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Der Mann im Mond geduldet sich

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24.04.2003
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Der Mann im Mond geduldet sich

Die Oberfläche des kleinen Mondes sieht seltsam aus. Alles ist braun. Wie eine mokkafarbene Wüste.
Olafson steuert das Schiff viel zu unkoordiniert. Wir nähern uns. Schnell und gnadenlos. Ich spüre deutlich das Pochen meines Herzens in der Brust. Schweiss rinnt über meine Stirn.
Jetzt macht er eine kurze Durchsage. Zwanzig Sekunden, dann treten wir in die dünne Atmosphäre ein. Meine Finger verkrampfen sich in den gepolsterten Lehnen des Sessels. Keine gute Idee dort zu landen. Ich habe es in meinen Träumen gesehen. Dieser Ort ist böse, aber auf mich hören sie nicht.
Niemand hört hier noch aufeinander. Olafson macht was er will. Vielleicht halten uns die unerbittlichen Fangarme des Abartigen längst eng umschlungen. Manipulieren unseren Willen.
Er kommt immer näher. Noch zehn Sekunden.
Meine Atmung beschleunigt sich. Ich sehe in den Augenwinkeln wie Gerber hastig an seinem Sitz herumfummelt. Er hat den Gurt vergessen.
Mit dem Computer stimmt etwas nicht. Er schreit! Nur eine Störung, rede ich mir ein. Er schreit nicht wirklich, das ist eine fehlerhafte Rückkopplung, die aus den Membranen dröhnt.
Jetzt beginnt es zu wackeln. Eine innere Stimme sagt mir, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht. Es gibt nicht viele Warnleuchten hier drinnen, die blinken können, aber die, die da sind, blinken. Der Computer schreit nicht mehr. Er brüllt und selbst Gerber scheint mittlerweile bemerkt zu haben, das jegliche Art von Selbstberuhigung bloßer Betrug am eigenen Geiste ist.
Es folgt keine weitere Durchsage mehr. Nur ein metallisches Schrammen. Das Cockpit ist geplatzt. Die Trümmer schnellen nach vorne und schlagen dann am Rumpf auf. Ich habe Glück, das sie nicht den schmalen Durchguck treffen, der mich das Geschehen mitverfolgen lässt.
Gerber beginnt hysterisch zu werden. Die anderen liegen auf Betten festgeschnallt ( gefesselt? ) im Landungsraum. Ich habe keine Ahnung, ob sie wissen, das dieses Schiff nicht länger von jemandem gesteuert wird. Dort unten herrscht meist Stille.
Immer näher. Der Autopilot aktiviert sich nicht. Es gibt keinen Autopiloten mehr. Es gibt kein Cockpit mehr.
Ein Gedanke zieht sich wie eine heiße Nadel durch meinen Körper, deren eingefädeltes Garn ein Deckchen der Angst in mir strickt, dessen abscheulich verzierten Fasern meine Organe fest aneinanderziehen.
Es ist hoffnungslos. Von Anfang an war diese Reise zum Scheitern verurteilt.
Wenn man den Himmel als religiöse Feststellung hin nimmt, so kann zwangsläufig nur die andere, dunkle Seite jenseits seiner Grenzen existieren.
Genau wie in meinen Träumen. Vielleicht bin ich sein Seher. Möglicherweise.
Die Oberfläche ragt jetzt wie ein drohendes, flaches Gesicht vor mir auf. Ich wende den Blick ab und starre entsetzt in Gerbers Augen. Sie bluten. Sein Mund ist unnatürlich weit aufgerissen und blaues Sekret läuft an seinem Kinn herab. Ich glaube nicht, das er noch lebt. Auch, wenn er mir in diesem Augenblick ein Lächeln schenkt.
Schnell konzentriere ich mich wieder auf die kleine Öffnung.
Immer und immer näher.
"Gab es auf dem Mond je eine Atmosphäre?", höre ich die entstellte Fratze meiner schlaflosen Nächte fragen, während mich die dunkel braune Wüste angiert; mich Dinge sehen lässt, die es eigentlich nicht gibt. Dinge, die es nicht geben sollte. Dinge, die es niemals hätte geben dürfen.
Ich werde im Sitz hin und her gestoßen, die Monitore vibrieren so heftig, das ich nur noch wirre Zahlenkolonnen auf ihnen erkennen kann. Gab es jemals mehr außerhalb von Terra?
Dieses Gebilde...es steht neben der Fratze. Es steht still.
Hat es sich auf den Bildern nicht bewegt? Bis heute weiss niemand, ob dieser Zustand durch eine reine Drehbewegung zustande kommen konnte. Ist es überhaupt noch wichtig?
Fahne...es ist die Fahne. Mittlerweile sind drei Sternchen weniger darauf. Seit dem letzten Krieg. So sah sie früher aus.
Hat denn niemand gewusst, wohin man uns schickt?
Wird ein Schauspieler meinen Platz auf Terra einnehmen?

Es gleitet und schwebt um mich herum. Die Fratze und ich verstehen uns prächtig. Ganz ausgezeichnet. Der Boden ist röter geworden. Er will ein Mars werden. Nein, eigentlich will er eine zweite Erde werden, aber das geht nicht so schnell.
Nicht, bevor...
Ein weiteres Schiff wird kommen. Spanier. Einen weiteren Krieg und viele Äonen später. Wenn die Regierungen vergessen haben, das es sich außerhalb nirgendswo landen lässt. Obwohl, selbst mit dem Wissen darum scheint es sie nicht zu kümmern.
Irgendwann ist es soweit.
Irgendwann kommt das Ende.

 

Hm, hast Du Dich vielleicht verklickt und wolltest die Story eigentlich in SF posten?

 

Hallo Uwe!

Eigentlich hatte ich mich nicht verklickt. Ursprünglich wollte ich zwar unter SF posten, fand die Geschichte dann aber irgendwie zu verwirrend. Aus diesem Grund habe ich mich für Seltsam entschieden.

 

Hallo cerberus81,

ich bin ehrlich gesagt nicht sicher, deine Geschichte verstanden zu haben.
Sie ist recht stimmungsvoll und spielt neben der Katastrophe bei einer Mondlandung mit der Realtität. Waren die bisherigen Bilder von Landungen nur getärkte Bilder, die verschleierten, dass man dort gar nciht landen kann? Ist der Mond deshalb braun? Oder verändert er sich, eventuell gar durch den Schrott, den wir im Weltall hinterlassen?
Dein Prot hat zweifelnde Ahnungen, die ihm wohl auch deshalb niemand glaubte, weil er sie nicht in Worte fassen konnte. Die drohende dunkle böse Seite ist viel zu abstrakt, als dass jemand Warnungen vor ihr ernst nehmen würde. Warum ist er aber mitgeflogen, trotz seiner Ahnungen?
Auf dem Mond kann man nicht landen, die, die dabei trotzdem verheizt werden müssen hinterher duch Schauspieler ersetzt werden, damit diese dann von der Öffentlichkeit als Helden gefeiert werden können, die die Leiter der Mondfähre anscheinend in einem Fernsehstudio hinuntergeklettert sind.
Für den Prot eine hoffnungslose Vorstellung

Aber vielleicht habe ich das ja auch alles überhaupt nicht geblickt.

Atmoshphärisch hat mir die Geschichte gefallen, stilistisch auch, inhaltlich tappe ich im Dunkeln.

Lieben Gruß, sim

 

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