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Das kostbarste Gut

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23.07.2004
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Das kostbarste Gut

Das kostbarste Gut

Es war einmal ein Dorf, das kannte große Armut, denn seine Felder waren steinig und seine Minen verbraucht. Niemanden gab es dort, der über das Gesetz wachte, denn niemand besaß etwas, das ihm der andere neiden konnte. So lebten die Menschen ärmlich, und nur selten verirrte sich eine Menschenseele in das kleine, abgeschiedene Dorf von dem in der Welt nur wenig gesprochen wurde.

Eines Abends jeoch galoppierte ein Reiter in die Stadt, stieß dreimal kräftig in ein silbernes Horn und hielt schließlich auf dem Dorfplatz sein feuriges Roß an. Neugierig kamen die Menschen aus ihren armseligen Hütten um den Fremden zu sehen und zu erfahren, was seine Absichten seien. Als sich viel Volk versammelt hatte, warf jener die Kapuze seines kostbaren Umhangs zurück, so daß jeder auf dem Platz ihn sehen konnte. Da erschrak das Volk und wich zurück, woran sich der Reiter sichtlich weidete.

„Hört mich an! Woher ich komme, da habe ich von Euch Rede gehört! Ihr singt und lacht zur Mittagsstunde, sprecht unverblümt und frei von Furcht, tadelt nicht bösen Spott wider Euch, sondern buckelt vor dem geistreichen Possenreißer! Ihr liegt noch lang im Bette, obwohl der Hahnenschrei schon längst ertönt und denkt vielmehr an das Auf und Ab der Welt als an das Hin und Her des Geldes! Mir ist diese Freiheit lange schon ein Graus und so biete ich euch für den dritten Teil eurer Freiheit Wohlstand und Luxus!“

Da beriet das Volk lange und sprach ganz heftig über die Art, wie man mit dem Teufel selbst Geschäfte machen sollte und ob da nicht doch ein Pferdefuß wäre. Dennoch lockten die Worte von weichen Kissen und vollen Bäuchen, so daß man mit dem Teufel übereinkam.

Rasch erblühte das Dorf unter den Weisungen des Teufels. Wohlstand und Luxus kehrten ein, wo Poeten zu Buchmachern, Tänzer zu Boten, Musikanten zu Bauern und Gaukler zu Bergleuten wurden. Das Gold der Mine füllte die Säckel der Dörfler und die üppigen Felder ihre Bäuche. Doch wo auch immer Licht erstrahlt, finden Schatten neue Nischen. So trug sich die Kunde vom Reichtum des Dorfes bis in ferne Länder und lockte Bettler und Diebe und Raubritter an.

Der größte Luxus ist nicht sehr genehm, wenn man beständig um ihn zu bangen genötigt ist, deshalb riefen die Menschen den Teufel herbei. Eines Abends kam er herangeprescht auf seinem ungestümen Roß und stieß erneut dreimal in sein silbernes Horn. Da eilten die Leute, auf dem prächtigen Marktplatz zu erschienen und berichteten dem Teufel von ihrer Sorge. „Habe ich nicht mein Wort gehalten? Sind nicht die Felder erblüht? Ist die Mine nicht ertragreich? Da mein Wort sich erfüllte, ist es nicht recht, an mir zu zweifeln! Dennoch verstehe ich eure Furcht und biete euch daher einen weiteren Handel: Ich will euch beschützen gegen alle Beutelschneider, Vagabunden und Plünderer, aber dies kostet euch ein weiteres Drittel eurer Freiheit!“

Wieder berieten die Menschen, und weil ihre Furcht so groß war, nahmen sie das Angebot an.

Schon am nächsten Tag hatte der Teufel sein Wort erfüllt:
Um die Stadt herum war eine große Mauer gezogen und auf allen Häusern hatten sich Gargylen niedergelassen. Von den Dächern spähten sie in die Gassen herab und belauerten jeden Schritt, den einer tat, und lauschten jedem Wort, das einer sprach.

Obwohl nun kein Unrecht mehr verborgen blieb, rasch jedem Schurken seine Strafe angedieh und auch die Feinde der Stadt fern blieben, begannen die Dörfler, sich unwohl zu fühlen.
Oft fürchteten sie sich, daß sie ihre Arbeit nicht zur Genüge verrichteten oder ein falsches Wort über ihre Lippen käme. Angst überfiel sie besonders, wenn sie eine Wahl treffen sollten, denn wäre diese nicht im Sinne der Gargylen, so erwartete sie eine harte Strafe.

So dauerte es nicht lange und ein jeder wünschte sich den Teufel herbei, und als ihm dies die Gargylen berichteten, da ritt er abermals in das Dorf und stieß dreimal in sein silbernes Horn. Lange wagte niemand aus seinem Hause heraus zu treten und erst als der Teufel weitere dreimal in sein Horn stieß, kamen die ersten Dörfler heraus. Als schließlich alle Menschen des Dorfes auf dem Marktplatz waren, da sprach der Teufel:

„Meine Gargylen trugen mir zu, daß einige von euch wünschten, mich zu sehen und ich erkenne, daß eine Sorge auf euch lastet. Sprecht also!“ Doch keiner wagte ein Wort zu sagen und der Teufel lächelte und fuhr nach kurzer Zeit fort: „Eure Entscheidungen bedrücken euch, weil ihr nicht wißt, wie sie nützlich zu treffen sind. Eure Arbeit bekümmert euch, weil sie zu schwer für euch geworden ist. Das verstehe ich nun freilich und biete euch für den letzten Rest eurer Freiheit, diese Sorgen von euch zu nehmen! Oder ist es nicht das, was ihr euch wünscht?“

Da schwieg das Volk und keiner traute sich dem anderen ins Auge zu blicken aus Angst, dies könne seine Gedanken verraten. Da lachte der Teufel laut und nahm, ob ihrer stummen Zustimmung, auch den letzten Rest der Freiheit von ihnen. Fortan trafen sie keine Entscheidungen mehr, denn alles war geregelt durch ihren neuen Herrn und ihre Arbeit erledigten dienstbare Geister, welche sie, unter Aufsicht der Gargylen, beaufsichtigten.

Nun waren die Menschen des freien Dorfes ihrer Freiheit entbunden und lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Ende.

 

Ola!

Herzlich Willkommen!
Was für eine böse kleine Geschichte. So kann es gehen. *grübel* Spontan würde ich sagen: sehr gut.
Die Idee mit dem teufel, der Deals anbietet ist ja nicht gerade neu, aber neue Ideen in Fantasy sind ohnehein recht selten, und du hast sie flüssig und spannend in gut lesbarem Stil umgesetzt. :thumbsup:

Irgendwie schauderts mich richtig, bei deiner Geschichte, ob das nun ein Kompliment ist, musst du selbst entscheiden. ;)

Ein schöner Einstieg, finde ich.

Ein paar textliche Sachen, die mir aufgefallen sind:


ein Dorf, das kannte große Armut

"kennen" in Verbindung mit dem Dorf finde ich eine merkwürdige Formulierung. Vielleicht: wo die Leute in großer Armut lebten, oder so ähnlich.


Eines Abends galoppierte

ich glaube, für den Lesenfluss wäre eine "jedoch" oder so hinter dem Abend recht förderlich.


sein feuriges Roß

Ross nach neuer Linksschreibung ;)

warf jener die Kapuze

ich mag "jener" in Texten nicht so sehr, weil's so geschwollen klingt


so daß jeder

sodass zusammen und ohne ß


tadelt nicht bösen Spott wider Euch, sondern buckelt vor dem geistreichen Possenreißer

Ähm... bin ich zu doof? Ich verstehe hier nicht ganz, was du meinst.


ob da nicht doch ein Pferdefuß wäre

Das hat mir echt gefallen :thumbsup: :thumbsup:


wenn man beständig um ihn zu bangen genötigt ist

Eigentlich finde ich deinen märchenhaften Stil sehr schön, hier wird es mir aber ein bisschen viel. "wenn man ständig um ihn bangen muss", liest sich mMn flüssiger, ist aber sicher Geschmackssache.


Da eilten die Leute auf dem prächtigen Marktplatz zu erschienen

Komma nach Leute, glaube ich.


Doch, alles in allem gefällt mir der Text gut. Bitter und schwarz, genau richtig.
Ähm... schreibst du aus Prinzip nach alter Rechtschreibung?


Liebe Grüße,

Felsenkatze

 

Hi KalPhantom und herzlich Willkommen auf Kg.de,

neu ist die Idee mit dem Teufel, der einen Handel mit den Menschen abschließt, um sich ihrer Seelen zu bemächtigen wirklich nicht. Was der Story mMn fehl, ist ein Überaschungsmoment, schon nachdem die menschen das 1. Drittel ihrer Freiheit aufgeben, ist das Ende absehbar. Du führst den Leser ohne große Spannung zu einem Schluß den er erwartet. :(

Insgesamt wirkt das ganze sehr oberflächlich und plätschert so dahin. Mir fehlt so ein bischen die Tiefe, in der die einzelnen Phasen beschrieben werden.

Um mehr Spannung in die Geschichte einzubringen, könntest Du vieleicht zwei Gruppen bilden, wovon die eine nicht auf die Bedingungen des Teufels eingehen will, von der anderen aber überzeugt wird.

Der Dorfpfarrer könnte z.B. vor den Machenschaften des Teufels warnen, aber vom gierigen Bürgermeister zum Schweigen gebracht werden.

Es gibt sicher viele Möglichkeiten der Story mehr "Würze" zu verleihen. So finde ich sie aufgrund der Vorhersehbarkeit des Schlusses doch eher langweilig.

Gruß
Jörg

 

Danke!

Hiho!

@ Felsenkatze:

Vielen Dank für die Blumen. Da habe ich ja vielleicht die richtige Geschichte für meinen Einstieg auf kurzgeschichten.de rausgekramt. :Pfeif:

Dein Schaudern ist das schönste Kompliment, denn es zeigt, das ich ein wenig die Stimmung, die ich im Sinn hatte, transportieren konnte.

Außerdem danke ich Dir für Deine Anmerkungen, die ich kurz durchgehe:

1) Kennen kommt in ähnlicher Formulierungen in den Übersetzungen isländischer Märchen vor und ist eine klassische Formulierung. Da die Geschichte einen märchenhaften Charakter besitzen sollte, habe ich entsprechende Formulierungen gewählt.

2) Jedoch passt an dieser Stelle hervorragend. Danke!

3) Alte Rechtschreibung.

4) Beabsichtigt. Ich mag es es. :D

5) Alte Rechtschreibung.

6) "tadelt nicht bösen Spott wider Euch".
Übersetzung: Wenn sich jemand über euch lustig macht und euch verspottet, seid ihr nicht sauer oder böse,
"sondern buckelt vor dem geistreichen Possenreißer".
Übersetzung: sondern verneigt euch noch vor dem begabten Witzbold.

Sind meine Formulierungen im Rückblick leichter zu verstehen oder schreibe ich da zu weltfremd?

7) Danke! Es ist doch mal jemandem aufgefallen!! :D

8) Ja, da hast Du recht ... muß ich noch drüber nachdenken ... :hmm:

9) Da bin ich jetzt, ehrlich gesagt, überfragt. Das Komma klingt plausibel, aber sicher bin ich mir nicht ... :confused:


Vielen Dank auf jeden Fall für Deine ausführliche Kritik ! Feedback ist immer gut.


@Jörg:

Danke für die freundliche Begrüßung! Schade, daß ich Dich nicht für meine Geschichte begeistern konnte, aber folgendes zu Deiner Kritik, die ich - nebenbei bemerkt - schätze:

Der Charakter der Geschichte ist nicht auf einen Spannungshöhepunkt ausgelegt! Schon der Titel läßt in Verbindung mit den ersten Sätzen erahnen, was geschehen wird. Pakte mit dem Teufel, der ja nicht einmal in Verkleidung auftritt, enden in den seltensten Fällen günstig für den Paktierer.

Lasse ich nun zwei Hälften eines Dorfes miteinander streiten, sehe ich aber auch keine Überraschung, außer ich mache die Teufelspaktierer zu denjenigen, die am Ende recht behalten. (Interessante Idee, oder?)
Obendrein ist es, nach einer entsprechenden Änderung, nicht mehr die Geschichte eines Dorfes und des Teufels, der ihm die Freiheit raubt, sondern die Geschichte zweier Dorfhälften. Eine ganz andere Geschichte. Vielleicht magst Du sie ja erzählen? :shy:

Die Idee meiner Geschichte sollte weniger das "was" als vielmehr das "wie" sein ... ;)


MfG

KalPhantom

 

Hi KalPhantom, herzlich willkommen auf kurzgeschichten.de!

Bevor ich zum Gesamteindruck der Geschichte komme, erst einmal schnell Textzeugs, bevor ich alles nicht mehr weiß! Also:

Es war einmal ein Dorf, das kannte große Armut, denn seine Felder waren steinig und seine Minen verbraucht.
Armut kennen, das wirkt so, als würden sie zwar wissen was das ist, aber trotzdem nicht mehr dran leiden. Vorschlag: "das kannte nur große..."

So lebten die Menschen ärmlich, und nur selten verirrte sich eine Menschenseele in das kleine, abgeschiedene Dorf von dem in der Welt nur wenig gesprochen wurde.
Hier könnte ob des Leseflusses gut ein Komma stehen.

Neugierig kamen die Menschen aus ihren armseligen Hütten, um den Fremden zu sehen und zu erfahren, wie seine Absichten seien.
vielleicht besser "was seine Absichten seien"

Mir ist diese Freiheit lange schon ein Graus und so biete ich euch für den Dritten Teil eurer Freiheit Wohlstand und Luxus!“
dritten Teil, sonst wäre es ja ein Titel

Dennoch lockten die Worte von weichen Kissen und vollen Bäuchen, so daß man mit dem Teufel übereinkam.
sodass

st die Miene nicht ertragreich?
Mine, oben ist es richtig

Da mein Wort sich erfüllte, ist es nicht Recht, an mir zu zweifeln!
entweder euer Recht oder klein

Wieder berieten die Menschen, und weil ihre Furcht so groß war, nahmen sie das Angebot an.
Hier kann wieder gut ein Komma hin

Um die Stadt herum war eine große Mauer gezogen, und auf allen Häusern hatten sich Gargylen niedergelassen.
hier auch. Ich finde, das liest sich einfach besser. Muss aber nicht.

Obwohl nun kein Unrecht mehr verborgen blieb, rasch jedem Schurken seine Strafe angedieh und auch die Feinde der Stadt fern blieben, begannen die Dörfler, sich unwohl zu fühlen.

Oft fürchteten sie sich, dass sie ihre Arbeit nicht zur Genüge verrichteten oder ein falsches Wort über ihre Lippen käme.

Angst überfiel sie besonders, wenn sie eine Wahl treffen sollten,
denn wäre diese nicht im Sinne der Gargylen, so erwartete sie eine harte Strafe.
kein Absatz

So dauerte es nicht lange und ein jeder wünschte sich den Teufel herbei, und als ihm dies die Gargylen berichteten, da ritt er abermals in das Dorf und stieß dreimal in sein silbernes Horn.
Würd ich weglassen, das mit den Gargylen, weil die Dorfbewohner davon ja nichts wissen können.

ange wagte niemand aus seinem Hause heraus zu treten, und erst als der Teufel weitere drei Male in sein Horn stieß, kamen die ersten Dörfler heraus.
nominalisiert hier

Meine Gargylen trugen mir zu, daß einige von euch wünschten, mich zu sehen und ich erkenne, daß eine Sorge auf euch lastet.

Hmm, ansonsten hätte ich da noch einige Anmerkungen, aber die gingen alle sehr in Richtung von dem, was Jörg vorgeschlagen hat. Da du das offenbar nicht zu wollen scheinst, bleibt mir als Fazit nur: nett, aber könnte man mehr draus machen.

Ach ja, mach die alte Rechtschreibung mal raus, die ist doof...

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo KalPhantom

Sehr, sehr schön :thumbsup: Eine vortrefflich dargebotene Mär in meisterhaft mittelalterlichem Tonfall.

Ich nehme mal an, mehr als ein Märchen oder eine Bauernfabel sollte es wohl nicht sein, und ich denke, dazu bist hier auch im richtigen Subforum (siehe Forum-Titel)
So würde ich von dir dann auch keine Ausbesserungen und Veränderungen verlangen (bis auf die Kommasachen, die bereits vita angemerkt hat), sondern nur weitere Geschichten :D und das sol schnell wie möglich.


mfg Hagen

PS: alte Rechtschreibung is besser als die neue :sealed:
PPS: 8) Finger weg davon. Das klingt schon ganz gut so ;)

 
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Freiheit

Hmm, recht schön mal wieder über das einzig echte Original zu hören, welches die negative Seite des Himmels bevölkert, den Teufel persönlich. :hmm: :)

Fand es eine schöne Geschichte :thumbsup:

Bitte lasst mir die alte Rechtschreibung, für die Neue bin ich zu alt. :)

Es war ein Dorf, dass kannte grosse Armut.

Ist sehr richtig geschrieben, im alten Stil :thumbsup:

Mit der Komma-Sache hätte ich da auch eines mehr hingesetzt.

Das sz oder ss ist nicht in meiner Tastatur vertreten.

Bei Gelegenheit noch mal lernen wie man hier das Gedicht einsetzt und Kommentare dazwischen schreibt, jedes Forum ist da anders zusammengesetzt.

 

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