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Das Spiel
Eigentlich ist sie über sich selbst erstaunt, dass sie es diesmal wirklich durchzieht. Sie hat oft mit dem Gedanken gespielt, weil sie es wissen will. Aber nie hat ihr Mut dafür gereicht. Jetzt sitzt sie da, in einer fremden Kneipe, umgeben von fremden Menschen, und unterhält sich mit dem Typen, den sie sich schon im Reinkommen ausgesucht hat.
Sie hat ihre beste Freundin oft dieses Spiel spielen sehen, bei dem sie selbst immer in den Hintergrund gerückt ist. Diesmal ist sie dran. Ihre Freundin hat sie gar nicht mitgenommen, heute Abend wird sie ihr nicht die Show stehlen. Sie kann das auch!
Der Typ ist nett, und man kann sich gut mit ihm unterhalten. Mittlerweile reden sie seit fast zwei Stunden über alles mögliche. Bewusst achtet sie darauf, nicht all zu viel zu trinken, obwohl ihr Gesprächspartner immer wieder versucht, sie zu mehr Alkohol zu überreden. Aber sie will die Kontrolle über das Spiel behalten.
Sie lacht viel, ihre Augen glänzen. Von der sonst eher unscheinbaren Frau ist heute nichts zu sehen, einige der Anwesenden werfen ihr interessierte Blicke zu. Sie sonnt sich in der ungewohnten Aufmerksamkeit.
„Ich bin also doch attraktiv“, denkt sie sich. Längst liegt die Hand ihres Gesprächspartners auf ihrem Bein, aber das ist okay. Das gehört zum Spiel dazu, und sie genießt es in vollen Zügen.
Langsam leert sich der Laden, und auch das Spiel ist weiter fortgeschritten. Schon vor Stunden haben sie Brüderschaft getrunken, und diesem einen Kuss sind viele weitere gefolgt. Vermutlich wird sie die nächsten Tage mit Rollkragen zur Arbeit gehen. Eine ungeplante, aber nicht unangenehme Facette des Spiels. Die Tatsache, dass sie in ihrem Freundeskreis einige dumme Sprüche deswegen hören wird hat sie eher noch ermutigt, weiter zu machen. Endlich kann sie auch mal mit einem Lächeln die Gedanken der Anderen deren Fantasie überlassen. Der Genießer schweigt. Noch immer ist sie nüchtern, die zwei Kurzen haben ihr nichts anhaben können. Aber jetzt wird es Zeit zu gehen, der Wirt steht schon recht ungeduldig hinter der Theke und wartet. Natürlich zahlt ihre Eroberung die Rechnung, das gehört auch zum Spiel dazu. Überrascht stellt sie fest, dass sie die letzten im Laden sind. Der Gedanke, so vertieft gewesen zu sein, dass sie das nicht mitbekommen hat beunruhigt sie ein wenig.
Sie verlassen die Kneipe lachend und rumalbernd. Er ist ziemlich voll. Aber auch das gehört dazu. Er bleibt stehen, fängt erneut an, wild mit ihr zu knutschen, zieht sie dabei unmerklich mit ihr mit. Auf dem leeren Parkplatz hinter der Kneipe landen sie. Ihr wird schlagartig klar: das will sie nicht. Sie will nach Hause, alleine. Das Spiel ist vorbei. So freundlich wie möglich versucht sie sich von ihm zu lösen, sein Alkohol-atem ist ihr plötzlich zuwider. Erfundene Kinder müssen als Begründung herhalten, warum sie gehen muss. Doch er hört nicht zu. Seine Hand wandert unter ihre Bluse, mit der anderen hält er sie am Arm fest.
„Gleich“ murmelt er mit heißem Atem an ihrem Hals, wo er dem ersten Mal ein zweites hinzufügt. Tief durchatmend versucht sie erneut, sich zu lösen. Schlagartig wandelt sich seine Zärtlichkeit in Gewalt, fest krallen sich seine Finger in ihre Arme, während er sie immer weiter in die hinterste Ecke des Parkplatzes drängt. Panikartig versucht sie, sich von ihm zu lösen, doch sie hat keine Chance. Sie hat sich keinen Schwächling für dieses Spiel ausgesucht. Brutal wirft er sie zu Boden, mit der einen Hand zerrt er an ihrer Kleidung, mit der anderen hält er ihr den Mund zu, noch bevor sie überhaupt auf die Idee kommt zu Schreien. Sein Körper drückt sie nach unten. Wie konnte sie nur auf die dumme Idee kommen, einen Rock anzuziehen?
Irgendwann ist es vorbei. Er sieht sie an, als hätte er sie noch nie gesehen.
„Du wolltest das doch so.“ Damit geht er, rennt eigentlich eher, lässt sie liegen im Dreck. Sie steht auf, richtet ihre Kleidung. Betäubt geht sie nach Hause, mit der einen Hand ihre Bluse zuhaltend, deren Knöpfe größtenteils abgerissen sind.