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Deine Türe

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09.06.2004
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Deine Türe

Deine Türe
Ich stehe vor deiner Haustür, die Hand zu Klingel hin ausgestreckt. Deine Tür ist schön; elegant und unauffällig. Sie erinnert mich an dich.
Es regnet. Sich einen Weg auf meiner Haut bahnend, laufen die Tränen des Himmels langsam am Körper entlang hinunter. Ich beachte sie nicht, ich habe andere Sorgen.
Ich habe geklingelt und warte. Bist du zu Hause? Bitte sei zu Hause, denke ich.
Du bist zu Hause. Ich höre den Schlüssel, der sich im Schloss deiner eleganten Tür dreht. Kurz darauf stehst du vor mir.
Du siehst verschlafen aus. Habe ich dich geweckt? Ach ja stimmt, du warst gestern au einem Konzert. Entschuldige! Störe ich dich beim Schlafen? Ich hoffe nicht.

„Hallo… Ich wollte mich bei dir entschuldigen!“

„Wofür denn?“

„Wegen vorgestern, ich habe gespottet, weißt du noch? Du hast mir was von deinem Zukunftsraum erzählt. Ich habe dich ausgelacht. Es tut mir Leid!“

„Ach, das geht schon in Ordnung.“

Er lächelt.
Wieso lächelst du? Du sollst nicht lächeln.
Wieso schreist du nicht? Bist du nicht wütend, nicht beleidigt?
Ich habe mich entschuldigt. „Keine Ursache“, ist das alles?
Ich habe dich verspottet. Ist eine Entschuldigung genug?
Wieso regst du dich nicht auf, wieso bleibst du so ruhig?
Wieso schreist du nicht, wieso?
Ich will erklären, ich will bereuen.
Stosse mich nicht in den Sumpf der Wehrlosigkeit.
Bitte schreie!
Ich will mich schlecht fühlen, will mein Gewissen spüren.
Bitte weine, sei verletzt, fluchte, schlage um dich aber bitte, bitte zeige mir deine Wut.
Ich flehe dich an!

„Nein, es ist nicht In Ordnung. Ich war gemein. Bitte verzeih!“

„Aber ja, das habe ich doch gerade gemacht.“

Er lächelt nicht mir, sein Lächeln ist verschwunden. Wieso lächelst du nicht mehr? Ich mag doch dein Lächeln.

„Willst du nicht reinkommen? Ich mache uns einen Tee, einverstanden?“

„Ok!“

Ich folge ihm in die Küche. Eine komische Küche hast du.

„Ist schwarzer Tee in Ordnung?“

„Sicher, danke!“

Er ist schnell fertig und bringt den Tee. Kochst du oft Tee?
Wir trinken schweigend und schauen uns an.

„Und du bist wirklich nicht sauer?“

„Nein! Bitte nerv mich jetzt nicht mit dem. Wenn was wäre, würde ich es dir sagen, ok?“

„Tschuldige“

Ich schaue ihn an. Ich gehe dir wirklich auf die Nerven, nicht wahr?
Er sagt nichts mehr. Also stehe ich auf.

„Ich muss wieder los.“

Es ist ihm egal. Ohne Gruss und traurig trete ich aus der Küche. Ich wende mich der Eingangstür zu.
Von Innen sieht sie weder schön, noch elegant, noch unauffällig aus. Starr und gleichgültig steht sie vor mir.
Ja, sie ist aus hartem Holz.

 

Der Text zeigt die Unfähigkeit des Protagonisten, mit seinen Worten das zu erreichen, was er sucht. Die Hauptperson, vermutlich eine Frau, sucht Verurteilung, aber auch Anerkennung, Wahrnehmung des Gegenübers und wird enttäuscht:

Es ist ihm egal.

Sie ist unfähig, das auszusprechen, was sie denkt, und ihre Worte, dahingeredet, hilflose Versuche, dem Gegenüber Brücken zu bauen, verfehlen ihre Intention. Insofern ist auch Kommunikation Thema der kurzen Geschichte.

Dabei speisen sich die Schwierigkeiten der Handelnden aus einer gewissen Unsicherheit in Gegenwart des Gegenübers, sowie aus einer Unsicherheit, die eigenen Ziele betreffend.

Der Text hat mir gefallen, hat mich angesprochen. Die Technik, Gedanken und Dialog einander gegenüberzustellen, halte ich in dieser Geschichte für gerechtfertigt. Ohne Vorkenntnis des Protagonisten bedarf der Rezipient dieser Erklärung.

Details/ Anmerkungen:

  • "die Hand zu Klingel hin ausgestreckt" - 'zur'
  • "Tränen des Himmels" - finde ich zu arg
  • "fluchte" - 'fluche'
  • "Er lächelt nicht mir" - 1. 'mehr' 2. Es findet ein Wechsel zwischen 'Er' und 'Du' statt, der besser vereinheitlicht wird.
  • "Eine komische Küche hast du" - Weshalb, ich will wissen, was der Protagonist beim Betrachten der Küche denkt, wie er zu seinem Urteil kommt.
  • "Von Innen sieht sie weder schön" - 'innen'

 

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