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Aufgewacht

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12.02.2004
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Aufgewacht

Ich bin so eben aufgewacht, was war nur gestern. Irgendetwas muss doch gestern gewesen sein.
Ich fühle mich gar nicht gut, quäle mich aber trotzdem aus meinem Bett. Was war nur, was war nur, mein Gedächtnis spielt nicht mehr richtig mit.
Ich sollte mal wieder zu einem Arzt gehen, ein Rundumcheck kann niemals schaden. Das Telefon klingelt, ich werd heute doch noch weg gehen.
Martin ist unterwegs auf dem langen Weg des Proberaumes zur Haltestelle, um nach einer wirklich gelungenen Probe, mit seinen Bandmitgliedern gemeinsam nachhause zu fahren.
Achja, Musiker bin ich, Künstler halt, war zumindest immer meine Selbstdefinition gewesen. Was sollte ich auch sonst tun, als Musik zu machen?
Auf die Uhr geschaut, die Bahn ist immer noch nicht da. Jetzt wird es aber langsam Zeit. "Was macht ihr denn so für Musik?", kommt fragend von einem hinter ihnen stehenden, merkwürdig wirkenden Mann.
Er hat seine Haare schräg zur Seite gekämmt und trägt einen Schnurbart über den Lippen. Fragende Gesichter schauen sich gegenseitig an. "Pogoscheisse", antwortet schließlich der, der den Bass trägt, oder ist es eine Gitarre?
"Naja, eine Mischung aus Metal und Punkrock würde ich sagen", fügt er schließlich hinzu. "oh, das ist ja schon richtig böse...", antwortet der Mann mit dem Schnurrbart.
"Wollt ihr eins davon?“, fragt er und reicht eine Packung mit Zitronenbonbons herum. Keiner will eins von den vieren, die Musiker sind. "Ich hab hier vorne, gleich dort drüben bei der Angerstrasse, einen kleinen Laden eröffnet. Da mache ich so ne Art Informationsveranstaltungen. Ich weiß ja nicht ob ihr Interesse habt, oder wie ihr das seht, aber ich gebe euch mal meine Karte." Er reicht Martin seine Visitenkarte.
"Ich bin zweimal im Monat in New York, wisst ihr", palavert er weiter, als eine ältere, dicke Frau, mit einer rosa Jacke begleitet und auf dem einen Auge fast blind wirkend, an ihnen vorbei humpelt.
"Sei vorsichtig Mutti, tu dir nichts", sagt der Mann der zweimal im Monat in New York ist. Sie läuft um die halbe Haltestelle herum, hockt sich schließlich hin und zieht ihren Rock herunter.
"Mach das nicht Mutti." Man hört es plätschern. "Es ist schlimm wenn sich Leute so erniedrigen, jetzt habt ihr ja mitbekommen wie das ist wenn so etwas passiert.“, erzählt der Mann weiter. Was passiert hier? Etwas stimmt hier nicht. Ich fühl mich nicht gut.
Die Mutti läuft weiter humpelnd um die Gruppe aus Musikern. "Ist schon schlimm so was, aber kennen tue ich diese Person nicht." Die Bahn kommt, alle steigen ein, auch die Musiker und der merkwürdige Mann mittleren Alters.
Angekommen an ihrem Ziel, lachen sie über ihre Begegnung mit diesen so irre wirkenden Typen, sind immer noch verwirrt und zugleich begeistert den personifizierten Wahnsinn kennen gelernt zu haben.
Martin erinnert sich an die Karte. Er kramt sie hervor. Das kann doch nicht sein. In einem grünen Kranz stehen zwei Wörter. Der Tod. Es steht dort der Tod. Wie ist das möglich? Ein ziemlich schlechter Scherz.
Als Adresse ist der Südfriedhof angegeben, der Tod scheint aber kein Telefon zu haben.
Erwacht. Was war nur gestern? Ich kann mich einfach nicht erinnern, der Alkohol kann dafür nicht die Ursache sein. Mein Zimmer sieht so komisch aus. Hab ich gestern den PC angelassen? Oder war es jemand anderes, wer könnte es gewesen sein. Wer war in meinem Zimmer? Fühl mich gar nicht gut, muss mal wieder zum Arzt. Irgendwie will mein Gedächtnis nicht mehr richtig und das mit zwanzig! Ich darf nicht vergessen zum Arzt zu gehen.
Ich glaube ich war grad bei einem Kumpel, einer Freundin oder vielleicht irgendjemand den ich kenne, ich bin mir nicht sicher. Es ist so dunkel, dass ich kaum zehn Meter weit blicken kann, da keine Straßenlampen an sind. Und dabei sind es noch gut zwanzig Minuten Fußweg nach Hause, na klasse. Es raschelt etwas an der Ecke, dort wo ein verlassenes Haus steht, was ist das nur? Da ist er. Gleich hat er dich Martin, gleich hat er dich. Lauf nur, lauf! Der Tod ist unterwegs und will dich holen, lauf nur! Er kriegt dich trotzdem. Der Tod der ist ein Metzger. Hörst du das Wetzten der Messer? Und er läuft der Martin, läuft um sein Leben, denn der Tod ist hinter ihm. Er rennt durch die Gassen, über die Strassen, schaut nicht nach links, nicht nach rechts, gleich wird es passieren.
Aufgewacht. Wo bin ich nur? Das kann nicht mein Zimmer, nicht meine Wohnung sein. Hier steht ein PC, der, als ob man ihn um jede Uhrzeit brauche, angelassen wurde. Vielleicht sollte ich lieber von hier verschwinden. Wer weiß wie ich hier hingekommen bin und was ich mit den Bewohnern des Hauses zu schaffen habe. Mein Gedächtnis, was ist nur los damit. Ich trete aus dem Zimmer, wem auch immer es gehören mag. Im Flur stehen zwei ältere Leute, die mich vorwurfsvoll, ohne ein Wort zu sagen, anstarren. Was ist nur mit dem Jungen los, er schaut uns an, als ob er uns, seine eigenen Eltern, nicht erkennen würde. Marie, was ist nur mit dem Jungen los? Irgendwas stimmt nicht, zügig die Tür aufgeschlagen und in schnellem Schritt hinaus gelaufen. Martin hört noch den Ruf „ Was ist denn nur los mit dir? Warum rennst du weg, bleib doch hier…“, bevor er die untere Haustür, die zum Hof führt, öffnet und endgültig verschwindet. Sie kannten mich doch. Mensch, was ist denn nur mit meinem Gedächtnis los. Ich muss anfangen alles aufzuschreiben, Bilder mit Personen die ich kenne zu machen und diese zu beschriften. Ich muss dringend alles aufschrieben.
Aufgewacht, mitten auf der Straße, werd dort wohl kaum geschlafen haben. Natürlich hab ich nicht geschlafen, aber wie komme ich hier hin. Ich hab alles vergessen. Was war grad? Was ist nur mit mir los. Fast hätte ihn ein Auto erwischt, aber er reagiert geistesgegenwärtig und springt mit einem Satz zur Seite, auf den Fußweg. Mein Gedächtnis scheint sich nur noch einige Stunden alles speichern zu können, was ist nur los mit mir. Mein Kurzzeitgedächtnis ist hin. Ich muss mich wieder an alles erinnern, ich muss unbedingt wieder wissen wo ich wohne. Ich muss es herausfinden bevor es dunkel wird, bevor er kommt. Da läuft der Martin Trommler, der nicht nur sein Gedächtnis verloren hat durch die Strassen, sucht sein zu hause, sich selber und sein Leben. Stundenlang irrt er durch die Gassen, der Stadt die ihm ja eigentlich sehr bekannt sein müsste, in der er aber keine einzige Strasse wieder erkennt. Schnell bevor es dunkel wird, musst du es finden, musst dich erinnern. Er greift in seine Hosentaschen, wühlt sich durch eine menge Abfall, sein Portmonee, seine Schlüssel und findet schließlich eine kleine Pappkarte. Es ist die Visitenkarte vom Tod. Schlagartig ist es wieder da. Das Gedächtnis und die Angst, sie scheinen fast eine Einheit zu bilden. Schnell in seine Strasse gelaufen, Tür aufgerissen und rein gerannt, geschafft. Das ist mein Zimmer, das darf ich nie wieder vergessen. Er nimmt einen Zettel und schreibt es darauf, um es dann an der Innenseite seiner Tür zu befestigen.
Aufgewacht. Die Abstände werden immer kürzer, was mach ich nur und warum vergesse ich nicht alles? Ah, es ist also mein Zimmer. Hier wohn ich also. Es kommt mir alles nur noch wie ein Film vor. Schnitt. Schnitt. Schnitt. Kamera an. Kamera aus. Die nächste Szene bitte! Aber es ist jedenfalls erstmal besser hier zu bleiben, und sich mit der Umgebung, die ich ja eigentlich gut genug kennen müsste, wieder vertraut zu machen. Cut. Auf der Strasse, was mach ich hier nur. Besonders um diese Uhrzeit war es sehr unklug raus zu gehen. Vielleicht war ich auf dem Weg zu einem Arzt, aber welcher Arzt hat denn um diese Zeit offen. Nun ist es zu spät Martin, du befindest dich draußen in der Dunkelheit, in den menschenleeren Strassen. Nicht einmal ein Auto verfährt sich in diese Gegend, wodurch eine unheimliche Stille auf diesem Ort liegt. Umgeben von Häusern und Bäumen sucht Martin den Weg. Doch da springt er hervor. Er hatte sich hinter einem Baum versteckt, sich in dessen Schatten gesonnt. Der Tod ist ein Metzger. Martin läuft der Schweiß herunter, was mach ich nur, was mach ich nur. Er dreht um und beginnt loszurennen. Als ob man vor dem Tod davonrennen könnte! Er wird dich kriegen Martin, er kriegt dich noch! Was ist nur mit unserem Jungen los Marie. Wir hätten ihn in ein Heim schicken sollen, solange wir noch die Möglichkeit dazu hatten. Von überall her verfolgen ihn Schatten, sie kommen von allen Seiten, scheinen sich von der Dunkelheit abzulösen. Der Tod ist ein Metzger, der dich gleich schlachten wird. Zwei Kilogramm gehacktes, danke! Hier bitte, wünschen sie sonst noch irgendwas? Endlich eine Gruppe Menschen! Die Angst ist weg, die Schatten des Todes auch. „Entschuldigt bitte, könnt ihr mir vielleicht sagen wie spät es ist?“ Schnitt. Sie wollen ihm gerade antworten und ihn herzlich begrüßen, als er ihnen ein „Hallo ich bin der Martin“ entgegenstemmt. Cut. Alle starren ihn an, denn sie kennen seinen Namen, sie sind ja schließlich mit ihm befreundet und gleichzeitig seine Bandkollegen. Hallo ich bin der Martin. Er reicht seinen verwirrten Freunden die Visitenkarte.
Sie schauen noch verdutzter, das hatte er doch eben schon gesagt, was ist nur los mit unserem Martin und warum hat er sich so lange nicht mehr gemeldet. Schnitt. Übrigens ich bin der Martin, könnt ihr mir vielleicht sagen wie spät es ist? Cut.

 

Hallo Lithium

Mhmm interessant, wie du die Verwirrung deines Prots beschreibst. Die anfängliche Episode mit dem Herren und der urinierenden Frau kommt noch sehr realistisch rüber, doch später verfällt Martin immer mehr dem Wahnsinn.

Diesen Wahnsinn finde ich auch ganz gut rübergebracht in deinem Schreibstil, doch der irreführende und irremachende Wechsel der Erzähler-Pronomen ist zu starker Tobak für mich: Du beginnst mit einer Ich-Perspektive, schwenkst dann um auf die Martin/Er-Form; zwischenzeitig taucht auch noch die Eltern-Sicht in einem einzigen und unabgesetzten Satz auf; und schließlich spricht der Prot auch noch mit sich selbst im Du-Stil. Wenn du damit die Verwirrung des Prots ausdrücken wolltest, bist du weit über das Ziel hinausgeschossen und hast auch noch mich, den Leser, mitangesteckt. Naja :hmm:

Die Ursachen für den Wahnsinn werden nicht gennant oder? Man kann nur mutmaßen (Drogen, Alkohol, Krankheit)

Sind glaub ich auch noch ein paar Kommafehler drinne.

Wie gesagt: Interessant, doch am Ende etwas wirr.

mfg Hagen

 

Was du beschreibst, hatte ich befürchtet. Dachte mir schon das es eingie Leser verwirren könnte. Das mit den Stilen stimmt, empfand ich aber als notwendig unf wollte ich ausserdem schon immer mal machen. Die Eltern kommen sogar zweimal zu Wort und der DU Stil sollte eigentlich so wirken, als ob der Erzähler direkt mit Martin spricht, obwohl, wie du es schon sagst, es natürlich Martin selber ist.
Die Ursachen werden nur zart angedeutet. Für sein Gedächtnisverlust ist sicher hauptsächlich der Alkohol verantwortlich. Deshalb habe ich das Motiv des aufwachens und nicht wissen was gestern war, so oft angebracht. Die ständige Angst Martins, besonders in der Dunkelheit ,setzt erst durch die Begegung mit dem Herren ein.
Aber bevor ich es vergesse, einen riesen Dank für deine Kritik, es ist das erstemal, dass ich hier nicht total zerissen wurde . :D

 

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