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Deal

Monster-WG
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18.06.2015
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Deal

1​

Lea hörte den Wagen. Sie stand auf, ging in die Küche, spülte das Glas, aus dem sie getrunken hatte. Dann löschte sie das Licht und wartete im Flur.
„Hey!“, sagte sie, als Alex hereinkam. Sie küssten sich. „Alles klar?“
„Sicher.“ Alex zog die Jacke aus. „Kochen wir? Oder rüber ins Capri?“
„Wie du möchtest“, sagte Lea.
„Stimmt was nicht?“

Sie bekamen einen Tisch am Fenster. Sie setzten sich, Lea strich die Serviette glatt und sah nach draußen. Neonlicht. Zwei Männer überquerten die Straße. Gegenüber zog jemand die Vorhänge zu.
„Ich muss dir was sagen.“
„Okay?“
„Ich hab' echt aufgepasst.“
„Ja?“
„Ich hab' mir was geholt.“
Alex sah sie lange an. „Was?“
„Nichts Schlimmes. Antibiotika und gut ist. Du solltest dich untersuchen lassen.“
„So eine Scheiße!“

Lea schlief schlecht. Als sie erwachte, waren die Lider verklebt. Sie streckte die Hand aus, aber da war bloß eine zurückgeschlagene Decke. Sie hörte Geräusche, die sie nicht einordnen konnte, streifte sich ein T-Shirt über und ging ins Wohnzimmer. Alex stand auf einem Stuhl und hängte die New Yorker Skyline von der Wand.
„Was machst du?“
Alex rollte das Poster ein und fixierte es mit einem Gummiband. Er ließ das Band gegen das Papier schnippen. „Sind nützlich, die Dinger“, sagte er.
„Und jetzt?“
„Das Poster gehört mir.“
„Willst du ausziehen?“
Alex stieg vom Stuhl und legte das Poster auf den Couchtisch. „Von wem hast du es?“, fragte er.
„Ist das wichtig?“
„Dann könnt' ich mich bedanken.“
„Darum geht’s doch nicht. Gut möglich, dass ich dich gar nicht ...“
„Gibt man's nur weiter, wenn man lustvoll vögelt?“

Lea setzte Kaffee auf, sie frühstückten schweigend. Alex kratzte sich am Oberschenkel, griff unter seine Shorts.
„Juckreiz zählt nicht zu den Symptomen“, sagte Lea.
„Mach' keine medizinische Sache daraus.“
„Und du kein Drama.“ Sie stand auf. „Ich muss los.“ Sie küsste ihn auf die Stirn.
Alex blieb am Küchentisch sitzen und steckte sich eine Zigarette an. Dann ging er durch die Wohnung und hängte alles ab. Die Meerbilder im Schlafzimmer. Das Betreten-verboten-Schild, das sie von einer Baustelle geklaut hatten. Die Fotos von Athen, die an die Kühlschranktür gepinnt waren. Danach duschte er und zog sich an.

2​

Den Sommer zuvor hatten sie auf der Akropolis gestanden. Gleißendes Licht. In der Ferne das Meer. Baukräne mitten im Parthenon, doppelt so hoch wie die antiken Säulen. Alex hielt Lea umklammert.
„Beeindruckt?“, fragte er.
„Es geht.“ Lea wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Sieht alles ziemlich kaputt aus.“
Alex lachte. „Unten am Hang ist das Dionysos-Heiligtum“, sagte er.
„Gab's da Orgien und so?“
„Fünf Tage am Stück.“
Sie blieben, bis das Gelände geschlossen wurde, nahmen den Weg in die Plaka, wo sie sich zwei T-Shirts mit aufgedrucktem Spartanerhelm kauften, das Nachtessen ausließen und so viel tranken, dass sie ihr Hotel fast nicht mehr gefunden hätten. Alex stieß die Glastür auf, hob Lea hoch und trug sie ins Foyer.
„Lass mich runter!“ Sie lachte.
Der Mann an der Rezeption nickte ihnen zu, spitzte die Lippen, hielt den Zeigefinger vor den Mund. Er sah jung aus, keine zwanzig, und hatte weiche Wangen. Lea ging zu ihm hin, stützte sich mit den Ellenbogen auf der Theke ab und blinzelte.
I’m sorry. But he is crazy.“ Sie drehte den Kopf in Richtung Alex, der sich am Getränkeautomaten zu schaffen machte.
No problem“, sagte der Mann. Er lächelte.
Sie roch sein Aftershave und schloss die Augen. „We are both crazy. Really crazy“, sagte sie.

Lea zog ihr Kleid aus und setzte sich aufs Bett.
„Komm her“, sagte sie, legte die Hände auf Alex' Hintern, presste den Mund auf seinen Bauchnabel. Sie öffnete ihre Haare. „Lass uns den Typen an der Rezeption anrufen.“
„Warum?“
„Dem ist bestimmt langweilig.“ Sie griff nach dem Hörer.
„Nicht“, sagte Alex.
„Gefällt er dir nicht? Holy shit, hast du seine Lippen gesehen?“
Alex griff nach Leas Handgelenken, löste ihre Umarmung, ging zum Waschbecken. „Ich hab' zu viel getrunken. Ich bin echt müde.“
„Du wirst noch zum Spießer!“ Lea warf das Kopfkissen nach Alex, verfehlte ihn jedoch um einen halben Meter. Sie legten sich ins Bett, löschten das Licht, hörten die Klimaanlage surren, hörten, wie der andere atmete. Schließlich schliefen sie ein, enttäuscht und erschöpft von den Gedanken, die sie sich machten.

3​

Es war spät, als Lea nach Hause kam. Schneeflocken schmolzen auf ihrem Kopf. Sie holte ein Frotteetuch aus dem Badezimmer, rieb sich die Haare trocken, während sie im Flur auf und ab ging.
„Würdest du vielleicht mal Stellung beziehen?“, fragte Alex. Er saß im Wohnzimmer, war im Dunkeln nicht zu erkennen gewesen.
„Verflucht, hast du mich erschreckt!“
„Und?“
„Stellung beziehen?“
„Ja.“
„Du meinst Rechenschaft ablegen?“ Lea setzte sich aufs Sofa, knipste die Lampe an.
„Wenn du so willst.“
„Das werde ich nicht.“
„Aha.“
„Wir wissen beide, dass so was passieren kann.“ Lea stand auf und goss sich einen Ouzo ein. „Haben wir Eis?“
„Weiß ich doch nicht.“
„Es tut mir leid, Alex. Wirklich.“
„Gib mir auch einen.“
Sie tranken die ganze Flasche. Dann schlug Lea vor, zum Fluss zu gehen. Sie zogen Jacken und Stiefel an, machten sich auf den Weg, schwankten die steile Straße hinunter, die man zu salzen vergessen hatte, hielten sich aneinander fest, um nicht auszurutschen.

Sie standen am Ufer, die Hände in den Jackentaschen. Das Wasser war schwarz.
„Hast du einen Termin vereinbart?“, fragte Lea.
„Nein.“
„Der Scheiß kann echt heimtückisch sein, das weißt du? Kriegst nichts mit und in ein paar Jahren wird deine Birne weich.“
„Na und? Dann lass' ich mich von dir pflegen.“
„Verstehe“, sagte Lea.
„Was verstehst du?“
„Schon okay.“ Sie gingen den Fluss entlang, Kies knirschte unter ihren Füssen, die Luft roch nach Schnee. „Das sieht nicht schön aus, die kahlen Wände.“
„Ich weiß“, sagte Alex. „Du fandst es spießig.“
„Was?“
„Das New-York-Poster. Damals, als ich es aufgehängt habe.“
„Ach ja?“

Der Weg führte über eine Brücke und sie blieben stehen, starrten auf den Fluss, bekamen das Gefühl, das Wasser bleibe an Ort und Stelle, während sie sich bewegten. Auf einer Sandbank, ganz in der Nähe, konnte man ein demoliertes Fahrrad liegen sehen, freigelegt wie ein archäologisches Fundstück. Ein Jogger näherte sich, stieß weiße Wölkchen aus, keuchte, zupfte sich das Stirnband zurecht, rannte über die Brücke, die zu vibrieren begann. Dann war es wieder still.
„Lass uns nach Hause gehen“, sagte Lea.

4​

Als sie sich kennenlernten, stand die Sonne im Zenit. Sie saßen in einem Boot, gemeinsam mit Freunden trieben sie den Fluss hinunter, trugen Strohhüte und schwarze Sonnenbrillen, fischten in der Kühlbox nach Bierbüchsen, ließen die Arme schlaff ins Wasser hängen.
„Du bist Daniels Freundin?“, fragte Alex.
„Hm.“
„Warum bist du nicht zu ihm ins Boot gestiegen?“
„Weil ich tue, wozu ich Lust habe.“ Lea lächelte. „Noch ein Bier?“
Und als sie am nächsten Morgen aufwachten, das einfallende Licht ihre Körper kitzelte und Lea ihren Arm auf Alex‘ Brust legte, als ihnen wieder einfiel, wie der andere gerochen hatte, in der Nacht zuvor, erschien ihnen alles, was geschehen war, und alles, was geschehen sollte, richtig und zwingend.

Sie hinterließen zwei Scherbenhaufen. Noch Monate später, da waren sie bereits zusammengezogen, klingelte das Telefon mitten in der Nacht. Daniel, der in den Hörer schrie, Lea werde es bereuen. Alex' Ex, die das Gleiche sagte, nur leiser. Während Alex nicht müde wurde, alle Schuld auf sich zu nehmen und mit einem geflüsterten Alles wird gut aufzulegen, knallte Lea den Hörer meist nach kurzer Zeit hin.
„Versprich mir, dass du nie so wirst“, sagte sie zu Alex.

In ihrem ersten Jahr als Paar, an einem milden Frühlingstag saß Alex auf einer Parkbank und sah zu, wie Lea auf eine Schaukel sprang, wie sie sich von einem Mann, der zufällig in der Nähe stand, anstoßen ließ, wie sie ihm, Alex, zuwinkte, die Hände des Mannes sich auf ihre Schultern legten, um noch mehr Schwung zu geben, Lea vor Vergnügen kreischte, der Kerl grinste.
„Das war schön“, rief sie, als sie zu ihm zurückgerannt kam und dann kauften sie sich ein Eis und aßen es gemeinsam, sodass sich ihre Zungenspitzen berührten, und alles war in Ordnung.
„Wenn man mich einengt, hau' ich ab“, sagte sie einmal.

5​

„Scheiß Besitzdenken“, sagte Lea.
„Darum geht's nicht.“
„Doch. Und dir hätte dasselbe geschehen können.“
„Hätte es nicht. Nicht mehr.“
„Das ist deine Sache. Das geht mich nichts an. Das ist nicht unser Deal.“ Lea verschränkte die Arme. „Werd' erwachsen, meine Güte!“
„Vielleicht sollten wir beide erwachsen werden, Lea. Schon mal darüber nachgedacht?“
Alex drückte die angerauchte Zigarette aus und verließ die Wohnung.

Kalter Dezemberregen. Menschen, die unter schmalen Vordächern Schutz suchten. Grüne Kreuze, die über Apotheken blinkten. Eine Frau mit Einkaufstaschen in den Händen rempelte Alex an, er ging weiter, mit halb geschlossenen Augen, Bilder des Sommers im Kopf. Wie sich Lea ins Wasser gleiten ließ, untertauchte, wiederauftauchte, wie die Tropfen auf ihrem Haar glitzerten und Lea ihm zuwinkte und rief, er solle reinkommen. Wie sie wieder abtauchte.
„Nicht“, murmelte er.

Als Lea nach Hause kam, bemerkte sie, dass im Wohnzimmer Licht brannte, warf einen Blick hinein, sah eine Schachtel Antibiotika auf dem Couchtisch liegen und Alex auf dem Stuhl stehen. Er hatte das New-York-Poster in der Hand, die eine Ecke an die Wand gepinnt, den Rest hielt er unbeholfen fest. Das Papier wellte sich, drohte zu reißen. Lea hielt die Hand vor den Mund.
„Warte. Ich helf' dir“, sagte sie.

 
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Sehr erhellend, Kubus, vielen Dank.

Der Text in einem schönen Hopper-Bildband, das wäre was. :)

Ja, es kommt sehr darauf an, was man will. Und deine Ideen zum Feintuning helfen da sehr, da geht es um wenige Sätze, die viel ausmachen können. Vor allem am Anfang des Textes, da gebe ich dir recht, wird eine harte Weiche gestellt, mit diesem "Du solltest dich testen lassen", das kann stark weiterstahlen, das Bild, das man hier von Lea kriegt. Ich hatte tatsächlich eine Passage drin, in der sie sagt, dass sie aufgepasst habe. Die habe ich dann wieder gestrichen, weiss auch nicht mehr warum, wahrscheinlich, weil ich dachte, das führe dazu, dass ich irgendwie auf die genauen Ansteckungsbedinungen der Syphilis eingehen müsse. Ich finde aber nun, nachdem ich deinen zweiten Komm gelesen habe, dass das eine einfache Möglichkeit wäre, den Deal realistischer und Lea etwas weicher zu zeichnen. Danke für diese Anregung.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hej Peeperkorn,

ich find den Ansatz der Geschichte schon spannend.
Welche Verabredungen in einer Partnerschaft wie getroffen werden, in Kombination mit einer Situation, die die Beziehung oder auch die Verabredungen beleuchtet oder in Frage stellt, das ist interessant.

Für mich krankt dies Geschichte daran, dass Du der Alex-Figur und damit dem Konflikt zu wenig Raum gibst. Gleich eingangs, als Lea erzählt, dass sie sich eine Geschlechtskrankheit eingefangen hat, brichst Du mit ihrem Geständnis ab.
Auch später im Laufe der Geschichte, hat sie oft das letzte Wort.

Alex muss darauf ja nicht wortgewaltig oder emotional reagieren, aber irgendeine Form der Reaktion fehlt mir zu oft. Seine Passivität oder was auch immer müsste sichtbarer werden.

Ich fand die Karussell-Szene spannend, weil sie meinen könnte, dass Lea keineswegs so unabhängig ist, wie sie gerne möchte und dass ihre Freiheitsbekundungen eine Farce sind, sie eigentlich ständig eine Bestätigung von außen braucht, um sich gut zu fühlen, dass sie ein Kinder-Karussell eben überhaupt nicht für sich genommen genießen kann, wie die Situation suggeriert, dass da nichts kindlich-verspieltes in ihr ist, sondern eine andauernde Leere, die sie füllen muss.

Alex registriert die Hand das fremden Mannes auf Leas Schulter, sein Grinsen, es gibt eine Misstimmung, die deutlich von Alex ausgeht, aber bevor Du der Raum gibst, ist alles schon wieder gut. Kaum ein Alex, kaum ein Konflikt. Nicht, dass man das nicht doch sieht, aber das ist immerhin nur so ein Hauch. Ich wünschte, du würdest Dich da mehr trauen.

Gern (und unfreiwillig oft, hab mir mehrmals versehentlich den Kommenatr gelöscht) gelesen.

Gruß
Ane

 

Und als sie am nächsten Morgen aufwachten, das einfallende Licht ihre Körper kitzelte und Lea ihren Arm auf Alex‘ Brust legte, als ihnen wieder einfiel, wie der andere gerochen hatte, in der Nacht zuvor, erschien ihnen alles, was geschehen war, und alles, was geschehen sollte, richtig und zwingend.

Was mir zuerst auffiel,

Peeperkorn,
mein lieber Mann!,

sind die drei Buchstaben (in alphabetischer Reihenfolge) a, e und l, Buchstaben, die zu Namen geronnen die Geschichte bestimmen, die vom Titel bis in die Namen des protagonistischen (Zeit, dass es ein entsprechendes Adjektiv gebe!) Paares die Geschichte beherrschen (selbst mit der eigenen Parodie des freatle = Friedel = vridel [mhd.] ließe sich dergleichen verstärken). Da ist das Pärchen Lea und Alex, zunächst.

Zuförderst:

Lea hörte den Wagen die Einfahrt hochfahren

Die alttestamentarische Lea also. Lea (hebr.) gibt‘s in zwo unterschiedlichen Schreibweisen (die hier nicht wiedergegeben werden können in Ermangelung hebräischer Schriftzeichen, die hierorts eh keiner lesen könnte, wenn doch, möge der/diejenige sich melden) und – könnt es anders sein - Bedeutungen, die gegensätzlicher nicht sein können, „wilde Kuh“, aber auch „sich (vergeblich) mühen“, kurz: die Ermüdete.

Lea ist die erste Frau Jakobs („Israel“), die er in der Fremde (Ägypten) auf der Flucht vor Esau (man erinnere sich des Linsengerichts samt Verkaufs des Erstgeborenenrechtes, sprich: der Erbschaft) sich in Ägypten verdingt und sich in Rahel (man beachte die Kombination a, e und l) verliebt, die Tochter seines Dienstherrn Laban.

Klingt nach "labern", was aber durch diesen Boss sofort geklärt wird: Heiraten kann er sie erst, wenn die ältere Tochter – Lea – unter der Haube ist.

Die Geschichte sollte bekannt sein: Jakob - eh nicht auf den Kopf gefallen, kannte ja noch kein Internet, um etwas zu googlen - heiratet erst Lea und dann Rahel (= Mutterschaft), und in der Tat zeugen die beiden zwo Söhne: Benjamin - um den's noch ne besonders schräge Geschchte gibt, die <ber nix hier zu suchen hat - und Joseph – genau der, der als Lieblingssohn des Jakobs von den ZEHN Söhnen der Lea erst in einen Brunnen geworfen und schließlich als Sklave nach Ägypten verkauft wird.

Seine Karriere daselbst bis an den Hof Pharaos sollte auch den Nachkommen Ismails - seines Großonkels - bekannt sein. Die hebr. Mythologie und Stammesgeschichte glänzt also mit Ironie: Die müde Kuh ist also ums Fünffache produktiver als die Mutterschaft.

Und das wag ich jetzt zu behaupten,

junger Freund,

Du lieferst eine geradezu klassisch-nüchterne, ironische Geschichte ab – ob Du‘s wolltest oder nicht. Denn der zwote Beleg ist „Alex“, die verkürzte Form des/der Alexander/Alexandra, um in die griechische Geschichte einzutauchen (das AT, um dem vorzubeugen, hat allemal einen historischen Hintergrund, der durch mündliche Überlieferung über tausend Jahre auf gar nicht mal wunderliche Weise verfremdet wird, weil jeder Interpret sein eigenes Interesse mit herüberbringt.

Alexander/Alexandra ist der/die, welcher/welche den/die Anderen/Fremden abwehrt (griech. „alexein“ = abwehren, schützen, verteidigen und „aner“ = Mann, Mensch).

Das dritte Indiz, wollten wir Belege, müssten Neuzeitarchäologen einiges in modernen Mythen, etwa über Ehe und Liebe ausgraben (was selbstverständlich schon geschehen ist - aber warum sollte ich nicht noch mal vorbeischauen, wird eh jetzt lang genug), da dritte also ist der Titel, der treibt richtig Kurzweil mit dem Publikum: Der Deal, der Titel besteht aus den besagten drei Buchstaben plus d und reicht von seiner/seinen Bedeutung/en her vom Schnäppchen übern Vertrag bis zum Handel.

Womit die Bühne, die da betreten wird, die des Marktes ist, Hort der Freien, die sich zum Tausch treffen – woselbst die Ehe drunter fällt. Denn das ahd. ēwa (gesprochen wie die hebr. Chavva als deutsche Eva) meint nhd. „Gesetz, Recht, Regel, Gebot, Satzung, Vorschrift, Testament, Bund, Vertrag, Religion, Ehe/vertrag“, selbst bei einer kleinen Änderung der Betonung „Ewigkeit“ (vgl. G. Koeblers Althochdeutsches Wörterbuch, eingestellt im Internet), also ziemlich langwierige Sachstände, kurz, Verträge (die nicht ohne Grund nach dem Verb „vertragen“ klingen) sollen so lange wie möglich halten – am besten ewig.

Eine „kleine“ Ewigkeit ist immer nur und bestenfalls auf dem Weg dahin und abgebrochen.

Nun ist der Mensch so wenig wie seine Vorfahren monogam, was die „Liebe“ - ein seltsames Spiel, wie schon die an sich idiotische Schlagerwelt von sich gab – was „Liebe“ oder was man darunter versteht – für den Markt, den Handel unds Geschäft interessant macht, auf den schon Kubus hinweist – so vermein ich ihn jedenfalls verstanden zu haben, der sich auf den Tausch, sofern er – wie unter neoliberalen Bedingungen – wieder auflebt, ziemlich un-reguliert.

Nackter Betrug!, denn wo Gleichheit herrscht, lacht kein Gewinn! Liebe zielt nicht auf Besitz, Eigentum (da ist schon die Bezeichnung "meine Frau/mein Mann" eine Kränkung, stuft sie den Partner doch af die Sachwerte "mein Haus, mein Auto, meine Yacht" hinunter und versklavt gar "mein Kind"!

Von scheinbar Gleichen /wie etwa sich Liebenden) werden wechselseitig Leistungen übertragen, die aber nur gleichwertig erscheinen, keineswegs gleichwertig sind.

Im idealen Falle glaubt jeder, ein Schnäppchen, einen Deal gemacht zu haben, schätzt er doch die eingetauschte Leistung höher ein als die, die er weggibt. So ist dem ganzen immer auch eine religiöse Dimension zuzusprechen, womit sich der Kreis zum AT und der griechischen Geschichte schließt, denn in der Tat: bereits das erste und älteste Opfer ist bloße Ware. Denn auch der Gott, der versucht, wird betrogen, dem das Opfer gilt, wenn das Ungenießbare - Gedärm und Knochen - geopfert wird. Wär’s denn nicht allzu blöde, Genießbares in Rauch und Qualm aufgehen zu lassen, statt es selbst zu genießen? Der Gott könnte ja gestörten Sinnes sein wie der süchtige Raucher: es muss stinken, Rauch entwickeln, brennen! Für den Gott bleibt’s beim Nullsummenspiel.

Das spiegelt sich noch in der Sprache: Das Verb tauschen geht zurück aufs mhd. tuschen, dem „unwahr reden, lügnerisch versichern, anführen“, "vertuschen", was seine Nähe zum tiuschen (nhd.: täuschen) nicht verleugnet. „Die heute allein übliche Bedeutung‚ Waren oder dergleichen auswechseln, gegen etwas anderes geben’, in der das Verb zuerst im 15. Jh. bezeugt ist, hat sich demnach aus ‚unwahr reden, in betrügerischer Absicht aufschwatzen’ entwickelt“, was mit der „Präfixbildung vertauschen“ zum „‚irrtümlich oder unabsichtlich auswechseln’“ führt und von dort zurück zum mhd. vertuschen (zur Etymologie vgl. Duden Bd. 7, S. 839 f.).

Kehren wir an den Ausgangspunkt der nicht nur alttestamentarischen Betrachtung zurück, auf dass man sich den Schock für Vater (und sicherlich auch leiblicher Mutter) vorstelle, als schon von Abraham das Brandopfer verlangt wird! Vor allem aber die Frage, die der kleine Isaak seinem Vater auf dem Weg zur Opferstätte gestellt haben soll: „Feuer und Holz haben wir, aber wo ist das Lamm für das Opfer?“ / „Gott wird schon für ein Opferlamm sorgen“, war die lapidare und väterliche Antwort. Da sollte selbst ein 14-Jähriger wie Ismael und der geneigte, reifere Leser im Opfer die Täuschung als Grundmuster jeden Tausches erkennen. Denn eine solche Frage stellt keiner, der vielleicht gerade sprechen kann. Selbst das AT täuscht den Leser: NIcht der gerade erst Geborene, sondern der ältere Halbbruder (Sarah "gestattete" Abraham, eine Zweit-, also niedere Frau ägyptischer Herkunft zu schwängern) Ismael, nicht der Frschling Isaak sollte geopfert werden und "Gott" stiftete so die Initiation der Beschneidung. Welches Mädchen, wann, wo und woimmer geopfert werden sollte, ist nicht bekannt. Hätte auch JHWH und seine Varianten nix mit zu tun,

Denn die Geschichte fährt fort, dass die Autoren mit geradezu mathematisch ein-eindeutiger Deutlichkeit durch den Herrn, unserm Gott, dem Abraham Einhalt gebieten lassen, gleichgültig, ob das Opfer zu gering wäre oder das Messer stumpf, die Begründung lautet deutlich „Du warst bereit, mir sogar deinen EINZIGEN Sohn zu opfern“ (1 Mose 22; [das Modell für den realisierten Opfertod am Kreuz, von dem die damaligen Autoren nichts wissen können, mehr als ein halbes Jahrtausend vor dem genannten, stftenden Ereignis]) und der war und hieß allein Ismael [bis zu seinem 14. Jahr, von da an war weder er noch sein Halbbruder Isaak so recht ein einziger]. Auf die zugesagte Belohnung warten freilich heute noch die Nachkommen dessen, der auf Gott hört und erst recht die Kinder dessen, der worüber auch immer lacht (so die Übersetzung des Namens Isaak). Die Autoren liefern aber das Modell für den Bruderzwist aus dem Tausch des Rechtes der Erstgeburt gegen ein Gericht aus Hülsenfrüchten in der nächsten Generation.

Trivialeres, dass ich's an sich verschweigen würde - aber ein zweites Zitat, zudem über Besitzverhältnisse, kann ja nicht schaden:

Alex stand auf einem Stuhl und hängte die New Yorker Skyline von der Wand. Er trug Boxershorts, sein Oberkörper war nackt, die Haut schimmerte, als sei sie aus Wachs.

Wäre da nicht der Konjunktiv irrealis „als wäre sie aus Wachs“ angesagt? Denn wo wäre es anders denn als Wachsfigur?

Nun, da die Augen mir schwer werden und ab morgen das Jubiläum einer deutschen Revolte gefeiert wird, wünsch ich eine gute Nacht!

Träumet süß von sauren Gurken!

 
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Hi Peeperkorn

die Geschichte ist rund und stimmig, eigentlich passt in der Form alles (Nicht, dass mich das überrascht hätte).

Manche fanden Alex' Motivation, zu bleiben, schwer verständlich. Das geht mir anders. Trennung ist nicht schön, zusammenbleiben ist immer besser. Vor allem wenn der Grund für die Trennung letztlich ein ziemlich äußerlicher wäre. Er will ja nicht gehen, weil er genug von Lea hätte oder sie nicht mehr ausstehen könnte. Eigentlich ist das Umgekehrte eh paradox: Es schmerzt, dass jemand sich mit einem anderen eingelassen hat, weil man selbst der Einzige sein möchte, und dann löst man sich als Antwort darauf ganz...

Aber - ich sag das einfach mal so direkt - mir war trotzdem in der Geschichte etwas anderes zu dünn. Ich fürchte, mir war Alex' Reaktion fast schon zu nachvollziehbar. Das Ende gefällt mir zwar gut, daran will ich gar nichts aussetzen. Aber irgendetwas fehlt mir im Vorfeld - vielleicht vermisse ich den richtigen Krach? Oder vielleicht vermisse ich zwar nicht die die Motivation dafür, dass er am Ende bleibt, aber im Gegenteil dafür, dass er überhaupt sein Zeug abhängt und geht? Vielleicht will ich wissen, was ihn da bewegt: Ist es wirklich die Enttäuschung, oder ist es doch letztlich der Glaube, dass man sich eben trennen muss, wenn so eine Geschichte passiert ist? Oder ist es eben Leas Leichtfertigkeit?
Leerstellen sind schön, aber ich kucke schon auch gern in die Figuren rein. Insofern waren es mir dann letztlich wohl auch zu viele Dialogstellen, wenngleich sie alle makellos sind.


„Nichts Schlimmes. Aber du solltest dich testen lassen.“
Sagt die wirklich "Nichts Schlimmes"?! Klar, das gibt's, dass man so etwas herunterspielt, einfach um es leichter zu haben, damit herauszurücken. Aber auch nachher scheint sie sich ja nicht allzu sehr zu kümmern. Dabei hat sie sich mit Gewissheit doch angesteckt...


„Und du kein Drama.“ Sie stand auf. „Ich muss los.“ Sie küsste ihn auf die Stirn.
Sehr fein: Wie sie die Anstalten, die er macht, um wegzugehen, gar nicht ernst nimmt. Sie kann sich gar nicht vorstellen, dass er wegen - in ihren Augen - so einer Kleinigkeit wirklich geht.

Jetzt rudere ich mal schnell zurück: An der Stelle fehlt mir bestimmt kein Krach. Mal sehen, ob ich darauf komme, was es dann ist, dass ich gerne gehabt hätte.

No problem“, sagte der Grieche.
Hier finde ich doch eine Winzigkeit zu mäkeln: In Griechenland zu sagen "der Grieche"... Geht schon noch, das ist hier recht unauffällig, aber anders wäre trotzdem sicher besser, oder?

Sie roch sein Aftershave und schloss die Augen. „We are both crazy. Really crazy“, sagte sie.

„Wir wissen beide, dass so was passieren kann.“ Lea stand auf und goss sich einen Ouzo ein. „Haben wir Eis?“
Hier finde ich die Offenheit eigentlich gut: Meint sie den Seitensprung oder die Ansteckung? Das ist also ganz sicher auch nicht meine Schwierigkeit.

...die steile Straße hinunter, die man zu salzen vergessen hatte
"zu salzen" habe ich in dem Zusammenhang noch nicht gehört, das kenne ich nur vom Essen. Stört mich aber nicht, es klingt sogar elegant, viel weniger umständlich als etwa "mir Salz zu bestreuen" o.ä.

„Der Scheiß kann echt heimtückisch sein, das weißt du? Kriegst nichts mit und in ein paar Jahren wird deine Birne weich.“
„Na und? Dann lass' ich mich von dir pflegen.“
„Verstehe“, sagte Lea.
Ich muss gestehen, ich bin mir gerade doch nicht ganz sicher, wo wir sind: er hat seine Sachen abgehängt, ist aber erst mal noch geblieben, richtig? Das finde ich stimmig so, es gibt ja diesen ominösen Deal, irgendwas ist kaputt gegangen, aber er weiß noch nicht, wie nah es ihm wirklich geht.

Auf einer Sandbank, ganz in der Nähe, konnte man ein demoliertes Fahrrad liegen sehen, freigelegt wie ein archäologisches Fundstück.
Griechenland lässt grüßen. Die Wiederaufnahme im profaneren Gewand lasse ich mir gefallen.

Daniel, der in den Hörer schrie, Lea werde es bereuen. Alex' Ex, die das Gleiche sagte, nur leiser. Während Alex nicht müde wurde, alle Schuld auf sich zu nehmen und mit einem geflüsterten Alles wird gut aufzulegen, knallte Lea den Hörer meist nach kurzer Zeit hin.
Charakterzeichnung passt. Laut mit laut und leise mit leise, das wollten die zwei dann so nicht mehr und sind aufeinander geprallt, immer noch ist Alex aber der Liebe. Ja, hübsch. Vielleicht ein bisschen nah am Klischee, aber das darf ja auch mal sein.

Lea hielt die Hand vor den Mund.
„Warte. Ich helf' dir“, sagte sie.
Ach, die Lea. Irgendwo fehlt ihr halt ein Sensorium. Aber eigentlich ist die doch schon auch ne Liebe, oder?

Was fand ich jetzt noch mal dünn? Ist doch eigentlich ganz schön, dass es eben nicht heftig kracht, dass sich alles so im Stillen abspielt. Vielleicht sind es wirklich die Dialoge, kann das sein? Natürlich reden die beiden zwischendurch auch mal Belangloses, das muss ja sein, damit es realistisch wird (Willst du ein Bier?, haben wir Eis, solche Dinge). Aber macht es das nicht auch stellenweise etwas trocken, blockiert die Stimmung?
Letztlich kann ich es nicht genau sagen. Ich hätte auch den Mund gehalten, wenn die Geschichte nicht von dir wäre und ich erstens da (nicht als einziger) einen besonderen Maßstab anlege und zweitens das Vertrauen habe, dass du nichts dagegen hast, wenn man in deinem Text herumstochert, so gut man eben kann.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
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Hey Ane

Zunächst mal vielen Dank dafür, dass am Ende trotz aller Widrigkeiten doch noch ein Kommentar von dir unter der Geschichte steht. Wäre sonst schade gewesen, denn m.E. stehen sehr wichtige Hinweise drin.

Für mich krankt dies Geschichte daran, dass Du der Alex-Figur und damit dem Konflikt zu wenig Raum gibst. Gleich eingangs, als Lea erzählt, dass sie sich eine Geschlechtskrankheit eingefangen hat, brichst Du mit ihrem Geständnis ab.
Auch später im Laufe der Geschichte, hat sie oft das letzte Wort.

Dass Alex zu kurz kommt, haben auch andere angemerkt. Ich finde deine Präzisierung auf der handwerklichen Ebene sehr wertvoll. Dass Lea jeweils das letzte Wort hat, hilft, sie zu charakterisieren. Dabei ist mir nicht bewusst gewesen, dass das figurtechnisch auf Kosten von Alex gehen könnte.

Ich habe zwar dieses Posterabhängen dazu verwenden wollen, gewissermassen als verspätete Reaktion, als stummer Protest von Alex. Aber dennoch sollte ich ihm wohl noch zwei, drei Dialogzeilen spendieren, wobei ...

Seine Passivität oder was auch immer müsste sichtbarer werden.

... das nicht so einfach ist. Ich habe schon darüber nachgedacht, weshalb mir bestimmte Figuren manchmal etwas zu blass geraten und habe als Hypothese deren Geschlecht ins Spiel gebracht. Aber vielleicht ist es die Passivität gewisser Figuren, die ich oftmals mit Verstummen, Abblenden, Wegdrehen etc. darstelle und damit eben der Sichtbarkeit für den Leser entziehe. Wir hatten ja schon beim Spaltkind darüber gesprochen. Das ist etwas, worüber ich mir Gedanken machen will. Es ist beinahe so, als nehme ich mich als Autor aus der Verantwortung, wolle der Figur nicht zu nahe treten. Vielleicht ist es aber auch eine handwerkliche Frage, mir erscheint es sehr anpruchsvoll, solche Figuren zu charakterisieren.

Ich wünschte, du würdest Dich da mehr trauen.

Für mich ist da immer noch Bergmans "Szenen einer Ehe" der Massstab. Die schonunglose Auseinandersetzung diese Paares, das hat eine emotionale Brutalität, die ich kaum ertragen konnte und die ich auch nicht unbedingt anstrebe. Ich finde das dennoch einen guten Ratschlag, ich muss da glaub einfach auch noch tiefer in meine Figuren reinfinden.

Alex registriert die Hand das fremden Mannes auf Leas Schulter, sein Grinsen, es gibt eine Misstimmung, die deutlich von Alex ausgeht, aber bevor Du der Raum gibst, ist alles schon wieder gut. Kaum ein Alex, kaum ein Konflikt. Nicht, dass man das nicht doch sieht, aber das ist immerhin nur so ein Hauch.

Nur bei diesem Punkt bin ich nicht einverstanden. Denn hier sind wir ja am Anfang der Beziehung. Da soll nur ein leichtes Unbehagen von seiten Alex' zu sehen sein, da wird der Deal gewissermassen etabliert, da sagt Alex noch (zumindest zu sich), es sei in Ordnung. Der Konflikt wird erst später virulent.

Ane, deine Kommentare bringen mich gefühlt immer gleich zwei Schritte weiter. Vielen Dank.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
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Lieber Peeperkorn,

ich versuche deine Texte sehr bewusst zu lesen. So habe ich mich dann nach dem ersten Absatz gefragt, wieso du diese Szene als Beginn gewählt hast, nachdem ich feststellte, dass erste (für mich eigentlich gewichtige Informationen) im Verlauf der Geschichte keine Rolle spielen.

Also ich möchte nur damit sagen, dass für mich Dinge, die im ersten Absatz stehen, vom Autor bewusst so plaziert sind: Da habe ich noch alle Antennen oben, weil ich reinkommen will. Da lese ich jede Kleinigkeit raus. Mitten im Text ist das nicht mehr sooo wichtig für mich, da müssen die Infos nicht so präzise sein, weil man sich ja eingefunden hat.

Konkret:

Lea hörte den Wagen die Einfahrt hochfahren.
Das hört sich nach Villa an. Eindeutig. Ich denke also: Betuchte Protagonisten.
Sie stand auf, ging in die Küche, spülte das Glas, aus dem sie getrunken hatte.
Hat sie sich Mut angetrunken? Hat sie keine Spülmaschine, lebt sie also doch in anderen Verhältnissen, als ich annahm?

Dann löschte sie das Licht und wartete im Flur.
Sie steht im Dunkeln? Möchte sie nicht, dass er sie richtig wahrnimmt? Wieso wird das Licht gelöscht? Das schreibst du doch nicht nur so hin, oder? Aber du siehst, dass ich einige Fragezeichen getippt habe. Und die würde ich gerne nicht nur durch meine Phantasie wegbekommen.

„Wie du möchtest“, sagte Lea.
„Stimmt was nicht?“

Sie hat also, in dem sie ihn entscheiden läßt (was sonst wohl nie der Fall ist :D), Signale gesetzt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Das ist schön gezeigt.

„Ich muss dir was sagen.“
Alex sah sie lange an. „Okay?“
„Nichts Schlimmes. Aber du solltest dich testen lassen.“

Ich habe die anderen Kommentare teilweise angelesen, aber ich habe dann gemerkt, dass ich mich zu sehr auf die einlasse, dann habe ich es gelassen, damit ich deinem Text noch frisch entgegentreten kann. Jedenfalls war dieser Absatz wohl schon mehrfach Thema.

Peeperkorn, für mich geht das gar nicht. Dich testen lassen ist für mich eindeutig HIV-geprägt.
Da wir Lea noch gar nicht kennen, und das einer ihrer ersten Sätze ist, ist das für mich wichtig. Die Frau ist unterkühlt und egoistisch, so denke ich über sie.
Dann dieser Minidialog als solcher. Er sah sie lange an. Wieso denn? Muss er denn zwingend erst etwas sagen, bevor sie Tacheles redet?
Also stell dir das mal selber vor. Du musst deiner Freundin was wirklich Blödes beichten und sagst zu ihr, dass du ihr was sagen musst. Wartest du dann endlos und hälst aus, dass dich deine Freundin lange ansieht? Ist es nicht so, dass man dann so schnell wie möglich loswerden will, was einen bedrückt?
Ich finde das komisch.

Sie streckte die Hand aus, aber da war bloß eine zurückgeschlagene Decke.
statt bloß (ist doch sehr umgangssprachlich) vielleicht nur?


Sie hörte Geräusche, die sie nicht einordnen konnte, streifte sich ein T-Shirt über, drückte ein Antibiotikum aus der Packung und ging ins Wohnzimmer.
Ich finde, da übertreibst du mit dem Nebenbei-Erzählen. Du willst ja sagen, dass sie ein Antibiotikum zu sich nehmen muss. Das schreibst du aber explizit nicht, deswegen wirkt es für mich schriftstellerisch gewollt, denn so ein Ding kann man auch aus der Packung drücken, weil es ein prickelndes Geräusch macht, übertrieben gesagt. Du sparst ja auch nichts an Sätzen, wenn du schreiben würdest, dass sie nur mit ihrer Spucke ein Antibiotikum heruntergeschluckt hat. Oder irgendwie sowas.

Aber dann hat sie es genommen. So könnte man auch denken, dass sie es zwar rausgenommen hat, aber gar nicht geschluckt, weil sie es ja hasst, Antibotika zu nehmen (was sich dann achtzehn Sätze später auflösen könnte).

Er trug Boxershorts, sein Oberkörper war nackt, die Haut schimmerte, als sei sie aus Wachs.
Das ist kein Bild, das in mir problemlos entsteht, also ich kann mir den nicht wächsern vorstellen.


„Willst du ausziehen?“
Alex stieg vom Stuhl und legte das Poster auf den Couchtisch. „Wer?“, fragte er.
„Ist das wichtig?“
„Dann könnt' ich mich bedanken.“
Meine Fresse, für das Wer? habe ich auch lange gebraucht. Und zwar wegen dem Fragesatz davor. Da bringe ich in Verbindung, dass Alex Lea fragt, wer denn nun ausziehen könnte, sollte ... also in Frage stellt, wer den gehen muss.
Dass eigentlich nur der Andere gemeint ist, hat mich Zeit gekostet.
Vielleicht würde eine neue Zeile auch schon was bringen?
Oder noch besser: Wieso schreibst du nicht: Wer wars? oder Wer ist es?

„Darum geht’s doch nicht. Gut möglich, dass ich dich gar nicht ...“
„Gibt man's nur weiter, wenn man lustvoll vögelt?“

„Juckreiz gehört nicht zu den Symptomen“, sagte Lea.
„Mach' keine medizinische Sache daraus.“
„Und du kein Drama.“ Sie stand auf. „Ich muss los.“ Sie küsste ihn auf die Stirn.
Immer noch denke ich, es geht um AIDS. Und dann macht die so einen auf obercool.
Später löst es sich vielleicht für den einen oder anderen auf, wenn er das mit der weichen Birne versteht, aber den Wink finde ich zu schwach. Also für mich war er zu schwach.

Wieso, Pepperkorn, kannst du nicht dieses Testen weglassen und das zum Beispiel so formulieren:
Nichts Schlimmes. Aber du solltest nachsehen/dich durchchecken/untersuchen lassen oder: Nichts Schlimmes. Kann sein, dass ich dich mit Syphilis angesteckt habe.


Das Betreten-verboten-Schild

Das Betreten-verboten-Schild

wäre noch besser.

„Spießer!“ Lea warf das Kopfkissen nach Alex, verfehlte ihn jedoch um einen halben Meter. Sie legten sich schlafen, löschten das Licht, hörten die Klimaanalage surren, hörten, wie der andere atmete. Schließlich schliefen sie ein, enttäuscht und erschöpft von den Gedanken, die sie sich machten.

Für mich chronologisch komisch, wenn sie sich schlafen legten (das ist für mich ein übergeordneter Begriff, der ins Bett legen, Licht ausmachen, einschlafen beinhaltet)

Für mich wäre besser: Sie legten sich ins Bett. Löschten das Licht. Hörten die Klimaanlage surren, hörten, wie der andere atmete.

Er saß im Wohnzimmer, war im Dunkeln nicht zu erkennen gewesen.

knipste die Lampe an.

Licht ins Dunkle bringen? Deswegen hat auch Lea im ersten Abschnitt das Licht ausgemacht?


Sie tranken die ganze Flasche. Dann schlug Lea vor, runter zum Fluss zu gehen. Sie zogen Jacken und Stiefel an, machten sich auf den Weg, schwankten die steile Straße hinunter, die man zu salzen vergessen hatte, hielten sich aneinander fest, um nicht auszurutschen.
zum Fluss hinunter zu gehen gefiele mir besser

Der Weg führte über eine Brücke und sie blieben stehen; starrten auf den Fluss, bekamen das Gefühl, das Wasser bleibe an Ort und Stelle, während sie sich bewegten.
Ein Satz für ein Semikolon.

Auf einer Sandbank, ganz in der Nähe, konnte man ein demoliertes Fahrrad liegen sehen, freigelegt wie ein archäologisches Fundstück.
Ein schönes Bild, aber das demoliert ist sperrig. Ein ein in Mitleidenschaft gezogenes Fahrrad /Fahrradgerippe fände ich passender.

Sie hinterließen zwei Scherbenhaufen. Noch Monate später, da waren sie bereits zusammengezogen, klingelte das Telefon mitten in der Nacht. Daniel, der in den Hörer schrie, Lea werde es bereuen.
Ha, da habe ich ja den Auslöser gefunden ;)! Daniel muss so ein eifersüchtiger Arsch gewesen sein, dass Lea sich geschworen hat, beim nächsten nur noch freie Liebe zu akzeptieren.
Alex' Ex, die das Gleiche sagte, nur leiser. Während Alex nicht müde wurde, alle Schuld auf sich zu nehmen und mit einem geflüsterten Alles wird gut aufzulegen, knallte Lea den Hörer meist nach kurzer Zeit hin.

Ich finde das kurios, dass beide telefonisch mit ihren Exen so Probleme haben. Aber dafür sind ja Texte da, dass auch was Kurioses passieren darf, nicht wahr?
„Versprich mir, dass du nie so wirst“, sagte sie.
Da habe ich Bezugsprobleme.


An einem milden Frühlingstag saß Alex auf einer Parkbank und sah zu, wie Lea auf ein Kinderkarussell sprang, wie sie es von einem Mann, der zufällig in der Nähe stand, anstoßen ließ, wie sich das Karussell immer schneller drehte, Lea ihm, Alex, zuwinkte, die Hand des Mannes sich auf ihre Schultern legte, um die Drehung zu beschleunigen, sie vor Vergnügen kreischte, der Kerl grinste.
Peeperkorn, wir gegen mal zusammen auf so ein Drehkarussell, damit du das bildlich besser hinbekommst. (nächstes Gathering - Spielplatzsuche :D)

Wenn es so ein Karusell ist, dass man durch Drehung in Schwung bekommt, dann ist es das innere Rad, das fest steht und man sich am drehenden Außenrand durch Ziehen des inneren Rades im Kreise dreht. Da stößt der Mann nichts an, sonst müsste er mit dem Karusell außen herum mitlaufen, damit da was passiert.


„Das ist deine Sache. Das geht mich nichts an. Das ist nicht unser Deal.“ Lea verschränkte die Arme. „Werd' erwachsen, meine Güte!“
Hehe, fragt sich, wer erwachsen werden sollte.
. Grüne Kreuze, die über Apotheken blinkten.
Du erwartest viel von deinen Lesern, damit die sich verorten können. Da ich grade aus einem Urlaub komme, in dem ich einige der Blinkteile sah, ist mir das präsent, aber im Alltag wird das schon schwieriger.

Wie sie wieder abtauchte.
„Nicht“, murmelte er.
Stark.

Als Lea nach Hause kam, sah sie, dass im Wohnzimmer Licht brannte, warf einen Blick hinein, sah eine Schachtel Antibiotika auf dem Couchtisch liegen und Alex auf dem Stuhl stehen.
könntest du vielleicht das zweite sah eliminieren? Ich hätte ein entdeckte dafür im Angebot.

Das Papier wellte sich, drohte zu reißen. Lea hielt die Hand vor den Mund.
„Warte. Ich helf' dir“, sagte sie.
Schöner, zweideutiger Schluss.

Mir war Lea zu cool. Vielleicht lag das auch an der Anordnung der einzelnen Stränge. Wäre sie freundlicher eingeführt worden, hätte man eine andere Grundhaltung.

Die Absätze im Jetzt, als Lea mit ihm reden will, sind mir viel präsenter als die Rückblicke, die sind mir etwas konform geraten.

Für mich wird Alex als Weichei präsentiert und ich glaube, das war gar nicht so in letzter Konsequenz von dir gedacht. Er kommt mir vor wie so ein demütiger Hund.

Die Beziehung kommt für mich in dieser Fassung hörig herüber. War das so gedacht?

Lieber Peeperkorn, bedenke bitte, dass ich dich hier auf hohem Niveau kritisiere. Also nicht, dass meine Kritiken hohes Niveau hätten, aber ich verlange von dir dieses und nach den Kriterien vermerke ich Dinge, bei denen du vielleicht denkst: Meine Güte, sonst noch Probleme? :D

Die Geschichte als solche spricht mich nicht besonders an. Fremdgehen ist für mich mit Emotionen besetzt. Hier ist mir alles zu unterkühlt, da flippt keiner aus, da wird "wir haben ja ausgemacht" durchgezogen und gelitten. Was für eine Scheißbeziehung. Ich kann wahrscheinlich solche Menschen nicht ertragen, die so drauf sind. Und - die sind einfach noch zu jung, so, wie die rumhampeln, die können keine Einfahrt zu ihrem Haus/Wohnung haben - um wieder den Bogen zum ersten Absatz zu finden ;-).

Liebe Grüße
bernadette

 

@alle: Der Text ist nun leicht überarbeitet, der Einsteig etwas weicher, Lea etwas weniger kalt. Dass Alex früher ebenfalls die offene Beziehung gelebt hat, wird jetzt deutlicher.

Lieber Friedrichard

Vielen Dank für deinen langen Kommentar. Ja, Lea und Alex wollte ich buchstäblich symmetrisch halten, dass der Deal dann auch noch a, e und l drin hat, ist mir hingegen gar nicht aufgefallen. Aber schön.

Wieder einiges gelernt, über Namen und Etymologie, und auch wieder gemerkt, dass wir uns verstehen, wenn es um Tausch und Täuschung, Warencharakter und den Betrug im (und am) Opfer geht.

So wenige Flusen. Hast du denn gar nicht gesucht? Aber dieser verdammte Konjunktiv irrealis, den musste und muss ich mir noch immer antrainieren, denn auch ich gehöre zu den Menschen, die mal gedacht haben "sei" sei eleganter als "wäre" und das in jedem Kontext verwendet haben.

Lieber erdbeerschorsch

Ein seltsamer Kommentar. :) Zunächst die These ...

mir war trotzdem in der Geschichte etwas anderes zu dünn

... worauf dann die Belege folgen sollten, die aber ...

Jetzt rudere ich mal schnell zurück: An der Stelle fehlt mir bestimmt kein Krach.

Das ist also ganz sicher auch nicht meine Schwierigkeit.

... eher relativieren und dann zur Konklusion ...

Ist doch eigentlich ganz schön, dass es eben nicht heftig kracht, dass sich alles so im Stillen abspielt. // Letztlich kann ich es nicht genau sagen.

... führen.

Das klingt jetzt vielleicht so, als wolle ich mich darüber lustig machen. Im Gegenteil. Ich fand das toll von dir, dass du mich an deinem Denkprozess hast teilhaben lassen und nicht nur ein: "Ich weiss auch nicht genau, aber irgendwie ist es zu dünn" dagelassen hast. Ich fand das wirklich sehr spannend, deine Suche nach dem Haken mitzuverfolgen.

Und das Witzige ist, dass es mir ähnlich geht. Vielleicht ist eben nicht das eine oder andere Detail, sondern das, wie es bernadette nennt, unterkühlte Gesamtbild, das die Geschichte so wirken, oder eben nicht wirken lässt. Also, natürlich mag ich meine Geschichte, aber ich kann das gut nachvollziehen.

Den Griechen habe ich rausgenommen, das war ein guter Hinweis.

Danke für diesen Kommentar!

Liebe bernadette

Ich habe deinen klasse Kommentar bereits "verarbeitet" und in die neue Version einfliessen lassen. Eigentlich hat mir dein Kommentar sogar den nötigen Kick gegeben, die Überarbeitung in Angriff zu nehmen. Ich antworte später im Detail, jetzt muss ich leider los.

Lieber Gruss euch allen
Peeperkorn

 

Aber, aber lieber Peeperkorn, jetzt muss ich doch glatt den Friedel machen:

Das klingt jetzt vielleicht so, als wollte ich mich darüber lustig machen.
:)

Freut mich, dass du etwas mit dem Kommentar anfangen konntest.

Noch etwas: Es gab da anderswo diese Diskussion um Reduktion usw. Die habe ich verfolgt, obwohl ich mich nicht eingeschaltet habe. Als ich deine Geschichte gelesen habe, kam sie mir - das ist mir jetzt wieder eingefallen - spontan wie eine Art Stilübung zu diesem Thema vor. Ich habe sie deswegen von vornherein nicht ganz voraussetzungslos lesen können, hatte schnell das Gefühl, durch die Geschichte hindurch zu schauen und etwas anders dahinter zu sehen. Gut möglich, dass mein Eindruck auch damit zu tun hat. Das wäre dann noch eine weitere Relativierung, denn ohne diesen Hintergrund hätte ich sie vielleicht ganz anders wahrgenommen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

So, liebe bernadette

Derzeit sind aufwändige Satz-für-Satz-Kommentare etwas seltener zu sehen, es hat mich gefreut, dass du mir einen solchen gewidmet hast.

Zunächst zur allgemeinen Einschätzung. Ja, kann ich nachvollziehen. Ein heisses, emotionales Thema so unterkühlt zu präsentieren, wirkt anämisch, kann ich verstehen, wenn du nicht warm wirst damit.

Umso mehr schätze ich es, dass du dich so genau mit dem Text auseinandergesetzt hast. Vielen Dank.

Lea hörte den Wagen die Einfahrt hochfahren.
Das hört sich nach Villa an. Eindeutig. Ich denke also: Betuchte Protagonisten.

Sie steht im Dunkeln? Möchte sie nicht, dass er sie richtig wahrnimmt? Wieso wird das Licht gelöscht? Das schreibst du doch nicht nur so hin, oder?

Doch, echt. Ich schreibe manchmal irgendeinen gedankenlosen Scheiss hin, einfach, weil es gut klingt. Also, das mit der Einfahrt habe ich geändert, ich habe mir das nicht überlegt. Peinlich, weil es der erste Satz ist und ich mir später durchaus ein paar Gedanken zum finanziellen Stand des Paars gemacht habe.
Das Löschen des Lichts im Gang habe ich reingetan, damit der Satz einen guten Rhythmus bekommt und da habe ich Lea halt irgendetwas machen lassen. Mittlerweile gefällt es mir aber ganz gut, Lea verdunkelt, Alex will Licht in die Sache / Beziehung bringen.

Peeperkorn, für mich geht das gar nicht. Dich testen lassen ist für mich eindeutig HIV-geprägt.
Da wir Lea noch gar nicht kennen, und das einer ihrer ersten Sätze ist, ist das für mich wichtig. Die Frau ist unterkühlt und egoistisch, so denke ich über sie.
Dann dieser Minidialog als solcher. Er sah sie lange an. Wieso denn? Muss er denn zwingend erst etwas sagen, bevor sie Tacheles redet?

Ich habe diesen Dialog umgeschrieben und hoffe, die genannten Klippen umschifft zu haben. Auch habe ich Lea nun etwas weicher gezeichnet, das auch als Reaktion auf andere Kommentare, die hier ebenfalls ein so negatives Bild von Lea bekommen haben, wie ich es nicht intendiert hatte.

Sie hörte Geräusche, die sie nicht einordnen konnte, streifte sich ein T-Shirt über, drückte ein Antibiotikum aus der Packung und ging ins Wohnzimmer.
Ich finde, da übertreibst du mit dem Nebenbei-Erzählen.

Finde ich einen sehr guten Punkt, das ist etwas, das ich auch verallgemeinern, für weitere Texte mitnehmen kann. Gerade durch die Nebensächlichkeit wirkt die Sache gezwungen. Ich habe das Antibiotikum gleich im Restaurant-Dialog untergebracht.

Dass eigentlich nur der Andere gemeint ist, hat mich Zeit gekostet.
Vielleicht würde eine neue Zeile auch schon was bringen?
Oder noch besser: Wieso schreibst du nicht: Wer wars? oder Wer ist es?

Habe ich geändert. Auch das Betreten-verboten-Schild. Sie legten sich ins Bett (statt: legten sich schlafen) und gehen einfach zum Fluss (statt: runter zum Fluss).

Ein schönes Bild, aber das demoliert ist sperrig. Ein ein in Mitleidenschaft gezogenes Fahrrad /Fahrradgerippe fände ich passender.

Du findest "ein in Mitleidenschaft gezogenes" echt weniger sperrig als "demoliertes"? Vielleicht liegt es daran, dass "demoliert" in der Schweiz ziemlich geläufig ist.

Peeperkorn, wir gegen mal zusammen auf so ein Drehkarussell, damit du das bildlich besser hinbekommst.

Du weisst ja, dass ich ein grosser Freund von Achterbahnen und co bin. :Pfeif:
Ich habe das Karussell durch eine Schaukel ersetzt, hast recht. Auch das zweite "sah" habe ich eliminiert.

Die Beziehung kommt für mich in dieser Fassung hörig herüber. War das so gedacht?

Nicht in dem Ausmass, wie das allgemein wahrgenommen wird. Ich habe das ganz wenig geändert, lasse Alex mal fluchen und mache deutlicher, dass er durchaus ebenfalls mit anderen ins Bett geht/ging.

Also nicht, dass meine Kritiken hohes Niveau hätten

Doch. An dir ist mindestens eine Lektorin verlorengegangen.


Vielen Dank, liebe benadette, es war mir eine Freude.


Lieber erdbeerschorsch

Das klingt jetzt vielleicht so, als wollte ich mich darüber lustig machen.
Aber, aber lieber Peeperkorn, jetzt muss ich doch glatt den Friedel machen:

Meine Güte. Ich sag ja, dass ich das noch üben muss. Nicht zu toppen ist allerdings ein Gutachten, das ich mal gelesen habe, und in dem sich jemand über zu viele "Ortographiefehler" (sic!) beschwert hat.

Ja, ich habe die Diskussion ebenfalls mitverfolgt. Ich bin froh, dass man mir nicht nachgesagt hat, ich wolle da was kopieren (habe ich auch nicht erwartet). Aber dass ich mal mit dieser Reduktion spielen wollte, das kommt natürlich nicht von ungefähr.

Lieber Gruss an euch beide
Peeperkorn

 

Hey Peeperkorn,

ich hoffe noch etwas beitragen zu können, nachdem deine Story in gewohnter Art bereits ziemlich abgegrast ist. Die Story hat mich sehr an Szenen aus meinem eigenen Leben erinnert und ich denke, das ist zumindest für dich etwas Gutes.
Fangen wir mal mit dem Einstieg an. Durch den ersten Dialog hatte ich irgendwie die Erwartung, Alex wäre Lea's cholerischer Schnapssäuferfreund. Das ist, glaube ich, durch den Einstieg in media res entstanden. Musst du wissen, ob du das willst ... Ich fand's erstmal cool, bin aber auch echt ein Fan Unzuverlässigen Erzählens usw. (, was das natürlich nicht direkt ist).

Zu den Sprüngen kann ich sagen, dass ich beim ersten etwas lange gebraucht habe, um den Wechsel zu checken und um aus der bloßen Rückerzählung (dieser ganze Beschreibungsblock mit der Akropolis und so) rauszukommen. Das kann aber auch einfach mein mangelndes Textverständnis sein. Das entstand, glaube ich, dadurch, dass es sich für mich nicht so sehr spürbar von der vorherigen Erzählweise abhob oder eben wie nacherzählt klang. Ich will dir nicht raten, wie man es besser lösen könnte, weil ich das wahrscheinlich nicht kann, aber zumindest vorschlagen, es mit einer Verkürzung des Übergangs zu versuchen. Ansonsten haben mir die Sprünge super gefallen. Sie dokumentieren ja auch ganz klar, den Anfang und die ganze Entwicklung von Leas und Alex Verhältnis.

Kurz zu Lea und Alex: Da kann ich mit Plausibilität der Figurenzeichnung nur insofern dienen, dass ich aus meiner wenigen Erfahrung spreche. Für mich ist Lea eigentlich eine Person, deren Seitensprünge mir eher impulsiv erscheinen. Du schreibst ihr aber auch mit der Ablehnung von Alex Spießigkeit und der Geschichte mit der freien Liebe eine sehr lebensphilosophische Note zu. Wie ist das für dich? Hast du Erfahrung mit solchen Menschen gemacht. Ich bislang nur solche, wo ich am Ende den Eindruck hatte, diese Leute, die sich so gar nicht festlegen wollen/können, gehören nicht zu den gewinnensten, weil sie ihrem wahren Beziehungsideal ausweichen und sich von vornerein Partner suchen, die sie nicht zu einhundertprozent attraktiv finden (versuche jetzt bitte nicht den spieß auf mich zu drehen, hahah) - ich hätte es deshalb nie so geschrieben, aber es würde mich interessieren, worauf sich deine Verhaltensstudie bezieht (wenn diese Frage zu privat, kannst du sie ja übergehen).

Jetzt nochmal zu einzelnen Stellen:


„Ich hab' echt aufgepasst.“

hier fehlte mir etwas der Kontext. Habe es eher überlesen und bin dann wieder später eingestiegen. Mit der Antibiotika wurde es nämlich für mich durch das anfängliche "eingefangen" (war es das??) dem Wortfeld Geschlechtskrankheiten entzogen (keine Ahnung ob das Berechtigung hat ...). Im Nachhinein, gestehe ich natürlich, macht es mehr Sinn, wo ich den Ausgang der Geschichte kenne ... Jetzt bin ich hin und hergerissen (möchte dich aber daran teilhaben lassen): Einerseits finde ich es toll, dass du so konsequent mitten im Geschehen anfängst und einfach einen Dialog schreibst, der alles voraussetzt, was du dir vorab zu dieser Geschichte überlegt hast, andererseits bin ich schon über den zweiten Absatz und weiß immer noch nicht so richtig bescheid, wohin der Zug hier gerade fährt. Mehr will ich nicht sagen ...

„Dann könnt' ich mich bedanken.“
„Darum geht’s doch nicht.
Gut möglich, dass ich dich gar nicht ...“
„Gibt man's nur weiter, wenn man lustvoll vögelt?“

Worauf bezieht sich hier das "Gut möglich, dass ich dich gar nicht ..." bzw. wie setzt der Satz sich fort?

dass sie ihr Hotel fast nicht mehr gefunden hätten
.

hier Erwarte ich grammatisch irgendwie nen ... (komm du weiß es besser - Konditionalsatz??). Hätte irgendwie erwartet, dass es anders weitergeht. Würde für mich jetzt erstmal in den zwei Modi: Nacherzählt in Vorvergangenheit mit "hatten" oder einfach Präteritum funktionieren - Fehler vorbehalten ...

Holy shit,
hast du seine Lippen gesehen?“

das klang für mich ein wenig zu vulgär für die ansonsten eigentlich ziemlich smart wirkende Lea. (ja über smart lässt sich streiten ...). Wolltest du zeigen zeigen, dass sie ihrem "Trieb" erliegt? Falls ja, würde eine Schippe weniger, glaube ich, auch ausreichen.


enttäuscht und erschöpft von den Gedanken, die sie sich machten.

Fand ich super. Aus beiden Perspektiven wunderbar zu lesen.


Lea stand auf und goss sich einen Ouzo ein

Hier war ich, glaube ich, etwas langsam. Irgendwie hatte ich den Eindruck, sie sind immer noch in Griechenland und dass es da jetzt auf einmal Winter ist, machte nicht so viel Sinn für mich, oder doch? Dabei hatte ich mich nach deinem Absatz schon darauf eingestellt, wieder bei ihnen zu Hause zu sein, was sie ja dann auch waren, oder?

Ein Jogger näherte sich, stieß weiße Wölkchen aus, keuchte, zupfte sich das Stirnband zurecht, rannte über die Brücke, die zu vibrieren begann.

wow, war das lebhaft :0 bin aufrichtig verliebt in diese Settingbeschreibung ...


„Du bist Daniels Freundin?“, fragte Alex.
„Hm.“
„Warum bist du nicht zu ihm ins Boot gestiegen?“
„Weil ich tue, wozu ich Lust habe.“ Lea lächelte. „Noch ein Bier?“

der klärende Moment ...


„Das war schön“, rief sie, als sie zu ihm zurückgerannt kam und dann kauften sie sich ein Eis und aßen es gemeinsam, sodass sich ihre Zungenspitzen berührten, und alles war in Ordnung.

auch ein total interessanter Aspekt der ganzen Sache - so sexualisierte Rituale. Irgendwie ziemlich gut beobachtet, find ich.


„Doch. Und dir hätte dasselbe geschehen können.“

Wie kommt es zu dieser m. E. Fehleinschätzung Lea's von Alex, der wirklich ganz und gar in sie verknallt ist? Oder ist das an der Stelle die weise Wendung, dass Eifersucht und Misstrauen immer nur die Projektionsfläche der eigenen Untreue sind (es gab da mal so eine Studie, glaube ich ... ja, "so eine Studie", wir kennen das ...)?

Als Lea nach Hause kam, bemerkte sie, dass im Wohnzimmer Licht brannte, warf einen Blick hinein, sah eine Schachtel Antibiotika auf dem Couchtisch liegen und Alex auf dem Stuhl stehen. Er hatte das New-York-Poster in der Hand, die eine Ecke an die Wand gepinnt, den Rest hielt er unbeholfen fest. Das Papier wellte sich, drohte zu reißen. Lea hielt die Hand vor den Mund.
„Warte. Ich helf' dir“, sagte sie.

Warum bringt Alex sich um? Es ist doch mehr eine Kinderei. Also nicht, dass sich nicht schon etliche Leute in diesen Situation umgebracht hätten. Gibt es einen bestimmten Grund, warum Alex in deiner Story stirbt?? (Falls du sagst, dass passt einfach in die Dramaturgie, ist einfach die Konsequenz oder dergleichen, übergeh die Frage einfach - ist auch nur interessehalber gestellt)


Nun nochmal zum Abschluss ein kleines Wort. Erstmal habe ich natürlich vornehmlich Stellen besprochen, die mir irgendwie Ansatz für Ver"besserungs"möglichkeit geliefert haben und das fällt mir bei deinen Stories wirklich sau schwer. Ich finde, du hast eine absolut anziehende Geschichte geschrieben. Gerade die von starken Gefühlen begleiteten Phänomene wie Eifersucht, Selbstverwirklichungsideen und Liebe, dass hast du alles ganz plastisch in mir zum Leben erweckt und mich nochmal an die dunklen Tage zurückversetzt, in denen ich um eine Beziehung gebangt habe und mich wahrscheinlich ähnlich seltsam aufgeführt habe, wie Alex. Ganz großes Lob!

Hoffe du kannst etwas mit der Kritik anfangen!

Viele Grüße
Carlo Zwo

 

Hallo Carlo Zwei,


Warum bringt Alex sich um? Es ist doch mehr eine Kinderei. Also nicht, dass sich nicht schon etliche Leute in diesen Situation umgebracht hätten. Gibt es einen bestimmten Grund, warum Alex in deiner Story stirbt?? (Falls du sagst, dass passt einfach in die Dramaturgie, ist einfach die Konsequenz oder dergleichen, übergeh die Frage einfach - ist auch nur interessehalber gestellt)

Ich frage dich interessehalber, wieso du auf den Gedanken kommst, dass er sich umbringt? Kannst du mir das anhand von Textstellen erklären?

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Carlo Zwei

Vielen Dank für deinen Kommentar, ich fand den sehr aufschlussreich, auch wenn er mir am Ende ebenfalls Rätsel aufgibt. Alex steht doch bloss auf dem Stuhl und hängt das Plakat auf. Hat sich sogar die Antibiotika gekauft, was gewissermassen das Gegenteil von sich umbringen ist.

Aber von vorne:

Zu den Sprüngen kann ich sagen, dass ich beim ersten etwas lange gebraucht habe, um den Wechsel zu checken und um aus der bloßen Rückerzählung (dieser ganze Beschreibungsblock mit der Akropolis und so) rauszukommen. Das kann aber auch einfach mein mangelndes Textverständnis sein.

Das war der Grund, weshalb ich die einzelnen Abschnitt nummeriert habe, um da eine härtere Zäsur zu schaffen, aber ja, der Text springt recht hin und her.

Wie ist das für dich? Hast du Erfahrung mit solchen Menschen gemacht.

Nicht wirklich, nicht in dieser Form. Aber ich kenn' da jemanden.

Worauf bezieht sich hier das "Gut möglich, dass ich dich gar nicht ..." bzw. wie setzt der Satz sich fort?

"... dass ich dich gar nicht angesteckt habe." Das sollte sich aus der Antwort von Alex ergeben. Aber ja, das hat's schon viel Unausgesprochenes im Text, geb' ich zu.

das klang für mich ein wenig zu vulgär für die ansonsten eigentlich ziemlich smart wirkende Lea.

Witzig, ich sehe das gar nicht als vulgären Ausruf. Ich fand es lustig, wenn sie hier das Englische aufgreift, quasi als sprachlicher Link zum Rezeptionisten.

Wie kommt es zu dieser m. E. Fehleinschätzung Lea's von Alex, der wirklich ganz und gar in sie verknallt ist? Oder ist das an der Stelle die weise Wendung, dass Eifersucht und Misstrauen immer nur die Projektionsfläche der eigenen Untreue sind

Ich wollte damit anzeigen, dass die beiden offiziell eine offene Beziehung führen (Deal), und dass Lea eigentlich immer noch davon ausgeht. Oder besser davon ausgehen will. Denn, da hat Kubus schon recht, wenn die beiden eine echte offene Beziehung führen würden, dann wüsste Lea, was bei Alex läuft oder nicht läuft. Alex hingegen stellt den Rahmen wiederum offiziell nicht in Frage, verhält sich aber mittlerweile monogam und erwartet dies nun implizit auch von Lea.

Dein abschliessendes Lob hat mich sehr gefreut, vielen Dank dafür.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Peeperkorn,


du schreibst, dass du dich mit Carver auseinandergesetzt hast. Ich finde, das merkt man der Geschichte an.
Er schreibt ja Geschichten aus dem Alltag, allerdings in einem gesellschaftlichen Kontext. In all ihrer Reduktion, Kälte und Distanz, entfalten sie eine interessante Wirkung auf mich, die ich aber nur dosiert ertragen kann.

Ich finde den lakonischen Stil in deinem Text gelungen, er entfaltet auch eine Wirkung, die aber irgendwie verpufft. Ich sehe eben keinen gesellschaftlichen Kontext, keine Milieustudie, kein Porträt einer Schicht oder Lebensart. Letzteres könnte dein Thema hergeben, es gelingt deiner Geschichte aber nicht, ein tieferes Bild oder eine Erkenntnis in mir zu wecken.

Dem Thema entsprechend, hätte ich mir mehr gewünscht. Ich hätte die Figuren gerne besser verstanden, hätte sie gerne näher kennengelernt. Weniger extrapolieren möchte ich (bei dem interessanten Thema), sondern gezeigt, erzählt bekommen - du gehst halt früh aus Konfliktsituationen raus.

Dass du schreiben kannst, dass da viel Kopfarbeit dahinter steckt, ist klar. Dass du dich ausprobieren möchtest, finde ich toll. Das wird dich sicher weiterbringen.

Die Geschichte finde ich gut geschrieben, ja, allerdings passt deine Herangehensweise nicht zum Interesse, dass das Thema bei mir weckt.


Ein paar Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:


... als Alex hereinkam ...
Als sie sich gesetzt hatten ...
Als sie erwachte ...
... als wäre sie aus Wachs
Nur mal so zum Anmerken:
In den ersten drei Abschnitten kommt mir das ziemlich gehäuft vor - scheint einer deiner Lieblinge zu sein :).
Kannst du ja mal überdenken - der Text liefert insgesamt 14 Treffer.

„Hey!“, sagte sie, als Alex hereinkam. Sie küssten sich. „Alles klar?“
„Sicher.“ Alex zog die Jacke aus. „Kochen wir? Oder rüber ins Capri?“
„Wie du möchtest“, sagte Lea.
„Stimmt was nicht?“
Das „Stimmt was nicht?“ kommt sehr überraschend für mich. Du wirst dem Text vermutlich nicht mehr Fleisch geben - hätte ich mir trotzdem gewünscht.

„Ich muss dir was sagen.“
„Okay?“
„Ich hab' echt aufgepasst.“
„Ja?“
„Ich hab' mir was geholt.“
Alex sah sie lange an. „Was?“
„Nichts Schlimmes. Antibiotika und gut ist. Du solltest dich untersuchen lassen.“
„So eine Scheiße!“
Klar, du hast dich entschieden, ich gehe da auch nicht weiter darauf ein, jedoch ist das schon seeehr reduziert, was da passiert, für das, was da mitgeteilt wird. Mir ist das einfach zu nüchtern.

Lea schlief schlecht. Als sie erwachte, waren die Lider verklebt. Sie streckte die Hand aus, aber da war bloß eine zurückgeschlagene Decke. Sie hörte Geräusche, die sie nicht einordnen konnte, streifte sich ein T-Shirt über und ging ins Wohnzimmer. Alex stand auf einem Stuhl und hängte die New Yorker Skyline von der Wand. Er trug Boxershorts, sein Oberkörper war nackt, die Haut schimmerte, als wäre sie aus Wachs.
Das ist alles Jammern auf hohem Niveau, ich weiß. Soll auch nur zum Nachdenken anregen, denn du könntest vieles davon vermeiden, wenn du wolltest.

Alex rollte das Poster ein und fixierte es mit einem Gummiband. Er ließ das Band dreimal gegen das Papier schnippen.
Würde ich streichen.

„Juckreiz gehört nicht zu den Symptomen“
Vllt. zählt anstelle gehört. Das Poster gehört ihm weiter oben schon.

Sie blieben, bis das Gelände geschlossen wurde, nahmen den Weg in die Plaka, wo sie sich zwei T-Shirts mit aufgedrucktem Spartanerhelm kauften, das Nachtessen ausließen und so viel tranken, dass sie ihr Hotel fast nicht mehr gefunden hätten.
Hier blieb ich hängen, hab ich nicht gleich kapiert. Ich würde zwei/drei Sätze daraus machen.

„Lass mich runter!“, lachte sie.
Ich mag so was nicht. Kann sie das lachen?

Sie legten sich ins Bett, löschten das Licht, hörten die Klimaanalage surren ...
Klimaanlage

„Würdest du vielleicht mal Stellung beziehen?“, fragte Alex. Er saß im [dunklen] Wohnzimmer, war im Dunkeln nicht zu erkennen gewesen.
„Verflucht, hast du mich erschreckt!“
Du könntest hier was streichen. Da sie sich erschreckt, weiß man schon weshalb.

... Luft roch nach Schnee. „Das sieht nicht schön aus, die kahlen Wände.“
„Ich weiß“, sagte Alex. Und nach einer Weile: „Du fandst es spießig.“
Könnte auch weg, dann hättest du auch keine Wiederholung drin.

Der Weg führte über eine Brücke und sie blieben stehen, starrten auf den Fluss, bekamen das Gefühl, das Wasser bleibe an Ort und Stelle, während sie sich bewegten. Auf einer Sandbank, ganz in der Nähe, konnte man ein demoliertes Fahrrad liegen sehen, freigelegt wie ein archäologisches Fundstück.
Ich mag solche Einsprengsel, auch den mit dem Jogger.
Konnte das jedoch zeitlich nicht ganz zuordnen, wegen dem neuen Absatz. Ich hab nicht gleich kapiert, dass die Szene am Fluss weitergeht. Ist aber doch so, oder?
Da es ja mitten in der Nacht ist, habe ich mich kurz gefragt, wie sie das Fahrrad so gut auf der Sandbank ausmachen konnten. Vielleicht könntest du Laternenlicht oder so erwähnen.
Ist aber letztendlich auch Kleinkram, wie alles andere.

Noch Monate später, da waren sie bereits zusammengezogen, klingelte das Telefon mitten in der Nacht. Daniel, der in den Hörer schrie, Lea werde es bereuen. Alex' Ex, die das Gleiche sagte, nur leiser. Während Alex nicht müde wurde, alle Schuld auf sich zu nehmen und mit einem geflüsterten Alles wird gut aufzulegen, knallte Lea den Hörer meist nach kurzer Zeit hin.
Hm. Der Absatz gefällt mir nicht. Hättest du auch szenisch schreiben können. Die vermeintliche Gleichzeitigkeit: "während Alex" ... "knallte Lea den Hörer hin", ergab ein schiefes Bild für mich. Als wenn sie gleichzeitig telefonieren würden.
Kannst du ja überdenken, wenn du magst.

In ihrem ersten Jahr als Paar, an einem milden Frühlingstag saß Alex auf einer Parkbank und sah zu, wie Lea auf eine Schaukel sprang, wie sie sich von einem Mann, der zufällig in der Nähe stand, anstoßen ließ, wie sie ihm, Alex, zuwinkte, die Hände des Mannes sich auf ihre Schultern legten, um noch mehr Schwung zu geben, Lea vor Vergnügen kreischte, der Kerl grinste.
Ich weiß, du machst das bewusst, aber denke vielleicht darüber nach, ob du nicht mehrere Sätze draus machen willst. Ich finde den unnötig komplex und den Preis nicht wert.

„Wenn man mich einengt, hau' ich ab“, sagte sie einmal, spreizte die Arme und bewegte sie auf und ab, so als wären es Flügel.
Wirkt auf mich unfreiwillig komisch - comichaft. Ich würde es sie nur sagen lassen.

Als Lea nach Hause kam, bemerkte sie, dass im Wohnzimmer Licht brannte, warf einen Blick hinein, sah eine Schachtel Antibiotika auf dem Couchtisch liegen und Alex auf dem Stuhl stehen. Er hatte das New-York-Poster in der Hand, die eine Ecke an die Wand gepinnt, den Rest hielt er unbeholfen fest. Das Papier wellte sich, drohte zu reißen. Lea hielt die Hand vor den Mund.
„Warte. Ich helf' dir“, sagte sie.
Das Ende gefällt mir gut, auch die Metapher mit dem Poster, und die Hoffnung in der Szene. Ich finde auch gut, dass du offenhältst, wie sich das weiterentwickeln wird. Hier extrapoliere ich gerne.


So viel mal von mir.

Alles was ich angemerkt habe, ist letztendlich Kleinkram. Keine Ahnung, was du davon gebrauchen kannst, ich wollte es dir einfach mitteilen.

Das Thema interessiert mich, die Geschichte ist gut geschrieben, nur die Herangehensweise, der lakonische Stil will mir nicht recht passen. Besser gesagt: Ich hätte es spannender gefunden, wenn du mehr Fleisch aufs Gerippe gelegt hättest.


Vielen Dank fürs Hochladen!


hell

 

Hey hell

Vielen Dank, dass du reingeschaut hast. Ich habe mich gleich revanchiert, nicht aus Pflichtgefühl oder so, sondern weil ich nach deinem tollen Kommentar dachte, dass ich wahrscheinlich auch aus deiner Geschichte einiges mitnehmen könnte. Hat sich bewahrheitet.

Dass dir der Text zu knapp gehalten ist, dass auch der gesellschaftliche Kontext nicht angesprochen ist und die Wirkung insgesamt verpufft, kann ich nachvollziehen. Ich arbeite gerade an einem längeren Text und merke schon, dass ich letztlich eher die Richtung des satteren Erzählens einschlagen werde. Aber der Text hier hat mir gut getan, nur schon, um im Fluss zu bleiben, aber auch weil ich einiges gelernt habe.

In den ersten drei Abschnitten kommt mir das ziemlich gehäuft vor - scheint einer deiner Lieblinge zu sein

Sehr wichtiger Hinweis. Ich entwickle immer wieder so Marotten. Tatsächlich ist mir das selber aufgefallen, ich habe einige "als" bereits eliminiert gehabt. War mir nicht bewusst, dass immer noch so viele drin sind und habe noch einmal nachgebessert. Auch die Passage mit den "war" und "waren" und "wären".

Alex rollte das Poster ein und fixierte es mit einem Gummiband. Er ließ das Band dreimal gegen das Papier schnippen.
Würde ich streichen.

Done! Auch "zählt" statt "gehört". Mann, du hast dich echt in den Text reingekniet, jedes Wort registriert, scheint mir. Merci!

Auch die anderen Vorschläge habe ich übernommen, nur die Szene mit dem Telefon habe ich so gelassen, weil das "während" zwei Bedeutungen hat, eine zeitliche und eine logische. Ich finde, das geht schon, weil ich ja auch das "meist" drin habe, die eine zetiliche Lesart eigentlich verunmöglichen sollte. Und die Schaukelszene, ja, ich seh' schon. Aber ich möchte das auch etwas unkontrolliert, leicht rauschhaft beschreiben, da passt der lange Satz für mich besser.

Die Arme als Flügel habe ich hingegen gestrichen, hast recht.

hell, danke für diesen super Kommentar! Und jetzt, verdammt, muss ich die Arbeiten endlich korrigieren, die sich auf meinem Pult stapeln!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

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