollte dieser Typ denn? Es fiel ihr schwer, ihr Gesicht von ihm abgewendet zu halten.
Diese Augen waren verdammt ausdrucksvoll.
Aber sie rief sich selbst zurück. Nein, heute nicht, heute wollte sie trauern. Da gehörten keine süßen Jungs hinein.
Er lachte.
„So gesehen geht mich das eigentlich überhaupt nichts an, da hast du recht. Ich war eigentlich nur neugierig.“
„Neugierig?“ Sie legte den Kopf schief.
„Was so ein hübsches Ding wie dich zum Weinen bringen könnte.
Sie zuckte wiederum mit den Achseln. Seine Augen verengten sich.
„Haste jemand verloren?“
Fassungslos drehte sie den Kopf und gab ihr verheultes Gesicht zum ersten Mal komplett frei.
Wie konnte er das einfach so fragen? Musste er auf ihren Gefühlen herumtrampeln?
„Sag mal, was willst du denn eigentlich von mir? Kennen wir uns? Waren wir mal zusammen im Kindergarten oder so, weil wenn ja, dann sags mir doch einfach und laß die große- Hallo da bin ich- show weg. Ich bin heute echt nicht in Scherzenslaune, ist das klar?“ Vorwurfsvoll sah sie ihn an.
Er verzog keine Miene
„Aha, also jemand weg. Wer war´s denn? Freund? Mutter? Omi?“
Sie schlug ihm ins Gesicht, worauf er nicht mal mit den Augen zwinkerte. Selbstsicher blickte er sich um und meinte dann ganz ruhig:
„Weißt du, ich glaube, ich hab falsch angefangen. Wie wär´s, wenn wir uns da drüben ins Café setzen und ich lad ich ein, hm? Was trinkst du denn? Kaffee? Tee? Cola?
Das war ja wohl das Letzte. Jetzt versuchte der doch tatsächlich, sie einzuwickeln.
Sie sah hinüber zum Café. Nein, sie würde sich ganz sicher nicht auf so etwas einlassen. Oder? Sie musste zugeben, dass sein Blick bestimmt viele Mädchen schwach machen könnte. Er setzte seine Augen mehr als geschickt ein und als er den Kopf schief legte, fiel ihm eine Locke ins Gesicht. Er strich sie weg.
Ein Kaffee? Was konnte der schon schaden? Sie sah wieder hinüber zum Café.
Vielleicht würde sie das ablenken. Sie stampfte mit den Füssen auf den Boden und stand auf.
„Also gut, aber nur, wenn du mir erklärst, was diese ganze schräge Nummer hier überhaupt soll. Ich will für dich nicht hoffen, dass das deine üblich Anmache ist, was du hier abziehst.“
Er schmunzelte.
„Nun, so würde ich es nicht unbedingt ausdrücken...“
Sie schüttelte den Kopf. Dann überquerten sie die Strasse.
Ein letztes Mal sah sie das Bild ihrer toten Großmutter vor sich.

Seine Wohnung war geräumig, sehr geräumig. Das war Wahnsinn, dachte sie sich. Wie konnte er sich das leisten? Vorsichtig setzte sie sich auf das Seidensofa in der Mitte des Wohnzimmers. Dieser Typ war unglaublich.
Er setzte sich neben sie.
„Möchtest du was trinken?“
Sie schüttelte den Kopf, die Augen starr auf seine gerichtet. So grün.
Er lächelte.
„Gut, dann nicht.“ Er nahm eine Fernbedienung und drückte ein paar Knöpfe. Sofort kam leise Musik von irgendwo her und das Licht wurde gedimmt. Sie blickte sich um. Das war verrückt. Fasziniert ging ihr Blick zurück zu seinen Augen.
„Wo kommt das her?“ rief sie fast schon aus.
„Wer weiß“, meinte er und legte seinen Arm um ihre Schulter.
Seine Berührung ging wie ein Stromschlag durch ihren Körper. Seine Augen ruhten auf ihrem Gesicht. Sie mochte es. Sie mochte, wie er sie ansah. Sie mochte seine Augen. Sie mochte alles an diesem Kerl.
Wieso nicht, wieso nicht fallen lassen?
Sein Gesicht kam näher. Sie konnte seinen Atem riechen. Er roch gut, keine Spur von Mundgeruch. Sie schloss die Augen.
„Würdest du gerne zurückgehen?“ flüsterte er in ihr Ohr. Sie ließ die Augen zu.
„Wie meinst du das?“
„Zurückgehen zu der Zeit, als deine Oma noch lebte, als du noch glücklich warst. Deine Welt in Ordnung war.“ Sanft glitt seine Hand über ihre Wange. Sie rückte näher zu ihm und ließ immer noch die Augen geschlossen.
Zurückgehen, sie dachte an ihr Oma, wie schön es früher gewesen war. Wie viel Spaß sie manchmal gehabt hatten. Ihr Gesicht verzog sich vor Schmerz, wenn sie daran dachte, dass all dies nun vorüber war. Oh ja, sie wollte zurück, noch einmal diese Freude erleben, die sie empfunden hatte, wenn ihre Großmutter ihren Kuchen aus dem Ofen genommen hatte. Als sie ihr übers Haar gestreift und ihr warm ins Gesicht geblickt hatte. Sie wollte sie noch einmal erleben. Sie sehnte sich so sehr nach Sonnenlicht. Nach Sinn und Freude. Sie legte ihren Kopf in seinen Schoß.
Und plötzlich war er weg. Einfach so. Plötzlich lag ihr Kopf auf dem weichen Seidensofa und sie öffnete die Augen.
Was war denn das? Wo war er hin? Wie konnte das...?
„Schätzchen!“
Sie drehte sich um. Schätzchen. So hatte sie immer ihre Großmutter genannt. Ihr stiegen die Tränen in die Augen. Verzweifelt streckte sie die Hand nach der anderen Ecke des Zimmers aus. Das konnte doch nicht sein. Sie war tot. Aber sie stand hier. Sie konnte sie sehen. Dort in der Ecke stand ihre Omi. Mit ihren altmodischen Kleidern und dem warmen Lächeln und blickte sie ihn. Zitternd stand sie auf, ohne den Blick auch nur abzuwenden. Sie sah nichts, wischte sich die Tränen von den Augen.
Sie ging auf ihre Großmutter zu. Das war nicht wahr, es konnte nicht sein.
Aber da war sie doch.
„Sag etwas“, forderte sie tränenerstickt. „Irgendetwas.“
Ihre Oma lächelte immer noch.
„Schätzchen, wie geht es dir? Hast du mich vermisst?“
Sie nickte.
„Ich habe dich auch vermisst, mein Kind. Geht es dir gut?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Warum denn, Schätzchen. Was bekümmert dich denn?“
Sie schluckte schwer und blickte sich um. Sie hatte den Schatten gesehen. Nur für den Bruchteil eines Sekunde, aber er war da gewesen.
Es war schon zu spät. Sie sah nur noch, wie er ausholte, dann steckte das Messer tief in ihr.
Zuerst spürte sie gar nichts. Der Schock war zu groß.
Er grinste sie an.
„Oma ist tot, mein Schätzchen. Schon seit Jahren ist sie tot. Ja, Ja.“
Er lachte auf. Sie schluckte, versuchte, sich zu konzentrieren. Wo hatte er hingestochen? Konnte sie sich bewegen? Wo war ihre Großmutter?
„Du willst sie sehen?“ fragte er. „Nun gut, schau sie dir an.“ Damit drehte er sie um. Das Messer, das in ihrem Magen steckte, zerriss dabei ihre Gedärme und ließ sie aufschreien. Schwer keuchend sah sie zu ihrer Oma.
Doch das war nicht ihre Oma. Das war sie selbst. Sie sah sich selbst. Wie konnte das sein? Ein Spiegel, zuckte es durch ihren Kopf. Jedoch, ihre Augen, die ihr entgegen glotzten, waren viel zu groß. Sie leuchteten. Etwas triefte heraus. Eine Flüssigkeit. Nein, es war keine Flüssigkeit, es war... Sie kreischte vor Schmerz. Ihr Arm brach in zwei. Er drehte ihn noch weiter herum.
„Na, siehst du sie jetzt, deine Omi?“
Sie starrte ihn aus wilden Augen an, unfähig, etwas zu sagen. Sie verlor die Kontrolle, bemerkte, wie ihr Därme aus ihrem Unterleib fielen und ihre Blase sich leerte. Sie schluckte. Es tat weh. Sie öffnete den Mund, aber mehr als Blut kam nicht heraus.
Er nickte.
„Ja, ja, ganz genau, das ist alles, das war’s. Jetzt hast du es erkannt. Bist gar nicht so dumm, wie du aussiehst. Blut, Blut ist es, siehst du?“
Er drehte sie zu ihrem Spiegelbild.
Es war Blut, das aus den Augen kam.
Sie zuckte, als das Messer ihren Unterleib durchtrennte.
Dann schrie sie ein letztes Mal auf und starb.
Das Letzte, was sie sah, war ihre Großmutter. Sie hatte nie existiert, war nie da gewesen. Alles nur weg. Alles, alles weg.
Er ließ sie fallen. Und verschwand dann.
Weg, alles weg. Es war alles weg, schon immer gewesen. Die Großmutter, Sie, Er.
Und das Blut. Ja, das Blut war auch weg.

 

Hi Ben

Erst einmal umschwebt deinen Text ein Hauch von Surrealismus.
Ich weiß nicht, was am Ende passiert ist. Es stört doch, dass du am Anfang etwas versprichst, was am Ende nicht eingehalten wird. Ich habe etwas von Jüngstem Gericht oder so erwartet. Nachdem ich den Zusammenhang zwischen anfang und Ende nicht verstehe, bin ich unzufireden und der Anfang kommt mir wie eine nichtssagende Floskel vor.

Anfangs stören auch die vielen Wiederholungen, die zum Ende hin besser werden und dort gewinnt auch der Text an fahrt. Bis zur mitte dacht eich noch, im falschen Genre zu sein.
Denn langen Dialog fand ich recht abgedrochen und hier ist auch die schwächste Stelle


Der Mensch war so. Schon immer. War immer schon so gewesen.
Typisch für deinen wiederholenden Stil
Sie saß immer noch da, auf der Steintreppe. Autos fuhren an ihr vorbei. Schnell oder auch langsam, das war egal, sie nahm sie sowieso nicht wahr
Wenn sie sie nicht wahr nimmt, dann kann sie die Autos auch nicht beschreiben
Ihr Arm brach in zwei. Er drehte ihn noch weiter herum.
Einmal brach er einfach. Glaube auch, dass in zwei hier überhaupaupt falsch ist. meintest du vielleicht etnzwei. Dann müsste er aber einen Teil in der Hand halten und könnte ihn nicht noch zweimal herumdrehen - was ich ohnehin nicht glaube, dass es möglich ist.

Es war diese Zeit, in der jeder glücklich ist.
Zeit!, wenn schon, dann in der jeder glücklich war.

So gesehen geht mich das eigentlich überhaupt nichts an, da hast du recht. Ich war eigentlich nur neugierig
Du neigst recht oft zu "eigentlich"

Fazit. Versuche alles so umzuschreiben, wie du am Ende schreibst und vielleicht mehr herausstreichen, wie das Ende mit den ersten Sätzen in zusammenhang steht

L.G.
bernhard

 

Es war...
Es war...
Es war...

Fortlaufende Wiederholungen von "Es war" hinderten mich am Weiterlesen. Wie schon Stephen King zu sagen pflegte: "Es gibt soviele Kurzgeschichten auf der Welt, und ich habe nicht die Zeit, mich mit den schlecht geschriebenen zu beschäftigen."

 

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