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Der Berauschten Fall

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Der Berauschten Fall

Der Berauschten Fall

Papier windet sich um mich wie eine Wolke aus frischem Vertrauen. Es knittert ein wenig und zeigt mir die kritischen Stellen. Anfangs erscheint es mir noch wie ein mickriger Ersatz für die wohlig warme Decke des Selbstmitleids, aber ein wenig Geduld und ich erlebe die Wirkung. Das Geheimnis liegt in der Überwindung der eigenen Angst, die sich wie auf einem Fließband im ganzen Körper ausbreitet und nicht ablässt. Es bewegt sich immer weiter. Und des Vertrauens Spender muss den Schalter finden, um der Angst ihre Transportmöglichkeit zu nehmen. Ich weiß, die Begeisterung ist groß. Das Gefühl, jemandes Vertrauen zu gewinnen. Ein Streichholz entzündet sich so plötzlich wie die Erkenntnis, dass deine Bemühungen nicht fehlschlagen. Die Begeisterung brennt kurz wie ein Streichholz, das seine Wärme an die Kerze der beständigen Freundschaft weiterleitet. So freuen wir uns beide am gewonnenen Glück. An der Zukunft, die wir uns miteinander ausmalen. Die Erregung treibt uns an eine Klippe, und wir überlegen, ob wir den Sprung in die Ungewissheit wagen. Erwartet uns die Hölle? Oder der Eintritt in die elysischen Gefilde? Jedenfalls beginnt ein neues Leben. Dessen sind wir uns bewusst. Wir sind uns sicher.

Was ist schon Vernunft in solchen Momenten? In solchen Zeiten? Wie ein launischer Wind fegt sie vorbei, um dir Vorsicht zu gebieten. Blindes Vertrauen stürzt nur in große Enttäuschung. Maßlosigkeit ist des Berauschten enorme Gefahr. Wie ein kurzweiliger Wind. Blitzartig sticht sie dich. Mehr lassen wir nicht zu. Die eigene Realität, unsere Welt, ist so schön, dass wir ganz in ihr verweilen wollen.
Ist das schon Übermut gewesen? Ein Trampolin, welches wir willig bestiegen, um zusammen zu springen? Immer höher und höher? Wir können ja so hoch, wie wir wollen. Grenzen gibt es ja nicht. Doch es gibt sie wohl doch.

Verwirrung macht sich bei dir breit. Sie leuchtet auf wie eine alte Laterne. Langsam geschieht es, und sie flackert vor sich hin. Du stürzt zurück auf die Erde. Die Engel haben dich hinuntergestoßen. Uns beide. Und wir fragen uns, ob wir in einem Alptraum gefangen sind. Die Realität fühlt sich so unwirklich an.
Ein Baum schießt aus der Erde hervor. Bäume schießen nicht hervor. Doch dieser, so wild wie er ist, fasst schnell Wurzeln und macht sich breit. Dabei so fest und ausladend. Seine Krone so majestätisch. Die Wut. Königliche Besitznahme unserer Seelen. Unserer Körper. Wir schlagen wild um uns und stoßen uns so noch weiter und schneller von einander weg. Ein Kampf gegen uns. Und niemand wird gewinnen.
Der Weg, auf dem ich von nun an marschiere, nennt sich Niedergeschlagenheit. Die Depression ist meine Straße ins Nichts. Die Zukunft ist nicht ungewiss. Sie ist schwarz und trostlos. Ich erahne alles Leid und spüre jede Sekunde die Stiche. Aus dem Paradies in die Hölle. Und ich dachte, das Paradies sei für ewig.

Der Toaster spuckt zwei verkohlte Brote aus. Völlig ausgebrannt. Keine Hoffnung mehr, keine Wünsche. Aufgabe angesichts der Niederlage. Die Resignation hat uns gegrillt. Und klebt an uns wie Pech. Wohin noch?

Ich weiß es nicht.

[ 09.07.2002, 00:11: Beitrag editiert von: Zaza ]

 

oho! ich hab zwar nicht nachgezählt, aber ich glaube, Du hast tatsächlich alle Worte verwendet. Und hast es sogar hinbekommen, einen fließenden Text daraus zu machen... auch wenn es manchmal nicht klingt, als wäre die Ausdrucksweise so natürlich. Aber immerhin, ist alles drin. Anmerkung: ich denke, es heißt "das" Trampolin, oder?

Welchen Eindruck der Text bei mir hinterläßt, darüber bin ich mir noch nicht ganz im Klaren. Er zieht einen jedenfalls durch, man muß zügig und flüssig weiterlesen und legt ihn nicht mittendrin weg.

Lieben Gruß,
Frauke

 

Hi Zaza,
liest sich gut und flüssig. Allerdings wurde ich vom Sinngehalt deiner Geschichte nicht gerade angesprungen, soll heissen: inhaltlich so zusammengestückelt wie die zusammengewürfelten Emotionen und Sachbegriffe. Manches klingt für mich krampfhaft formuliert um das nächste Wort unterzubringen.

Zur Einbettung ins Challenge würde ich sagen: Thema verfehlt? Es gibt keine überzeugende Argumentation zu jedem Vergleich Emotion-Sachbegriff.

Gruß vom querkopp

 

querkopp, die Intensität der Bilder ersetzt eine umständliche Argumentation. Finde diese emotionale Herangehensweise überzeugender als eine rationale Begründung.

 

@gauloises:
wovon überzeugt Dich was dabei...? damit hatte ich beim 2. Lesen nämlich auch so meine Probleme... wovon willst Du uns überzeugen... man soll doch von der Kombi Sache - Emotion überzeugt werden... fällt mir schwer, das hier zu lokalisieren..

Frauke

 

Frauke, ich glaube, Du hast mich etwas missverstanden, oder vielleicht verstehe ich auch nicht, was Du nicht verstanden hast? ;)
Was ich mit meinem ersten Posting sagen wollte, hier vielleicht an einem Beispiel klargemacht:

"Das Geheimnis liegt in der Überwindung der eigenen Angst, die sich wie auf einem Fließband im ganzen Körper ausbreitet und nicht ablässt. Es bewegt sich immer weiter. Und des Vertrauens Spender muss den Schalter finden, um der Angst ihre Transportmöglichkeit zu nehmen."

Zaza stellt den Vergleich Fließband - Angst über das Bild her. Sie argumentiert nicht, sondern impliziert gewisse strukturelle Ähnlichkeiten zwischen Fließbändern und Angst. Ich wollte mit meinem ersten Statement insofern zum Ausdruck bringen, dass dieses "stille" Argumentieren viel subtiler und daher für mich überzeugender funktioniert, als zB. querkopps Methode, Punkt für Punkt ganz explizit Wut mit Toastern zu vergleichen.

 

Wie passen Emotionen und nüchterne Argumentation zusammen?
Diese Frage empfinde ich als Rhetorische.

„My love is like a red, red rose.“

Für mich ein Gedicht. Andere würden sagen, aber es ist doch nur ein einzelner Vers. Untersucht man aber diesen Vers, so findet man viele Merkmale eines Gedichtes: Eigene Aussage, stilistische Mittel: Alliteration, Vergleich, Wiederholung; im ersten Teil das jambische Meter, dann eine Zäsur, die die Alliteration vom Rest trennt, um noch einmal „red, red rose“ zu betonen. Die Wiederholung von „red“ könnte man z.B. so interpretieren: Die Liebe („rose“) des lyrischen Ichs ist jung und frisch.

Wie man sieht, alles Ansichtssache.

Worauf ich hinaus will: Niemand hat dem Dichter dieses Verses, mangelnde Argumentation vorgeworfen (weiß nicht mehr, ob es Shakespeare war). Sobald man mit Bildern spielt, begibt man sich in den Bereich der Poesie. Und die lebt von Empfindungen. Niemand bewertet eine Shakespeare-Sonette nach argumentativen Kriterien. Die Bilder sind die Überbringer der Gefühle. Sie bilden einen Versuch, seelische Vorgänge sprachlich greifbar zu machen.

Aber mal ehrlich: Der Text war nicht der Versuch dem Challenge gerecht zu werden. Aber die Diskussion, die er auslöst.... Interessant!

 

@gauloises

Zaza stellt den Vergleich Fließband - Angst über das Bild her. Sie argumentiert nicht, sondern impliziert gewisse strukturelle Ähnlichkeiten
Damit hast du m.E. bereits die Antwort zur Frage nach der Erfüllung der Challenge-Aufgabe geliefert. Die Frage ist weiterhin, ob das, was du "stilles argumentieren" nennst, als "argumentieren" verstanden werden kann. Du selbst negierst es, sprichtst nur von implizieren.
Dass es subtiler ist bzw. sein kann, darüber brauchen wir nicht streiten, da gebe ich dir recht. Eventuell würde es hier überzeugend funktionieren, wenn nicht eine derartige Anhäufung "subtiler Argumente" nacheinander vorgebracht würden. Dadurch verliert sich jede mögliche Wirkung im nachfolgenden -völlig neuen- Thema (Bild/Argument).

@zaza
zu deinen Ausführungen "Gedicht": naja, interpretieren kann man alles.

Niemand hat dem Dichter dieses Verses, mangelnde Argumentation vorgeworfen
... der Dichter hatte auch nicht die Aufgabe aus diesem Challenge erhalten, oder?
Was ich nicht ganz verstehe ist,
Der Text war nicht der Versuch dem Challenge gerecht zu werden.
Warum postest du ihn denn hierher? Bis zu deiner Aussage, habe ich, ebenso wie wahrscheinlich gauloise und Frauke, unterstellt, dass du dir Gedanken über die Möglichkeiten der "Argumentation" gemacht hast. Das Ergebnis erschien mir auch sehr ansprechend, in jedem Fall diskussionswürdig. Aber nun... bin ich etwas ratlos.

 

querkopp,
wenn ich sage, dass Zaza nicht argumentiert, dann meine ich damit, dass sie nicht jede einzelne strukturelle Ählichkeit zwischen Emotion und Sachgegenstand explizit aufzählt.
Was sie tut, ist insofern auch argumentieren, als dass sie statt eines expliziten Vergleichs die Begriffspaare metaphorisch verwendet. Und das finde ich 1. schwieriger und 2. schöner als oberflächlich Strukturgemeinsamkeiten zu benennen.
Dem Rest Deiner Ausführungen stimme ich von dieser Ansicht ausgehend auch nicht zu.

 

Hallo Zaza,

immer wieder bin ich überrascht von Deinen Geschichten.
Zunächst: Es liest sich wie ein Mathebuch (hehe, ich weiß, dass Du das studiert hast): Jeder Satz hier trägt eine Botschaft.
Es geht um das Verliebtsein. Meine Gedanken: Endlich hat man jemanden gefunden, der "auf's Haar" zu einem passt.
Dies ist eine Illusion, perfekte Bilder, Traumbilder, Traumpartner existieren nur in der Phantasie. Es sind Menschen. Man selbst ist "nur ein Mensch". Die Frage ist nun: Werden sie auseinandergehen oder es akzeptieren können. Bzw. wenn die Verbindung an sich gut ist: Werden sie neuen Traumbildern hinterherjagen oder es meistern.
Oder: Der erste Taumel der Liebe, wird er anhalten. Passen sie zueinander?
Sehr treffende und schöne Metaphern. Was auch immer das für eine vergangene "Herausforderung" war - das, was ich schreibe, sehe ich in dieser Geschichte. Die Geschichte steht in meinen Augen für sich.

vio

 

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