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Der Fall Schaffelgruber

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20.09.2004
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Der Fall Schaffelgruber

Der Fall Schaffelgruber


Anton Schaffelgruber hatte es eilig. Ein unaufschiebbares Geschäft ließ ihn den verwinkelten Gang entlang hasten. Als er mit wenig elegantem Schwung um die letzte Ecke bog, sah er aus den Augenwinkeln, dass die Lampe, die ihm auf den letzten Metern den Weg weisen sollte, ausgebrannt war. Vielmehr sah er nichts, denn der Korridor des betagten Amtshauses lag dunkel vor ihm. Anton Schaffelgruber - obwohl er diesen Weg zweimal täglich ging – stolperte. Es mag an der gebotenen Eile oder an der herrschenden Dunkelheit gelegen haben – gleichwohl, Anton Schaffelgruber tat einen Fehltritt und brachte durch diesen nicht nur seine schmächtige Gestalt, sondern auch seine Karriereleiter beinahe zu Fall.

Nun war Anton Schaffelgruber ein Beamter, dem das Wohl und Wehe des Bürgers, der seine Amtsstube betrat, am Herzen lag. Nach der Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse holte er kurzentschlossen eine Glühlampe aus dem Lager und schraubte sie mit beträchtlicher Mühe in die Fassung. So, dachte Schaffelgruber, hatte er ein Problem unbürokratisch und zur Zufriedenheit aller gelöst. Doch er irrte!

Denn ausgerechnet an diesem Tag inspizierte Max Hofer, Herr über sämtliches Kleinmaterial im Haus, seine Schätze und zählte – teils weil er nichts anderes zu tun hatte, teils weil es seine Aufgabe war- auch die Glühlampen. So fiel ihm das Fehlen einer sechzig Watt Lampe sofort auf und da er in seinen Unterlagen keinen Antrag auf die Ausfolgung einer solchen finden konnte, schrieb er, sehr darauf bedacht nicht selbst in übles Licht zu geraten, eine Meldung an seinen Vorgesetzten. Dieser veranlasste umgehend eine Prüfung der Sachlage, denn gerade in kleinen Dingen war er sehr gewissenhaft. So kam Schaffelgrubers Eigenmächtigkeit zu tage und der übergangene Max Hofer verlangte einerseits die Rückgabe der Glühlampe und deren Neuanforderung unter Einhaltung des Dienstweges. Auch die Gewerkschaft bekam Wind von dieser Kompetenzüberschreitung und forderte Schaffelgruber auf, solche dienstfremden Handlungen in Zukunft zu unterlassen. Der Hauselektriker wurde, wie es die üblichen Dienstanweisungen verlangten, angefordert und dieser entfernte, gleich nach Vorliegen des schriftlichen Auftrages die Lampe, um sie, streng den Instanzenweg beachtend – nach drei Wochen wieder in die Fassung zu drehen. Der Vorgesetzte diktierte seiner Sekretärin eine schriftliche Abmahnung an seinen Untergebenen und drohte für den Wiederholungsfall dienstrechtliche Konsequenzen an.

Anton Schaffelgruber, bis zu diesem Tag Staatsdiener ohne Fehl und Tadel, wandte sich – gegen den ausdrücklichen Rat seiner ihm seit Jahren treu zur Seite stehenden Gemahlin, ein Umstand der den Haussegen bei Schaffelgruber geraume Zeit schief hängen ließ– mit einer Stellungnahme zu seiner Rechtfertigung an die übergeordnete Dienststelle.. Der zuständige Senatsrat, durch seine gesellschaftlichen Verpflichtungen zu ausgelastet, um sich näher mit diesem Fall auseinander zu setzen, gab seiner Sekretärin den Auftrag, dieses Problem aus der Welt zu schaffen.. Diese, eine Frau mit Sinn für das Praktische, erteilte im Namen und mit Unterschrift des vielbeschäftigten Senatsrates Anton Schaffelgruber nachträglich die Einzelgenehmigung für das Auswechseln einer Glühlampe. Für Schaffelgruber war damit die Welt wieder in Ordnung, allerdings trug er seit diesem Vorfall ständig eine Taschenlampe mit sich herum.
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Zuletzt bearbeitet:

Gefällt mir, obwohl der letzte Absatz mehr gewollt, als gekonnt auffällt.

Du schilderst, mir kommt es jedenfalls so vor, preußisches Beamtentum a la "Hauptmann von Köpenick", das, weil es nicht mehr existiert, keinen Tadel in Form einer Satire mehr bedarf. Dennoch bleib ich dabei, es hat mir gefallen und ist weit über dem gewohnten Standart, den man hier in dieser Rubrik eigentlich gewohnt ist!

 

Hallo Schöngeist!

Danke dafür, daß du - was ja nicht selbstverständlich ist - meine Geschichte gelesen hast. Wenn dir der letzte Absatz nicht so gefällt, so würde ich es ganz reizend finden, wenn du darauf näher eingehen könntest - ich bin für jeden Hinweis dankbar. In einem muß ich allerdings widersprechen. Die Geschichte ist noch gar nicht so alt. Allerdings ist sie nicht preußischer Natur sondern - und hier darf gelacht werden - österreichisches Beamtentum! Wir sind eben immer für einen Witz gut! Ehrlich, diese Geschichte ist in diesem Jahrtausend geschehen und ein Zeitungsbericht hat mich auf die Idee gebracht.

Lg Hanini

 

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