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Aus der Sicht eines Toten

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03.04.2003
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Aus der Sicht eines Toten

Das Letzte, das ich noch sah, war dein Körper über mir.
Verschwommen, wie ein Umriss aus Kreide, der im Regen zerläuft.
Bei dir zu sein erfüllte mein Leben.
Du warst immer für mich da.
Ich konnte mich getrost in deine Arme begeben, denn du hättest mich nicht fallen lassen.
Im Gegenteil, du würdest mich auffangen, egal wie tief ich auch fiele.

Die Kreidetropfen deines Körpers über fielen mich wie Tränen und spätestens als meine Haut sie durstig aufnahm, wurdest du ein Teil von mir.

Dann stand ich am Fenster und schaute in die Nacht hinaus, konnte nicht schlafen, wenn du neben mir lagst. Ich frage mich, wie du schlafen konntest, wo die ganze Welt sich um dich drehte.
Deinen Herzschlag vernehme ich auch aus der Ferne. Eine monotone Melodie, doch reich an Farben.


Ich weiß nicht mehr, wann mein Herz aufhörte zu schlagen. Es müsste irgendwann zwischen Mondlicht und Nebelschwaden gewesen sein.
Als du mir sagtest, dass wir eines Tages auf diesen Lebensabschnitt zurückschauen und nur die guten Zeiten sehen werden.
Zeiten in denen wir uns brauchten, füreinander da waren und uns ergänzten.

Meine Aufgabe in deinem Leben schien erfüllt und so ging ich fort.
Doch ich brauche dich auch hier noch. Ich werde dich immer brauchen.
Nun ist es Zeit zu hoffen, mich von der warmen Nachtluft tragen zu lassen, zu einem neuen Ort, in eine neue Welt voller neuer Feinde.

Ich vermisse dich. Jetzt schon!

 

Hallo WibiB,

deine Vorstellung von der sicht eines Toten kann ich natürlich nciht kritisieren, auch wenn ich mir die Sicht irgendwie weniger weltbezogen vorstelle.
Insofern fällt es mir schwer, etwas zu deiner Geschichte zu schreiben.
Für mich liest sich deine Geschichte eher wie der Wunsch des Lebenden, dass der Tote ihn in seinem Reich so sehen würde. Das ist glaube ich die Hauptschwierigkeit an einem Liebesplot aus dieser Perspektive.
Man schreibt automatisch seine romatisierenden Vorstellungen von der ewig währenden Liebe nieder. Damit bleibt die Idee sehr erdengebunden.
Einen Fehler habe ich entdeckt.

Im Gegenteil, du würdest mich auffangen, egal wie tief ich falle.
wie tief ich auch fiele.

Einen lieben Gruß, sim

 

Hallo Wiebke!
Deine Geschichte lässt mich ein bisschen ratlos zurück. Einerseits ein schöner Text mit tollen Sätzen ("Meine Aufgabe in deinem Leben schien erfüllt und so ging ich fort."), andererseits - so finde ich - will der Text nicht so recht zum Titel passen. Ich hätte eher "Aus der Sicht eines Sterbenden", denn zu Beginn verschwimmt das Antlitz der Lebenden erst.

Lieber Gruss,
Manuela

 

Hallo sim, hallo Manuela,
danke für eure Kritiken zu meiner Geschichte.

Ich habe versucht, den Übergang zu beschreiben, in dem sich der Tote befindet. Seine Seele kann nicht loslassen, und so bleibt sie noch in der Nähe des Menschen, der ihr so viel bedeutet hat, bis sie sicher ist, dass er sie nicht mehr braucht.
Ich habe mal von Menschen gelesen, die gespürt haben wollen, dass der Partner noch da ist, mag aus gewohnheit sein, oder eben, weil er noch da war.
Manchmal muss auch ich ganz plötzlich ohne irgendeinen Zusammenhang an eine Person denken, die vor ein paar wochen verstorben ist, und spüre dann auf meinem Arm seine Hand, wie er sie immer auf meinen Arm gelegt hat.
Mag jetzt ein wenig paranoid klingen, aber ist halt so...

Liebe Grüße
Wiebke

 

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