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Der Erstgeborenen Kinder

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19.01.2004
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Der Erstgeborenen Kinder

Der Erstgeborenen Kinder
oder
Von Aeviyren und Heoliyjart

Als der Tag jung war und die Nacht noch nie hereingebrochen, da lebten die Menschen in ständigem Glück und zu aller Zufriedenheit.
Der Vater hatte ihnen unendliches Leben geschenkt und ihnen eine Welt gemacht, welche so voller Schönheit war, dass es in den heutigen Tagen nicht mehr erzählt werden kann.
Hingegen die schönsten und stärksten aller Wesen in Hjellar* waren die Menschen selbst, denn nie kannten sie Not oder gar ein Schlechtes.
Der Vater hatte ihre unsterblichen Seelen entzweit und so Mann und Frau in die Welt gesandt, auf das sie sich suchen sollten. Ihre anhaltende Suche nach dem Fehlenden wollte er mit tiefer Liebe belohnen. Doch wo Liebe ist, ist auch Leid und so hatte er in alle ihre Herzen unwillentlich den Samen des Schmerzes gepflanzt, der zum Verlust ihrer Unschuld führen sollte.

Es begann im Lande Etariyalen, welches weit und menschenleer war. Die ausgedehnten Flure des Hedratgrases erstreckten sich tief in den Himmel. Es wurde von großen Herden der Beolirden abgeweidet, in ihrer Art Büffeln der heutigen Zeit nicht unähnlich, die mit mehr als 8 Fuß Schulterhöhe jeden Mann überragten. Gleichsam war ihre Art die ruhige und sanftmütige. Der Mensch war der Freund aller Tiere und Pflanzen, und keinem anderen Menschen war er Feind, wie es uns im jetzigen Zeitalter oft begegnet.
Damals zogen die meisten aller zweibeinigen Erdenkinder noch frei und ungebunden durch die Welt. Entweder suchten sie einander oder ihnen gefiel es sich in Helljar umzuschauen und aus ihr zu lernen, denn viel gab es zu entdecken.

In eben diesem Lande Etariyalen an den weiten Ufern des Flusses Tortrelljar trafen sich Artonariys und Driolawin. Sie vermählten sich und gaben sich die Namen Dripolariyn, was soviel hieß wie „mein Herzensschlag“ und Tarwiljarn, welches bedeutete „Freude meiner Augen“. Biynral sollten von nun an alle männlichen Kinder im Namen tragen.
Und Dripolariyn gebar daraufhin einen Jungen. In einem sanften braunen Ton schimmerte seine Haut, wildes Grün funkelte in seinen Augen und sein Haar hatten die Farbe der Erde, auf der das Gras sproß. In diesen Zeiten gab es viele Farben im Geschlecht der Menschen - so viele wie es Farben in den Blüten der Blumen oder an den Früchten der Bäume gibt. Und es war gut so und niemandem mißfiel es. Die vielen Tiere des Graslandes begrüßten der Reihe nach das lebhafte Kind, doch als die älteste und weiseste Beolirdenkuh in ihre Mitte trat, da stand der Junge auf und ging sicheren Schrittes auf ihre schweren Hufe zu. Die Kuh senkte ihren Haupt und er kletterte zwischen ihrer Hörner und lachte vergnügt. Wie Dripolariyn und Tarwiljarn dies sahen, gaben sie ihrem Sohn den Namen Heoliyjart, und groß und stark wurde er.

Unweit der Quellen des Flusses Tortrelljar, in den Hainen des Betroljarum am Fuße des Pertoriunberges fanden sich Nechartulen und Beslariyn. Sie schlossen den Bund und nannten sich von nun an Njellamar und Marildjar. Und Antrim sollte der Name ihres Geschlechtes sein.
Und als die Zeit gekommen war, wurde ihnen ein kleines Mädchen geboren. Ihre Haut war weiß wie der junge Schnee der Antarisberge und ihre Augen leuchteten in einem Blau, dass jeden Pantrisstein verblassen ließ. Ihr Haar war in große Locken gelegt und eine jede Strähne reichte in ihrer Farbe vom dunklen Blond an der Wurzel bis zum hellen Gold in der Spitze. Die Vögel des Waldes brachten den frohen Eltern Geschenke und sangen ihre Lieder für sie, doch als die Aeviynamsel sang, da verstummten sie alle, denn so schön waren ihre Töne und so lieblich ihr Gesang. Da hießen Njellamar und Marildjar ihre Tochter von nun an Aeviyren zum dank an die Amsel.
Die beiden Kinder wuchsen getrennt von einander lange Zeit nur bei ihren Eltern und den Tieren ihrer Heimat auf und nimmer sahen sie andere Menschen.

Niemand kann sagen wieviel Zeit wohl vergangen war, denn im verlorenen Zeitalter war da keiner, der sie maß. Und so könnten nur wenige Jahre oder hundert menschliche Leben vorüber gewesen sein, bis der junge Heoliyjart sich aufmachte, um das Land zu erkunden. Von Gestalt her war er ein Kind - in unseren unwissenden Augen nicht größer als ein Zehnjähriger. Seine aber sprachen von den vielen Dingen, die er gesehen hatte, und den vielen Dingen, die er erfahren hatten, mehr als es in einem der unsrigen Leben möglich wäre. Er war gewachsen, wie er es wollte, und nicht, wie es ihm das Alter befahl.

So kam es, das Heoliyjart mit Tantrel, seinem getreuen Beolirdbullen, einen ausgedehnten Ausritt unternahm. Bald schon hatten sie die Grenzen des Graslandes erreicht, doch zog es Heoliyjart immer weiter fort. Die Wälder des Betroljarum waren nah und sie kamen bereits an einzelnen buschigen Talliynsträucher vorbei, als Heoliyjart einem Gesang gewahr wurde, den er noch nie zuvor vernommen hatte. Er war höher als das Quieken der Mendrartmäuse und doch angenehm im Ohr. Die Stimme spielte sanft wie der Ruf der Urtaseule, und doch war es eine Melodie voller Klang und Anziehungskraft.
Er deutete Tantrel die Richtung, und wie der Wind trug er ihn zu Aeviyren.

Die Tochter des Waldes war in Gestalt einem jungen Mädchen gleich, noch nicht dem Kinde entwachsen. Indes ihr sichtbares Alter trog den unbedarften Beobachter. Wohl geraten war sie ihren Eltern und ihren jungen Körper umhüllte ein weiches Kleid aus feinem Stoff.
Sie saß auf einem dicken Ast des größten und schönsten Pellanjarbaumes weit und breit. Seine frischen Blüten dufteten verführerisch nach süßem Honig, und dicke Bienen und bunte Schmetterlinge labten sich an seinem Nektar. Einige von ihnen saßen auf der Hand des schönen Mädchens und ließen sich von ihren Fingern streicheln. Große Heerscharen hatten sich zu ihren Füßen auf die am Boden liegenden alten Früchten niedergesetzt und taten sich gütlich an ihnen.
Mit dem lauten Rauschen hunderter knickender Grashalmen unterbrach Heoliyjart diese gegenwärtige Ruhe und eine in allen Farben der Welt leuchtende Wolke aus Körpern und Flügeln erhob sich aufgeregt in die Lüfte.

„Wer bist du? Was störst du mein Lied?“, rief die erstaunte Aeviyren zu der Gestalt hinter dem Schmetterlingsschleier.
„Ich bin Heoliyjart aus dem Hause Biynral. Wer fragt mich dies?“, sagte Heoliyjart verwundert, hatte er doch nicht mit einem Menschen gerechnet, und tat einen Schritt voran.
Wie er so wirsch aus den flatternden Flügelvorhang hervortrat, erschrak sich Aeviyren und kippte rücklings vom Ast. In schnellem Sprung wollte Heoliyjart sie fangen, doch glitten seine Füße auf dem mit glitschigem Obst übersäten Boden aus und er kam genau unter dem breiten Ast zu liegen. Aeviyren, die er nicht richtig fassen konnte, landete quer auf seinem Bauch.
Sie kämmte sich mit ihren Händen das lange Haar aus dem Gesicht und blickte in das mit erdigem Dreck und saftigem Gelee beschmierte Antlitz Heoliyjartes.
„Du bist ja klein für einen Menschen.“, sagte sie überrascht, dieweil sie beide wieder auf die Beine zu kommen versuchten.
„Du scheinst mir auch nicht größer als ich selbst“, antwortete Heoliyjart bestürzt über diese unerwartete Beleidigung.
„Nun ja, das mag so sein, doch bin ich ein Kind, Nachkömmling und Erbe meiner Eltern“, war ihre feste Antwort.
„Ebenso verhält es sich bei mir“, grinste Heoliyjart mit unschuldiger Miene zurück.
„Oh, ich wußte nicht, dass es hier andere Kinder ausgenommen meiner selbst gibt.“
„Ich komme nicht von hier“, versuchte Heoliyjart zu erklären, doch bemerkte er, dass er in ein verständnisloses Gesicht blickte. Daher fing er nochmals an: „Ich bin Heoliyjart aus dem Hause Biynral, Sohn von Dripolariyn und Tarwiljarn“, wiederholte er mit ruhiger Stimme, „Meine Geburtsland sind die weiten Ebenen des Graslandes nahe des Flusses Tortrelljar.“
„Mein Name ist Aeviyren aus dem Hause Antrim, Tochter Njellamars und Marildjars“, stellte sie sich höflich vor, „Du befindest dich hier am Betroljarum, dem Güldenwald. Dein Fluß Tortrellja ist weit weg von hier.“
Sie blickte an sich hinunter und stellte fest, dass ihr helles Gewand vollkommen von zuckrigem Schmutz besudelt war.
„Siehst du, das hast du nun von deiner stürmischen Art!“, guckte sie ihn ernst an und mußte dann unvermittelt loslachen, „Von unseren Hemden würde der ganze Wald satt werden.“
Und wie sich da ihre Stimme zu hellem Klang aufschwang und ihre blauen Augen im Scheine Illiarisates** glitzerten, da verlor auch Heoliyjart all seine Befangenheit und mußte lachen.
Die Schmetterlinge kehrten langsam zurück und setzten sich auf die beiden süßlich duftenden Kinder nieder.
„Nun Heoliyjart aus dem Hause Biynral, Sohn von Dripolariyn und Tarwiljarn, warum störst du mich?“, fragte sie plötzlich wieder mit dem anfänglichem Ernst in der Stimme, doch war ihr Gesicht voll Freundlichkeit.
„Mir kamen gar wunderbare Laute zu Ohren und ich wollte erfahren, welchem Tier so ein schöner Klang entfährt“, antwortete er ganz ehrlich, wie es zu dieser Zeit die Art aller Menschen war.
„Gefunden hast du mich, und bin ja wohl kein Tier“, fuhr sie ihm ins Wort. Dann stockte sie in ihrem Eifer. „Wunderbar und schön fandest du meinen Gesang?“, fragte sie und lächelte ihn an.
„Gesang, was ist das?“, gab er verblüfft zur Antwort.
„Du kennst keinen Gesang? Weißt nicht was ein Lied ist?“ Ihre Auge wurden groß und rund.
„Doch, doch, ich kenne Lieder!“, erwiderte Heoliyjart schnell, wie er die Verwunderung in ihrem Gesicht lesen konnte. „Wenn der Wind durchs Gras streicht, singt es, um ihm zu gefallen, sein Lied von den Ähren und Halmen. Und wenn die jungen Bullen in der Brunft sind, dann singen sie ihr Liebeslied, um die Kühe zu betören.“, Er merkte, noch während er die Worte sprach, dass dies wohl kein entsprechender Vergleich war und fügte schnell hinzu : „Aber niemals verspürte ich dieses seltsame Gefühl hier drin...“, und er fasste sich auf die Brust, „ ...bis dein Lied ich hörte. Bring‘ es mir bei, bitte.“
„Gut! Ich will dich lehren, was die Vögel mich gelehrt“, gab sie ihm zur Antwort auf seine Bitte.
Und von nun an kam er regelmäßig zu diesem Baume, und sie unterwies ihn in der Kunst des Gesanges. Er brachte ihr das Reiten auf den Beolirden bei. Beide lernten sie viel von einander und niemals war dort ein Zwist zwischen ihnen, oder trennte sie gar ein Streit.

Die Zeit verflog im zeitlosen Alter und wie die Kinder wuchsen, so wuchs auch ihre Freundschaft. Und fest und ewiglich sollte sie sein.
Und aus Aeviyren gedieh eine Frau von besonderer Schönheit und Anmut, selbst neben den Erstgeborenen. Heoliyjart ward groß und stark, und immer war er auf der Suche nach Wissen, welches noch nicht sein Eigen war.
Als sie nun der Jugend langsam entwachsen waren, und sie ihren Eltern beinahe in Vollkommenheit glichen, da riefen diese beide zu sich, wie sie es manchmal taten, und erzählten ihnen von Ellariyn, der Stadt der Menschen tief im Lande Trennaril, nahe der goldenen Aéloriywälder, am Ufer des Sees Amnrasil.
An diesem Ort der Zusammenkunft befand sich das Orakel von Allrin. Dorthin sollten Heoliyjart und Aeviyren reisen, um in der Lehre von der Ewigkeit des Menschlichen unterwiesen zu werden.
Heoliyjart und Aeviyren machten sich zu Fuße auf die Reise und kamen nach geraumer Zeit, wenn es so etwas überhaupt gab, an den Toren Ellariyns an. Schon lange vorher hatten sie das bunte Treiben auf den großen Plätzen beobachten können, derweil sich die Stadt langsam im Himmel abzuzeichnen begann.

Es war eine Stadt wie wir sie heute nicht mehr kennen. Keine Häuser mit Dächern gab es dort und doch standen an jenem Ort Paläste und Tempel von unvergleichlicher Pracht in ihrer Art und Weise. Sie waren nicht von Hand gebaut, sondern in einem Ganzen geschaffen worden, von den mächtigsten und weisesten unter den unsterblichen Menschen.
Fein wie eine Seifenblase wölbte sich eine gläsernes Kuppel in den Himmel. Riesige Torbögen auf nur langen dünnen Säulen gaben den einzigen Halt am Boden. Ihre Breite war wie ihre Höhe und diese war von unglaublicher Weite. Hätte ein Mann einen anderen auf die Schultern genommen und dieser würde bereits einhundert weitere tragen, der oberste hätte noch immer nicht den Rand der Bögen fassen können.
Mindere Ausgaben dieses zerbrechlich wirkenden Gebildes standen vereinzelt oder in kleineren willkürlichen Gruppen nahe der großen Haupthalle auf dem Boden oder schlossen sich seiner flimmernden Oberfläche an.
Bei allen war ein buntes Treiben von Menschen, die mal hier und mal dort sich trafen und vortreffliche Gespräche zu führen schienen. Kein Pfosten und keine Strebe, wie sie die unsrigen Baumeister heutiger Tage verwenden müßten, hielt das Innere der gewaltigen Wölbung in der Höhe. Klares Licht fiel durch die zarte Haut, als ob sie nicht vorhanden wäre, auf den eingeschlossenen und vielbelebten Platz. Gebäude unterschiedlichster runder und länglicher Form wie Kinder der Natur bildeten Straßenzüge, zwischen denen die Einwohner Ellariyns ihren anfallenden Geschäften nachgingen. Es waren Schulen und Theater, Bibliotheken des Wissens, in denen die Älteren und Weisen die Suchenden unterrichteten, die dort von allerhand wunderlichen und in jedem Fall farbenprächtigen Pflanzen umrankt wurden. Der noch so aufmerksamste Beobachter konnte nicht immer genau sagen, wo ein Blütenbaum anfing und das Haus endete. Und wenn er es konnte, dann sah er nicht, dass das Gewächs an anderer Stelle wieder vom Bauwerk eingeholt zu werden schien. Das Auge gewann keine Zugang hinter die schimmernden Wände. Aber war man umschlossen von ihnen, so bildeten sie doch keinen Käfig, der das von außen einfallende Licht davon hätte abhalten können einzudringen. Die Wände waren derart gebaut worden, auf das in keinem Menschen das Gefühl aufkomme, er wäre allein und getrennt von den anderen.
In der Mitte der ausladenden Decken zog sich wie ein Tropfen klaren Morgentaus ein langer Zapfen, an dessen Spitze die prachtvollste Kugel aus perlmutternem Glanz hing. Sie war das Heim des gewählten Rates der Stadt, zu dessen Sitzungen alle Bürgern Eintritt gewährt wurde, so es ihnen gefiel. In einem stetigen Strom flogen Menschen zu diesem in der Mitte aller Dinge gelegenen Ort auf und nieder.

Aber das Ziel der Reise Heoliyjarts und Aeviyrens lag genau unterhalb der gewaltigen Ratskugel. Ein besonderes purpurnes Licht brachte die Haut des Orakeltempels zum Erleuchten, gleich dem, wie es ihnen ihre Eltern beschrieben hatten, und hob ihn damit von den anderen nicht weniger köstlichen Bauten deutlich ab.
Die beiden Freunde waren überwältigt vom Glanz und der Schönheit, die sie sahen und dem vielen Volk auf den breiten Straßen. Die Stadt versprühte innige Freundschaft und Zusammengehörigkeit unter allen Menschen. Die Leute grüßten sie, gleichwohl mit gesprochenen als auch gedachten Worten.

„Aeviyren, lass uns alles schauen. Das Orakel wird sicher auf uns warten. Gern möchte ich von allem hier ein Stück kosten, denn soviel menschliches Leben hast auch du noch nicht gesehen“, brach es aus Heoliyjart heraus, als sie sich in Mitten eines großen Platzes wiederfanden, umringt von mehr Menschen als Ameisen auf einem Haufen.
„Gut, ich will mit dir die Stadt erleben, doch lass uns nicht allzu lang verweilen, denn mich drängt es nach den heimatlichen Wäldern, und ich bin sicher, auch du misst deine geliebten Hedratwiesen“, antwortete sie ihm lächelnd und dennoch bestimmt.
Und so streiften sie durch die Stadt, und immer war Heoliyjart voran und Aeviyren folgte ihm auf dem Fuße.
Tief bewegte sie, was sie dort sahen. War ihnen doch nie so deutlich vor Augen geführt, wozu ihr Volk in all seiner Herrlichkeit in der Lage war. Mit großen Augen bestaunte Heoliyjart die Wunder, welche ihnen aufgezeigt. Und auch Aeviyren war überwältigt von Glanz und Pracht der schönsten aller Städte.
Dann aber traf das Mädchen auf Brintaren, von dem viele sagten, er wäre der Beste unter den Menschen.

Er gehörte zu den Erstgeborenen, und an ihm sah man wohl am vortrefflichsten die hohen Werte, die der Vater seinen Kindern auf ihrem Lebenswege mitgab. Mehr als 7 Fuß maß sein Körper von der Sohle bis zum Scheitel. Unter dem seidenen Gewand zeichnete sich ein mit Muskeln und Sehnen bepackter männlicher Körper ab. Auf seinen breiten Schultern trug er einen der klügsten Köpfe im Volke. Wenn man genau hinsah, dann krochen von Zeit zu Zeit kleine Funken über die graublau schimmernde Haut, und leise knisterte sein wildes silbernes Haar. Das waren die Zeichen großer Magie, herrührend von tiefem Wissen um die Macht. Sie sorgte für seine unvergleichliche Ausstrahlung, die jeden mit nur etwas schwächerem Willen zwang, seine Augen auf Brintaren zu richten, wenn er an einem vorüber schritt.
Er führte den Rat der Ewigen und von nun an gehörte ihm ganz allein das Herz der Aeviyren.
Heoliyjart jedoch ahnte von allem nichts, als er als erster das Orakel betrat.

In vielen Ecken der Stadt hatte er sich bereits berichten lassen, von der wundersamen Wirkung, die der Tempel auf der Kinder der Erstgeborenen ausübte, denn diese waren angehalten, ihn zu besuchen.
Er betrat den gläsernen Bau, der in Tausenden von Facetten das Leben draußen auf der Straße widerzuspiegeln schien. In der völligen Stille stand eine wunderschöne Frau mittig des Raumes. Ihre Haut schimmerte im goldenen Ton Illiarisates, und Güte und Weisheit sprachen aus ihren meeresblauen Augen.
Dann vernahm Heoliyjart eine Stimme, doch hatte die geheimnisvolle Frau kein klingendes Wort im Munde getragen.

,Ich bin Tenlariyn, Hüterin des Wissens von Illiariyn, Führerin im Orakel von Allrin. Ich heiße dich willkommen Heoliyjart, aus dem Hause Biynral, Sohn von Dripolariyn und Tarwiljarn, die da hießen Artonariys und Driolawin‘, klang die Stimme im seinen Kopf.
„Woher weißt du...“, entfuhr es Heoliyjart ohne zum Ende zu gelangen.
,Nun, deine Gedanken verraten mir vieles. So sehe ich auch, dass Aeviyren vor den Türen wartet. Ihr beide wollt in der ewigen Lehre unterwiesen werden‘, antwortete ihm Tenlariyn auf ihre Weise.
„Wird es...“
,Ob du lernst, was es zu lernen gibt und ob du weißt, was es zu wissen gibt, ist eine Frage, die ich dir nicht beantworten kann.‘ schneller war sie mit ihrer Antwort, als Heoliyjart mit seiner Frage, so stieg er dann auf dieses Gespräch der Geister ein, denn schon früh hatte er von seinen Eltern diese Kunst erlernt.
,Was wirst du mich lehren?‘, fragte er sie fordernd.
,Ich zeige dir, wie es war. Sehen und Hören wirst du, was nur die Erstgeborenen sahen und hörten. Erfahren wirst du, was sie erfuhren. Der Vater soll dein Lehrer sein, wie er unserer war. Nun sieh dich um, denn es hat bereits begonnen.‘ Und Heoliyjart sah sich im Raume um, und sah doch nur die verschwommenen Bilder der Straßen, wie bei seinem Eintritt zuvor. Aber um so mehr er sie betrachtete, um so schärfer schienen sie zu werden. Und immer näher und näher kamen sie. Ihre Gestalt entrückte in ferne Zeit, weit vor der Geburt Heoliyjartes. Mit einem Mal stürzten sie auf ihn herein, dass ihm ein Ruf der Überraschung entfuhr.

Und er sah die Düsternis des Anfangs und dann die unbewohnte Hjellar. Er beobachtet den Vater, wie er über die Erde schritt und das Leben stiftete. Er tanzte mit den ersten Seelen durch die Wälder und über die Meere. Und all das bis zu seinem Vater, wie dieser seine Mutter traf, wurde ihm offenbar und erleuchtete seinen Geist.
Nun verstand er die Welt und wußte von ihr.
Als er die Straße betrat, da wollte Aeviyren ihren Augen nicht trauen. Heoliyjart schien an Größe zugenommen, und stärker und schöner war er als je zuvor. Sein Haar war in dunkles Blond gefallen und die Kraft der Erstgeborenen schimmerte aus seinen eisig blauen Augen. Von nun an war er ein Ewiger und alle Zeit, die kommen sollte, gehörte ihm.
Aber die Gedanken Aeviyrens kehrten immer wieder zu Brintaren zurück und gern hätte sie länger in dessen Nähe verweilt. Daher war sie bestrebt, ihrem Besuch im Orakel so kurz wie eben möglich zu halten, um alsbald zu ihm zurückkehren zu können.
Wieder hieß Tenlariyn ihren Gast willkommen und wieder zeigte sie ihm jenes, welches vor seiner Geburt geschehen war. Doch Aeviyren mochte dies alles gar nicht wissen. Das spürte auch Tenlariyn. Viele der Zweitgeborenen hatte sie bereits geführt, doch Aeviyren war die erste, die sich nicht von den Bildern berühren ließ. Ihr Geist beschäftigte sich mit anderen Dingen und ließ die Eindrücke dieses fabelhaften Ortes nicht auf sich wirken. Tenlariyn war besorgt um Aeviyren, aber sie zu beeinflussen vermochte sie nicht.

Als Aeviyren den Tempel verließ, hatte sich nicht viel geändert. Unter all den wundervollen Lehren die sie betrachtet hatte, war in Wirklichkeit nur eine gewesen, welche gefestigt in ihrem Verstand. Es war die, von der Suche nach dem eigenem zweiten Teil und der Liebe, die man für diesen empfand. In Brintaren glaubte sie ihren fehlenden Teil gefunden zu haben, und sie erkannte, dass sie ihn liebte.
Auch Heoliyjart hatte besonders dieser Geschichte zugehört, und viele Bilder waren ihm im Inneren erschienen. Er sah sich mal dann als Kind und andern Orts als Jüngling, und immer war da eine mit ihm. Sie kannte all seine Eigenheiten und er kannte ihre. Und an keine Zeit ohne sie konnte er sich erinnern, und nie könnte er sich eine Zeit ohne sie vorstellen.
Und so verliebte sich Heoliyjart in Aeviyren, und noch schöner und weiblicher schien sie ihm, als sie von den Treppen des Orakel herabstieg, obgleich sie unveränderten Wesens war.

„Vieles habe ich dort drinnen gesehen“, erhob Heoliyjart froh das Wort, „Vieles habe ich erfahren, doch besonders eines habe ich erkannt: Wichtig in diesem unserem Leben ist die Güte und noch vor allen anderen Dingen dieser Welt die eine Liebe. Ihr muß unser ganzes Streben genügen.“
„Auch mir offenbarte sich diese Lehre. Liebe soll unser Ziel sein, und Liebe habe ich erfahren“, strahlte Aeviyren Heoliyjart an.
„Auch du...“, brach freudig es aus ihm hervor, da jedoch glitten seine Gedanken durch den Kopf Aeviyrens. Und dort wo sie bei ihm im Geiste stand, sah er das Bild Brintarens und alle Freudigkeit wich aus seinem Wesen.
„Brintaren ist der, den du liebst!“, rief er so laut, das Aeviyren zwei Schritte zurück trat.
„Brintaren ist der, den du liebst?“, seine Stimme erzitterte den Boden und die Vögel in weiten Kreisen um die Stadt erhoben sich in schwarzen Wolken kreischend gen Himmel.
Der erste unter den Leidlosen hatte das Leid der verschmähten Liebe in sein Herz aufgenommen, und niemals sollte es ihn wieder verlassen.
„Was ist mit dir?“ Aeviyren hatte Heoliyjart noch nie so aufgeregt gesehen und sie fand auch keinen Gefallen daran.
Die Menschen kamen herbei, um zu sehen, was geschehen war, verspürten sie doch etwas neues. Ein Gefühl, welches vorher nicht gekannt, war in eines ihrer Herzen eingekehrt und keiner unter ihnen wußte, was dies zu bedeuten habe.
Tränen glitzerten in den Augenwinkeln Heoliyjartes, und mit zitternder Stimme fragte er: „Brintaren ist es, den du liebst und niemand anderen?“
„Und wenn ich auch das Ende der Unendlichkeit erblicken würde, so wäre es Brintaren und niemand anderer“, gab sie ihm freimütig zur Antwort.
Sein Herz brach an diesen Worten und all seine Tränen konnten es nicht heilen.
Aber Aeviyren verstand ihn nicht, denn alles Leid und alle Sorgen waren ihrer unbekannt.
Heoliyjart sah die Reinheit ihres Herzens und er fühlte ihre Ehrlichkeit in der Freundschaft zu ihm.
So nahm er ihre Entscheidung hin und dennoch blieb in ihm ein Funken der Hoffnung auf ihre Liebe. Niemals ließ er dies Glimmen verlöschen.
Aeviyren aber war glücklich und fast hätte sie seine Enttäuschung nicht bemerkt.
„Brintaren spiegelt all das wieder, was ich vermisse. Mit ihm bin ich vervollständigt. Ich will ihn suchen und finden. Schnell, wenn du mich begleiten willst!“
„Nein, geh du allein. Ich kehre jetzt zurück in meine heimatlichen Gefilde. Vieles muss ich bedenken. Ich hoffe, dich bald wieder an unserem gemeinsamen Baum antreffen zu können“, sprach er zu ihr und lächelte in versöhnlicher Weise.
„Ich freue mich auf unseren nächsten gemeinsamen Ausritt. Ich hoffe, du zeigst mir dann all deine Fähigkeiten, und vielleicht kann auch ich dich überraschen.“ In ihren Worten klang all ihre Fröhlichkeit, die ihn in den vergangener Zeit immer beglückt hatte, doch nun schnitt sie tiefe Wunden in sein Fleisch.

Sie verabschiedeten sich, wie nur sie es taten und schon immer getan hatten, und Heoliyjart lenkte seine Schritte auf die Tore der Stadt zu. Als diese an ihm vorüber gezogen waren, begann er zu laufen. Und immer schneller wechselten seine Beine und immer schneller traten seine Füße. Aus dem Wind der Bewegung erwuchs ein Sturm, der ihm in sein Gesicht peitschte und nach nur wenigen Herzensschlägen war er schon über den Herrjanfluß hinweg gesprungen, der an der Grenze zu Etariyalen lag und gleich darauf durchquerte er den Güldenwald und blieb dann am Ufer Tortrelljas mitten in seiner Beolirdenherde stehen. Sein Atem war ruhig und es war, als ob es nie anders gewesen wäre.
Lange stand er dort und dachte nach und grübelte so tief und unbewegt, das man ihn beinahe für einen knochigen Baum hätte halten können.

Aeviyren aber blieb in Ellariyn und suchte nach Brintaren. Im zentralen Rat fand sie ihn, vertieft in ein Gespräch mit den anderen weit über die Grenzen der diamantenen Stadt bekannten Mitgliedern. Voller Bewunderung starrte sie zu ihm, sich immer wieder fragend, wie sie ihn gleich ansprechen würde. Es liefen Zwiegespräche durch ihren Kopf, die alle in einem lang anhaltenden Kuß der wahren Liebe gipfelten. So vertieft war sie in ihre Gedanken, daß sie nicht sah, wie er auf sie zu kam, und ihn erst bemerkte, als er sie zum Gruß an der Stirn berührte.
Tiefe Liebe sprach aus ihren aufgeregten Augen und auf seltsame Art und Weise hatte sie gehofft, die gleichen Gefühle auch in seinen zu lesen. Aber hinter der ungeheuren Freundlichkeit sah sie nicht anderes als eben diese.
,Sei gegrüßt Aeviyren von Antrim, Tochter von Njellamar und Marildjar. Ich hörte meinen Namen in deinem Geist, so frage ich dich: was ist dein Begehren?‘, richtete er freundlich seine Worte an ihr Bewußtsein.
„Sieh in mich hinein und du findest jenes, welches du verlorest in längst vergessener Zeit. Denn als ich dich sah, wurde mir offenbar, daß du es bist, den ich finden mußte“, gab sie ihm voller Ehrlichkeit zur Antwort.
Und er sah in sie hinein und sah ihre Liebe zu ihm. Doch er selbst verspürte nichts dergleichen. Er sah und erkannte nicht das in ihr, was sie erwartete. Uns so sprach er in Worten : „Nein, was du fühlst, erwidere ich nicht. Ich kann dich nicht lieben, wie du mich, denn ich bin es nicht, der dich vervollständigt, so wie du es nicht für mich bist.“

Als er dieses ausgesprochen hatte, verschwand, die ganze Freude aus Aeviyrens Antlitz. In keiner ihrer erdachten Reden, war dieses das Schlusswort. Sie empfing von ihm die volle Aufrichtigkeit seines Herzens, und doch wollte sie es nicht wahr haben.
Immer und immer wieder bedrängte sie ihn. Und immer und immer wieder gab er ihr freundlich und redlich zur Antwort: „Nein, dich liebe ich nicht.“ An allen Orten, zu denen er ging, traf Brintaren auf Aeviyren. Und immer wieder aufs neue versicherte er ihr nur seine Freundschaft, nichts darüber und nichts darunter. Wälder wuchsen heran und gingen nieder. Flüsse gruben sich ein neues Bett. Aber Aeviyren ließ nicht ab von ihrem Ziel. Es kam die Zeit, da wollte Brintaren ihr ein letztes Mal ihren Irrtum deutlich machen und ihr damit auf den richtigen Weg verhelfen. So stellte er sie und log : „Nein, Aeviyren, du bist es nicht, die ich liebe. Lineariyn, aus Palandriyl werde ich zum Weibe nehmen, denn sie ist mein Noaliyrm, das Fehlende meines Herzens.“ Da weinte Aeviyren bitterlich viele Tränen und niemals versiegen wollte der Fluss, quellend in ihren Augen. Sie tat dies so lange, bis ihre Kräfte schwanden und sie schließlich ganz verließen. Schwach und müde fiel sie in die Arme des mitleidlose Brintarens, denn nie zuvor hatte er solch Gebaren mit ansehen müssen.
Mit seiner immensen Macht nahm er sie und schickte sie mit nur einem Zug seiner Gedanken wieder in ihren heimatlichen Wald, auf das sie sich erhole und vergesse. Noch immer war er voller Güte und Freundlichkeit, denn alles Böse war ihm fremd.

Die Zeit verging und der Friede in Hjellar war unverändert und stetig. Die Menschen lebten im Gleichklang mit allen geschaffenen Pflanzen und Tieren. Doch zwei von ihnen kannten keinen Segen mehr in ihrem Sein.
Aeviyren konnte Brintaren nicht vergessen. Auch lebte im Herzen von Heoliyjart eine magere Hoffnung des Glücks weiter.
Er hatte beschlossen seine Kräfte zu steigern und mehr noch zu lernen, als er vielleicht imstande war.
Er dachte, dass er Aeviyren für sich einnehmen könne, wenn er nur genauso stark und mächtig werden würde, wie Brintaren es war.
Meist versenkte er sich tief in sich selbst, lernte die Kräfte, die in ihm steckten und übte ihren Einsatz.
Doch waren seine Mittel nicht die der Erstgeborenen. Seine Beweggründe waren andere, als jene der ersten Ewigen. Er wurde stärker und mächtiger, doch wurde es auch immer düsterer um ihn. Er unternahm keine Ausritte mehr und die Tiere des Graslandes wurden ihm fremd. Tantrel war der einzige, der ihn über die Zeit hinweg begleitete, und mit seiner Macht hielt er ihm am Leben fest. Immer seltener roch Heoliyjart an frisch blühenden Amorisrosen, wie er es als Kind so gern getan hatte. Die langen Gespräche mit seinen Eltern erfüllten ihn nicht mehr, wollten ihn erschöpfen, bis er sie ganz unterließ. Sein Herz wurde arm und klein. Nur Aeviyren fand noch darin Platz.

Sie aber weilte in ihrem geliebten Wald, in dem die Pelljarnbäume nach wie vor sprossen und wuchsen, wenn auch in krummer und gedrungener Weise, und immer seltener verließ sie ihn. Auch sie suchte die Einsamkeit vor ihren Eltern und dem Rest der Menschheit. Einzig Heoliyjart gewährte sie Zutritt in ihren kleinen Garten.
Er besuchte sie oft, aber sie sprachen nur von den alten Zeiten, von ihrer Jugend und ihrer Reise und der Ankunft in Ellariyn, der Menschenstadt. Ihm entgingen ihre Veränderungen nicht. Es wäre Hohn, würde man sagen, sie hätten ihm gefallen.
Aus dem einst so lebensfrohen Mädchen war nun eine Frau geworden, die ihrer vergebenen Liebe in Trauer und Kummer nachhing.
Nichts erfreute sie mehr auf jener Welt. Nur wenn Heoliyjart ihre Nähe suchte, vermochte sie sich auf bessere Zeiten zu besinnen. Sie sang dann und wann für ihn, und er schloss seine Augen und fühlte wieder das Gleiche, wie er damals gefühlt hatte, als er ihr zum ersten Mal begegnete.
Doch wenn er die Augen öffnete, sah er nicht mehr das Mädchen mit dem im Wind tanzenden blonden Haar und ihren pantrisblauen Augen. Er blickte in die felsgrauen Augen einer alten Frau. Ihr Haar war über die ungezählte Zeit hinweg weiß und stumpf geworden. Ihre Haut fiel in Falten wie die Rinde eines alten Baumes. Der Gram und der Schmerz in ihrer Seele ließen sie altern und ihren Körper verfallen.

Und es kam der Zeitpunkt, da besuchte Heoliyjart zum letztem Mal ihrer beider Baum. Aber diesmal war keine Spur von Aeviyren und zweifelnde Angst erfaßte sein wachen Geist. Tief im Wald spürte er ihr Herz, wie es immer langsamer pochte, Schlag um Schlag. Ohne den Bäumen und Felsen auch nur die geringste Beachtung zu schenken, flog er in geradem Kurs auf sie zu und fand sie an einen jungen Pellanjarsproß gelehnt.

„Aeviyren, was machst du nur? Was machst du nur mit dir und mir?“, drangen die gequälten Worte aus seinem Mund.
„Bist du es, Heoliyjart, mein Lieber, mein Freund?“, fragte sie langsam, als ihr die bekannte Stimme gewahr wurde. Ihre Augen leuchteten nunmehr schwach und trüb, so konnte sie seine Tränen nicht sehen. Sie hörte ihn nur schluchzen und leise weinen.
„Sprich nicht, es raubt dir allzu sehr die wertvolle Kraft.“, sagte sanftmütig er und legte sich an ihrer Seite nieder.
,Ich kann alles, was du nur im Geist sagst und denkst, hören und dir antworten‘, setzte er seine Worte in ihrem Kopfe fort. Sacht streichelte er ihre Hand und hob sie an seine feuchte Wange.
,Ich bin schwach, alt und matt. Das Leben reizt mich längst nicht mehr‘, dachte sie und er verstand sie auch ohne die Worte des Mundes.
,Ich habe meine Liebe Brintaren geschenkt und es hat mir mein Leben genommen.‘
„Ich weiß Liebste. Ich weiß es so gut“, gab ihr Heoliyjart leidmütig zur Antwort.
,Dennoch glaube ich nach wie vor an jene holde Neigung. Die gleiche Hoffnung schwelt in meinem Herzen, wie sie es in deinem tut.’ Mit diesen Gedanken überraschte sie Heoliyjart auf das heftigste.
‚Deine Gefühle für mich seit unserer Kindheit sind mir nicht verborgen geblieben, mein lieber Freund.’ Ein feines Lächeln huschte über ihren Mund.
,Deine milde Gunst leuchtete mir die dunkle Zeit im Alter‘, klangen ihre Worte, und erneut rollten salzige Tränen über Heoliyjarts Wangen und benetzten die Stirn Aeviyrens.
,Du warst mir immer mehr wert als Freund und nie hätte ich dieses eingetauscht. Unsere Freundschaft ging mir tiefer unter die Haut und wärmte mehr mein Herz, als etwas anderes es je hätte tun können. Auf unsere ganz besondere Art und Weise haben auch wir beide uns gefunden und Einigkeit ist entstanden.‘
„Ich bin so stark geworden und so mächtig ist meine Magie, doch konnte ich dich nie für mich gewinnen. Wie sehr hatte ich gehofft, du würdest von mir sprechen, wie du von Brintaren sprachest, du würdest mich ansehen, wie du ihn ansahest.“
„Ach mein lieber Heoliyjart, mein guter lieber Freund“, sagte sie leise und zittrig. Sie zog sich mit schwachen Armen hoch und berührte ganz zaghaft seine Wangen mit ihren Lippen. Da gab sie ihm ihren ersten und letzten Kuß und verfiel an seiner Schulter Schlafes Bruder. In weißem Licht glühte ihr geschundener Körper ein letztes Mal und verschwand endgültig aus der Welt der ehedem Unvergänglichen.

Mit ihr ging verloren die Unsterblichkeit des Ewigen Volkes. Das Ende des frohen Zeitalters wurde eingeläutet. Am Horizont sahen jene, welche die Zukunft ahnen konnten, bereits die Nacht heraufziehen. Sie sollte den ersten aller Tage beenden.
Es verging viel Zeit im zeitlosen Land und noch immer saß Heoliyjart an eben diesem Pellanjarsproß, der an seinem Rücken zu einem großen, jedoch schwarzem Baum heranwuchs. Schief und krumm wurde er unter der Last des gebrochenen Herzens. Dicke, knorrige Äste wie Klauen, die nach allen Seiten griffen, wanden sich gegen den Rest der Welt und hielten den Wald in der Ferne.
Heoliyjartes Tränen gruben einen kleinen, stetig dunklen Bach. Er wurde Toll’Aron genannt, der bittere Fluß. Kein sterbliches Wesen konnte aus ihm trinken, ohne dem Tode zu begegnen. Und auch die Unsterblichen suchten nicht die Nähe zu ihm.

Immer kreisten Heoliyjartes Gedanken nur um Aeviyren, aber mit ihrem Tod war das letzte bißchen Liebe und Hoffnung aus seinem Herzen gewichen. Es war nun finster und leer.
,Ich habe sie sterben lassen! Bei all meiner Macht und Kraft habe ich sie sterben lassen!‘, waren die Worte, die ihm im Kopfe dröhnten. Aber als die Blätter fielen und Schicht um Schicht ihn aufs neue begrub, da wandelten sich die Worte. Und sie waren : , Er hat ihr den Tod gebracht. Er hat sie Sterben lassen. Brintaren trägt die Schuld an ihrem Leiden.‘
Seine ganzer Wille baute Mauern und Festungen, um sich zu stärken.
,Brintaren geziemt die gleiche Pein. Ich will ihn meinen Gram kosten lassen und ihm meinen Zorn einschenken!‘
Und das allererste Mal erwuchsen Wut und Hass in einem menschlichen Herzen. Die dunkle Stimme war erwacht und übte ihren Einfluß auf Heoliyjart aus, dem mächtigsten unter den zweiten Kindern.
In seiner Verblendung suchte er sich zu rächen.

Knackend und ächzend brach er mit einem Male aus seinen gewachsenen Verankerungen, stand auf wie ein Fels, der das Laufen lernt, und setzte seinen Fuß weit hinein ins Land. All sein Zauber, in langer Andacht gesammelt, sollte jetzt befreit werden.
Nur wenige Augenblicke waren vergangen, da durchschritt er die hoheitlichen Tore Ellariyns.
Die Menschen der Stadt vernahmen im Nu die ungekannte Kälte der baldigen Nacht, und es froren ihnen die Glieder. Aufgeregt der seltsamen Empfindungen wegen kamen sie herbeigeeilt. Der Unbekannte, der den Schauder brachte, stellte sich weit hin sichtbar auf die Stufen des Orakeltempels.

„BRINTAREN!“ Sein Ruf donnerte durch die Straßen und ließ die Fassaden der kunstvollen Häuser klirren. Die Menschen hielten sich die Ohren zu, doch flüchteten sie nicht, denn Furcht war ihnen noch kein Begriff.
„BRINTAREN!!!“ Im mächtigen Krach brachen der gläsernen Bauten Wände auf.
„Was willst du von mir?“, antwortete ihm ruhig aber bestimmt eine Stimme in seinem Rücken.
„Ich bin gekommen mir zu nehme, was du genommen hast“, sagte Heoliyjart ohne auch nur eine Regung seines Körpers.
„Ich habe nie etwas genommen, was andere nicht wieder zurückbekommen hätten“, war die unsichere Antwort Brintarens. Dieser konnte den Verstand des ihm Unbekannten nicht lesen. Heoliyjart war so mächtig, das er dem Drängen des Stärksten unter den Erstgeborenen widerstand.
Er führte Brintaren das Bild Aeviyrens vor das innere Augen und Heoliyjart sagte den Tränen nah: „Du nahmst ihre Liebe, gabst sie nicht zurück. Und das stahl ihr das Leben!“
Brintaren wusste keine Antwort auf diese Anschuldigungen.
„Gib mir deines, sonst nehme ich’s mir!“ Von einem Augenblick auf den anderen stand der erzürnte Heoliyjart von Angesicht zu Angesicht mit Brintaren. Dieser hatte all seine Überlegenheit eingebüßt. Die Gefühle, die schmerzlich schreiend ihm entgegen loderten, waren völlig unbekannt in der Welt, in der Brintaren gelebt. Er war bar jedes Wissens um das richtige Handeln.
Heoliyjart zögerte nicht.

Sein ganzes Wesen brüllte Brintaren seine Pein, seinen Gram, seinen Zorn, seine Wut - seinen Hass ins Gesicht. Der Boden erbebte und die Stadt zitterte in ihren Grundfesten. Es brach ein gewaltiger Sturm los aus dem weit geöffneten Munde Heoliyjartes und riss alles mit sich, das nicht die Flucht ergriffen hatte. Jene ungeheure Kraft, entfesselt von tiefem Leiden, erfasste auch Brintaren, den einstmals Unerschütterlichen. Er verschwand in der dumpfen Staubwolke der Ruinen der Häuser, welche die Sturmbö vor sich her trug.
Dann ebbte der Wind ab und legte sich schließlich ganz. Heoliyjart indessen war verschwunden. Er entzog sich den Augen und versteckte sich in den Lüften hoch über der Menschenstadt.
Die Bürger, verwirrt von den Geschehnissen und gänzlich überrascht, krochen mühselig unter den Trümmern hervor. Am Äußeren mochte ihnen kein Übel getan worden sein, doch hatte sich Veränderungen zugetragen, die tiefer gingen, als es das Auge fassen konnte. Ein befremdliches Gefühl, die Ahnung von Angst, schwoll in ihren reinen Herzen. Die Sporen Heoliyjartes Leiden fanden neuen Nährboden in unschuldigen Seelen.
Brintaren grub sich unter dem Schutt und der Asche ehemaliger Pracht empor. Der Feind des Heoliyjartes blutete. Es floss im tiefsten Innern das kostbare Blut der Tugend und des Edelmut aus unsichtbaren Wunden. Heoliyjart lachte um die Qualen, die er seinem Opfer bescherte.
Er hatte das Herz Brintarens mit allem Hass und Grimm verbrannt. Sein Schmerz ätzte ihm tiefe Wunden, durch keine Macht oder Magie heilbar.

In langsamen Flug glitt der erster Feind des Brintaren und somit Feind aller Menschen, zurück auf den zerwühlten Boden. Mit flackernden Flammen in den Augen rief er ein zweites Mal seine fast endlos wirkenden Kräfte herbei, um aller Leiden erneut zu steigern.
Im weiten Umkreis begann die Erde zu kochen. Heißer Dampf entwich mit schnellem Pfeifen breiten Rissen, bis diese sich rasch mit flüssigem Gestein füllten. Die Reste der Häuser versanken im glühenden Morast. Die Menschen, grad eben erst dem vorherigen Angriff entkommen, stürmten in großer Zahl zu Fuß und in der Luft aus dem Kreis der verflüssigenden Hitze.
Doch Brintaren blieb. Die Luft um ihn herum brodelte, und der Halt unter seinen Füßen verwandelte sich in einen zähen, rotleuchtenden Sumpf, der alles, was er nicht schmelzen konnte, in sich hinein zog. Gleichwohl blieb Brintaren und hielt stand. Seine Fähigkeiten waren größer als die des zweitgeborenen Gegners. Er war einer der ersten Söhne des Vaters und vielleicht der beste unter ihnen.

„Es ist genug. “ befahl er mit gesammelten Kräften und eine Wellenfront weißen Lichts, ausgehend vom edelmütigen Brintaren, durchzog die Stadt, löschte allen Flammen und brachte allerorts kurzzeitig den Frieden und die Ruhe zurück.
Heoliyjart wich um nur einen Schritt. Wie er nun sah, dass die Wirkung seine Mächte versagte und diese nutzlos blieben, da weinte er bitterliche Tränen, betrogen um seine Rache, allein gelassen in seinem Schmerz.
Der anfängliche Schrecken Brintarens wich grimmiger Entschlossenheit und ein letztes Mal sprach er von Versöhnung:
„Ich bitte dich, gebiete deinem wilden Tun Einhalt. Der Pfad den du einschlägst, führt dich nur zu weiterer Zerstörung und Verwüstung. Ich sehe, das große Macht dein Eigen ist. Aber sie zu zügeln und in wohlerträgliche Bahnen zu lenken, will dir nicht gelingen. Lass dich unterrichten, von mir und anderen. Die Weisheit unseres Volkes ist ein hohes Gut innerhalb dieser Mauern.“ Brintaren behielt seine ihm gegebene Freundlichkeit bei, doch spürte er, wie etwas anderes sich seiner bemächtigte, um so länger er den Fremden betrachtete. Bittere Düsternis begann seine Gedanken zu umwerben.
Dies fühlte Heoliyjart und er begann zu frohlocken, wusste er nunmehr, dass sich seine Last und Trauer auch weiterhin in den Seelen der Menschen wiederfand, weit über den eigenen Tod hinaus. Sollte hier sein Feind obsiegen, so wäre es dennoch eine Niederlage für die Überheblichkeit der Ewigen, gleich dem eigenen Siege über sie. So dachte Heoliyjart und lachte von neuem.
„Ha! Ein Spott! Tod ist mein Ziel. Deinen Tod werde ich dir anheim bringen und wenn es mich auch mein Leben kostet.“ gab er Brintaren zur Antwort.
„Dies ist ein teurer Preis, den du zu zahlen bereit bist. Der teuerste möchte man meinen. Doch wohl an - so sei es!“
Allein Brintaren unterschätze die Schnelligkeit, mit der Heoliyjart sich bewegte. Und plötzlich war dieser ganz nah bei seinem besten Gegner im schwarzen Herzen. Ausgestreckte Finger schnellte hervor und drangen tief in die Brust des grauen Riesen. Verwirrt blickte Brintaren in die Augen seines Gegenüber und sah nur Finsternis in ihnen.
„Du sollst nicht lehren, sondern der Belehrte sein: Vergänglich ist dein Fleisch. Vergänglich und sterblich, wie das, des niederen Tieres. Koste die Sterblichkeit unseres Geschlechts. Schmecke den Schmerz unser Körper. Dies ist mein Geschenk an dich!“ spottete Heoliyjart in das Gesicht seines Opfers.

Brintaren schrie vor Leid und Qual und das erste Mal in seinem Leben bekam er Angst. Er spürte die Angst vor dem Tod, der sich auf leisen Sohlen heranschlich.
Heoliyjart griff tiefer und tiefer nach dem ehemals reinen Herzen. Das helle rote Blut des Unsterblichen tropfte auf den Boden. Unsäglich schwarz färbte es ihn ein.
Verzweifelung gewann die Oberhand und befehligte die ungeheuren Kräfte des Brintaren, auf das sie ein letztes Mal Widerstand leisten. Die Macht war mit ihm und unbesiegbar schien Brintaren zu sein. Das Fleisch drängte den bohrenden Eindringling zurück und schloss die schwere Wunde fast narbenlos. Heoliyjart mühte sich verzagt, doch seine Kräfte gingen zunehmend zur Neige. Er wurde mit einer Hand gehoben, ohne das er auch nur das geringste alles möglichen dagegen zu tun vermochte.

„Dann gehe jetzt!“, schrie in Wut und Rage der mächtige Brintaren, „Verlasse unsere Gemeinschaft! Die Wiederkehr sei dir erst gestattet, wenn Friede in dein Innerstes eingekehrt ist.“
Hart und zu tiefst grimmig war dessen Stimme. Die Stirn knitterte in tiefen Falten zwischen den Brauen, die er nun in seine blitzenden Augen zog. Der kräftigste Schlag ließ die Luft vor der Faust Brintarens blitzend auseinanderbrechen und trug Heoliyjart weit in den Himmel.
Und immer weiter stieg er auf. Die Reste der Stadt unter ihm versanken im Dunst der Ferne. Näher und näher kam er Illiarisat, Dunkelheit jedoch umnachtet allmählich sein Gemüt. Es verloren sich in der Weite die Trauer und das Herzweh, einzig der Hass blieb ihm erhalten. Heoliyjart spürte gerade noch die kratzigen Krallen der weißen Greife, von den flüchtenden Bürgern der Stadt herbeigerufen, um ihn fort zubringen, da fiel er in einem tiefen traumlosen Schlaf.
Von dieser Zeit an war Heoliyjart in der Welt der Menschen geächtet.
Niemals wieder wurde sein Name laut dahergesagt. Niemals wieder wurde seiner in Freundlichkeit gedacht. Wenn man von ihm sprach, dann nannte man ihn Morkalliyr, „der alles beendete“.
Der Keim des Bösen war gesät und begann zu reifen in den Herzen der Menschen.

* Hjellar – Die Welt des vergessenen Zeitalters ist eine sogenannte Dysonsphäre: auf der Innenseite eines Kugelförmigen Hohlraumes liegen die Kontinente und Meere (Im Prinzip eine Welt mit umgekehrter Erdkrümmung).

Im Zentrum erstrahlt
** Illiarisat – „Liebe des Vaters“ Sie ist der Wärme und Licht spendende Punkt im Zentrum Hjellars.

 

Hallo alle zusammen

Also vorab erstmal schon danke, dass ihr hier reingeschaut habt.
Ich mute euch da einen ganz schönen Brocken(11 Seiten!) zu, aber ich glaube die Stammleser von "Fantasy" verkraften das schon :)

Vorab (oder nachher?) nur kurz:
Ist eine schon recht alte Geschichte( Märchen - keine KG!!! ) von mir aus der Zeit, wo dachte ich könnte mir eine opulente Fantasywelt selbst ersinnen.
Diese Geschichte speziell war mit als Auftakt dazu bestimmt.

Für die reichlich verworren klingenden Namen entschuldige ich mich erstmal, aber man gewöhnt sich doch recht schnell daran (oder nicht?)

Ansonsten viel Spass beim Lesen und Kommentieren (falls jemand so nett ist)


mfg Hagen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Hagen,

okay, Versuch Nummer Zwei - der blöde PC hat sich einfach abgeschaltet - ist ja nicht meiner, der hätte das nie gewagt...

erstmal Textzeugs!

Als der Tag jung war und die Nacht noch nie hereingebrochen, da lebten die Menschen in ständigem Glück und zu aller Zufriedenheit.
Gleich der erste Satz bietet Spekulationsfreiraum - leben sie zur Zufriedenheit aller, oder zu aller nur denkbaren Zufriedenheit? Das solltest du umstellen, ich bin da jedenfalls drüber gestolpert

Hingegen die schönsten und stärksten aller Wesen in Hjellar* waren die Menschen selbst, denn nie kannten sie Not oder gar ein Schlechtes.
Fußnoten? Nöh, ich scroll nicht runter. Müsste es hier nicht "waren die Menschen selbst gewesen" heißen? Sie sinds ja nicht mehr

Doch wo Liebe ist, ist auch Leid, und so hatte er in alle ihre Herzen unwillentlich den Samen des Schmerzes gepflanzt, der zum Verlust ihrer Unschuld führen sollte.
sollte vielleicht durch würde ersetzen, ich finde, das klingt schöner.

Es wurde von großen Herden der Beolirden abgeweidet, in ihrer Art Büffeln der heutigen Zeit nicht unähnlich, die mit mehr als 8 Fuß Schulterhöhe jeden Mann überragten.
Wenn du die 8 ausschreibst, liest sie sich besser

Gleichsam war ihre Art die ruhige und sanftmütige.
das finde ich ziemlich doof, das kannst du besser formulieren.

Der Mensch war der Freund aller Tiere und Pflanzen, und keinem anderen Menschen war er Feind, wie es uns im jetzigen Zeitalter oft begegnet.
Dopplung von Mensch...

Entweder suchten sie einander, oder ihnen gefiel es, sich in Helljar umzuschauen und aus ihr zu lernen, denn viel gab es zu entdecken.

In eben diesem Lande Etariyalen an den weiten Ufern des Flusses Tortrelljar trafen sich Artonariys und Driolawin. Sie vermählten sich und gaben sich die Namen Dripolariyn, was soviel hieß wie „mein Herzensschlag“ und Tarwiljarn, welches bedeutete „Freude meiner Augen“. Biynral sollten von nun an alle männlichen Kinder im Namen tragen.
Ich habe zwar keine Ahnung, was der letzte Satz mit dem Rest des Textabschnittes zu tun hat, aber du kannst mich sicher aufklären :)

Und Dripolariyn gebar daraufhin einen Jungen.
Wirkt, als wäre das die Reaktion auf die Umbenennung

In einem sanften braunen Ton schimmerte seine Haut, wildes Grün funkelte in seinen Augen und sein Haar hatten die Farbe der Erde, auf der das Gras spross.
Wenn du hier keine alte Rechtschreibung praktizierst :susp: dann mit ss

Wie Dripolariyn und Tarwiljarn dies sahen, gaben sie ihrem Sohn den Namen Heoliyjart, und groß und stark wurde er.
Würde ich "wie" durch "als" ersetzen, ich finde, das liest sich einfach besser

Ihr Haar war in große Locken gelegt und eine jede Strähne reichte in ihrer Farbe vom dunklen Blond an der Wurzel bis zum hellen Gold in der Spitze.
Wirkt, als wäre da jemand mit einem Lockenwickler am Werk gewesen

Da hießen Njellamar und Marildjar ihre Tochter von nun an Aeviyren, zum Dank an die Amsel.

Die beiden Kinder wuchsen getrennt voneinander lange Zeit nur bei ihren Eltern und den Tieren ihrer Heimat auf und nimmer sahen sie andere Menschen.

Niemand kann sagen, wieviel Zeit wohl vergangen war, denn im verlorenen Zeitalter war da keiner, der sie maß

Seine aber sprachen von den vielen Dingen, die er gesehen hatte, und den vielen Dingen, die er erfahren hatten, mehr, als es in einem der unsrigen Leben möglich wäre.

So kam es, das Heoliyjart mit Tantrel, seinem getreuen Beolirdbullen, einen ausgedehnten Ausritt unternahm.
besser: auf Tantrel

Die Wälder des Betroljarum waren nah und sie kamen bereits an einzelnen buschigen Talliynsträucher vorbei, als Heoliyjart einem Gesang gewahr wurde, den er noch nie zuvor vernommen hatte.
Ich glaube, es müsste "eines Gesanges" heißen, weil "gewahr werden", glaube ich, genitivisch ist

Er deutete Tantrel die Richtung, und wie der Wind trug er ihn zu Aeviyren.
Das wirkt, als würde er auf dem Gesang da hinfliegen

Indes ihr sichtbares Alter trug den unbedarften Beobachter.

Wohl geraten war sie ihren Eltern, und ihren jungen Körper umhüllte ein weiches Kleid aus feinem Stoff.
Würde ich durch Komma trennen, hat ja nicht unbedingt sooo eng was miteinander zu tun

Seine frischen Blüten dufteten verführerisch nach süßem Honig, und dicke Bienen und bunte Schmetterlinge labten sich an seinem Nektar. Einige von ihnen saßen auf der Hand des schönen Mädchens und ließen sich von ihren Fingern streicheln.
Hast du mal einen Schmetterling angefasst? :sad:

Große Heerscharen hatten sich zu ihren Füßen auf den am Boden liegenden alten Früchten niedergesetzt und taten sich gütlich an ihnen.
glaube ich

Mit dem lauten Rauschen hunderter knickender Grashalmen unterbrach Heoliyjart diese gegenwärtige Ruhe und eine in allen Farben der Welt leuchtende Wolke aus Körpern und Flügeln erhob sich aufgeregt in die Lüfte.

„Nun, Heoliyjart aus dem Hause Biynral, Sohn von Dripolariyn und Tarwiljarn, warum störst du mich?“
Anrede wird durch Kommata abgetrennt

Es war eine Stadt, wie wir sie heute nicht mehr kennen.
ist hier, glaube ich, kein Vergleich, sondern ein Nebensatz - jedenfalls will mein Grammattik-Instinkt da ein Komma

Fein wie eine Seifenblase wölbte sich eine gläsernes Kuppel in den Himmel.
Wirkt für mich aber doch nach Dach

Ihre Breite war wie ihre Höhe, und diese war von unglaublicher Weite.
Da musste ich lachen :)

Mindere Ausgaben dieses zerbrechlich wirkenden Gebildes standen vereinzelt oder in kleineren willkürlichen Gruppen nahe der großen Haupthalle auf dem Boden oder schlossen sich seiner flimmernden Oberfläche an.
Ersetz mindere doch durch kleinere, das ist einfach hübscher an der Stelle

Gebäude unterschiedlichster runder und länglicher Form wie Kinder der Natur bildeten Straßenzüge, zwischen denen die Einwohner Ellariyns ihren anfallenden Geschäften nachgingen.
Der Einschub da gefällt mir nicht so wie er ist, da könntest du viel schöner schreiben (Gebäude aller Formen, so vielfältig wie...)

Der noch so aufmerksamste Beobachter konnte nicht immer genau sagen, wo ein Blütenbaum anfing und das Haus endete.
Würde ich umstellen: "Nicht einmal der aufmerksamste Beobachter..."

in besonderes purpurnes Licht brachte die Haut des Orakeltempels zum Erleuchten, gleich dem, wie es ihnen ihre Eltern beschrieben hatten, und hob ihn damit von den anderen nicht weniger köstlichen Bauten deutlich ab.
Das wie gefällt mir an dieser Stelle nicht, vielleicht, weil ich nach einem "gleich dem" ein "dass" erwarte. Das lässt sich aber sicher umstellen!

Die beiden Freunde waren überwältigt vom Glanz und der Schönheit, die sie sahen, und dem vielen Volk auf den breiten Straßen.
Ist ja ein Einschub

Die Leute grüßten sie, gleichwohl mit gesprochenen als auch mit gedachten Worten.
Sonst fehlt da was

Aeviyren, lass uns alles schauen.
Lies sich komisch, warum nicht "anschauen"?

...als sie sich in Mitten eines großen Platzes wiederfanden, umringt von mehr Menschen als Ameisen auf einem Haufen sind.
Sonst fehlt da was. Inmitten ist, glaube ich, ein Wort.

Mehr als 7 Fuß maß sein Körper von der Sohle bis zum Scheitel.
Ausschreiben, bitte

Er führte den Rat der Ewigen, und von nun an gehörte ihm ganz allein das Herz der Aeviyren.
Muss glaube ich nicht, aber sollte

In vielen Ecken der Stadt hatte er sich bereits berichten lassen, von der wundersamen Wirkung, die der Tempel auf der Kinder der Erstgeborenen ausübte, denn diese waren angehalten, ihn zu besuchen.
Komma weg vor von

Er betrat den gläsernen Bau, der in Tausenden von Facetten das Leben draußen auf der Straße widerzuspiegeln schien
warum die Relativierung? Tut er doch bestimmt, oder?

In der völligen Stille stand eine wunderschöne Frau mittig des Raumes.
mittig im Raum, höchstens. Aber schreib doch einfach "in der Mitte"

Dann vernahm Heoliyjart eine Stimme, doch hatte die geheimnisvolle Frau kein klingendes Wort im Munde getragen.
Warum nicht "hatte nicht die Lippen bewegt"? Einfacher ist manchmal besser

Ich heiße dich willkommen, Heoliyjart, aus dem Hause Biynral, Sohn von Dripolariyn und Tarwiljarn, die da hießen Artonariys und Driolawin

Und all das, bis zu seinem Vater, wie dieser seine Mutter traf, wurde ihm offenbar und erleuchtete seinen Geist.

Von nun an war er ein Ewiger, und alle Zeit, die kommen sollte, gehörte ihm.

Daher war sie bestrebt, ihren Besuch im Orakel so kurz wie eben möglich zu halten, um alsbald zu ihm zurückkehren zu können.
Wie reagiert er darauf? Hat er überhaupt reagiert? Warum ist sie so sicher, dass er sie überhaupt will?

Unter all den wundervollen Lehren, die sie betrachtet hatte, war in Wirklichkeit nur eine gewesen, welche gefestigt in ihrem Verstand.
Einschub

Es war die, von der Suche nach dem eigenem zweiten Teil und der Liebe, die man für diesen empfand.
Komma weg nach die

Er sah sich mal dann als Kind und andern Orts als Jüngling, und immer war da eine mit ihm.
andernorts zusammen

seine Stimme erzitterte den Boden und die Vögel in weiten Kreisen um die Stadt erhoben sich in schwarzen Wolken kreischend gen Himmel.
erzitterte den Boden ist nicht schön, weil erzittern ja eigentlich ein passivisch angehauchtes Wort ist - vielleicht "erschütterte"?

Brintaren ist es, den du liebst, und niemand anderen?“
niemand anders klingt hier mMn besser

Aber Aeviyren verstand ihn nicht, denn alles Leid und alle Sorgen waren ihrer unbekannt.
waren ihr, sonst ist es ein bisschen zu verwirrend

So nahm er ihre Entscheidung hin, und dennoch blieb in ihm ein Funken der Hoffnung auf ihre Liebe.

Niemals ließ er dieses Glimmen verlöschen.

Als diese an ihm vorüber gezogen waren, begann er zu laufen.
vorübergezogen

Aus dem Wind der Bewegung erwuchs ein Sturm, der ihm in sein Gesicht peitschte, und nach nur wenigen Herzensschlägen war er schon über den Herrjanfluß hinweg gesprungen, der an der Grenze zu Etariyalen lag, und gleich darauf durchquerte er den Güldenwald und blieb dann am Ufer Tortrelljas mitten in seiner Beolirdenherde stehen.
Aufzählung, also Kommata

Sein Atem war ruhig, und es war, als ob es nie anders gewesen wäre.
Wieder - ein Komma muss nicht, wäre aber schöner

Sei gegrüßt, Aeviyren von Antrim, Tochter von Njellamar und Marildjar.

Und so sprach er in Worten :
vor dem : keine Leertaste

Ich kann dich nicht lieben, wie du mich, denn ich bin es nicht, der dich vervollständigt, so wie du es nicht für mich bist.
Komma weg vor wie

In keiner ihrer erdachten Reden, war dieses das Schlusswort.
Komma weg, vielleicht noch ein "vorgekommen" ans Ende des Satzes, ist ja schon vorbei

Und immer wieder aufs Neue versicherte er ihr nur seine Freundschaft, nichts darüber und nichts darunter.

Lineariyn, aus Palandriyl, werde ich zum Weibe nehmen, denn sie ist mein Noaliyrm, das Fehlende meines Herzens.
eingeschoben

Schwach und müde fiel sie in die Arme des mitleidlosen Brintarens, denn nie zuvor hatte er solch Gebaren mit ansehen müssen.

Meist versenkte er sich tief in sich selbst, lernte die Kräfte, die in ihm steckten, und übte ihren Einsatz.
die in ihm steckten ist ja eingeschoben

Seine Beweggründe waren andere, als jene der ersten Ewigen.
Komma weg vor als

Aber diesmal war keine Spur von Aeviyren, und zweifelnde Angst erfaßte sein wachen Geist.
Wenn du die Geschichte laut liest, fallen dir sicher ein ganzer Haufen stellen wie diese auf, wo du mit der Stimme hochgehst. Da lohnt es sich dann, über ein Komma nachzudenken...

Deine milde Gunst leuchtete mir die dunkle Zeit im Alter
deine milde Gunst... das klingt wirklich doof...

Unsere Freundschaft ging mir tiefer unter die Haut und wärmte mehr mein Herz, als etwas anderes es je hätte tun können.
Entweder noch ein Komma vor "und wärmte.." oder Komma weg

Und sie waren : , Er hat ihr den Tod gebracht. Er hat sie sterben lassen
Leertaste vor : weg

Knackend und ächzend brach er mit einem Male aus seinen gewachsenen Verankerungen, stand auf wie ein Fels, der das Laufen lernt, und setzte seinen Fuß weit hinein ins Land.
Ist er irgendwo festgewachsen? Das muss mir entgangen sein

Ich bin gekommen mir zu nehmen, was du genommen hast

Heoliyjart war so mächtig, dass er dem Drängen des Stärksten unter den Erstgeborenen widerstand.

Es brach ein gewaltiger Sturm los aus dem weit geöffneten Munde Heoliyjartes und riss alles mit sich, das nicht die Flucht ergriffen hatte.

Der Feind des Heoliyjartes blutete.

In langsamen Flug glitt der erster Feind des Brintaren und somit Feind aller Menschen, zurück auf den zerwühlten Boden.
Komma vor "und somit" oder Komma weg

Die Menschen, grade eben erst dem vorherigen Angriff entkommen, stürmten in großer Zahl zu Fuß und in der Luft aus dem Kreis der verflüssigenden Hitze.

Die Luft um ihn herum brodelte, und der Halt unter seinen Füßen verwandelte sich in einen zähen, rotleuchtenden Sumpf, der alles, was er nicht schmelzen konnte, in sich hineinzog.

Er war einer der ersten Söhne des Vaters, und vielleicht der beste unter ihnen.

„Es ist genug.“, befahl er mit gesammelten Kräften und eine Wellenfront weißen Lichts, ausgehend vom edelmütigen Brintaren, durchzog die Stadt, löschte allen Flammen und brachte allerorts kurzzeitig den Frieden und die Ruhe zurück.

Der Pfad, den du einschlägst, führt dich nur zu weiterer Zerstörung und Verwüstung.

So dachte Heoliyjart und lachte von Neuem.

Deinen Tod werde ich dir anheim bringen, und wenn es mich auch mein Leben kostet.
Wieder ein Sprechkomma

Der teuerste, möchte man meinen.

Doch wohlan - so sei es!

Und plötzlich war dieser ganz nah bei seinem besten Gegner im schwarzen Herzen.
Ähm - er ist wo?

Vergänglich und sterblich, wie das, des niederen Tieres.
wie das des - ohne Komma

Schmecke den Schmerz unserer Körper.

Das helle rote Blut des Unsterblichen tropfte auf den Boden. Unsäglich schwarz färbte es ihn ein.
rotes Blut, das den Boden schwarz färbt?

Verzweifelung gewann die Oberhand und befehligte die ungeheuren Kräfte des Brintaren, auf, dass sie ein letztes Mal Widerstand leisten.

Die Macht war mit ihm, und unbesiegbar schien Brintaren zu sein.
Wieder ein Lesekomma

Er wurde mit einer Hand gehoben, ohne das er auch nur das Geringste alles Möglichen dagegen zu tun vermochte.

Näher und näher kam er Illiarisat, Dunkelheit jedoch umnachtete allmählich sein Gemüt.

Heoliyjart spürte gerade noch die kratzigen Krallen der weißen Greifen, von den flüchtenden Bürgern der Stadt herbeigerufen, um ihn fortzubringen, da fiel er in einem tiefen traumlosen Schlaf.
Ähnlich wie mit dem Drachen und dem - Drachen ;)

Soooo, jetzt zum Rest.
Ein Epos, das du da abgeliefert hast. Erinnert (wenn auch vielleicht nicht unbedingt in seinen Ausmaßen) stark an das Silmarillion. Die Sprache ist schön, der Plot vielleicht nicht wirklich innovativ, aber toll umgesetzt, und sogar an die komischen Namen habe ich mich während des Lesens gewöhnt - gratuliere und weiter so, vielleicht wird ja eine Serie draus?

gruß
vita
:bounce:

 

Ola!

Sehr episch, dein Werk. Zuerst hatte ich ein paar Schwierigkeiten, mich da rein zu finden, aber so nach den ersten paar Abschnitten hatte ich mich auch an die sehr "sagenhafte" Sprache gewöhnt (und an die Namen), danach ging es sehr gut. :)
Alles in allem hat mir die Story sehr gut gefallen, aber ich bin in gewisser Weise auch ein Fan von Sagen. Ich kann mir vorstellen, dass viele Leute bei der sehr komplexen Sprache bald zu Lesen aufhören. Damit will ich nicht sagen, dass du sie groß ändern sollst, denn sie passt einfach zum Thema ;)

Die Welt hast du sehr schön beschrieben, und die Story ist wirklich spannend. :thumbsup:
Textliche Anmerkunge hast du ja schon von Vita bekommen (puh, das muss ja unendlich lange gedauert haben).

Also: mir gefällt die Geschichte und die Welt, die du geschaffen hast extrem gut. Schon, weil es eben nicht ganz so die klassische Elfen-Menschen-Zwergen-Welt ist, wenn du verstehst was ich meine. Eine Menge schöne Ideen und eine in sich stimmige "Schöpfungsgeschichte" machen da eine Menge aus.
Auch ich wäre gespannt auf eine Fortsetzung, bzw. neue Geschichten aus der Welt, die jetzt ja sozusagen "startklar " ist. ;)

Somit ein großes Lob und ganz liebe Grüße,

Ronja

P.S.

Die Welt des vergessenen Zeitalters ist eine sogenannte Dysonsphäre: auf der Innenseite eines Kugelförmigen Hohlraumes liegen die Kontinente und Meere (Im Prinzip eine Welt mit umgekehrter Erdkrümmung).

Inspiriert von "Elfenstern"?

 

Danke ihr beiden für die Lesearbeit :D

Wenn ich die Zeit finde, setze ich mich am WE an die Korrektur der Kommafehler und Ausdruckschwächen.

Das mit dem Silmarillion hast du gut erkannt vita :) Ich hatte es gerade gelesen, und prall gefüllt mit Selbstvertrauen, wie man es als junger Autor nunmal ist, gleich drangemacht, ein ähnlich großes Werk zu schreiben. Ich bin in meinen Überlegungen auch erstaunlich weit gekommen, aber später doch lieber zu KGs übergegangen.

Als Serie war es schon gleich von Anfang an gedacht (noch bevor ich das Forum hier kannte). Falls mich die Muße und die Zeitfee küsst, dann stell ich auch noch ein oder zwei Nachfolgegeschichten hier rein :) Aber keine Angst, das dauert noch.


mfg Hagen

 

@Felsenkatze

Inspiriert von "Elfenstern"?
äh... nee, eher von StarTrek ;)
Ich hatte gedacht, der Gedanke wäre zumindest in der Fantasy innovativ - son Mist :( ! Naja, kann ich nich ändern :)

 

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