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Bukowski ist ein Prolet

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06.02.2002
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Bukowski ist ein Prolet

Die Bühne hat schon bessere Zeiten gesehen. Ich wippe auf einem der unbequemen Klappstühle, und immer wenn mir das Bier die Augen zudrückt, bin ich in den Siebzigern. Der Text wird gekonnt vorgetragen, aber das ist weniger wichtig. Ein dichter Brei aus Bass, Hammondorgel und Schlagzeug übertönt den faltigen Erzähler, der aussieht, als warte er zusammen mit der Bühne auf den Sperrmüll. Das Bier ist reichlich und billig und hat einen Großteil des Publikums schon bald niederen Kreaturen angeglichen. Ab und an Zwischenrufe von Bekannten der Musiker. „Schwanzvorzeiger!“ oder „Hey, Arschloch!“. Passt gut in die Pausen.
Der Ton ist wirklich schlecht ausgesteuert, die Textauswahl monoton. Ab und an dringt ein „Hintern“ oder „Titten“ an mich heran. Ich ertappe mich dabei, wie meine Gedanken abgleiten, und da sie durchaus mit Bukowskis grand motif zu tun haben, gebe ich mir nicht die Mühe, sie wieder einzufangen.
Jemand neben mir.
„Er wird doch nicht...“, blitzt die Sorge um meine abgestellte Pulle auf, aber in dem Moment ist es zu spät.
Der Gang ist wirklich schmal, aber gottverdammt, der Kerl hätte aufpassen können. Der Rest meines Bieres verschäumt auf dem schmutzigen Boden. Ich greife nach der Flasche, aber es ist nichts mehr zu retten.
„Idiot“, zischt der Kerl. Es kommt plötzlich. Negative Wellen, was soll das? Sein Gesicht ist zerfurcht, als habe die Zeit es mit Fingernägel zerpflügt, um schlechte Erfahrungen zu pflanzen. Ich verstehe seine Aggressivität. Für Leute wie ihn ist das Leben eine Schlampe, und sie hat ihn sitzen gelassen. Irgendjemand muss dafür büßen.
Man sieht sie ihm an, all die vergeblichen Kämpfe gegen sich selbst, gegen andere, gegen sein Dasein, die ihn nur noch das Schlechte erwarten lassen. Womit er aber nicht rechnet, ist der grade Zieher meiner Rechten, die seine aufgequollene Nase mittig trifft.
Er fällt um wie ein gefällter Baum. Was ist los? Warum diese Aggression, gerade hier? Die Frage kann ich mir später stellen. Plötzlich ist es still - bis auf den Organisten, der macht eh den Eindruck, als würde er nie was mitkriegen - und alle starren mich an.
„Fick dich, Bukowski. Du bist ein Prolet!“, rufe ich in sein Georgel, hebe kurz die Faust als Zeichen rechtschaffenden Protestes und haue schnell ab.

 

Moin.

Ein dichter Brei aus Bass, Hametorgel und Schlagzeug übertönt den faltigen Erzähler, der aussieht, als warte er zusammen mit der Bühne auf den Speermüll.
"Hammond-Orgel", okay das ist ein Schreibfehler, aber "Speermüll"? Kriegt er jetzt gleich Speere auf die Bühne geworfen, oder handelt es sich um den Nazi-Gebäudemüll des Albert Speer?

Ein bizarres Werk, aus dem der Leser, hier repräsentiert von Ben, nicht wirklich schlau wird. Eine Konzertvertonung von Bukowskis Werk, und das Publikum benimmt sich entsprechend "inspiriert"?

Am Kopf kratzende Grüße

Ben

 

Inszenierung einer gelebten Inszenierung. Konnte ja nicht gut werden. Das wirkt so unglaublich pseudo-intellektuell, dass es mich echt ankotzt. Das zu den geweckten Emotionen, nicht missverstehen.

 

Danke für´s Kommentieren!

"Hammond-Orgel", okay das ist ein Schreibfehler, aber "Speermüll"? Kriegt er jetzt gleich Speere auf die Bühne geworfen, oder handelt es sich um den Nazi-Gebäudemüll des Albert Speer?

:teach:
Zusammen mit den beiden orthographisch unkorrekt gesetzten bildeten die "e"s im Text eine Sternenkarte, die auf eine Nazifestung am Südpol hinweist. Du weißt schon, mit Zombieexperimenten und Ufos und so.
Ist doch offensichtlich :)

Inszenierung einer gelebten Inszenierung. Konnte ja nicht gut werden. Das wirkt so unglaublich pseudo-intellektuell, dass es mich echt ankotzt. Das zu den geweckten Emotionen, nicht missverstehen.
Ich versteh eh nur die Hälfte.

 

Hallo Paranova!

Also eigentlich komm ich auch nicht dahinter, was Du mit Deiner Geschichte sagen willst. Vielleicht liegt das aber auch daran, daß mich die Verwendung des Wortes Prolet in der Form etwas stört, das kann mich natürlich daran hindern, hinter Deine Gedanken zu steigen. ;)

Gut gefallen hat mir dieser Satz:

Sein Gesicht ist zerfurcht, als habe die Zeit es mit Fingernägel zerpflügt, um schlechte Erfahrungen zu pflanzen.
- Nur würd ich die Fingernägel rausnehmen: als habe die Zeit es zerpflügt - die Zeit hat keine Fingernägel. Aber sonst gefällt mir die Beschreibung des Gesichtes wirklich sehr gut. :)

Und irgendwie werd ich den Eindruck nicht los, daß das Lokal "Smaragd" heißen könnte und Du bei dem Typ, also dem Gegenüber des Protagonisten, von buji "inspiriert" wurdest :lol::

Negative Wellen, was soll das? ... Ich verstehe seine Aggressivität. Für Leute wie ihn ist das Leben eine Schlampe, und sie hat ihn sitzen gelassen. Irgendjemand muss dafür büßen.
..., all die vergeblichen Kämpfe gegen sich selbst, gegen andere, gegen sein Dasein, die ihn nur noch das Schlechte erwarten lassen.
Aber ich hab volles Verständnis dafür, daß ein Mod, der sich die Texte und Diskussionen lesen muß, das irgendwo verarbeiten muß... :D :rotfl:

Liebe Grüße,
Susi :)

 

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