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An den neuen Brandenburger Bildungsminister
So wie er vor mir stand, wird er mir immer in Erinnerung bleiben. Groß und durchtrainiert und immer perfekt gekleidet, die einst dunklen Haare fast vollständig ergraut- frühzeitig. Immer das strahlend weiße Lächeln und diese elegante Brille, die er erst seit zwei Jahren trug. Einer der attraktivsten Männer, die mir je begegnet sind. Einer der wenigen Menschen, vor denen ich Respekt habe. Fast der Einzige, dem meine ganze Motivation galt. Nun hat er einen Karrieresprung gemacht. Etwas, was ich niemals erwartet, gehofft, befürchtet habe.
Ich fühle mich alleingelassen. Wie unter Wölfen, die nur darauf warten, über mich herzufallen, wenn er weg ist. Und gleichzeitig weiß ich, wie dumm das von mir ist- niemand wird über mich herfallen, und das Leben wird weitergehen, auch meines, auch ohne ihn. Und doch werde ich diese Jahre nicht vergessen, seine scheinbar grenzenlose Geduld, seine immeranhaltende gute Laune, seine Verständnis. Ich werde nie vergessen, wie er mir damals geholfen hat, als ich nicht mehr zu hoffen wagte, hat er mich aus dem tiefen Abgrund herausgeholt. Ob das wohl wieder jemand tun wird?.. Wenn ich daran denke, dass er demnächst nicht mehr da sein wird, verblassen die Probleme vor meinen Augen, die sein Weggehen noch verursachen wird. Wann hat er seine Qualitäten als Politiker entdeckt? Und wie wird er es schaffen, zu lügen ohne mit der Wimper zu zucken- eine Frage, die unendlich idealistisch meinerseits ist, und doch hoffe ich, dass er es nicht können wird. Und gleichzeitig finde ich sein Weggehen so unendlich unfair, dass ich wütend auf ihn bin, wütend nachdem ich niemals zuvor wütend auf ihn war- die ganzen sieben Jahren lang nicht, egal was passierte. Der einzige Mensch, dem ich nie etwas übelgenommen habe.
Niemals habe ich mir erlaubt, in ihn verliebt zu sein, sondern habe mir immer befohlen, ihn als eine Art Vorbild zu sehen, zu ihm aufzuschauen, ihn als eine Art Antriebskraft zu betrachten. Gerade jetzt, wo ich diese Antriebskraft so brauche, wird sie mir entzogen, durch einen Zufall, der so plötzlich kam, dass ich es nicht einmal aus seinem eigenen Mund hören konnte. Ich bin neugierig, was er sagen wird, und ich bin neugierig auf meinen eigenen Blick, der übertrieben fröhlich und beglückwünschend sein wird- perfekt gespielt. Ich weiß, dass ich das kann! Und doch denke ich darüber nach, wie vergänglich alles ist- hätte ich denn jemals geglaubt, er würde gehen, bevor ich gehe?.. Immer dachte ich, man würde mir über ihn erzählen, Jahre später, und ich würde still lächeln und nicken, wie zu mir selber. Jetzt wird es nie passieren, und auch ich werde niemals sagen können, dass er immer noch so wäre wie er mal war, denn ich werde es nicht wissen und sein Bild nur noch in den Zeitungen sehen, seine Reden im Fernsehen hören und staunen, dass er sich doch verändert hat. Er wird nahe sein, und doch so weit, und ich freue mich für ihn, aber gleichzeitig bin ich auch traurig. Als braver Egoist muss ich das sein. Die kleine Welt wird ohne ihn nicht mehr das sein, was sie mal war, und obwohl auch ich bald nicht mehr da sein werde, werde ich mir wünschen, er wäre immer noch da. Und dann bleibt mir nichts, als ihm alles nur erdenklich Gute zu wünschen. Das Beste, was mir überhaupt einfällt...