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Das menschliche Licht
Die Menschen sind grausam.
Sie treffen einander jeden Tag, beim Einkaufen im Supermarkt, beim Volltanken ihrer Autos, in Restaurants, in Parks, beim Joggen oder in jeder billigen Drogerie. Und doch begegnen sie sich nicht. Sie laufen aneinander vorbei ohne sich in die Augen zu sehen. Sie grenzen sich ab und bauen um sich herum unsichtbare, aber vorhandene Mauern auf, und sei es nur zwischen den frischen grünen Paprika und den weniger frischen, genmanipulierten Erdbeeren aus Spanien. Ich kam hier an und beobachtete dieses mir völlig unbekannte Phänomen. Menschen sind seltsam. Ich wunderte mich, was mein Chef an ihnen fand und womit sie ein unendlich wertvolles Geschenk verdient hatten, das ihnen doch noch nicht einmal bewusst war. Und doch waren sie seit Anbeginn ihrer Existenz in Besitz dieses einzigartigen Geschenks. Sie besaßen eine Seele, oder viel mehr ein Seelensternchen. Dies ist ein Funke der alles Wissen um uns, sie, die Welt, ihre Entstehung und überhaupt des ganzen Universums und seiner Funktionsweise beinhaltet. Der Funke in dem alle Antworten auf alle Fragen enthalten sind. Doch irgendwie suchen die Menschen ihre Antworten immer im Abstrakten anstatt einfach den kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen: sich selbst.
Sie haben Priester, die suchen Antworten auf Fragen nach dem Sinn, dem Tod und allen anderen Dingen die das Fassungsvermögen ihres Verstandes übersteigen.
Sie haben Ärzte, die suchen Antworten auf Fragen nach der Entstehung des Lebens, des Schmerzes und allen anderen Dingen die sie selbst spüren.
Sie haben Wissenschaftler, die suchen Antworten auf Fragen nach der Funktion ihrer Körper und nach den Bestandteilen der Bestandteile seiner Bestandteile, von Menschen Atome genannt.
Doch bis jetzt hat kein Mensch die Zusammenhänge erkannt. Ich sag´s doch, Menschen sind dumm. Und außerdem sind Menschen arrogant. Ja, ich glaube es heißt arrogant, aber ganz sicher bin ich mir nicht. Ich lebe erst kurz unter den Menschen, so ungefähr seit dreihundert Jahren ( ich glaube es war nach menschlicher Zeitrechnung um 1800 herum. Ja, ich denke ich erinnere mich. Da war doch dieser kleine hässliche Knirps der die Weltherrschaft an sich reißen wollte. Wie hieß er doch gleich?.....Napoleon Bonaparte?...), also wird doch jeder verstehen, dass ich mir in dieser kurzen Zeit noch nicht ihr gesamtes Vokabular aneignen konnte. Menschen haben die dumme Angewohnheit alles in Worte pressen zu müssen und sie haben immer noch nicht verstanden, dass es Dinge gibt von solcher Macht, Intensität und Größe, dass sie einfach nicht in die engen, starren Gebilde ihrer Worte passen, und anscheinend auch nicht durch die schmale Pforte ihrer menschlichen Vorstellungskraft. Ich sehe sie Tag für Tag, denn ich lebe unter ihnen. Manchmal möchte ich sie packen und schütteln, um sie dazu zu bringen ihr gesellschaftlich angepasstes Desinteresse zu überwinden und zu erkennen, dass sich das Fraktal ihrer Existenz bereits weit über den stabilen Punkt des Seins hinausbewegt hat, und dabei ist in sich selbst zusammen zu brechen. Doch jedes mal wenn ich dabei war, die Hoffnung für die Menschen aufzugeben, begegnete ich einem besonderen Exemplar iher Rasse. Es gibt nicht viele von ihnen und doch bewegen sie sich durch die träge Masse der Menschen, die sich selbst bis zur Konturlosigkeit angepasst haben, und erhellen sie mit ihrem Licht. Diese Lichtträger erkenn ich klar mit scharfen Umrissen und jeder Eigenheit, im Gegensatz zu den Anderen, deren Umrisse ich nur noch verschwommen sehe und deren Farben sich für mich in ein einheitliches Grau verwandelt haben. Nicht immer sind Lichtträger die Menschen, von denen man es erwarten würde, so wie Mutter Theresa, wie sie bei den Menschen gemeinhin bekannt war. Sie war einer von uns, der, im Gegensatz zu mir, freiwillig auf diese Welt kam um die Liebe zu verbreiten. Nein, die wahren Lichträger erlangen kaum Berühmtheitsstatus, weil sie dafür zu wenig egoistisch sind. Die wahren Lichtträger schenken ihrer Umgebung Hoffnung, das Licht in der Dunkelheit. Viele von ihnen besitzen besondere Gaben. Nichts Übernbatürliches, nein. Die meisten besitzen die Gabe zu erkennen. Sie sehen hinter die Masken der Menschen, sie sehen sie so wie sie wirklich sind und nicht wie sie vorgeben zu sein.
Ich weiß nicht ob es noch andere wie mich gibt. Ich gehöre nicht zu den Menschen, denn auch wenn ich ihnen äußerlich gleiche, habe ich doch sonst nichts gemein mit ihnen. Ich bin ein verstoßener Engel Gottes. Mir wurde der Weg nach Hause für immer versperrt, in dem ich mit der höchsten Strafe belegt wurde: Dem Abtrennen der Flügel. Zurück blieben vernarbte Stümpfe, die an das erinnern sollten was ich einmal war und das anzeigt, was ich jetzt bin. Ich bin ein Ausgestoßener, ein Verbannter. Ich bin der gefallene Engel Esamuel. Meine Schuld besteht darin, das ich den Menschen das rauben wollte, was sie uns voraushaben. Ihre Seelen. Gott hat diese ignoranten, fehlerhaften Existenzen seiner vollkommensten Schöpfung, den Engeln, vorgezogen. Dies war mir und allen andren Flügelträgern äußerst rätselhaft und warf die grundlegende Frage nach Gerechtigkeit, Anspruch und Gnade auf, wobei es schliesslich zu einem Aufstand kam, den ich anführte. Die erste meiner zahlreichen Erkenntnisse seit Beginn dieser schicksalhaften Revolte war die, das die Schöpfung niemals seinen Schöpfer bezwingen konnte, ja durfte. So wurde ich auf dieses mir so unbegreifliche Fleckchen Schöpfung verbannt um die Antwort auf meine Frage zu suchen und ich glaube sie gefunden zu haben: Es ist gerade das unvollkommene, hölzerne, gar nicht perfekte Verhalten der Menschen, die sie so einzigartig, so liebenswert für jeden machen, der sich die Mühe nimmt sie genauer zu betrachten. Vielleicht sollte ich auch damit anfangen. Immerhin habe ich ja noch ein paar Jahrhunderte Zeit......
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Und nun ist mir das Himmelreich so nahe, wie die Tiefe einem Wesen, das nur in zwei Dimensionen lebt. So nah, und doch unerreichbar.
Ein kleiner Widerspruch war für mich da: einerseits sagt der gefallene Engel, der Mensch soll sich auf sich selbst besinnen, andererseits erhebst du aus meiner Sicht den Vorwurf, dass es den Menschen nicht gelingt über sich hinaus zu blicken. 
