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Berliner Träume

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17.03.2004
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Berliner Träume

Berliner Träume

Sie war auf der Suche. Sie suchte es. Sie suchte ihn. Sie suchte sie. Traurig schaute sie auf ihre Tagebuchaufzeichnungen. Dort standen ihre Wünsche: Das Glück, den Traum, die Erfahrung. Als sie das letzte Wort las, lachte sie bitter. Erfahrung. Ja, die hatte sie bereits gefunden. Aber sie war nicht glücklich darüber. Sie wusste nun, was es hieß, einsam zu sein, ohne je allein gewesen zu sein. Sie hatte doch immer eine Freundin gehabt, erst Jessy, dann Maria, jetzt Lilly. Warum genügte ihr das nicht? Warum war sie nicht zufrieden und immer noch auf der Suche? Vielleicht, weil sie ohne ihren großen Traum nicht glücklich werden konnte. Nach Australien gehen, weit weg vom deutschen Grau und all dem Schmerz ihrer Vergangenheit leben, dies war der Traum, den sie sich nicht erfüllt hatte. Stattdessen hatte sie den vernünftigen Weg gewählt, ein Wirtschaftsstudium begonnen und war nach Berlin in eine WG gezogen. Dort hatte sie auch schnell neue Freunde gefunden, und doch war in ihr diese unbegreifliche und endlose Unruhe, über die sie mit niemandem außer ihrem Tagebuch sprach, auch nicht mit ihrem Freund Maik. Zwar glaubte sie, dass sie ihn liebte, doch auch dieses Gefühl war nicht stark genug, aus ihr einen zufriedenen Menschen zu machen. Sie fragte sich, warum sie stets diese rastlose Einsamkeit verspürte. Schließlich war sie doch nicht allein!
Ruckartig stand sie auf. Diese ewige Grübelei musste ein Ende haben,. Sie verließ die WG, stieg in die S-Bahn und fuhr zur nächsten Sparkasse. Sie zog einen Kontoauszug. Ein geheimnisvoll glückliches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie den recht beachtlichen Betrag von 2384,53 Euro erblickte. Vom Geldautomaten gegenüber kam Josephine ein junger Mann entgegen, den sie jedoch nicht bemerkte, da sie immer noch die drei Zettel in ihrer Hand betrachtete. Plötzlich vernahm sie eine warme Stimme, die sagte: „Sind Sie glücklich?“ Josephine blickte auf und sah in strahlend blaue Augen, die sie liebevoll anschauten. Sie konnte nicht antworten, war in seinen Augen gefangen. Er wiederholte die Frage: „Sind Sie glücklich?“, und fügte an: „Sie haben gerade so bezaubernd glücklich gelächelt, ich musste sie einfach ansprechen!“ Josephine war noch immer wie gebannt und mehr als „Ja…äh…ich weiß nicht…“ brachte sie nicht heraus. Er legte ihr die Hand auf den Arm und fragte sie, ob sie einen Kaffee mit ihm trinken wolle. Da sie nicht in der Lage war, zu widersprechen, nickte sie nur mir dem Kopf.
Sie setzten sich in ein Café gegenüber der Straße. Nachdem sie erfahren hatte, dass er Markus hieß und 23 Jahre alt war, fragte er sie erneut, ob sie denn glücklich sei. Da begann sie plötzlich zu erzählen. Sie berichtete von ihrer Kindheit, ihren Eltern, mit denen sie keinen Kontakt mehr hatte, von Freunden, die keine waren, von ihrem Freund Maik, der Liebe zu ihm, der sie sich nicht sicher war, und letztlich erzählte sie ihm, ohne, dass er hatte Fragen müssen, auch von ihrem großen australischen Traum, von dem sie bisher noch nie einer Menschenseele etwas erzählt hatte. Als sie ihre Erzählung beendet hatte, waren über zwei Stunden vergangen.
Plötzlich stand Markus auf. Er legte 5 Euro auf den Tisch, nahm ihre Hand, führte Josephine aus dem Café heraus, wo die untergehende Sonne ihre langen Schatten auf die Straße warf. Sie fragte ihn, wohin sie denn gingen, doch er antwortete nur mit einem Lächeln, dem sie grenzenlos vertraute. An seiner Hand lief sie eine vergessene Zeit lang durch Berlin. Keinen der Menschen, die ihnen begegneten, nahm sie auch nur andeutungsweise wahr. Endlich erreichten sie einen restaurierten Altbau. Er schob sie vor sich die Treppe hoch, bis sie den dritten Stock erreichten. Als sie seine Wohnung betrat, konnte sie kaum glauben, was sie beinhaltete. Die Decken waren in dem unwahrscheinlichsten Himmelblau gestaltet, dass sie je gesehen hatte. Die vier Wände umschlossen das Zimmer mit der Skyline von Sydney, dem australischen Regenwald, den endlosen Weiten des Outbacks und dem changierenden Blau des Pazifischen Ozeans.
Josephine fühlte sich in eine völlig andere Welt versetzt, in der ihr doch alles so vertraut erschien, als hätte sie nie das Grau der Berliner Straßen erlebt.
Glücklich erschöpft ließ sie sich in einen grünen Sessel fallen, der sich farblich perfekt dem hinter ihm liegenden Regenwald anpasste. Markus setzte sich ihr gegenüber in einen ozeanblauen Sessel und lächelte erneut auf seine faszinierende Weise. Endlich zum Sprechen in der Lage fragte sie: „Wie oft warst du denn schon in Australien? Deine Wohnung ist ja unglaublich, du musst ja schon ein halber Australier sein!“ „Ich war noch nie in Australien“, antwortete er, „aber ich fliege nächsten Mittwoch nach Sydney. Ich habe gerade das Geld für mein Flugticket von der Bank geholt.“ Sie konnte ihm das fast nicht glauben, aber sie fragte ihn dennoch, wie lange er denn bleiben würde. Er sprach von drei Monaten. Da stand sie auf, verließ das Zimmer und ging ins Bad. Dort lehnte sie ihren Kopf gegen den eiskalten Spiegel und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Es war eine einmalige Gelegenheit. Aber auch eine wichtige und schwierige Entscheidung. Während sie nachdachte fielen ihr die Gedanken von vor einigen Stunden wieder ein. Was hatte sie zu verlieren? Ihren Studienplatz, der ihr nichts bedeutete. Einen Freund, zu dem sie keine wirkliche Liebe empfand. Lilly, die schnell eine neue Mitbewohnerin finden würde. Eine Stadt, in der es zu oft regnete und zu oft kalt und grau war. Nie mehr Grau. Nur noch bunt. Ihre Entscheidung stand fest.
Vier Tage später stieg sie mit Markus an der Hand in das Flugzeug. Es war keiner erschienen um ihr Glück zu wünschen und sie zu verabschieden. Niemand winkte. Nicht einmal der Fernsehturm hatte ihr zum Abschied zugelächelt.

 

Hallo Sushi,

bei deinem Nick hätte ich ja eher einen japanischen Traum erwartet ;)

Erstmal herzlich willkommen bei uns.
Vom Plot her gefällt mir deine Geschichte recht gut. Auch ist sie weitestgehend flüssig geschrieben. Allerdings neigst du manchmal dazu, innerliche Gefühle von ausßen zu beschreiben, anstatt sie darzustellen. Das fällt in dieser Geschichte besonders an den vielen Nebendarstellern auf, wie dem Freund deiner Protagonistin.

Dort hatte sie auch schnell neue Freunde gefunden, und doch war in ihr diese unbegreifliche und endlose Unruhe, über die sie mit niemandem außer ihrem Tagebuch sprach, auch nicht mit ihrem Freund Maik. Zwar glaubte sie, dass sie ihn liebte, doch auch dieses Gefühl war nicht stark genug, aus ihr einen zufriedenen Menschen zu machen. Sie fragte sich, warum sie stets diese rastlose Einsamkeit verspürte. Schließlich war sie doch nicht allein!
Das ist zum Beispiel so eine Passage, die ich meine. Dadurch, dass du es uns so von außen mitteilst, fällt es schwer, es mitzufühlen. Es ist wie eine Art Bericht im Schnelldurchlauf, bis sie dann endlich den Kontoauszug in der Hand hält.
Auch als sie mit Markus im Eiscafé ist, hast du es für mein Gefühl zu eilig.
Sie setzten sich in ein Café gegenüber der Straße. Nachdem sie erfahren hatte, dass er Markus hieß und 23 Jahre alt war, fragte er sie erneut, ob sie denn glücklich sei. Da begann sie plötzlich zu erzählen. Sie berichtete von ihrer Kindheit, ihren Eltern, mit denen sie keinen Kontakt mehr hatte, von Freunden, die keine waren, von ihrem Freund Maik, der Liebe zu ihm, der sie sich nicht sicher war, und letztlich erzählte sie ihm, ohne, dass er hatte Fragen müssen, auch von ihrem großen australischen Traum, von dem sie bisher noch nie einer Menschenseele etwas erzählt hatte. Als sie ihre Erzählung beendet hatte, waren über zwei Stunden vergangen
Über zwei Stunden hätten auch mehr Erzählzeit, wörtliche Rede und eine Entwicklung zwischen den beiden verdient. Die Geschichte könnte viel schöber sein, wenn du nicht so über das Leben hinwegrasen würdest.

Lieben Gruß, sim

 

Leider muss ich mich der Kritik meiner Vorgänger anschliessen, obwohl die Geschichte hat wirklich ihren bestimmten Reiz hat.

Ein kleines bißchen wie im Märchen... oder etwas, von dem jeder
einmal träumt.

Allerdings wirkt es auch sehr unglaubwürdig - sie trifft einen Jungen, der zufällig den gleichen Traum hat wie sie, der sie dann auch noch mitnehmen würde und sie hat die Möglichkeit alles einfach stehen und liegen zu lassen.

Es hat mir auch nicht so gut gefallen, das die Prot. so unecht wirkt. Sie wirkt nicht wie ein lebender Charakter, sondern eher wie ein Gemälde, wenn du verstehst was ich meine.

Grüße Sommerwind

 

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