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Das Licht am Himmel

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23.07.2001
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Das Licht am Himmel

Das Licht am Himmel
Nur ein Erlebnis

Mein Gott, ist das lange her: Fast dreißig Jahre. Und doch muss ich oft daran denken.
Wir waren damals bei der Bundeswehr und für ein paar Wochen nach Kanada geschickt worden, zum Schießen mit diesen riesigen Panzerhaubitzen.
Es war Herbst. Wir hatten Glück mit dem Wetter, denke ich jedenfalls. Vielleicht ist das ja auch immer so, da in Manitoba.
Am Tag war es angenehm, manchmal sogar richtig warm, aber die Nächte konnten schon ziemlich kalt sein.
Allein, dass wir nicht in einer abgeschlossenen Kaserne untergebracht waren, war für uns bemerkenswert. Camp Shilo war offen, mit Countryclub, Bar und Restaurant.
Vieles war anders als zu Hause, eben amerikanisch und für uns neu.
Am erstaunlichsten für mich war aber das Elfsfeuer. Jemand hatte gesagt, dass man dort das Nordlicht so nennen würde.
Es war immer ein beeindruckendes Schauspiel. Da war der schwarze Himmel, in dem die Sterne irgendwie heller leuchteten als bei uns, und dann noch diese merkwürdigen, strahlend weißen Wolken, die sich von einem Moment auf den anderen auflösten, wie Dampf, der mit dem Wind davongetragen wird. Oder sie standen ganz still, begannen plötzlich zu vibrieren und schossen dann wie Blitze über den Himmel.
Uns hat es da gefallen, und wir nahmen auch einiges ziemlich locker. So locker, dass wir dann wegen mangelnder Disziplin gegenüber unserem Vorgesetzten sogar etwas Ärger bekamen.
Unser Gruppenführer war schon ganz in Ordnung und schließlich hat ja auch alles Grenzen.
Die Strafe sah dann so aus, dass wir den Auftrag bekamen, für eine Nacht ein Munitionsdepot zu bewachen.
Wer außer mir noch dabei war, weiß ich gar nicht mehr genau. Rainer, der nach dem Bund Elektrotechnik studieren wollte, und Gunther, den ich noch manchmal im Fernsehen sehe, wenn er die Wettervorhersage macht, und wohl noch zwei weitere, deren Namen mir einfach nicht einfallen wollen.

Es war früh am Abend, als wir auf der Ladefläche des Lastwagens saßen und durch die Prärie geschüttelt wurden.
Keine Häuser, keine Straßen, einfach nur Gras, Gestrüpp und einzelne Bäume. Je weiter wir fuhren, desto größer wurden unsere Bedenken.
Bewachen heißt schützen, und ein Munitionslager braucht eine Menge Schutz, wenn man sich vorstellt, wer daran Interesse haben könnte....
Ok., wir waren ja Soldaten und für diese Aufgabe sicher die Richtigen,… sollte man meinen.
Aber ohne Waffen? Im Ausland durften wir keine Waffen tragen.
Einer sagte. „Wir machen im Ernstfall böse Gesichter und rufen laut –buh-.“
Wirklich beruhigt hat uns das nicht.
Irgendwann kam der Wagen zum Stehen. Wir sprangen von der Ladefläche direkt in die Wildnis. Das Bild von der perfekten Natur wurde durch einige Stapel leerer Holzpaletten gestört. Daneben stand eine kleine Hütte mit einer Tür und einem Fenster, rundherum ein hoher Drahtzaun, sonst nichts.
Was zum Teufel sollte man da bewachen? Wer macht sich auf den Weg in diese Einöde und klaut leere Holzpaletten? Die Gefahr war also nicht besonders hoch einzuschätzen und vor Bären, Wölfen und Kojoten waren wir hinter dem Zaun wohl geschützt.
Wir schulterten unsere Schlafsäcke, schlossen das Gatter hinter uns und der Lastwagen rumpelte zurück zum Camp. Es dauerte nicht lange, dann hatten wir uns für die Nacht eingerichtet. Die Sonne versank hinter dem Horizont und ein klarer schwarzer Sternenhimmel zog über uns.
Für mich war es ungeheuer beeindruckend zu erleben, wie das Leuchten der Sterne durch kein künstliches Licht auf der Erde verfälscht wird. Man sah nur eine schwache, helle Linse in weiter Ferne über der Ebene, dort, wo die Stadt sein musste.
Alles hatte klare Konturen und besondere Kontraste.
Ich weiß nicht mehr, ob wir uns Gedanken gemacht haben, wie wir Alarm geben würden, falls doch etwas passieren sollte. Vielleicht war auch ein Telefon in der Hütte.
Ich weiß es nicht mehr. Verdammte Zeit, wie lange her.
Jedenfalls saßen wir anfangs zusammen, unterhielten uns und blödelten, wie junge Männer das so tun, wenn sie zusammenhocken.
Später teilten wir die Wachen ein und legten uns in die Hütte zum Schlafen.
Wir waren nur Wenige und das Areal war gut überschaubar, deshalb entschieden wir uns, keine Doppelwachen aufzustellen. Jeder, der dran war, marschierte alleine am Zaun entlang.
Ich meine, dass ich so eine halbe Stunde vor Mitternacht geweckt wurde. Mein Vorgänger legte sich in die Hütte, und ich nahm meinen Rundgang auf. Es war kalt, ich hatte mir eine Decke übergeworfen.
Gerade in der Nacht werden Geräusche weit getragen. Ich hatte vermutet, dass in der Dunkelheit viele Tiere aktiv sein würden, die sich am Tage verborgen halten.
So war es aber nicht, jedenfalls nicht hier. Die Prärie schwieg in dieser Nacht.
Die einzigen Geräusche machte ich, wie ich so gelangweilt am Zaun entlang strich. Ich war müde und mir war kalt.

Ich weiß noch, dass die Veränderung nicht plötzlich kam. Es ging so langsam, dass es zunächst mehr ein Gefühl, einfach nur eine seltsame Ahnung war, die mich aufmerksam werden ließ. Es war heller geworden.
Da war einfach mehr Licht und die Helligkeit nahm zu.
Im ersten Moment konnte ich die Quelle nicht ausmachen.
Dann schaute ich über mir in den Himmel und sogleich entschied sich mein Unterbewußtsein, mich mit allen möglichen Gefühlsregungen zu überschütten, die in dieser kurzen Zeit zur Verfügung standen. Zwischen Staunen und Angst war alles dabei.
Direkt über mir, in diesem schwarzen Himmel mit den wunderbar leuchtenden Sternen hatte sich ein kreisrunder, gleißender Ring aus Licht gebildet, dessen scharfe Konturen wirkten, als hätte eine höhere Macht dort oben eine dieser alten Küchenlampen hingehängt.
Wäre ich nicht allein gewesen, so hätte ich mit einem Kameraden gemeinsam staunen können. Man nimmt dann viele Dinge leichter und kann in der Position als Zuschauer genießen.
Da war aber Niemand, nur die Gefühle in mir, die sogar gegen einen kleinen Gedanken an Ufos keinen Schutz boten.
Ein Ring im Himmel, wie eine Linse, die auf mich fokussiert war.
Die Helligkeit nahm weiter zu.
Mit der Intensität des Lichtes kamen die Strahlen. Der äußere Rand franste aus und ein dichter gleißender Vorhang aus Licht senkte sich langsam herunter, bis auf die Erde.
Ich befand mich mitten im Inneren eines vollkommen geschlossen, weiß leuchtenden Strahlenkegels, der das weite Gelände um mich her umspannte. Ich im Zentrum allein.
Über mir das kreisrunde Fenster zum schwarzen Himmel mit seinen leuchtenden Diamanten. Der einzige Ausweg.
Ein Blick auf meine Armbanduhr ließ meine Verwirrung noch größer werden: Es war Mitternacht, genau zwölf Uhr.
Es hätte mich nicht mehr erstaunt, wenn sich über mir in dieses schwarze Himmelsfenster die graue metallische Scheibe eines Raumschiffes geschoben hätte, ich von einem Strahl getroffen worden wäre, der mich hinaufgezogen hätte, als Sammelobjekt für fremde Wesen.
Ich stand in einem Trichter aus Energie.
Es war windstill und völlig ruhig. Dass sich dieser dichte, makellos weiße Strahlenvorhang um mich her dennoch wie von einer zarten Brise berührt, bewegte, ohne aufzureißen, machte die Erscheinung noch gespenstischer.
In mir tobten Gefühle, die ich so noch nie zuvor und auch später nicht wieder empfunden hatte.
Es war ein Sturm aus Furcht, Unsicherheit, aber auch unendlich großes Erstaunen, Begeisterung und Faszination.
Dicht über dem Boden begann der Vorhang ringsherum auszufransen.
Wie der zerschlissene Saum eines Kleides strichen die Strahlen über den Boden, ganz sacht im Rhythmus einer Musik, die mir verborgen blieb.
Das Licht wurde schwächer und löste sich dann schließlich vollkommen auf.
Von einem Moment auf den anderen, war alles wie zuvor: Die stille Wildnis und der schwarze Himmel mit seinen glitzernden Diamanten.
Wohl kaum mehr als eine Minute, die unvergeßlich bleibt.
Ich habe nie den Rat eines Fachmannes eingeholt.
Sicher hängt es mit elektrischer Aufladung zusammen oder Magnetfeldern...
Doch, ich sollte wohl mal endlich fragen.

 

Hallo morti,
da gräbst du so einfach eine alte Geschichte aus.
Finde ich toll! Danke!
Nein, mit UFOs hat das sicher nichts zu tun, obwohl sicher für deren Existenz mehr spricht, als für das Monster unter dem Bett.
Allein Roswell gibt zu denken und vieles Andere mehr.
Ob man dran glaubt oder nicht ist eigentlich egal, solange daraus keine Grausamkeiten hervorgehen, wie aus dem Gottglauben, der doch eigentlich auch kaum mehr Basis besitzt.
Jedenfalls freut es mich, daß dir die „Geschichte“ gefallen hat.
Deinen ersten Vorschlag habe ich gleich übernommen, bei den zweiten bin ich mir noch nicht sicher.
Gruß
Manfred

 

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