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Baskos letzter Kindertag

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12.07.2003
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Baskos letzter Kindertag

Drei Wochen nach seinem achten Geburtstag erkannte Basko, dass Gefühle ihn in seinem Leben nicht weiterbringen würden. Er saß mitten in der Nacht mit seinem Vater an einem Lagerfeuer im Wald und fürchtete sich vor grausamen Kobolden und raunenden Gespenstern – bei jedem Knacken im Geäst schreckte er zusammen; und immer, wenn die brennenden Zweige in sich zusammenbrachen und krachend Funken sprühten, blieb ihm vor Angst das Herz stehen, einen kleinen, qualvollen Moment lang. Doch tapfer sagte er nichts, denn er wollte nicht den Jähzorn seines Vaters provozieren. Aus diesem Grund hatte er sich auch dagegen entschieden, ihn auf die Gefahr eines Waldbrandes hinzuweisen. Er hatte in der Schule gelernt, wie gefährlich es für Jungen war, mit Feuer zu spielen, und im vergangenen Jahr hatte er von seinen Eltern zwei Wochen Hausarrest bekommen, als er mit seinen Freunden im Stall des Bauern Scheel zündelte und es fast zu einer Katastrophe gekommen wäre. Nur die Tochter des Bauern Scheel – Elvira, die Schweigsame – hatte Schlimmeres verhindert, als sie die Jungs entdeckte und geistesgegenwärtig den schwelenden Heuballen auf den Hof warf, bevor die Flammen hochschlugen und nach der Möglichkeit lechzten, sich ihren vernichtenden Weg durch den Stall zu fressen. Die 14jährige Elvira stand regungslos vor den Flammen, ihre dünne Gestalt schien zu zerschmelzen mit dem Rot, das bald erlosch.
Seitdem hatten die Jungen aufgehört, Elvira zu hänseln, sie genoss ihren heiligen Schutz und ihre schüchterne Ehrerbietung. Sie war nun nicht mehr die hässliche Pute, mit der niemand etwas zu tun haben wollte, sondern ein mächtiger Sonderling. Und selbst ihre Altersgenossen hatten von ihrer Tat gehört und ließen sie von nun an in Ruhe.
Basko zuckte einmal mehr zusammen, als ein weiterer Funken des Lagerfeuers durch die Luft stob und gefährlich nah an seinem Bein auf dem trockenen Waldboden landete. Es hatte seit Wochen nicht mehr geregnet, und die Erinnerung daran, wie freizügig sein Vater sich des Spiritus’ bedient hatte, bereitete ihm Herzrasen. Der gleiche Vater, der ihm im vorigen Sommer vor Wut zum ersten Mal mit Prügel gedroht hatte, als er erfuhr, was sich beinahe im Stall der Bauern Scheel ereignet hätte, der gleiche Vater, der so schlimm mit ihm geschimpft hatte, dass er zu platzen drohte, wie Baskos jüngere Schwester Camilla es ausdrückte – dieser Vater hatte nun nicht gezögert, mitten im Wald Spiritus auf das trockene Holz zu schütten, das er auf einer Fläche drapiert hatte, die nur notdürftig eine ganz und gar nicht gesicherte Feuerstelle bildete. Basko beschloss, dass Erwachsenenlogik für ihn unergründbar sei. Obwohl er kein Spezialist im Thema Lebensgefahren war, spürte er instinktiv, dass es in dieser Nacht völlig der Natur überlassen blieb, ob sie ihn und seinen Vater und mit ihnen all die Gespenster und Kobolde und Unterholztiere als Nachtmahl einfordern oder aber ob sie alle noch einmal entkommen lassen würde.
„Wenn das kein echter Männerabend ist“, verkündete sein Vater mindestens zum zwanzigsten Mal und schlug Basko gönnerhaft so hart auf den Rücken, dass es ihm weh tat. Dann verzog er sich ins Gebüsch, um seine Blase zu entleeren, und Basko atmete kurz auf, obwohl ihm die Nacht nun noch bedrohlicher erschien. Doch so lange sein Vater nicht bei ihm war, konnte er mit nichts seinen Zorn provozieren, und Basko spürte eine Nervosität in der Luft, die bereit war, sich bei der kleinsten Regung über ihm zu entladen, eine Nervosität, die sie begleitet hatte, seit sie am frühen Morgen aufgebrochen waren – und nicht erst, seitdem sein Vater daran gescheitert war, das Feuer mit alten Pfadfinder-Methoden, und zwar ohne Spiritus, zu entzünden.
Sein Vater war kein Schläger, er hatte noch nie die Hand gegen eines seiner Kinder erhoben, und bis zu dem Vorfall im vorigen Sommer wäre Basko und seinen Schwestern nicht einmal die Idee gekommen, dass Erwachsene ein Kind verhauen könnten. In gewisser Weise wuchsen sie sehr behütet auf, denn obwohl zu Hause ein roher Umgangston herrschte und die Sitten der Familie den Nachbarn recht robust erschienen, war es ihren Eltern doch immer gelungen, die meisten Schrecken der Umgebung von ihren Kindern fernzuhalten. Trotzdem hatten Basko und seine Schwestern immer Angst vor den plötzlichen Momenten, in denen ihr Vater rot anlief und dann so laut schrie, dass die ganze Straße es hörte. Sie versteckten sich dann hinter Baskos Schreibtisch, in Camillas Schrank oder unter Sophies Bett und warteten, bis es vorbeiging. Dabei wurde nie ganz klar, wieso sie sich ausgerechnet unter Sophies Bett quetschten, denn Sophie war mit ihren fünf Jahren die Jüngste und ihr Bett das Kleinste. Obwohl Camilla nur ein knappes Jahr jünger war als Basko, ordnete sie sich ihm bedingungslos unter, so dass es immer an ihm lag, die Zeit zu überbrücken. „Männer brauchen das manchmal“, erklärte er ihnen. „Damit zeigen sie der Frau, dass sie sie lieben“, denn so hatte er es einmal von den größeren Jungs gehört. „Aha“, bemerkte Camilla dann ehrfürchtig. Und Sophie, die für ihr Alter über einen ausgeprägten Wortschatz und erstaunliche analytische Fähigkeiten verfügte, wetterte mit ihrer hohen Kinderstimme: „Das ist ja voll bescheuert! Ich zumindest werde später keine Frau!“ Sie besaß von allen Dreien den ausgeprägtesten Willen.
Basko schrie auf, als sich ihm plötzlich ein weicher Gegenstand über den Kopf stülpte und hörte als nächstes das röhrende Gelächter seines Vaters, der offensichtlich von seinem Nachtgang zurückgekehrt war. Panisch zerrte er das Ding von sich weg und stellte dann fest, dass es nur ein Pullover war. „Musst Dich wohl noch an die Nacht gewöhnen“, schlussfolgerte sein Vater, der sich vor Lachen kaum einkriegen konnte, dann aber doch den verwaisten Pullover vom Boden aufsammelte und ihn sich überstreifte, merkwürdig elegant, dachte Basko, und prägte sich das Bild ein, dass ihm aus irgend einem Grund unpassend erschien, „so grazil für einen Arbeiter“, hatte eine Freundin seiner Mutter dieser einmal zugeflüstert, doch sie hatte nur geantwortet: „Er ist kein Arbeiter; er ist Vorsteher!“ Seitdem fragte sich Basko, was wohl grazil bedeuten könnte.
„Basko“, hob sein Vater an, und mit einem Mal verstummte der Ort, stand die Zeit, verzog sich die Kälte, froren die Gedanken ein. In der Stimme lag etwas so Bedeutungsvolles, dass Basko deutlich spürte, dass nun endlich der Moment gekommen war, der seine Spannung vorausgeschickt hatte, der Moment, wegen dem sein Vater überhaupt diesen Ausflug mit ihm eingerichtet hatte. Offiziell hatte er ihm dieses „Männerwochenende“ zum Geburtstag geschenkt, doch Basko wusste gleich, dass mehr dahinter steckte, als er feststellte, dass seine Mutter von dem Geschenk gar nichts wusste. „Wieso willst Du unbedingt mit dem Jungen in den Wald?“ „Das verstehst Du nicht!“ „Dann erklär es mir!“ (Seine Eltern konnten solcherlei Gespräche ohne jede Aggression bestreiten.) „Jeder richtige Junge sollte mal mit seinem Vater in den Dschungel. Es ist wichtig, die uralten Jagdinstinkte zu fördern.“ „Du spinnst.“ „Willst Du den Jungen denn zum Weichei erziehen?“ „Von mir aus geht doch, wenn’s Euch Spaß macht.“
Und so war die Verabredung getroffen. Basko wurde nicht zu seiner Meinung befragt. Er war darüber auch ganz froh, denn er wusste nicht so recht, was er von der Aussicht halten sollte, ein Wochenende lang mit seinem Vater durchs Gestrüpp zu kriechen, kleine, friedliche Tiere zu jagen und dann doch fertigverpackte Würstchen über einem Spirituslagerfeuer zu essen – schon damals hatte Basko einen ausgeprägten Sinn für Konsequenz. Der Ausflug fand genau drei Wochen nach seinem Geburtstag statt, bis dahin hatte Basko in ständiger latenter Nervosität gelebt und war schon ganz blass, so blass, dass seine Mutter sich Sorgen um seine Gesundheit machte und ihn beinahe zu Hause behalten hätte, statt ihn mit ihrem Mann aufbrechen zu lassen. Und dann waren sie endlich losgefahren, und Basko hatte sich den ganzen Tag, während er auf Wurzeln umknickte, von Insekten zerstochen und von Zweigen geschlagen wurde, gefragt, welch dunkles Geheimnis ihm sein Vater wohl anvertrauen wollte. Denn irgend etwas würde passieren, so viel stand fest. Baskos Lieblingsmöglichkeit bestand darin, dass sein Vater Geheimagent war und ihn nun auf eine gefährliche Mission mitnehmen wollte, doch besonders überzeugend fand er diese Idee nicht. Auch eine Ufo-Entführung verwarf er schnell und kam immer öfter auf die Möglichkeit einer männlichen Tradition zurück, die sein Vater ihm offenbaren wollte und von der seine Mutter nichts wissen durfte. Besonders beruhigend fand er diese Vorstellung allerdings nicht.
„Basko“, hob sein Vater erneut an, und in seiner Stimme lag eine Ernsthaftigkeit, die Basko erzittern ließ. Ihn war schlagartig klar, dass das, was sein Vater ihm nun mitteilen würde, seine eigenen kühnen Ideen bei weitem übertraf. „Ich habe Dir etwas Wichtiges zu sagen, und ich werde es kurz machen, denn wir Männer brauchen nicht viele Worte“, beschloss sein Vater, dessen Stimme dabei jedoch so stark zitterte, dass er eine Pause machen musste. Derweil bemühte sich Basko, das Gesicht seines Vaters zu erkennen, aber das Feuer war beinahe abgebrannt, nur ein winziger Streifen Licht fiel noch quer über den Mann, der scheinbar unerreichbar weit weg auf der anderen Seite der Lagerstätte sprach, und ließ seine Züge noch gespenstischer erscheinen. Nicht einmal zwei Meter trennten die beiden, doch Basko schien es, als seien es Welten. Er zitterte heftig, nicht nur, weil er Angst hatte; ein neues Gefühl, eine mächtige Schwere, zerdrückte seinen Magen.
Dann ging es plötzlich ziemlich schnell, sein Vater schien sich gefangen zu haben, seine Stimme war nun sicher und emotionslos und bereit, ihre Botschaft ohne weitere Störungen zu übermitteln: „Ich möchte nicht, dass Mutti etwas erfährt, denn sie würde sich nur unnötige Sorgen machen. Sie wird es noch früh genug erfahren, und dann musst Du sehr stark für sie sein, denn Du bist dann der Mann im Haus. Du wirst für Deine Mutter und Deine Schwestern sorgen, das musst Du mir versprechen. Ich weiß, dass Du das wirst, Du bist ein guter Junge. Frauen sind schwach – sie sind wunderschön, und Du wirst noch vielen von ihnen erliegen, und Du wirst Fehler machen, aus denen Du lernen wirst, aber Du darfst dabei nie vergessen, wie zerbrechlich sie sind und dass Du immer ihr Beschützer bleibst. Behandle sie gut, und verachte sie nicht, denn Du wirst sie brauchen, und ohne ihre Reize wird Dein Leben sehr leer sein; aber vergiss dabei nie, dass sie Dir nicht gewachsen sind – versprichst Du mir das?“
„Ja, Paps“, flüsterte Basko, der überhaupt nichts verstand und dessen rasende Angst ihm beinahe die Worte verschnürte. Dann stand sein Vater auf, und für einen kurzen Moment dachte Basko, das sei’s gewesen, mehr gebe es nicht zu sagen; und er wurde wütend, weil er das Geheimnis nicht verstand, und er war erleichtert, weil es kein schlimmes Geheimnis war. Doch dann redete sein Vater weiter. Er sprach sehr leise, aber Basko verstand jedes Wort auf alle Zeiten: „Ich werde sterben, mein Sohn. Die Ärzte lassen mir keine Hoffnung, sie können nichts machen. Ich werde sterben, und Du sollst es als Einziger wissen, bis es soweit ist. Und wenn ich dann von Euch gegangen bin, sollst du Deine Schwestern beschützen und Deiner Mutter jeden Tag sagen, wie sehr ich sie liebe.“ Er drehte sich zum Gehen und murmelte seinen letzten Satz, schon gar nicht mehr wirklich da im Reich des Lebens: „Ich habe eine Versicherung, die sollte für einige Zeit genügen; ich habe für Euch gesorgt.“
Dann verschlangen die Schatten seine Gestalt und ließen ein Kind zurück, dessen Kindheit ein jähes Ende gefunden hatte. Im nächsten Moment ging das panische Herzrasen des Jungen in ein betäubtes, kaum mehr wahrnehmbares Pochen über. Mit einer gewaltigen Anstrengung schluckte er seine Tränen herunter und verdrängte sie dann für immer.

 
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Kritikerkreis

Hallo Echoloch,

Deine Geschichte führt uns über eine ernüchternde, neugierig machende Bemerkung in die Gedankenwelt eines Kindes. Kobolde erzeugen in dieser Welt Angst und man kann schon ahnen, dass dieser auf dem Unrealen basierende Zustand nur die Schatten der Wirklichkeit darstellen, der Einleitungssatz wirkt wie eine unterschwellige Drohung, aber auch wie ein Lösungsversuch.
Du führst dann geschickt eine Rückblende ein, um das Geschehen in einen Kontext zu stellen, auch den Charakter des Vaters zu beschreiben. Der Dialog der Kinder ist eine stilistische Abwechslung, die der Geschichte gut tut, wirken manche Abschnitte mit der adjektivreichen, berichtorientierten Sprache doch etwas eintönig.
Bemerkenswert ist der Protest der Schwester über das Frauenbild von Basko, es enthält Aspekte, die ihm der Vater später bestätigt, sogar vorschreibt- der Vater und er sind sich also gar nicht so unähnlich, wie man es als Kind auch wegen des Altersunterschieds oft denkt.
Zum Glück kommt jetzt nicht der prügelnde Vater ins Spiel, dies wäre eine zu abgegriffene Wendung. Der Vater ist beherrscht, dies erhöht auch die psychologische Glaubwürdigkeit seines Handelns am Schluß: Er ist ein gefaßter, disziplinierter Mann.
Nachdem die Grundlagen der Geschichte also feststehen, beginnt gewissermaßen die Endrunde:
Die Szene mit dem durch den Pullover erzeugten Schrecken ist noch einmal ein Hinweis- so leicht läßt sich der Schrecken nicht immer abstreifen, man denke an die indirekte `Warnung´ an den Leser durch den ersten Satz.
Dann beginnt das Mene, mene tekel ... ...
Hier kommt es in Gestalt von: „Basko“, hob sein Vater ...
Natürlich bestätigt sich nicht die rettende Wendung hin zum Ufo- Abenteuer, mit einer `Theorie´
über Frauen ist der Protagonist noch gut weggekommen, doch...
„Basko“, hob sein Vater ... - das Mene Tekel erfüllt sich nun, es gibt keinen Ausweg-
nur die Erkenntnis, dass „Gefühle ihn in seinem Leben nicht weiterbringen“ und die Möglichkeit zu verdrängen.
Ohne das es Basko jetzt schon ahnt, hat ihm sein Vater auch schon den Ausweg aus seiner zum Selbstschutz gefühlsverleugnenden Haltung angedeutet: Die Liebe zu seinen Geschwistern, seiner Mutter, das Beschützen und die Frauen, ohne die sein Leben „sehr leer sein“ würde.

Auch wenn das plötzliche Erwachsenwerden nicht immer so dramatisch verläuft, ist die Geschichte ein gutes Beispiel für die Zäsur zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter und zeigt einen gelungenen Aufbau mit interessanten innertextlichen Bezügen.

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Noch einige stilistische Anmerkungen:
(Das sollen nur Vorschläge, Anregungen sein).

Zum Titel: "Kindertag" ist für mich so etwas wie Tag der offenen Tür im Schwimmbad... `Kindheitstag´ müßte es wohl heißen.

Obwohl er kein Spezialist im Thema Lebensgefahren war, spürte er instinktiv, dass es in dieser Nacht völlig der Natur überlassen blieb, ob sie ihn und seinen Vater und mit ihnen all die Gespenster und Kobolde und Unterholztiere als Nachtmahl einfordern oder aber ob sie alle noch einmal entkommen lassen würde
- Ein langer, etwas komplizierter Satz, vielleicht nicht gerade repräsentativ für die Gedanken eines Kindes:
, das Feuer mit alten Pfadfinder-Methoden, und zwar ohne Spiritus, zu entzünden
- Die `Nachstellung´ von „entzünden“ ist ungünstig.
Obwohl Camilla nur ein knappes Jahr jünger war als Basko, ordnete sie sich ihm bedingungslos unter, so dass es immer an ihm lag, die Zeit zu überbrücken. „Männer brauchen das manchmal“, erklärte er ihnen. „Damit zeigen sie der Frau, dass sie sie lieben“, ... ...
- Was ist mit „Zeit überbrücken“ gemeint, warum brauchen das Männer manchmal? Da gibt es sicher eine konkretere Aussage, die die zwei vertretenen Frauenbilder kontrastiert.
„Er ist kein Arbeiter; er ist Vorsteher!“ Seitdem fragte sich Basko, was wohl grazil bedeuten könnte
- Vorarbeiter ?

verzog sich die Kälte, froren die Gedanken ein
- Kälte hat sich verzogen, dann frieren die Gedanken ein?
seine Spannung vorausgeschickt hatte, der Moment, wegen dem sein Vater überhaupt diesen Ausflug mit ihm eingerichtet
- „vorausgeschickt“ ist ungünstig (ein Moment der schickt?), anstelle von „eingerichtet“ eher `geplant´.
Basko wurde nicht zu seiner Meinung befragt
- nach seiner Meinung gefragt- eine Befragung wird wohl nicht nötig sein.
Nicht einmal zwei Meter trennten die beiden, doch Basko schien es, als seien es Welten
- das mit den „Welten“ ist ein sehr abgenutzer Vergleich.
aber Basko verstand jedes Wort auf alle Zeiten
- prägte sich jedes Wort für alle Zeiten ein.
Dann verschlangen die Schatten seine Gestalt und ließen ein Kind zurück, dessen Kindheit ein jähes Ende gefunden hatte. Im nächsten Moment ging das panische Herzrasen des Jungen in ein betäubtes, kaum mehr wahrnehmbares Pochen über. Mit einer gewaltigen Anstrengung schluckte er seine Tränen herunter und verdrängte sie dann für immer.
- die Tränen hinunter und verdrängte seinen Schmerz für immer.

LG,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochin, zunächst einmal herzlichen Dank für die sehr ausführliche Kritik, die ich sehr spannend und hilfreich finde.
Zu den stilistischen Anmerkungen: Mit den meisten hast Du zweifelsohne recht, ich greife leider nach wie vor manchmal total daneben bei meiner Wortwahl, es ist komisch, ich kriege das nicht "raus"-geübt, ich habe dann nicht die geringsten Zweifel, dass es "befragt" heißt, wo ich einfach nur "gefragt" meine. Die vom Moment vorausgeschickte Spannung (z.B.)hingegen war schon so gemeint, wie es da steht, aber Deine Anregung ist für mich natürlich trotzdem interessant, und ich verstehe, dass die Formulierung problematisch ist.

Inhaltlich bin ich beeindruckt, wie viele Gedanken Du Dir gemacht und wie viele Bezüge Du hergestellt hast. Ich dachte bei Basko an einen Jungen, der in einem wenig gleichberechtigten Kontext aufwächst, was ihn später zu einem ziemlichen Arschloch macht, und dazu habe ich mich in der Tat einiger Klischees bedient.
Lustig finde ich Deine Bemerkung vom prügelnden Vater, der glücklicherweise nicht ins Spiel kommt, diese Option hatte ich nie im Sinn, und dass Du sie "befürchtet" hast, ist für mich mal wieder ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich Geschichten gelesen/ empfunden/ geschrieben werden. Ich persönlich denke, dass diese Art von Psychoterror, ein Kind mit einer Verantwortung zu vertrauen, an der es nur scheitern kann, eine viel häufigere Form von Missbrauch ist als die körperliche Gewalt. Hier empfinde ich wohl den einzigen Widerspruch zu dem, was Du geschrieben hast: Ich denke nicht, dass Baskos Liebe für seine Familie ihm weiter helfen wird. Er wird an der Verantwortung brechen, und seine Frauen als Erwachsener werden seine Einsamkeit nur noch verstärken. Aber vielleicht kommt ja doch alles gar nicht so schlimm ...

Vielen Dank & viele Grüße, Maja

 
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Kritikerkreis

Hallo Echoloch,

es freut mich, wenn Du mit meiner Kritik etwas anfangen kannst. Es stimmt: Man kann den Text auch so lesen, dass der Vater Basko überfordert, sein Frauenbild ist schon ziemlich verzerrt, aber dadurch auch interessant.
Klischees empfinde ich nicht prinzipiell als Makel, sie sind aber immer ein Balanceakt zwischen Langeweile und pointierter Beschreibung.

LG,

tschüß... Woltochinon

 

Bascos letzter Kindertag

Hi Echoloch,

habe einfach mal eine KG von dir heraus gepickt und bin erstaunt, dass eine so packende Geschichte, so wenig gelesen wurde.
Ich war neugierig zu erfahren, was der Vater mit dem Sohn vorhat.
Dachte zuerst an einen Waldbrand, fahrlässig verursacht.
Dann glaubte ich, dass der Vater Basco beichten wolle, dass er sich von der Mutter trennen würde.
Doch du gestaltest deine Handlung viel tragischer.
Ich habe den Schluß so verstanden, dass der Junge alleine im Wald zurück blieb. Richtig?
Mal davon abgesehen, dass ich dies etwas unrealistich finde, so könnte ich mir doch vorstellen, dass dem Jungen, eine kaum zu tragende Bürde auferlegt wurde.
In deiner Vorstellung, ist er zu einem Ekel geworden.
Wäre die Liebe zu seinem Vater jedoch innig gewesen, hätte er, so denke ich, sein Erbe angenommen.
Doch das lässt du ja in deiner Geschichte offen.

Ich finde, eine gut geschriebene KG, die es wert ist noch mal auf die erste Seite zu kommen.

glg, coleratio

 

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