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Der Rosengarten

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25.03.2003
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Der Rosengarten

Der Rosengarten

Schon seit ich zu denken begonnen hatte, faszinierte mich das alte Haus. Es war eines jener alten, herrschaftlichen Häuser aus dem 19. Jahrhundert.
Ein großes, stattliches Anwesen, mit einem schmiedeeisernen Tor und einer langen Zufahrt, die rechts und links von mächtigen Laubbäumen gesäumt wurde. Das gesamte Grundstück war von einer hohen Mauer umgeben, um seine Bewohner vor neugierigen Blicken zu schützen. Als kleines Mädchen hatte ich oft durch die Gitterstäbe des Tores gestarrt, um einen Blick auf die zwei Türme des Hauses zu werfen, die im Hintergrund aus dem Grün herausragten. Ich hatte mir nichts sehnsüchtiger gewünscht, als einmal über die Mauer in den Garten schauen zu dürfen. In meiner Fantasie wohnte in dem Haus ein hübscher Prinz, der sich bei meinem Anblick sofort verlieben und mich heiraten würde. Ein einziges Mal war es mir gelungen, an der Mauer hochzuklettern und hinüberzuschauen. Meine Erwartungen waren nicht enttäuscht worden. Grüne Rasenflächen wechselten sich mit Blumenbeeten und Baumgruppen ab. Dazwischen standen Steinfiguren und Springbrunnen, sogar einen Teich konnte ich sehen.
Am schönsten jedoch war der Rosengarten. Büsche mit Blüten in sämtlichen Rot-, Rosa-, und Orangetönen breiteten üppig ihre Zweige aus und verströmten einen süßlichen Duft. Inmitten dieser Blütenpracht stand ein weißer Holzpavillon. Leise Musik war zu hören und ein wunderhübsches Mädchen in einem Tutu und Ballettschuhen drehte Pirouetten auf dem Holzfußboden. Mit offenem Mund starrte ich auf das Mädchen. Sie erinnerte mich an die zierliche Ballerina der alten Holzspieluhr, die meine Großmutter mir einmal vom Flohmarkt mitgebracht hatte. Wenn man den Deckel öffnete, erklang eine wunderschöne Melodie und die Ballerina begann zu tanzen.
Ich konnte mich gar nicht mehr von dem Anblick des Mädchens losreißen. Sie bewegte sich mit einer solchen Harmonie und strahlte beneidenswert viel Anmut aus in ihrem hübschen Kleid.
„Was machst Du dort oben? Scher dich sofort da weg“, fuhr mich eine Stimme grob an. Ein Mann in einer grünen Latzhose blickte drohend zu mir herauf. Ich erschrak furchtbar, sprang von der Mauer und lief so schnell ich konnte nach Hause.

Das Mietshaus, in dem ich seit dem Tod meiner Eltern mit meiner Großmutter wohnte, war alt und baufällig. Überall blätterte der Putz von den Wänden und im Treppenhaus roch es meistens nach abgestandenem Essen. Die Straße vor dem Haus war nicht geteert, und wenn es geregnet hatte, versank man förmlich im Morast.
Ich erzählte Grossmutter von dem Mädchen im Rosengarten.
„Oh, das muss Mariella gewesen sein“, sagte sie, „die Tochter der Besitzer. Sie ist eine sehr begabte Balletttänzerin und man sagt ihr eine große Karriere voraus.“

Es ist mir nie wieder gelungen, über die Mauer zu schauen. Beim nächsten Mal, als ich es versuchen wollte, hatte man Stacheldraht am oberen Mauerrand befestigt, und so habe ich mich nicht mehr getraut hinaufzuklettern.

Die Jahre vergingen. Noch oft dachte ich an die schöne Tänzerin aus dem Rosengarten. Ob sie wohl eine berühmte Ballerina geworden war?
Als meine Großmutter starb, ich war damals gerade zwanzig Jahre alt geworden, verließ ich meine Heimatstadt. Während der nächsten Jahre arbeitete ich für eine große Immobilienfirma und verbrachte viel Zeit im Ausland . Einmal erhielt ich von meinem Arbeitgeber den Auftrag, ein Haus in meinem ehemaligen Wohnort zu besichtigen, ein großes, altes Anwesen. Schon als ich die Adresse des Hauses gelesen hatte, beschlich mich eine leise Vorahnung, die in Gewissheit umschlug, als ich vor dem schmiedeeisernen Tor stand. Mein Herz begann laut zu pochen. Selbst nach all diesen Jahren übte das Haus noch immer diese besondere Faszination auf mich aus. Nun würde ich es endlich in Ruhe anschauen dürfen. Ich konnte durch seine Räume und den Garten wandern und musste nicht mehr wie ein Spion versuchen, heimliche Blick zu erhaschen. Forsch drückte ich auf den Klingelknopf. Kurz darauf ertönte eine weibliche Stimme: „Sie wünschen bitte?“ Ich nannte meinen Namen und den meiner Firma, und bevor ich noch hinzufügen konnte, dass ich einen Besichtigungstermin hatte, begann das große Tor sich schon wie von Geisterhand betätigt zu öffnen. Eine unbeschreibbare Vorfreude überkam mich, ich war regelrecht gierig danach, endlich alles sehen zu können. Ich ließ mein Auto vor dem Eingangstor stehen und ging langsam auf das Haus zu. Die Bäume entlang der Auffahrt waren in all den Jahren noch dichter geworden, und fast kein Sonnenstrahl gelangte mehr durch das dichte grüne Blätterdach. Hin und wieder blieb ich stehen, um einen Blick in den Garten zu werfen. Er wirkte ziemlich ungepflegt, überall wucherte Unkraut und die Rasenflächen schienen schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gemäht worden zu sein. Aus den Springbrunnen floss kein Tropfen Wasser mehr und die Steinfiguren waren von einer grünen Moosschicht überzogen.

Dann lag das Haus vor mir, majestetisch, pompös, die beiden Türme stolz in die Luft gereckt.
Doch auch hier hatte der Zahn der Zeit genagt. Der Besitz schien in den letzten Jahren ziemlich vernachlässigt worden zu sein. Über eine lange Treppe gelangte ich zum Eingangsportal, wo ich bereits von einer älteren Dame erwartet wurde.
„Mein Name ist Delia“, stellte sie sich vor, „kommen Sie doch bitte herein“. Ich betrat vor ihr die riesige Eingangshalle und hielt den Atem an. Im Inneren schien das Haus nichts von seinem einstigen Prunk verloren zu haben. Der Marmorfußboden wirkte zwar an einigen Stellen etwas stumpf, war aber ansonsten blitzsauber geputzt.
An den Wänden hingen ein riesiger eingerahmter Spiegel und viele Bilder. Als ich nach oben schaute, blickte ich auf ein wunderschönes Deckengemälde. Eine große, geschwungene Treppe führte in die erste Etage auf eine Galarie.
„Ich werde Ihnen zunächst das Haus zeigen und dann führe ich Sie zu der Hausherrin, sie wartet im Rosengarten auf Sie“, riss mich Delia aus meinen Gedanken.
„Gerne“, sagte ich und zog einen Notizblock und meine Kamera aus der Tasche. Die nächste dreiviertel Stunde gingen wir durch sämtliche Räume des Hauses. Obwohl viele Zimmer schon lange nicht mehr benutzt wurden, und die Möbel mit weißen Laken abgedeckt waren, konnte man doch noch viel von der Schönheit und Eleganz erahnen, die das Haus zu seinen Glanzzeiten einmal ausgestrahlt haben musste. Ich machte mir Notizen und verknipste einen ganzen Film.
„Wenn Sie nun durch die hintere Terrassentür gehen, über die Rasenfläche und links am Teich vorbei, laufen Sie genau auf den Rosengarten zu“, erklärte mir Delia.

Wenige Augenblicke später lag er vor mir. Er war nicht mehr so, wie ich ihn in Erinnerung hatte, die Rosenbüsche wuchsen wild in alle Richtungen und auch hier nahm das Unkraut überhand. Nur der süßliche Duft der Rosenblüten schwebte wie damals in der Luft. Von dem Pavillon, in dem die schöne Ballerina ihre Pirouetten gedreht hatte, war die weiße Farbe abgeblättert. Ich ging darauf zu und bemerkte erst jetzt, dass dort im Schatten eine Frau saß. Sie hatte eine Decke über ihre Beine gelegt und blickte wie selbstvergessen vor sich hin. Ihr dunkelblondes Haar war von vielen grauen Strähnen durchzogen und lieblos im Nacken zusammengebunden. Sie hatte ein verhärmtes Gesicht und wirkt viel älter, als sie wahrscheinlich war.
„Hallo, ich komme von der Immobilienfirma“, sprach ich sie an.
Es war, als ob ich sie von einer langen Reise zurück in die Wirklichkeit geholt hätte. Langsam drehte sie ihren Kopf in meine Richtung und schien mich wahrzunehmen.
„Oh, guten Tag“. Sie streckte mir ihre Hand entgegen und lächelte mich zaghaft an. Doch das Lächeln umspielte nur ihre Mundwinkel, der Ausdruck ihrer Augen blieb leblos und leer.
„Was für ein schönes Anwesen“, versuchte ich ein Gespräch zu beginnen,
„ich denke, hierfür lässt sich bestimmt ein Liebhaber finden.“
„Ja, das wäre schön. Ich habe leider keine Familie mehr, und für mich alleine ist es einfach zu groß.“
Ich erzählte ihr, wie ich das Haus schon als Kind bewundert hatte, und als ich die schöne Tänzerin erwähnte, da war es, als hätten ihre Augen für einen kurzen Moment aufgeleuchtet.
„Dieses Mädchen bin ich gewesen“, kam es leise über ihre Lippen. „ich habe jeden Tag hier getanzt . Ich war so begabt, wissen Sie, ein berühmtes Tanzensemle hatte mich bereits unter Vertrag genommen. Alle Türen standen mir offen“, sie hielt einen Moment inne und räusperte sich, „bis dieser Verrückte mir alles genommen hat. Meine Träume, meine Freiheit, den Sinn meines Lebens.“
Ihre Hände umklammerten das Buch, welches sie auf dem Schoß hielt , sodass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Er war betrunken und hat einfach die rote Ampel überfahren. Ich überquerte gerade die Straße und er erwischte mich mit voller Wucht. Seitdem bin ich an dieses Ding hier gefesselt.“ Sie zog mit einem Ruck die Decke weg und entblößte den Rollstuhl, in dem sie saß.
„Die Ärzte haben alles versucht, aber sie konnten nichts mehr tun. Ich bin seit dem Unfall querschnittgelähmt.“ Bitterkeit, aber auch Resignation und Hoffnungslosigkeit klangen in ihren Worten mit, und ein Zucken um ihre Mundwinkel verriet mir, wie sehr sie dies alles bewegte.
„Bitte sagen Sie nichts, ich will nicht bedauert werden, helfen Sie mir einfach, das Haus zu verkaufen. Ich kann es nicht mehr ertragen, Tag für Tag hier zu sitzen und in Erinnerungen zu schwelgen.“
Ich fühlte ein unbeschreibliches Mitleid mit dieser armen Frau. Damals, als ich bei meiner Großmutter in der schäbigen Wohnung gelebt hatte und nur meine Träume und Phantasien der einziger Lichtblick gewesen waren, da hatte sie alles gehabt, Reichtum, eine sorglose Jugend und eine vielversprechende Zukunft. Dies alles war ihr in einem einzigen Moment genommen worden und hatte sie als gebrochenen Menschen ohne Hoffnung und Perspektive zurückgelassen.
Ein Spruch kam mir in den Sinn, den ich einmal irgendwo gelesen hatte: Das Leben gleicht oftmals einer Rose, die voll erblüht, Stolz und Schönheit ausstrahlt, aber manchmal einfach ohne Grund abgepflückt und weggeworfen wird, um irgendwo einsam zu verwelken.
„Machen Sie sich keine Sorgen, ich werde einen Käufer für Ihr Haus finden“, sagte ich und drückte ihre Hand.
„Dann bringen Sie mich bitte ins Haus zurück, damit wir den Vertrag aufsetzen können“, forderte sie mich auf.

Während ich sie zurück schob, trug uns der Wind den Duft der Rosen nach.

 

Hi,
wollte nur noch darauf hinweisen, dass ich eine spanische Tastatur benutze, deswegen schreibe ich immer das Doppel-S.
Hasta luego
Blanca

 

Hallo Blanka,
ja, das kenne ich, vor einer Mauer zu stehen und nicht hinübersehen zu dürfen.Aber auch ich werde noch Einlass finden.
Ich bin dir gerne in den Rosengarten gefolgt.
Bei Relativsätzen benutzt du gerne einleitend das Wort "welche". Ich würde gerne zitieren, weiß aber nicht, wie man das macht. Jedenfalls hören sich die Sätze dann unnötig gequält und antiquiert an.
Versuch es doch einfach mal mit ...die Mauern, die...
oder ...die Uhr, die meine Oma...
Der Text sagt dann danke.
Liebe Grüße
malaika

 

N'abend Blanca!

Eine wirklich wunderschöne Geschichte, die Dir da gelungen ist. Man kann nicht abstreiten, dass sie zum Nachdenken anregt und einen anderen Blick auf die alltäglichen Dinge wirft.
Anfänglich hatte ich mich gefragt wie das lyrische Ich den Bezug zum Duft der Rosen herstellt ("verströmten einen süsslichen Duft"), obwohl es doch eigentlich noch an der Mauer steht. Da Du dieses Motiv jedoch später wieder aufgreifst, ergibt sich die Frage.

Gracias!
keep-it

 

Hallo Blanca,

auch mich störte die Häufung des "welche". Ich weiß wohl, man setzt es ein, um die Wiederholung von "die" zu vermeiden, aber malaika hat recht, es wirkt dann leicht gestelzt.

Drei Sachen, die mir auffielen:

"Piruetten" - Pirouetten
"förmig" - förmlich
"Notitzblock" - Notizblock


Ich hab Deine Geschichte gerne gelesen.

Gruß
Bobo

 

Hallo Mailaika,keep-it und Bobo,
vielen Dank, dass ihr meine Geschichte gelesen habt. Ihr habt recht, dass "welche" wirkt wirklich etwas steif. Ich habe es bereits abgeändert, auch die Rechtschreibefehler, die dir, Bobo, aufgegallen waren.
Danke.
Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Blanca,

ein schöner Text ist dir hier gelungen. Ein Text, der von seinem großen Wortschatz lebt. Auch von einem Spannungsfeld, das bis zum Ende aufrecht gehalten wird.
Die Geschichte fließt und tut gut beim Lesen.

Liebe Grüße - Aqua

 

Hallo Blanca

Melancholisch die Geschichte, aber in keiner Sequenz unglaubwürdig. Du hast eine besondere Gabe die Umgebung für den Leser sichtbar zu machen, man **sah** den Rosengarten, mehr noch, man *roch* ihn auch.

Und die Mauer, über die einem nur gelegentlich ein Blick vergönnt ist, die kennt sicher jeder. Die Erwartungen, die man damit verknüpft, endlich dahinter schauen zu können, werden eben nicht immer erfüllt.

Gern gelesen.

Gruss Lies

 

Hi Aqualung und Lies,
vielen Dank für eure positiven Kritiken :D . Ich war mir anfangs gar nicht so sicher, ob es nicht etwas zu kitschig geworden ist. Aber da bis jetzt alle die Geschichte gut fanden, bin ich natürlich zufrieden.:bounce:
Nochmal vielen Dank fürs Lesen.
Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Blanca!

Nein, kitschig finde ich den Text nicht, verspielt, vertraumt teilweise schon. An manchen Stellen gelingt es Dir, den Leser aehnlich zu verzauber wie die Protagonistin. Das Ende

Das Leben gleicht oftmals einer Rose, die voll erblüht, Stolz und Schönheit ausstrahlt und manchmal einfach ohne Grund abgepflückt und weggeworfen wird und irgendwo einsam verwelkt.
wirkt auf mich ein bisschen altklug. Der Vergleich ist auch im Bezug zum Text gelungen, aber so als Resumee wirkt es auf mich aufgesetzt, da Du die Gedanken der Protagonistin ein bisschen verlaesst.

@malaika: zitiren kannst Du mit [ QUOTE ] zitat [ /QUOTE ] ohne den Leerzeichen in der Klammer.

viele Gruesse
Anne

 

Hallo Anne,
Danke für deinen Kommentar.
Mag sein, dass das Ende etwas aufgesetzt wirken mag, aber ich wollte die Geschichte halt nicht einfach so ausklingen lassen, sondern noch irgendetwas schreiben, was mit dem Thema zu tun hat und vielleicht im Gedächtnis hängen bleibt. Hätte man wahrscheinlich besser machen können.
Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Blanca!
Auch ich finde Deine Geschichte nicht kitschig. Aber dafür wunderschön!
Der Schluss könnte noch ein wenig ausgearbeitet werden, das stimmt. Aber ansonsten ist die Geschichte sehr schön!

Liebe Grüsse,
Marana

 

Hallo Manuela,
danke fürs Lesen und deinen Kommentar. Vielleicht nehme ich mir den Schluss noch mal vor, wenn ich etwas mehr Zeit habe.
Liebe Grüsse
Sylvia

 

Servus Blanca!

Über deiner Geschichte liegt ein sanfter Zauber den ich als sehr angenehm empfunden habe. Vor allem zu Beginn, das Kind, welches den Garten erblicken möchte, der seine Phantasie auf Reisen schickt. Die Tänzerin von dem Mädchen beobachtet, fügt sich ganz wunderbar ein in diese Atmosphäre der sehnsuchtsvollen Unberührbarkeit. Auch den Übergang zum Realen hast du sehr gut gemeistert, wenngleich der Traumwelt damit leider der Boden entzogen werden musste.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

Hallo Eva,
freut mich, dass du den Zauber gespürt hast. Gerade in der heutigen Zeit tut es gut, ab und zu mal ein bisschen Zauber zu versprühen.
Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Blanca!

Mit einer sanften Handlung zeigst Du, wie alles mit der Zeit oder auch von heute auf morgen anders werden kann. Die Sehnsucht der Protagonistin, einmal über diesen Zaun schauen zu dürfen, einen Blick in diese scheinbar so sorgenfreie Welt werfen zu dürfen, kommt gut heraus. Ihre Träume vom unbeschwerten Leben, das hinter diesem Zaun stattfindet, die niemals erreichbar scheinen, und dann will es der Zufall Jahre später plötzlich, daß sie in diesem Haus empfangen wird und durch den Garten geht. Die Zeit ist auch hier nicht stehengeblieben, langsam sind die Bäume und Pflanzen gewachsen, aber schnell hat das Schicksal das sorgenfreie Leben der Tänzerin in einem winzigen Moment zerschlagen.
Du hast diese zwei verschiedenen Menschenleben gut beschrieben. Man kann sagen, die Tänzerin hat oben begonnen und die Protagonistin unten – getroffen haben sie sich in der Mitte.
Bemerkenswert ist auch, daß der Protagonistin der Blick zurück leicht fällt, der Tänzerin jedoch durch den Verlust ihrer Beweglichkeit nur sehr schwer. – Behindert ist man schnell, wenn einen das Schicksal wie die Tänzerin trifft – man sollte sich dessen meiner Meinung nach mehr bewußt sein... ;)

Ein paar stilistische und sonstige Anmerkungen hab ich noch, aber zuvor zu den „ß“. Ich hab schon gelesen, daß Du eine spanische Tastatur hast und deshalb immer „ss“ schreibst. Wenn Du die Geschichte allerdings, wie Du sagst, zu einem Wettbewerb einschicken willst, würde ich die betreffenden Stellen schon umändern. Du kannst Dir ja ganz einfach eins klauen. Also eins markieren, kopieren, und dort wo sie hingehören einfügen, mit Strg + V geht das ja ganz einfach.
Ich will Dich aber nicht bevormunden und sie Dir jetzt alle Wörter mit ß posten, und dann sagst Du nachher, daß Du es auch selbst gewußt hättest... Wenn Du willst, daß sie Dir nenne, dann sag es bitte, auf meinem Ausdruck sind sie schon markiert. ;)

»Schon seit ich denken konnte, hatte mich das alte Haus fasziniert.«
- kann die Protagonistin heute nicht mehr denken? Ich würde den Satz umschreiben, mein Vorschlag ist „Schon seit ich zu denken begonnen hatte, faszinierte mich das alte Haus.“

»Es war eines jener alten, herrschaftlichen Häuser aus dem vergangenen Jahrhundert.«
- irgendwie fehlt da ein ..., die irgendwas... zum Beispiel: „Es war eines jener alten, herrschaftlichen Häuser, die bereits im vergangenen Jahrhundert erbaut wurden.“ – Was mir jetzt grad noch auffällt, ist das „vergangene Jh.“: Es ist erst seit drei Jahren vergangen... du könntest vielleicht schreiben „im 19. Jahrhundert“

»In meiner Fantasie malte ich mir aus, dass in dem Haus ein hübscher Prinz wohnen würde, der sich, wenn er mich sah, sofort in mich verlieben und mich heiraten würde.«
- darf ich Dir eine etwas kürzere Version, fast ohne Wortwdh., anbieten? „In meiner Fantasie wohnte ein hübscher Prinz in dem Haus, der sich, wenn er mich sah, sofort verlieben und mich heiraten würde.“ Vielleicht kriegst Du ja die „mich“-Wiederholung auch noch raus?

»Sie
bewegte sich mit einer solchen Harmonie und strahlte so viel Anmut aus in ihrem hübschen Kleid.«
- einmal zu viel Enter
- „so viel Anmut“ verlangt eigentlich nach einem Wie, etwa einem Vergeich – würde schreiben „und strahlte in ihrem hübschen Kleid sehr viel Anmut aus.“ – Vielleicht auch „... beneidenswert viel Anmut aus.“ oder sowas in der Richtung?

»Ich erzählte Grossmutter von dem Mädchen in dem Rosengarten.
„Oh, dass muss Mariella gewesen sein“, sagte sie, „ die Tochter der Besitzer.«
- statt „in dem“ würde ich „im“ verwenden
- Oh, das muss
- bei „sie, „ die“ ist eine Leertaste zuviel, das kommt einige Male vor, ich bleibe aber bei diesem Beispiel, Du findest sie bestimmt. ;)

»Noch oft dachte ich an die schöne Tänzerin in dem Rosengarten.«
- würde hier eher zu „aus dem Rosengarten“ tendieren

»Heimatstadt« kommt zweimal kurz hintereinander vor, vielleicht findest Du statt einem davon ein Synonym?

»musste nicht mehr wie ein Spion versuchen, heimliche Blick zu erhaschen.«
- Blicke

»„ Sie wünschen bitte?“. Ich nannte ...«
- eine Leertaste vor „Sie“ zuviel, ein Punkt und eine Leertaste vor „Ich“

»begann das grosse Tor sich schon, wie von Geisterhand betätigt, zu öffnen.«
- die Beistriche (Kommas) könntest Du auch weglassen

»Und dann lag das Haus vor mir«
- würde das „Und“ streichen

»Doch auch hier hatte der Zahn der Zeit genagt, und man konnte erahnen«
- „man“? besser fände ich „ich“, oder überhaupt nach „genagt“ einen Punkt, daß sich das die Protagonistin denkt, weiß man ja. :)

»viele Bilder und als ich nach oben schaute«
- würde hier nach Bilder einen Punkt machen und mit „Als“ einen neuen Satz beginnen

»ein wunderschönes Deckengmälde«
- Deckengemälde

»Von dem Pavillon, indem die schöne Ballerina ihre Piruetten gedreht hatte«
- in dem (auseinander)
- Pirouetten

»„Oh, guten Tag“, sie streckte mir ihre Hand entgegen und lächelte mich zaghaft an.«
- Tag.“ Sie

»Ich bin seit dem Unfall querschnittsgelähmt.“ Bitterkeit, aber auch Resignation und Hoff-
nungslosigkeit«
- Hoffnungslosigkeit ohne – und Enter
- querschnittsgelähmt ist eher umgangsprachlich, querschnittgelähmt wäre in meinen Augen schöner (es geht beides)

»zurückge-
lassen. Das Leben gleicht oftmals einer Rose, die voll erblüht, Stolz und Schönheit ausstrahlt und manchmal einfach ohne Grund abgepflückt und weggeworfen wird und irgendwo einsam verwelkt.«
- wieder ohne – und Enter
- meiner Ansicht nach besser wäre „ausstrahlt, aber manchmal ...“ und „um irgendwo einsam zu verwelken“, damit vermeidest Du gleich zwei „und“

»... forderte sie mich auf und während ich sie zurück schob, trug uns der Wind den Duft der Rosen nach.«
- würde nach „auf“ einen Punkt machen, dann wirkt der schöne Schlußsatz mehr: Während ich sie zurück schob, trug uns der Wind den Duft der Rosen nach.

Alles liebe,
Susi :)

 

Liebe Susi,
vielen lieben Dank, für Deine Mühe und die guten Tipps. Werde mich sofort in einer ruhigen Minute an die Überarbeitung heranmachen.

Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Blanca!

Aufgefallen ist mir, daß der Text - gerade auch am Bildschirm - ein wenig schlecht lesbar ist, aus optischen Gründen.
Ein paar (sichtbare)Absätze im ersten Teil müßten da schnelle Abhilfe schaffen.
Besonders würde ich einen vor diesem Satz machen:

Das Mietshaus, in dem ich seit dem Tod meiner Eltern mit meiner Großmutter wohnte,

und so hatte ich mich nicht mehr getraut hinaufzuklettern.
ich würde ein "habe ich mich nicht mehr..." vorschlagen, weil sie es ja dauerhaft nicht mehr getan hat ( und nicht nur zu einem bestimmten, vergangenen Zeitpunkt )
viel Zeit im Ausland .
ein Leerzeichen zuviel
ich war regelrecht gierig danach, endlich alles zu sehen.
irgendwie wirkt der letzte Satzteil nicht wirklich flüssig.

ich war regelrecht gierig danach, endlich alles ansehen zu können. - paßt besser in die Textmelodie.

Eine große geschwungene Treppe
ein Komma zwischen groß und geschwungen...
doch noch viel von der Schönheit und Eleganz ahnen,
"erahnen" fände ich besser, denke ich. Stilvoller.
und blickte wie selbstvergessen vor sich hin.
ich würde das "wie" ersatlos streichen. Gibt einen direkteren Bezug.
schien mich zu registrieren.
ich würde "wahrzunehmen" vorschlagen. Sonst hat man unwillkürlich den Eindruck eines technischen Vorgangs.

So, genug genörgelt. Jetzt überreich ich Dir zeit- und wunschgemäß ein Weihnachtsplätzchen. :D
Du hast eine sehr schöne Geschichte über Träume und Wünsche verfaßt. Konsequent und schön ausgearbeitet hast Du die Ruhe eingefangen, die in diese Erzählung hineingehörte.
Die Parallele zwischen Leben, Traum und Rosen hast Du sehr schön in die Erzählung verwoben und dem Ganzen damit einen schöne Linie gegeben.
Einzig die Auflösung mit dem Gespräch am Schluß ging mir ein wenig zu schnell. Ich hatte vielleicht weniger Monolog und mehr Dialog erwartet...
Jedenfalls ein wirklich schöner Text, den ich gern gelesen habe.

Lieben Gruß,
Frauke

 
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Hallo Frauke,
vielen lieben Dank für den Weihnachtskeks.
*weihnachtskeksaufmampfundkrümmelvomschreib-tischfegdamitsichdiebüroputzfraunachherganzdollfreut*
Natürlich auch Danke fürs Lesen der Geschichte.
Würde mich mal interessieren, warum Du Dir gerade die hier ausgesucht hast? Lags am Titel, oder hast Du "Ippchen, Dippchen Silbernippchen, Ippchen, Dippchen Dapp" gemacht? :D

Deine Tipps haben mir allesamt gefallen, habe sie bereits in die Geschichte eingebaut und die Fehler verbessert. Hab sogar selber noch einen weiteren Kommafehler entdeckt. Irgendwie findet man bei jedem Lesen immer noch wieder etwas.
Die Geschichte ist übrigens ursprünglich durch Wörter aus der Wörterbörse entstanden.

Auf baldiges Wiederlesen
Blanca

PS: hier haste noch einen Elisenlebkuchen, meine Favoriten.


(hab nur das layoutsprengende Endloswort geteilt) ;) Susi

 

hi!
woher bekommt man in Spanien Elisen-Lebkuchen?! Aber ehrlich: Du hast ja auch Kokosraspeln ohne Fett :D

Freut mich, daß ich helfen konnte!

Ich hab einfach irgendeine KG aus Deiner Liste gesucht, die nicht so lang war, daß sie meinen heutigen Zeitplan GANZ durchgeschüttelt hätte :D

Auf Wörterbörse wäre ich nicht gekommen. Und das ist ein gutes Zeichen. Denn dann bedeutet es, daß Du die Vorgaben gut integriert hast. ;) *dafür noch ein fruchplätzchen schick* *und eine tasse glühwein einschenk*

Lieben Gruß,

Frauke

 

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