Das Ei des Kolumbus`
Zwei Feierlichkeiten stehen an einem Abend an. Ich sitze bei meinem Kumpel Carl und wir zermartern uns mit ein paar Bieren das Hirn, wie wir es denn hindeichseln könnten, zur ein und derselben Zeit an zwei verschiedenen Orten aufzutauchen. Oder abzutauchen, wie auch immer. Nach dem üblichen Zeremoniell des kommunikativen Schweigens, sind wir jeder vier Biere schlauer. Das nimmt mein Kumpel zum Anlass und springt, vom Geistesblitz schwer verwundet, auf. „Ich hab´s“! Schrie er triumphierend. „Wir schneiden uns jeder in zwei Hälften. Dann nähen wir deine beiden Hälften jeweils an meine und – Zack, fertig! Das ist die Lösung!“
Ach herrje, das Gleichgewicht zwischen Bier und Vernunft ist bei diesem durchgeknallten Typen wohl nun gänzlich aus den Fugen geraten. Die beiden Elemente wirbeln unkontrolliert, wie in einer Schneekugel, umher. Das gute alte Ei des Kolumbus´ steckt anscheinend noch in der Henne fest.
Aber Carl ist nicht aufzuhalten. Während er sich selbst abfeiert, funkeln seine Augen verschwörerisch. Und mit jedem weiteren Funkeln setzt sich sein Enthusiasmus, wie eine wildgewordene Büffelherde, unaufhaltsam in Gang. Ich murmele dann etwas von komplettem Schwachsinn vor mich hin und sage schließlich: „Brillanter Einfall!“ Was soll´s, ich hatte die Henne, mit samt dem Ei plattgetreten. Sie zuckt nicht einmal mehr.
Jetzt überschlagen sich die Ereignisse und brechen sich beinahe das kostbare Genick. Ich bin noch nicht mit mir selbst über die Verfahrensweise im Reinen, da hat dieser vermurkste Draufgänger schon in der einen Hand ein neues Bier und in der anderen ein blitze blankes, fest entschlossenes, Messer. Die Klinge funkelt mit den Augen meines Kumpels erbarmungslos um die Wette. Ein unorthodoxes Umherfuchteln, dann ein unverhoffter präziser Schnitt!
„Pass doch auf du Penner, das hätte auch ins Auge gehen können!“ Fauche ich ihn, mit einer Mischung aus Ärger und Angst, an. „Ruhig Blut“, entgegnet er gelassen und hat damit nicht unrecht, denn es tropft wirklich ein bisschen.
Nun aber schnell. Meine eine Hälfte schnappt sich das Messer und zieht bei Carl die gleiche Show ab. Ein präzises Umherfuchteln – ein unorthodoxer Schnitt. Ein zäher Bursche kann ich nur sagen. Gar nicht so einfach sich da durch zu wursteln. Während ich mich abrackere, markiert er den harten Mann. Na ja, mir soll´s recht sein. Zu guter letzt muss ich ihm aber mit ´ner waschechten Säge zu Leibe Rücken, denn die Knochen sind noch mal ´n Fall für sich. Wie gesagt, zäher Bursche, mein Kumpel Carl.
Als ich mich endlich durch den Haufen von Fleisch durchgefuhrwerkt habe, kommen wir zu der überaus weisen Entscheidung, das Nadel und Faden nicht allzu viel hermacht. Wegen den groben, hässlichen Nähten. Die Wahl fällt auf sauberen, glasklaren Klebstoff. Man will ja auch gut aussehen, auf so ´ner Feier. Um es kurz zu machen, denn ich will hier nicht mit Details langweilen, stehen letztendlich zwei zusammengewürfelte Typen voreinander. Ein wahrlich verworrener Haufen. Irgendwas zwischen Quasi Modo und Brad Pitt, mit Tendenz zum Ersteren. Das Gehen stellt sich als überaus schwieriges Unterfangen heraus, da Carl ein Tick kleiner ist als ich.
Nun gut, wir kommen also, jede zusammengesetzte Hälfte für sich, auf den Partys an. Dort tobt bereits die Hölle samt Insassen und hat alles entflammt, was nicht Niet und Nagel fest ist. Davon lässt man sich klarerweise bereitwillig anstecken. Wir schütten ein paar Bier und schon sind den Skurrilitäten an diesem Abend keine Grenzen mehr gesetzt.