Was ist neu

Das Blätterkind

Mitglied
Beitritt
11.03.2003
Beiträge
387
Zuletzt bearbeitet:

Das Blätterkind

Das Blätterkind

für Isabelle

Weisst du noch?
Wir suchten den Frühling.

Die Spuren des vergangenen Winters haben sich zurückgezogen, langsam suchen sich die neuerwachenden Lebewesen ihren Weg hinauf – wollen den Himmel mit ihren zarten Armen berühren. Enttäuscht werden sie sich abwenden, wenn sie merken, dass der Himmel zu weit entfernt ist und sie ihn nicht erreichen können. Werden sich wieder dem Boden zuwenden, wollen ganz tief darin versinken – bis sie nicht mehr weitergehen können. Erst dann werden sie lernen zu leben. Werden den Himmel von weither bewundern, der Erde gedenken und sich daran festhalten.
Ich wandere durch den Wald, die Bäume beobachten mich neugierig, weichen aber misstrauisch zurück. Ich tue ihnen nichts. Die Sonne scheint mir meinen Weg durch das lichte Dach aus den frühlingsgrünen Blättern – sie sind noch fast durchscheinend, ich fürchte, sie könnten bei einem Lufthauch zerbrechen. Ich bete für sie, sie sollen wachsen, sollen lernen, sich zu behaupten. Die Sonne verspricht mir, auf sie Acht zu geben. Beruhigt setze ich meinen Weg fort. Plötzlich bemerke ich einen Schatten in den Blättern, schaue genauer hin.
Dort, zwischen Abermillionen von kleinen Blättchen liegt etwas. Es schimmert – von Sonnenstrahlen getrieben – geheimnisvoll, fast wie Gold, nur viel wertvoller. Noch während ich es betrachte, beginnt es zögerliche Bewegungen auszuführen. Zuerst noch praktisch unsichtbar, dann sicherer. Ich wage nicht zu atmen, habe Angst, es zu erschrecken, doch es sieht mich nicht. Die Sonne durchflutet es, ohne gebrochen zu werden. Es ist ein Kind, gleicht den Blättern, die es umgeben: Seine Haut, so fragil – es wird zerbrechen, wenn es die Blätter berührt! Ich will schreien, es warnen, doch dann sieht es mich. Es lächelt und nimmt eines der Blätter, lässt es fliegen. In einer nicht vorhandenen Windböe wirbelt es sachte herab, in meine offene Hand. Es zerbricht nicht. Ich fahre sanft den feinen Linien auf dem Blatt nach, als eine leise Stimme neben mir sagt: „Hüte dies eine Blatt gut, bewahre es. Es wird wachsen und dich begleiten.“ Ich blicke auf, neben mir das Kind. Es lächelt noch immer und weist auf das Blättchen. Ich umschliesse es mit meiner Hand und flüstere heiser: „Danke.“ Das Kind sagt nichts. Es ist jetzt nicht mehr durchscheinend. Ein Kleid aus Frühlingsblättern umgibt es, während seine Augen leuchten wie die Sonne, die noch nicht stark genug ist, zu wärmen. Ich reiche dem Blätterkind meine Hand und es zeigt mir die Mysterien des Waldes.

Als wir ihn fanden, begann der Sommer.

Oft besuche ich das Blätterkind, durchstreife gemeinsam mit ihm die Wälder, die sich füllen, Tiere aller Art begegnen uns. Ich frage das Blätterkind, woher es komme. Es lächelt nur. „Von dort“, sagt es und zeigt in eine unbestimmte Richtung. Wir gehen schweigend weiter, ich dringe nicht weiter in es ein, seine Anwesenheit genügt. Die Blätter sind gewachsen und rascheln sanft bei jedem Windstoss. Sie winken dem Blätterkind zu, grüssen es wie einen Verwandten. Es winkt zurück, sein Kleid schaukelt dabei hin und her wie ein Glöckchen, das silberhell klingelt, wenn man es berührte. Es meint: „Sie rufen mich, sie wollen, dass ich zu ihnen zurückkomme. Irgendwann werde ich gehen.“
Wieder sind wir gemeinsam unterwegs und durchqueren ein Stück seines Waldes. Ich beobachte es, sein Gesicht – es scheint zu lächeln, still für sich – und möchte es am liebsten in die Arme nehmen, beschützen. Doch in diesem Augenblick wendet es mir sein Gesicht zu und scheint zu widersprechen – jene Nähe wäre zu intensiv, als dass das einst so zarte Blätterwesen es ausgehalten hätte. So streiche ich über seine Wangen und wir gehen weiter. Bald kommen wir in einen Teil es Waldes, in dem ich noch nie gewesen bin. Es ist dunkler als in den anderen Teilen. Selbst das Schimmern des Blätterkindes ist hier gedämpft. Es scheint sich zu fürchten und fasst meine Hand fester. Ich versuche, es zu beruhigen, doch es will nicht auf mich hören. „Hier wohnen keine guten Blätter, alles ist tot.“ Und da bemerke auch ich es: Die Blätter schweigen hier, obwohl es keineswegs anders aussieht als in den anderen Teilen. Ich gehe zu einem der Bäume hin, sein Stamm ist übersät mit Flechten und Moosen. Ich werde bei dem Anblick des stummen Baumes traurig, nun muss das Blätterkind mich trösten, doch das gelingt ihm nicht. Plötzlich ist auch das Blätterkind bekümmert und klagt über die Ungerechtigkeit der Welt. Wir lehnen uns beide an den durch die vielen Moose weichen Stamm, so als können wir ihn zurück ins Leben holen. Wir wissen beide, dass das nicht möglich ist, so sehr wir es auch wünschen.
Später, es müssen Stunden vergangen sein, gehen wir weiter. Wir sprechen nicht – es würde alles zerstören. Wir suchen unseren Weg zurück, doch den gibt es nicht. So folgen wir einem anderen Pfad und erst jetzt bemerke ich die Schönheit des sprechenden Waldes. Ich höre den Blättern zu, wie sie miteinander plaudern, sich ihre Geheimnisse anvertrauen. Das Blätterkind lauscht aufmerksam – es versteht die Sprache der Bäume und kann sich auch mit ihnen unterhalten, denn es antwortet mit einem feinen Säuseln auf das der Blätter. Es reicht mir wieder seine Hand und wir laufen diesmal fröhlicher weiter, hier ist die Baumwelt wieder in Ordnung. Umgeben von Grün vergessen wir das Dunkel und leben den Moment. Sonnenstrahlen streicheln uns und die Bäume um uns erzählen ihre Geschichten.

Bis wieder die Sonne durch die Wolkendecke bricht,
warten wir hier.

Für mich ist es wundervoll, durch hohe Schichten aus Herbstblättern zu laufen. Auch das Blätterkind findet Gefallen daran. Stundenlang rennen wir nur durch das Laub und lachen, freuen uns. Dieser Herbst ist angenehm warm und die Sonne scheint viel, an den Bäumen hängen volle, schwere Früchte, die herrlich süss schmecken. Das Blätterkind schliesst die Augen und geniesst das Fruchtfleisch, dessen Geschmack ich neu wahrnehme und geniesse. Die Blätter rauschen mehr als üblich, ich schaue genauer hin: Die Farben seines Kleides haben sich der Umgebung angepasst, sie sind gleich verfärbt wie die der Bäume. Wenn das Kind im Blätterteppich liegt, kann ich es kaum noch sehen. Es entschwindet. Immer, wenn es so liegt, vermeine ich ein melancholisches Glänzen in seinen Augen zu bemerken, das mir zu sagen scheint, dass der Sonnenschein der vergangenen Monate nicht ewig währen wird. Ich suche dann das Blatt in meiner Tasche, das gewachsen ist, so wie der Sommer kam wurde es kräftiger, seine Adern ziehen sich stark durch die weiche Oberfläche und geben ihm Halt. Und dann muss ich lächeln, der Frühling kehrt erneut zurück und der noch schwache, aber schon würzige Geruch der erwachenden Erde durchdringt die Luft. Lasse ich das Blatt wieder los, finde ich mich in der Realität wieder und neben mir auf dem noch sommerwarmen Boden liegt das Kind und sein Lächeln rinnt meinen Hals hinunter, einem Tropfen köstlichstem Honig gleich.
Unsere Wanderungen werden ausgedehnter, oft erreichen wir den Waldrand erst, wenn der Mond schon längst am Himmel steht und die funkelnden Sterne bewacht, und dann verabschieden wir uns. Frühmorgens suche ich den Wald wieder auf, warte still, bis mein Blätterkind mich aus meinen Gedanken schreckt. Es erzählt mir von alten Geschichten, von Legenden der Blätterkinder. Aufmerksam höre ich zu, viele der Legenden kennen auch wir Menschen. Die Mythen sind zahlreich wie die Blätter an den Bäumen - sie handeln von den Lebewesen der Wälder, die im Verborgenen leben.
Wir sehen die Tiere ihre Vorräte sammeln: Eifrige Eichhörnchen, die Nüsse in Verstecke legen, Bären, die sich einen dichten Pelz zulegen, um im Winter nicht zu frieren. Ich frage das Kind nicht, wie es den Winter verbringen wird, habe Angst vor der Antwort. Doch es wird immer stiller, heimlich zupft das Kind die welken Blätter aus seinem Kleid heraus, dort kommt wieder die durchscheinende Haut zum Vorschein, wie zu Beginn, als die Frühlingsblätter sich erst noch ihren Platz erkämpfen mussten.
Einmal sagt das Blätterkind leise, so dass ich ganz nahe rücken muss, um es zu verstehen: „Sie fallen, siehst du? Auch ich bin ein Blatt.“ Ich kann nichts darauf erwidern, umarme es nur und danach bleiben wir bis zum nächsten Morgen zusammen, erst dann trennen wir uns.
Am Abend gehe ich wieder hin, doch das Blätterkind taucht nicht am Waldrand auf. Traurig suche ich meinen Weg nach Hause, am Morgen, als es aber dämmert, stehe ich wieder am Waldrand. Wartend auf Einlass, doch ich warte vergebens. Die Äste der Bäume werden kahler und kahler, bis schliesslich alles leer ist, nur der Boden ist bedeckt mit Blättern. Dann fällt der erste Schnee.

Niemand mehr.
Ich wandre alleine durch das Winterland.
Träumend.

Spuren führen in die Tiefe der Wälder. Ich folge ihnen und folge meinen eigenen Fährten zurück an den Waldrand. Die Äste sind schwer mit Schnee beladen und hängen beinahe bis zum Boden. Die Lebewesen schlafen, tief unter dem Schnee ruhen die Samenrispen, die sich im Frühling neu entfalten werden. Die Wintersonne wärmt mich kaum noch, doch selbst wenn sie wie ein Ofen glühen würde, die Kälte bliebe zurück. Ich friere und ziehe meinen Mantel enger um mich. Meine Hand wandert in meine Tasche und umschliesst das eine Blatt, das noch immer grün ist. Für einen kurzen Moment breitet sich wohlige Wärme in mir aus, doch dann wird es wieder kalt. Ob mein Blätterkind tief unter der Schneedecke auf den Frühling wartet?

Winterspuren verblassen.

Der Schnee ist geschmolzen, unzählige Rinnsale suchen sich ihren Weg über die Moose, über den unebenen Boden. Ich habe erstmals wieder den Wald betreten, fasse das kleine Blättchen, nun wieder zu einer Knospe gerollt, das mir den Halt geben soll, den auch die Bäume brauchen, um ihr riesiges Blätterdach zu errichten. Ich blicke mich um und weiss, das Blätterkind wird nicht wiederkommen. Und doch hoffe ich es. Der Tag vergeht, ich verlasse den Wald wieder. Ich gehe noch oft hinein, nie bekomme ich Gesellschaft.

Eines Tages mitten im Frühling gehe ich wieder in den Wald. Die Blätter sind schon gewachsen und nicht mehr zerbrechlich wie zu Beginn. Und doch erscheinen sie mir so, im Herbst werden sie zu allerfeinstem Glas, bei einem Windhauch zerbrechend. Plötzlich raschelt es neben mir und jemand sagt: „Danke, dass du das Blatt so gut gehütet hast.“

 

Servus,
hier kommen die Gefühle und die Bilder von ganz alleine, ohne sie zu zwingen... Toll. Ich habe mich in der Mittagspause so richtig entspannt. Eine schöne Landschaft hast du da gemalt (beschrieben wäre untertrieben).
Gruß
Adam

 

Hallo ihr drei!
DANKE Vielmals!!!!!!!
Ich werd' ja mit dem Rot-sein gar nicht mehr fertig. Ich habe mich wahnsinnig über eure so positiven und begeisterten Kommentare gefreut!!!

@Annette:
Träumen ist toll, und wenn du das konntest nach der Geschichte, dann habe ich mein Ziel erreicht.

@Bo:
Bitte, habe ich gerne geschrieben. Ich freue mich immer riesig, wenn das, was ich schreiben wollte, auch so rüberkommt.

@Adam:
Der Wald hat mir auch sehr gut gefallen, er ist so voller Leben. Schön, dass du dich in meinem kleinen Märchenwald zurechtfandest!

Ich wünsche euch dreien einen wunderschönen Tag!
Manuela

 

Hallo Manuela,
auch mich hat deine schöne Geschichte verzaubert. Ich habe sie im Büro gelesen, während ich leise vor mich hingeschwitzt habe und wäre am liebsten auch in dem schönen kühlen Wald gewesen. Du benuntzt eine sehr schöne bildhafte Sprache und auch die kursiven Einschübe fand ich gut.
Zwei kleine Sachen noch:

Es schimmert - von Sonnenstrahlen getrieben - golden und geheimnisvoll, fast wie Gold...
Hier würde ich einmal Gold weglassen.

...jene Nähe wäre zu intensiv, als das das einst so zarte Blätterwesen es ausgehalten hätte.
Ich glaube, das erste das wird mit scharfem S
geschrieben.

Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Sylvia!
Danke für deinen Kommentar, jetzt warst du einmal in meinem Wald, während sonst immer ich Spanien kennen lerne. :)

Die beiden Sachen habe ich schon korrigiert, so goldig wie es geschrieben hatte, wäre es fast schon zu goldig ;)

Liebe Grüsse nach Spanien!
Manuela

 

Hallo Marana,

wow, eine wunderbar geschriebene und verzaubernde Geschichte! Sehr bildgewaltig, stimmungs- und phantasievoll geschrieben, voller Wärme; anhand der Jahreszeiten schön eingeteilt. Hat echt Freude bereitet, die angenehme Sprache, in der du schreibst, zu lesen. Die treffenden Beschreibungen des Waldes gefallen mir – ebenso wie das Ende – besonders gut.

Glückwünsch also! :thumbsup:

@ Blanca:
Mit dem ersten "das" als "dass" liegst du richtig, außerdem (@ Marana: ) gehört an diese Stelle das Wort "dass":

wenn es glaubt, das ich ihm nicht zusehe
Also, weiter so!

Viele Grüße,

Michael :)

 

Hallo Marana :)!

Ich bin begeistert von deiner Geschichte :)! Am meisten hat mir das Blätterkind gefallen. So lieblich, wie du es beschreibst, möchte man es am liebsten gleich in den Arm nehmen! Mir gefällt auch der Wald sehr gut, mit dem Wechsel der Jahreszeiten. Du hast die Fähigkeit, Dinge mit deinen Wörtern wunderbar lebendig erscheinen zu lassen. Weiter so :D!

Liebe Grüsse
Sarah

PS: Wünsche der no ganz schöni Ferie :)! Gniess es!

 

Hallo Michael! Hallo Sarah!
Danke euch beiden!!! Es scheint mir, der Wald ist magisch und hat euch in seinen Bann gezogen. :) Ganz besonders freut es mich, dass ihr auch an meinem Blätterkind Gefallen findet und an dem Ende.

So, ich wünsche euch beiden einen supertollen Abend und dir, Sarah, auch noch schöne Ferien!!!

Manuela

 

Liebe Manuela!

Ich bin jetzt endlich dazu gekommen, deine Geschichte zu lesen. Sorry, dass es so lange gedauert hat.

Dein Blätterkind ist süss; gewaltig und sanft zugleich. Es erinnert mich an die Wälder im Tessin, wo es noch Elben und Märchengestalten gibt.
Am Besten gefällt mir deine Sprache. Sie ist so wundervoll gepflegt und lässt einem die schönsten Bilder vor dem inneren Auge erscheinen.

Kompliment für diese schöne Geschichte!

Äs liebs Grüessli
Sandra

 

Sälü Sandra!
Oh, danke vielmals!!! Ich finds toll, dass ich dich ans Tessin erinnern konnte! :)

Ä schöne Räschte!
Manuela

 

Die Geschichte hat mir gut gefallen. Es gelingt ihr ein stimmiges und stimmungsvolles Gesmtbild zu erzeugen. Besonders gefallen hat mir die nur andeutugsweise bzw. im Falles des Ich-Erzählers nicht vorhandene Beschreibung der Protagonisten. Das lässt viel Raum für die Phantasie des Lesers.
Dass es funktioniert, sieht man am Kommentar von Lune. Sie möchte das lieblich beschriebene Blätterkind am liebsten in die Arme nehmen. Warum eigentlich? Im Text steht eigentlich nichs anderes, als dass es sich um ein in Blätter gehülltes Kind mit blasser Haut und leuchtenden Augen handelt. Mehr nicht.
Und doch funktioniert es. Es funktioniert, durch die Einbettung des Kindes in die Geschichte, es funktioniert durch das, was das Kind tut und sagt.

Hier noch einige Sachen, die mir aufgefallen sind:

> Die flüsternden Blätter schweigen hier, obwohl es keineswegs anders aussieht als in den anderen Teilen.

Die flüsternden Blätter schweigen hier? Kingt ein wenig wie:" Das weiße Pferd ist schwarz hier". Und worauf bezieht sich das "es" in "obwohl es keineswegs anders..."? Vieleicht würde ein "es hier" helfen.


>antwortet mit einem kaum hörbaren Wispern auf dasjenige der Blätter

"dasjenige" fnde ich nicht schön. Ist aber wahrscheinlich nur Geschmackssache.


>ich umarme es nur und danach bleiben wir bis am nächsten Morgen zusammen

Muss es nicht heißen "bis zum nächsten Morgen"?


>Traurig wandere ich nach Hause, am Morgen, als es aber dämmert, stehe ich wieder am Waldrand

Das holpert irgendwie beim Lesen. Vieleicht wäre es so besser:" Traurig wandere ich am Morgen nach

Hause. Als es dämmert..." oder soll es heißen:"Traurig wandere ich nach Hause, aber am Morgen, als es dämmert.."

>Ich wandre alleine durch das Winterland

wandere


>doch selbst wenn sie wie ein Ofen glühen würde, sie könnte mir nicht warm geben

"mich nicht wärmen" würde ich sagen.


>Die Äste der Bäume werden kahler und kahler

Kahler als kahl geht doch nicht, oder irre ich mich hier?

Schöne Geschichte. Bitte mehr davon.

Gerald

 

Hallo Tanja!
Danke! :-) Schön, dass du auch hier bist!

Liebe Grüsse,
Manuela

 

Hoi Marana!

:)

Sehr nette, verträumte Geschichte, die ich hiermit gelesen habe. Dies ist ja eine deiner älteren Storys, aber die Sprache hat mir auch hier gut gefallen - abgesehen von einigen kleinen Macken, die ich noch nennen werde. Aber einige Sätze sind dafür sehr schön!
Ich weiss nicht... irgendwie schreibst du einfach so lieb, in einer Horrorgeschichte wäre das seltsam, aber hier passtes herrlich zum Blätterkind, zur Prot. und zum Wald.

So und jetzt die Lieferung aus der Zitatur:

wollen den Himmel mit ihren zarten Armen berühren.
...
durch das lichte Dach aus den frühlingsgrünen, zarten Blättern
'zart' ist ein zu zartes Wort um es - selbst über diese paar Zeilen - zwei Mal zu verwenden. vielleicht 'kleinen, frühlingsgrünen Blättern', ganz einfach?
Es schimmert – von Sonnenstrahlen getrieben – golden und geheimnisvoll, fast wie Gold, nur viel wertvoller.
Wieder eine Wortwiederholung. Vielleicht: Es schimmert geheimnisvoll - von Sonnenstrahlen getrieben - fast wie Gold, nur viel wertvoller.
Ich wage es nicht zu atmen, habe Angst davor, dass es erschrecken könnte,
Ich wage nicht zu atmen, habe Angst, dass es erschrecken könnte... - besser ohne 'es' und 'davor', finde ich
Die Sonnen durchflutet es,
Sonne
Ich schliesse meine Hand darum und flüstere heiser:
'schliesse...darum' ist wie 'umschliesse': Ich umschliesse es mit meiner Hand und...
Jetzt ist es nicht mehr durchscheinend. Ein Kleid aus Frühlingsblättern umgibt die lichtdurchlässige Haut
durchscheinend und lichtdurchlässig sagen eigentlich das gleiche aus, ich würde 'lichtdurchlässige' streichen.
während seine Augen leuchten die die Sonne, die noch nicht stark genug ist zu wärmen.
wie die Sonne
Sie winkten dem Blätterkind zu, grüssten es wie eine Verwandte.
Das Blätterkind -> wie einen Verwandten
Bald kommen wir in einen Teil es Waldes
vertippt... des Waldes
Wir fühlen uns wie gerädert und reden nicht – es hätte alles zerstört.
behalte 'gerädert' für deine erste Horrorgeschichte auf und ersetze es durch sanftere Qual - oder streiche es ganz; 'Wir können und wollen nicht sprechen - Worte hätten alles zerstört' oder so
und kann sich auch mit ihnen unterhalten, denn sie antwortet mit einem feinen Säuseln auf das der Blätter.
Lass doch dem Blätterkind sein neutrales Geschlecht ;) 'sie antwortet' -> 'es antwortet'
Ich suche dann das Blatt in meiner Tasche, das gewachsen ist, so wie der Sommer kam wurde es ein kräftiges Blatt, dessen Adern sich stark durch die weiche Blattoberfläche ziehen und dem Blatt Halt geben.
Zähle die Blätter, sind es nicht etwas viele? Versuche drei, mindestens aber zwei wegzubringen.
Und dann muss ich lächeln, der Frühling kehrt erneut zurück und der noch schwache, aber schon würzige Geruch der erwachenden Erde durchdringt erneut die Luft.
das zweite 'erneut' darf weg
Unsere Wanderungen werden ausgedehnter, oft erreichen wir erst, wenn der Mond schon längst am Himmel steht und die funkelnden Sterne bewacht, den Waldrand und wir verabschieden uns.
holprig so, 'den Waldrand' solltest du schon früher erwähnen, damit man sich orientieren kann: oft erreichen wir den Waldrand erst, ...
Es erzählt mir von alten Geschichten, von Legenden der Blätterkinder.
Es erzählt mir alte Geschichten, Legenden der Blätterkinder. - man muss sparen wo es geht :D
Die Wintersonne wärmt mich kaum noch, doch selbst wenn sie wie ein Ofen glühen würde, sie könnte mich nicht wärmen.
Da könntest du die Wortwiederholung so vermeiden: 'Die Wintersonne leuchtet schwach, doch selbst wenn sie wie ein Ofen glühen würde, sie könnte mich nicht wärmen.' - aber ansonsten ist der Satz sehr schön!
Eines Tages gehe ich wieder in den Wald, es ist mittlerweile mitten im Frühling.
mittlerweile mitten tönt nicht schön: Eines Tages mitten im Frühling gehe ich wieder in den Wald.


Liebi Grüess us der Ostschwiz,

Van

 

Hi Marana,

nachdem der Van deine Geschichte ausgegraben hat, spiele ich auch noch mal ein bisschen Textarbeit:

Ich wandre durch den Wald, die Bäume beobachten mich neugierig, weichen aber misstrauisch zurück.
wandre ist eine verschliffene Form - warum schreibst du nicht "wandere"? Ansonsten kennzeichne das am Besten mit einem Apostroph

Die Sonne verspricht mir, acht auf sie zu geben.
Die Sonne verspricht mir, auf sie Acht zu geben klingt mMn runder. Acht wird neuerdings übrigens groß geschrieben.

wage es nicht zu atmen, habe Angst davor, dass es erschrecken könnte, doch es sieht mich nicht. Durchscheinend.
Ist hier völlig aus dem Kontext gerissen, aber du musst wissen, ob du es ändern willst

Ein Kleid aus Frühlingsblättern umgibt die lichtdurchlässige Haut, während seine Augen leuchten die die Sonne, die noch nicht stark genug ist, zu wärmen.
MMn hier ein Komma

So streiche ich über seine Backen und wir gehen weiter.
Wangen klingt hier schöner, finde ich

Ich werde bei dem Anblick des stummen Baumes traurig, nun muss das Blätterkind mich trösten, doch das misslingt.
das mit dem misslingt klingt auch ein wenig komisch. Warum nicht "doch das schafft es nicht"?

Wir fühlen uns wie gerädert und reden nicht – es hätte alles zerstört. Wir suchten unseren Weg zurück, doch den gab es nicht.
Hier ein plötzlicher Zeitsprung

Das Blätterkind lauscht aufmerksam – es versteht die Sprache der Bäume und kann sich auch mit ihnen unterhalten, denn sie antwortet mit einem feinen Säuseln auf das der Blätter.
Ist das Blätterkind ein Weibchen?

Herbst ist angenehm warm und die Sonne scheint viel, an den Bäumen hängen volle, schwere Früchte, die herrlich süss schmecken.
süß mMn mit ß

Die Blätter rauschen mehr als üblich, ich schaue genauer hin: Die Farben der Blätter haben sich der Umgebung angepasst, sie sind gleich verfärbt wie die der Bäume.
Wortdopplung. Von welchen Blättern ist hier die Rede? Von denen, die das Kind anhat?

Doch es wird immer stiller, die Blätter seines Kleides werden welk, heimlich zupft das Kind die welksten Blätter heraus
Wortdopplung

habe erstmals wieder den Wald betreten, fasse das kleine Blättchen, nun wieder zu einer Blattknospe gerollt, das mir den Mut geben soll.

So, was mir noch aufgefallen ist, ist, dass in den letzten paar Absätzen sehr häufig das Wort "Blatt" vorkommt. Daran könntest du noch arbeiten.

Der Van hat ja auch schon rumgemäkelt. Aber mir gefällt die Geschichte gut - auch, wenn ich mich nie wirklich in der Lage gesehen habe, einen Wald so zu genießen. Manchmal, in Norwegen, habe ich mich hinweggeträumt, während das Auto meiner Eltern über die Waldstraßen fuhr, bis nach Lorien und noch viel weiter fort. Den Wald an sich, den werde ich nie so genießen können wie dein(e) Prot, aber er bietet genug Stoff für Träume... für alle.

Ich habe die Geschichte gern gelesen.

Gruß
vita
:bounce:

 

Hallo Van, hallo Vita!
Erstmal ein herzliches Dankeschön, dass ihr meine Geschichte gelesen und so ausführlich kommentiert habt! Es tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte, aber ich wollte die Fehler erst ausbessern und dann erst schreiben. Ich habe eure Vorschläge grösstenteils übernommen, noch einige "Blätter" aus dem Text geschmissen. Dass "ss", Vita, kann ich nicht korrigieren, da ich eine Schweizer Tastatur habe und das gar nicht vorhanden ist :).

Ganz liebe Grüsse aus dem Emmental!
Manuela

 

Hmm, das ist schade, aber damit muss ich dann wohl leben...

vita
:bounce:

 

Eine schöne, märchenhafte, wildromantische Geschichte mit wundervollen Textstellen, die für ein gutes Gefühl und gute Laune sorgen.

Louis Cyphre

 

Hallo Marana!

Eine wirklich schöne und gelungene Geschichte.
Du hast wirklich ein Gespür dafür, wie man Dinge beschreibt und ausdrückt. Begeistert mich!
Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass manchmal etwas mehr passiert, das mag ich persönlich lieber. So ist deine Geschichte eine bloße Beschreibung des Waldes. Aber das ist sicherlich Geschmackssache. Trotzdem gefällt sie mir sehr gut, bis auf diese kleine Sache.
Eine Sache, die mich stutzig gemacht hat:

„Immer, wenn es so liegt, vermeine ich ein melancholisches Glänzen in seinen Augen zu bemerken, [...]“
-> Vermeine? Das Wort kenne ich gar nicht. Ich würde vielleicht meine schreiben.

Also, alles in allem sehr gelungen!

Liebe Grüße,
Glori

 

Hallo ihr beiden!
Danke, Louis.

Glori, dir natürlich auch ein liebes Dankeschön! Für mich hätte mehr Geschehen die Atmosphäre der Geschichte zerstört, ihr die Besonnenheit geraubt. Aber es stimmt schon, es ist eine aktionsarme Geschichte, die ihre Existenz lediglich der Schönheit des Waldes und seiner Veränderung im Laufe des Jahres verdankt.

Vermeinen? Finde ich persönlich die schönere Variante von "meinen". Du bist aber nicht die Erste, die mich darauf anspricht, langsam zweifle ich wirklich daran, ob das Wort überhaupt existiert...

Liebe Grüsse,
Manuela

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom