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Der Steinwandler und die Tochter des Spielers

CoK

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24.08.2020
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Anmerkungen zum Text

Die Spielsucht hat in den letzten Jahren zugenommen. Oft sind Kinder die Leidtragenden.
Märchen können zu einem Gespräch anregen.

Der Steinwandler und die Tochter des Spielers

Es war einmal ein kleines Mädchen, das lebte mit seinen Eltern am Rande der Stadt Minimus. Sie hieß Livi und war acht Jahre alt. Noch etwas müde streckte sie die Beine aus dem Bett, um eilig ans Fenster zu laufen. Es war Samstag, sie musste nicht in die Schule und Mama nicht zur Arbeit. Vor dem Haus stand Papas großer Lastwagen. Wie unzählige Male vorher hatte er bis spät in die Nacht gearbeitet. Der Brummi, so nannte Papa seinen Lastwagen, gehörte nicht ihm, sondern der Firma, bei der er als Fernfahrer angestellt war. Jedes Mal, wenn Livi den riesigen Laster sah streckte sie ihr Stupsnäschen mit den fünfundzwanzig Sommersprossen, ein wenig höher in die Luft. Denn sie war megastolz auf ihren Vater, weil er einen so großen Lastwagen fahren konnte. Beim Frühstück würde sie ihn daran erinnern, dass er ihr versprochen hatte, sie einmal mitzunehmen. Sie wünschte sich so sehr neben Papa im Führerhaus zu sitzen. Der Brummi besaß zwei Schlafkabinen. „Du darfst oben schlafen, wenn ich dich mitnehme“, hatte er gesagt. Schnell schlüpfte Livi in Jeans und T-Shirt. Als sie im Badezimmer stand und sich hastig mit der Bürste durch die dunklen Locken fuhr, hörte sie die Stimmen ihrer Eltern.
„Ich weiß genau, dass ich das Geld für Livis Schulausflug hier versteckt habe, du hast es gefunden.“ Mamas Stimme klang rau und traurig.
„Habe ich nicht! Du wirst es irgendwo anders versteckt haben!“
Livi wusste genau, dass ihr Vater log. Denn außer ihren Eltern kam nur sie in die Küche und sie hatte das Geld nicht genommen. Sie presste ihre Hände auf die Ohren. Trotzdem hörte sie ihre Mutter.
„Livi? Hast du das Geld aus der Backpapierrolle genommen?“
Sie trat aus dem Badezimmer: „Habe ich nicht!“ Ihre Stimme zitterte durch den kleinen Flur.
Obwohl Mama sich immer tolle Verstecke einfallen ließ, fand Papa sie alle, wenn er Geld für die Automaten brauchte. Er lief zum Haus um die Ecke, wo die große Sonne über dem Eingang hing.
Einmal hatte Mama sie dorthin geschickt, um Papa abzuholen. In dem Raum war es dunkel gewesen, nur die Automaten leuchteten und blinkten. Voller Furcht hatte sie zwischen den stummen Menschen, die ebenfalls Geld in die Automaten steckten, ihren Vater gesucht.
„Livi hat das Geld nicht. Du hast es doch wieder verspielt. Jetzt kann sie nicht mit zum Schulausflug!“ Mama schrie und weinte gleichzeitig.
Livi schlich auf Zehnspitzen an der angelehnten Küchentür vorbei, schlüpfte ohne Strümpfe in die blauen Sportschuhe und schloss leise die Haustüre. Sie wollte nicht miterleben, was wieder und wieder passierte … Papa und Mama würden so lange streiten, bis Papa die Türe mit einem lauten Knall zuwarf und Mama weinend in der Küche zurückließ.
Auf diesen blöden Ausflug wollte sie sowieso nicht. Die anderen Kinder besaßen bunte, schöne Rucksäcke. Ihre Trinkflasche und die Brotbox steckten in einem Stoffbeutel mit dem Aufdruck: Eber – Transporte. Emmy und Lea, ihre beiden Freundinnen, durften sich bei jeder Klassenfahrt Eis oder Getränke kaufen. Sie bekam von Mama nie Geld mit.
Livi stand vor der Haustüre und überlegte: Vielleicht sollte sie in den Wald gehen und dort leben, da gab es Pilze und Beeren. Aber auch Leute, die einen Spaziergang machten, bedachte sie. Ihr fiel die Höhle auf dem Kilians Berg ein. Leider wuchs direkt vor dem Eingang ein stacheliger Hagebuttenstrauch. Das war aber nicht der einzige Grund, warum ihre Freundinnen nicht in die Höhle wollten.
„Da drin gibt es bestimmt Kreuzspinnen“, hatte Emmy gesagt und sich geschüttelt.
„Mein Bruder hat erzählt, in der Höhle gibt es einen tiefen Schacht. Da drin sind schon Kinder verschwunden. Gruselig!“ Lea hatte Emmy und Livi an die Hand genommen und fortgezogen.
Trotzdem, würde sie jetzt genau da hingehen und nie wieder zurückkommen.
So schnell sie konnte, stieg Livi den steilen Hang am Kilian Berg hinauf. Sie achtete nicht auf die Silberdisteln, über die sie sich sonst freute, wenn sie eine in dem hohen Heidegras entdeckte. Auch das Zittergras, das so lustig an den Beinen kitzelte, spürte sie nicht. Immer höher, an Wacholderbüschen und Ginster vorbei, bis zu dem Kreidefelsen mit der zartrosa blühenden Hagebutte davor. Livi musste einen Moment verschnaufen, bevor sie sich schwer atmend zwischen dem Felsen und dem stacheligen Strauch in die Höhle zwängte. Der Eingang war so schmal, dass sie ihre Arme vorstrecken musste, um hindurch zu schlüpfen. Sie lag auf dem Bauch, kühl und feucht spürte sie Erde unter sich. Was, wenn es diesen Schacht wirklich gab? Vielleicht war er dicht neben ihr? Vielleicht würde sie hineinfallen, wenn sie weiter nach vorn kroch! Mit zittrigen Beinen setzte Livi sich auf und blieb dicht am Eingang sitzen. Sie schlang die Arme um die Knie und starrte in die Dunkelheit. Gab es hier wirklich Kreuzspinnen? Sie zog den Kopf ein. Dann dachte sie an Mama. Ob sie wohl schon nach ihr suchte? Sollte sie sich ruhig Sorgen machen, sie war selbst schuld! Warum musste sie sich ständig mit Papa streiten? Und warum verspielte ihr Vater alles Geld? Sie dachte an die Schule und die mitleidigen Blicke ihre Freundinnen, weil sie nie mit ins Kino oder Freibad konnte. Jeder Gedanke ließ eine dunkle Kälte zurück. Dunkler und kälter als die Finsternis der Höhle. Livi weinte. Nie, nie wieder werde ich zu euch nach Hause kommen, rief sie in die Höhle und schluchzte laut. Kurz darauf hörte sie ein Kratzen. Erschrocken lauschte Livi und traute sich nicht mehr zu atmen. Ein Geräusch, wie Fingernägel, die über eine Wand schaben, wurde lauter und lauter. Etwas befand sich mit ihr in der Höhle. Es war ganz in der Nähe. Die Finsternis wich einem dunklen Grau. Deutlich sah sie nun einen Schacht, aus dem Licht strahlte, das an den Höhlenwänden auf und ab tanzte. Livi überlegte, ob sie verschwinden sollte, doch sie traute sich nicht, auch nur einen Fuß zu bewegen.
Aus der Dunkelheit der Schacht strecken sich zwei lange Spinnenbeine. Zwei Trocken schluckte Livi, kein Tröpfchen Spucke war mehr in ihrem Mund. Etwas Graues schob sich aus dem Loch.
Ein Stein, so groß wie ihr Kopf, kam auf acht Beinen auf sie zu. Nichts wie weg! Livi drehte sich um und wollte zum Ausgang.
„Ich tue dir nichts! Du kannst ruhig hierbleiben!“ Die Stimme klang so sanft, dass Livi sich umdrehte. Von der Steinspinne war nichts mehr zu sehen. Statt ihrer stand da jetzt ein kleines Mädchen. Ungläubig starrte Livi es an.
„Entschuldige bitte, wenn ich dich erschreckt habe. Ich bin ein Steinwandler und damit du dich nicht fürchtest, habe ich mich in ein Kind verwandelt. Warum weinst du denn?“
Livi spürte erst jetzt, dass ihr immer noch Tränen über die Wangen liefen. Sprachlos über die Verwandlung schaute sie in die blauen Augen des blonden Mädchens.
Das Mädchen in dem roten Kleid trat neben sie. „Darf ich dich in den Arm nehmen?“
Zaghaft nickte Livi.
„Es wird alles wieder gut werden“, tröstete es Livi und wiegte sie sanft hin und her.
„Nein, nichts wird gut werden! Und ich werde auch nie, nie wieder nach Hause gehen.“
„Komm mit, und erzähl mir alles.“ Das Mädchen zog Livi zum Schacht.
„Schau, dort unten haben meine fleißigen Helfer ein Netz für uns gesponnen. Wir brauchen uns nur fallen zu lassen. Gib mir deine Hand, wir springen zusammen!“ Das Mädchen griff nach Livis Hand, und zog sie in den Schacht. Livi schloss die Augen.
Sie hüpften einige Male auf und ab, bevor sie von dem Spinnentrampolin steigen konnten. Das Mädchen fasste sie wieder an der Hand und gemeinsam liefen sie durch einen Gang, der ins Innere des Berges führte. Er endete in einer riesige Höhle. Mit einem großen Stein verschloss das Mädchen mühelos den Gang. Tausende Glühwürmchen leuchteten an der Decke. Blumen blühten auf einer Wiese und ein schmaler Bach schlängelte sich an Hahnenfuß und Sumpfdotterblumen vorbei. Inmitten der Wiese stand ein kleines Haus, aus dessen Fenster ihr ein Junge und ein Mädchen zuwinkten.
Lächelnd zog das fremde Mädchen Livi zu der Holzbank, die einladend vor dem Haus stand. Behutsam legte es den Arm um ihre Schultern. „Jetzt erzähle mir einmal, warum du geweint hast.“
Livi berichtete von Mama und Papa und wie traurig sie sich fühlte, wenn die beiden miteinander stritten. Von den Automaten, in die ihr Vater so viel Geld steckte. Von den Freundinnen und wie sehr sie sich schämte, weil sie nie ins Kino oder ins Freibad mitkonnte. All ihren Kummer vertraute sie dem Mädchen an.
„Das alles tut mir leid“, sagte das Mädchen zu ihr, als Livi mit hängenden Schultern schwieg. „Möchtest du hier bleiben? Es würde dir bei uns gut gehen.“
„Für immer?“ Livi riss bei der Frage die Augen weit auf.
„Ja. Möchtest du mit uns im Berg leben?“
Livi runzelte die Stirn und dachte angestrengt nach. Oh je, was sollte sie jetzt machen? Sie hatte doch nie wieder nach Hause gehen wollen und hier war es auch wirklich schön. Nur, Mama nie wiedersehen und mit Papa nie im Lastwagen mitfahren. Die beiden würden sicher schrecklich traurig sein und weinen, wenn sie nicht wieder nach Hause kam. Nein, so ernst war das nicht gemeint. Sie war doch nur so schrecklich wütend und traurig gewesen. Livi schüttelte den Kopf, so dass ihre Locken nach allen Seiten flogen. „Nein, ich möchte nicht hierbleiben. Ich möchte doch lieber wieder nach Hause.“
Das Mädchen lächelte sie an. „Nun gut, dann werde ich dir zum Abschied einen Wunsch erfüllen.“
Es gab nichts auf der Welt, was Livi sich mehr wünschte, als dass ihr Vater mit dem Spielen aufhörte. Dann würde Mama nicht mehr weinen.
„Ich wünsche mir, dass Papa aufhört, mit den Automaten zu spielen!“
Livis Herz klopfte schneller, war es wirklich möglich, dass ihr sehnlichster Wunsch erfüllt wurde?
Das Mädchen griff in die Tasche ihres Kleides und zog ein Geldstück heraus. „Hier gib es deinem Vater. Er wird damit noch einmal zu den Automaten gehen. Doch hab Vertrauen, er wird nicht spielen.“
Livi steckte die Münze in die Tasche ihrer Jeans.
„Komm!“, sagte das Mädchen und nahm sie an die Hand. Gemeinsam liefen sie zum Ausgang.
Abermals rollte das Mädchen den schweren Stein auf die Seite und das Leuchten der Glühwürmchen erhellte den dunklen Gang. Am Schacht angekommen, verwandelte sich das Mädchen zurück in die Steinspinne. „Halte dich an mir fest!“
Livi schlang ihre Arme um die Spinne und huckepack ging es den Schacht hinauf.
„Du darfst keinem Menschen etwas von dem, was du hier gesehen hast, erzählen, sonst wird dein Wunsch nicht in Erfüllung gehen. Sobald er sich bewahrheitet, wirst du alles vergessen“, erklärte ihr die Steinspinne zum Abschied.
Livi ging nach Hause. Ihr Vater warf gerade mit einem lauten Knall die Haustüre zu.
„Papa!“, rief Livi und umarmte ihn fest, wobei sie ihm unbemerkt das Geldstück in die Jackentasche steckte.
„Hallo mein Schatz! Ich muss noch kurz etwas erledigen. Bis später, ja?“
Livi war drauf und dran, ihrem Vater hinterherzulaufen. Sie wusste genau, wo er hinging, aber er würde böse werden, wenn sie ihm in die dunkle Spielhalle folgte.
So ging sie zu ihrer Mutter in die Küche, die weinend am Tisch saß. „Ach, meine Kleine, jetzt haben wir wieder kein Geld mehr.“
Livi nahm sie in den Arm. „Es wird alles gut werden, Mama, du brauchst nicht mehr zu weinen.“
Ihre Mutter wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. „Dafür bräuchte es schon ein Wunder, denn ich glaube, dein Vater ist schon wieder beim Spielen.“
„Ich habe Hunger Mama, soll ich dir beim Kochen helfen?“, versuchte Livi ihre Mutter abzulenken.

In der Spielothek stand ihr Vater vor seinem Lieblingsautomaten. Er griff in die Jackentasche, um das Geld für Livis Ausflug herauszuholen, als er die Münze spürte. Ich habe ja noch Kleingeld, dachte er, und wollte das Geldstück in den Automaten werfen. Da brannte es ihm wie Feuer zwischen den Fingern. Erschrocken sah er das Geldstück an. Es zeigte das Gesicht seiner weinenden Frau. Voller Panik drehte er die Münze um, auf der anderen Seite sah er das Gesicht seiner Tochter, auch ihr liefen Tränen über die Wangen. Da begriff der Mann, dass ihn etwas vom Spielen abhalten wollte und er die Schuld daran trug, dass seine Frau und sein Kind weinten.
Er rannte nach Hause und gab seiner Frau das Geld aus dem Backpapier zurück.
Livi durfte an diesem Wochenende mit ihrem Papa im Führerhaus mitfahren. Warum ihr Vater ein Geldstück in einem Bilderrahmen aufbewahrte, verstand sie nicht, denn an den Steinwandler konnte sich Livi nicht mehr erinnern.

 
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Hallo @CoK

ich habe deine Geschichte gern gelesen.

Hier ein paar Vorschläge.

Es war einmal ein kleines Mädchen, das lebte mit seinen Eltern am Rande der Stadt Minimus. Sie hieß Livi und war acht Jahre alt. Livi lebte mit ihren Eltern am Rande der Stadt Minimus.
Es sei denn du willst unbedingt das märchentypische "Es war einmal" behalten. Ich finde es allerdings unpassend, wenn die Geschichte dann plötzlich in unserer Zeit spielt. "Es war einmal" impliziert für mich "vor langer Zeit".
Auf die acht kannst du denke ich verzichten.
Man liest und hört ja immer, dass der erste Satz so wichtig sei. Findest du deinen ersten Satz gut? Ist er nicht unfassbar langweilig?

mit den fünfundzwanzig Sommersprossen
Lenkt nur ab.

Der Brummi besaß zwei Schlafkabinen. „Du darfst oben schlafen, wenn ich dich mitnehme“, hatte er gesagt.
Hat der Brummi gesagt?

um eilig ans Fenster zu laufen.
Schnell schlüpfte Livi in Jeans und T-Shirt.
sich hastig mit der Bürste durch die dunklen Locken fuhr
Warum ist sie denn so gehetzt?

Es war einmal ein kleines Mädchen, das lebte mit seinen Eltern am Rande der Stadt Minimus. Sie hieß Livi und war acht Jahre alt. ... Als sie im Badezimmer stand und sich hastig mit der Bürste durch die dunklen Locken fuhr, hörte sie die Stimmen ihrer Eltern.
Dieser ganze erste Abschnitt bis das Gespräch zwischen den Eltern beginnt ist ein ziemlicher Infodump. Braucht der Leser das wirklich alles zu wissen? Wenn ja, kann man die Information eleganter vermitteln?
Dieser Abschnitt catcht mich auch nicht wirklich. Das liest sich recht langweilig und führt damit die Schwäche des ersten Satzes fort.

Mamas Stimme klang rau und traurig.
Komische Wortwahl. Ist sie Kettenraucherin oder heißer?

Livi wusste genau, dass ihr Vater log. Denn außer ihren Eltern kam nur sie in die Küche und sie hatte das Geld nicht genommen.
Ich finde die Begründung an dieser Stelle schwach. Die Mutter könnte sich ja auch einfach geirrt haben. Erst später wird klar, dass es sich um ein Muster handelt.

Er zu dem Haus um die Ecke lief, wo die große Sonne über dem Eingang hing.
Hier stimmt etwas nicht.

Einmal hatte Mama sie dorthin geschickt, um Papa abzuholen. In dem Raum war es dunkel gewesen, nur die Automaten leuchteten und blinkten. Voller Furcht hatte sie zwischen den stummen Menschen, die ebenfalls Geld in die Automaten steckten, ihren Vater gesucht.
Ist diese Rückblende notwendig? Ich war noch nie in einer Spielhalle aber kommt da ein achtjähriges Mädchen überhaupt einfach so rein?

„Livi hat das Geld nicht. Du hast es doch wieder verspielt. Jetzt kann sie nicht mit zum Schulausflug!“, Mama schrie und weinte gleichzeitig.
Geht das? Weinen und schreien gleichzeitig. In meiner Vorstellung passt das nicht zusammen, auch auf emotionaler Ebene nicht.

Sie wollte nicht miterleben, was wieder und wieder passierte … Papa und Mama würden so lange streiten, bis Papa die Türe mit einem lauten Knall zuwarf und Mama weinend in der Küche zurück lies.
Besser zeigen als behaupten. Dann kannst du Livi allerdings nicht das Haus verlassen lassen, da du es aus ihrer Perspektive erzählst. Oder du lässt es einfach weg.

Auf diesen blöden Ausflug wollte sie sowieso nicht. Die anderen Kinder besaßen bunte, schöne Rucksäcke. Ihre Trinkflasche und die Brotbox steckten in einem Stoffbeutel mit dem Aufdruck: Eber – Transporte. Emmy und Lea, ihre beiden Freundinnen, durften sich bei jeder Klassenfahrt Eis oder Getränke kaufen. Sie bekam von Mama nie Geld mit.
Wieder so ein Infodump.

Ihr fiel die Höhle auf dem Kilians Berg ein.
So schnell sie konnte, stieg Livi den steilen Hang am Kilian Berg hinauf.
Kilian oder Kilianberg

Das war aber nicht der einzige Grund, warum ihre Freundinnen nicht in die Höhle wollten.
„Da drin gibt es bestimmt Kreuzspinnen“, hatte Emmy gesagt und sich geschüttelt.
„Mein Bruder hat erzählt, in der Höhle gibt es einen tiefen Schacht. Da drin sind schon Kinder verschwunden. Gruselig!“ Lea hatte Emmy und Livi an die Hand genommen und fortgezogen.
Wieder eine Rückblende von der ich mich frage, ob sie denn notwendig ist.
Das Problem mit den eingestreuten Rückblenden ist, dass sie den Fluss der Erzählung unterbrechen und damit stören.

So schnell sie konnte, stieg Livi den steilen Hang am Kilian Berg hinauf.
Schon wieder ist sie so gehetzt. Sie muss echt aufpassen, dass sie das mit ihrem Stress in den Griff bekommt.

Ganz in der Nähe war etwas mit ihr in der Höhle. Die Finsternis wich einem dunklen Grau. ... Nichts wie weg! Livi drehte sich um und wollte zum Ausgang.
Der Abschnitt gefällt mir sehr gut, weil er Spannung erzeugt und mich ins Geschehen zieht. Auch der ganze Teil davor sollte lebhafter geschrieben sein. Davon würde die Geschichte massiv profitieren.

Ich bin ein Steinwandler
Warum Steinwandler? Als ich die Bezeichnung im Titel las, dachte ich an jemanden, der Steine in etwas anderes verwandeln kann. So wie es sich jetzt darstellt, ist das Wesen einfach ein Gestaltwandler, oder?

„Schau, dort unten haben meine fleißigen Helfer ein Netz für uns gesponnen. Wir brauchen uns nur fallen zu lassen. Gib mir deine Hand, wir springen zusammen.“ Das Mädchen griff nach Livis Hand, und zog sie in den Schacht. Livi schloss die Augen.
Ich finde es erstaunlich, dass Livi ohne zu zögern einfach so mitgeht. Ist das kindlich naiv? Ich weiß es gar nicht. Aber die gesamte Situation kommt mit so vielen Red-Flags daher. Die Gruselgeschichten, die ihre Freundinnen erzählt haben, insbesondere auch über einen Schacht. Livi hat offensichtlich Angst, zumindest am Anfang. Ein fremdes Wesen, dass die Gestalt wandeln kann und sogar selbst zugibt, dass es versucht nicht furchteinflößend auszusehen. Dann will es dass Livi in eben diesen Schacht springt. Ich weiß ja nicht.
Mit einem großen Stein verschloss das Mädchen mühelos den Gang, der die winzige Höhle mit der großen verband. ... stand ein kleines Haus, aus dessen Fenster ihr ein Junge und ein Mädchen zuwinkten.
Jep, es wird sogar noch creepy.
Das schafft alles eine Atmosphäre, die mit dem Ende nicht so recht zusammenpasst. Vielleicht liegt es an meinen verzerrten Erwartungen aber ich fand es enttäuschend, dass dann alles so Friede-Freude-Eierkuchen endet.
Dieser Steinwandler ist mir viel zu nett. Ich hätte mir einen Schurken gewünscht. Auch die Sache mit dem Wunsch weckt Assoziationen, dass an der Sache etwas faul sein muss, dass es einen Haken gibt. Das wäre natürlich auch fast ein Klischee, aber dieses "Alles gut"-Ende ist mir dann doch etwas zu flach.

Da brannte es ihm wie Feuer zwischen den Fingern. Erschrocken sah er das Geldstück an. Es zeigte das Gesicht seiner weinenden Frau. Voller Panik drehte er die Münze um, auf der anderen Seite sah er das Gesicht seiner Tochter, auch ihr liefen Tränen über die Wangen. Da begriff der Mann, dass ihn etwas vom Spielen abhalten wollte und er die Schuld daran trug, dass seine Frau und sein Kind weinten.
Er rannte nach Hause und gab seiner Frau das Geld aus dem Backpapier zurück.
Hmmmmm ... funktioniert das so einfach bei Suchtkranken? Ich habe damit, zum Glück, keine Erfahrung. Ich stelle mir aber vor, dass Suchtkranke vermutlich sehen, wie ihr Umfeld leidet. Kann es also eine "Heilung" sein, wenn der Vater die Mutter und das Kind weinen sieht? Die Mutter hat ja die ganze Zeit in der Anwesenheit des Vaters geweint. Das kommt mir zu einfach vor.

Insgesamt gefällt mir die Geschichte gut. Ich denke nur, dass sie durch Kürzen, weniger Infodump und etwas mehr Konflikt und Pfeffer im Zusammenhang mit dem Steinwandler profitieren würde. Und diese Spontanheilung des Vaters ist für mich ein großes Problem an der Geschichte.

Viele Grüße,
Markov

 
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Hallo @Markov,

ich bin Dir dankbar, dass Du meinen Text gelesen hast.
Märchen sind hier im Forum, nicht das große Ding. Ich habe sie sehr gerne.
Mein Eindruck ist, dass Du mein Märchen wie eine Kurzgeschichte gelesen hast. Auch möchte ich Dich darauf hinweisen, dass ich es für Kinder geschrieben habe. Mein Gedanke war ab dem Schulalter.

Es sei denn du willst unbedingt das märchentypische "Es war einmal" behalten. Ich finde es allerdings unpassend, wenn die Geschichte dann plötzlich in unserer Zeit spielt. "Es war einmal" impliziert für mich "vor langer Zeit".
Auf die acht kannst du denke ich verzichten.
Man liest und hört ja immer, dass der erste Satz so wichtig sei. Findest du deinen ersten Satz gut? Ist er nicht unfassbar langweilig?
Ja, ich wollte es märchentypisch schreiben. Es war einmal, kann genauso letztes Jahr gewesen sein.
Lenkt nur ab.
Auch hier bin ich anderer Meinung. Letzte Woche war ich mit meiner Enkeltochter bei einem Literaturnachmittag für Kinder ab drei Jahren. Du glaubst gar nicht, wie die Kinder darauf reagiert haben, wenn eine Geschichte ein Detail beinhaltete, das bei Ihnen genauso war. Zum Beispiel: eine Brille, braune Haare, Locken …, oder das Kind ist ja genauso alt wie ich. (Sommersprossen.)
Warum ist sie denn so gehetzt?
Sie möchte doch unbedingt mit ihrem Vater im Führerhaus mitfahren und ihn beim Frühstück fragen.
Dieser ganze erste Abschnitt bis das Gespräch zwischen den Eltern beginnt ist ein ziemlicher Infodump. Braucht der Leser das wirklich alles zu wissen? Wenn ja, kann man die Information eleganter vermitteln?
Dieser Abschnitt catcht mich auch nicht wirklich. Das liest sich recht langweilig und führt damit die Schwäche des ersten Satzes fort.
Auch hier möchte ich dich darauf hinweisen, dass ich es für Kinder schreibe und ich denke, da genügen einfache Informationen.
Komische Wortwahl. Ist sie Kettenraucherin oder heißer?
Nein, ist sie nicht. Wenn Menschen traurig sind, haben sie oft eine raue Stimme.
Ich finde die Begründung an dieser Stelle schwach. Die Mutter könnte sich ja auch einfach geirrt haben. Erst später wird klar, dass es sich um ein Muster handelt.
Es ist die Begründung eines Kindes.
Hier stimmt etwas nicht.
Vielleicht kann ich das noch besser schreiben.
Ist diese Rückblende notwendig? Ich war noch nie in einer Spielhalle aber kommt da ein achtjähriges Mädchen überhaupt einfach so rein?
Wenn das Kind den Vater holen muss, ich denke, dann darf es kurz rein.
Geht das? Weinen und schreien gleichzeitig. In meiner Vorstellung passt das nicht zusammen, auch auf emotionaler Ebene nicht.
Ich kann das auch.
Besser zeigen als behaupten. Dann kannst du Livi allerdings nicht das Haus verlassen lassen, da du es aus ihrer Perspektive erzählst. Oder du lässt es einfach weg.
Möchte ich lassen, ich finde es wichtig
Wieder so ein Infodump.
Weißt du, es ist schon wichtig, dass man erfährt, wie schlimm es für ein Kind ist, wenn der Vater das ganze Geld verspielt?
Kilian oder Kilianberg
Der Berg heißt Kilian
Der Abschnitt gefällt mir sehr gut, weil er Spannung erzeugt und mich ins Geschehen zieht. Auch der ganze Teil davor sollte lebhafter geschrieben sein. Davon würde die Geschichte massiv profitieren.
:)
Wieder eine Rückblende von der ich mich frage, ob sie denn notwendig ist.
Das Problem mit den eingestreuten Rückblenden ist, dass sie den Fluss der Erzählung unterbrechen und damit stören.
Es ist für mich wichtig zu zeigen, dass das Mädchen trotz ihrer Angst in diese Höhle kriecht. Ich möchte damit ihre Verzweiflung unterstreichen.
Ich finde es erstaunlich, dass Livi ohne zu zögern einfach so mitgeht. Ist das kindlich naiv? Ich weiß es gar nicht. Aber die gesamte Situation kommt mit so vielen Red-Flags daher. Die Gruselgeschichten, die ihre Freundinnen erzählt haben, insbesondere auch über einen Schacht. Livi hat offensichtlich Angst, zumindest am Anfang. Ein fremdes Wesen, dass die Gestalt wandeln kann und sogar selbst zugibt, dass es versucht nicht furchteinflößend auszusehen. Dann will es dass Livi in eben diesen Schacht springt. Ich weiß ja nicht.
Weißt Du, in Märchen machen Kinder Dinge, die sie im wirklichen Leben nicht tun würden. (Oder sie sind so verzweifelt, dass sie es doch tun.)
Jep, es wird sogar noch creepy.
Das schafft alles eine Atmosphäre, die mit dem Ende nicht so recht zusammenpasst. Vielleicht liegt es an meinen verzerrten Erwartungen aber ich fand es enttäuschend, dass dann alles so Friede-Freude-Eierkuchen endet.
Dieser Steinwandler ist mir viel zu nett. Ich hätte mir einen Schurken gewünscht. Auch die Sache mit dem Wunsch weckt Assoziationen, dass an der Sache etwas faul sein muss, dass es einen Haken gibt. Das wäre natürlich auch fast ein Klischee, aber dieses "Alles gut"-Ende ist mir dann doch etwas zu flach.
Tut mir leid das ich Deinen Wünschen nicht gerecht wurde. Der Steinwandler hat seinen Namen deshalb, weil er ein Stein ist, der sich verwandeln kann.
Hmmmmm ... funktioniert das so einfach bei Suchtkranken? Ich habe damit, zum Glück, keine Erfahrung. Ich stelle mir aber vor, dass Suchtkranke vermutlich sehen, wie ihr Umfeld leidet. Kann es also eine "Heilung" sein, wenn der Vater die Mutter und das Kind weinen sieht? Die Mutter hat ja die ganze Zeit in der Anwesenheit des Vaters geweint. Das kommt mir zu einfach vor. Insgesamt gefällt mir die Geschichte gut. Ich denke nur, dass sie durch Kürzen, weniger Infodump und etwas mehr Konflikt und Pfeffer im Zusammenhang mit dem Steinwandler profitieren würde. Und diese Spontanheilung des Vaters ist für mich ein großes Problem an der Geschichte.
Nein, damit hast du natürlich vollkommen recht, bei Suchtkranken geht es in der Regel mit Sicherheit nicht so schnell. Die benötigen eine Therapie. Ich kenne einen einzigen Fall, bei dem der Mann von heute auf morgen mit dem Spielen aufhörte. Es funktionierte, weil der Mann eine Situation erlebte, die ihn emotional sehr berührte.
In meinem Märchen gab es diese Spontanheilung am Schluss, weil Märchen in der Regel ein Happy End haben.

Vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Ich werde mir den ein oder anderen Punkt noch mal durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht bekomme ich auch noch eine andere Meinung zu hören.
Noch was vergessen, er hat Brummi gesagt, Kinder mögen das.

Ich wünsche Dir eine schöne Woche
Liebe Grüße CoK

 

„Märchen“ sind eigentlich (mehr oder weniger kurze) Erzählungen, die – wie Sage und Legende – auf Überlieferung beruhende, oft literarisch gestaltete Begebenheiten wiedergeben, die das Deutsche Wörterbuch gar mit der „Lüge“ gleichsetzt und Du bist eine der wenigen hierorts, die diese Kunst pflegt über diese erfundenen „Lügen“ Wahrhaftigkeit zu transportieren und gleichzeitig in die moderne Welt einfügst, ein buchstäbliches „Kunstmärchen“ halt,

liebe Connie,

dass es manch einem die Sprache verschlagen kann. Ob der grammatische Geschlechterwandel schon im zwoten Satz kommen muss, sei mal dahingestellt (ich erinnere mich immer mit Vergnügen an den Auftritt der Misfits [Frau Jahnke nebst Frau Überall] aus meiner Heimatstadt, wie die beiden als Lehrerinnen auf den räumlich getrennten Toiletten einer Schule unsichtbar über Toilettenkabinen hinweg ein emanzipatorisches Gespräch führten [war mal im Netz eingestellt, ob heute noch, weiß ich nicht, will den Text ja auch nicht auswendig lernen], aber der Städtename

Stadt Minimus
erinnert mich beim ersten Durchgang an die Disney-Figur „Minimouse“, was kein Makel ist. Aber warum hier

Jedes Mal, wenn Livi den riesigen Laster sah, streckte sie ihr Stupsnäschen, mit den fünfundzwanzig Sommersprossen, ein wenig höher in die Luft.
die Kommasetzung?

HIer

Denn sie war mega stolz auf ihren Vater, weil er einen so großen Lastwagen fahren konnte.
Ist „mega“ Jugendsprache und als Vorsilbe würd ich sei auch ebenso kennzeichnen „megastolz“ – halt als die etwas andere, die "alternatiefe" Steigerung des konventionellen „stolzer/stolzesten“

Was nicht passieren sollte, ist die Verwechselung von „lassen“ im Prät. mit „lesen“

Obwohl Mama sich immer tolle Verstecke einfallen lies, fand Papa sie alle, wenn er Geld für die Automaten brauchte. Er zu dem Haus um die Ecke lief, wo die große Sonne über dem Eingang hing.
´… und noch einmal
Papa und Mama würden so lange streiten, bis Papa die Türe mit einem lauten Knall zuwarf und Mama weinend in der Küche zurück lies.

Ich bin so’n bissken auf meine alten Tage auf dem Kreuzzug zur Rettung des Ausrufezeichens, wobei Du es offensichtlich kennst
Ein Stein, so groß wie ihr Kopf, kam auf acht Beinen auf sie zu. Nichts wie weg! Livi drehte sich um und wollte zum Ausgang.
mein Lob vorweg - es steht aber auch für anderes als den Ausruf/Befehl/Ratschlag – ja selbst Fragen vermag es zu verstärken – und hier
„Ich tue dir nichts. Du kannst ruhig hierbleiben.“
würde es die Aussage verstärken, glaubwürdiger machen – quasi vertrauensbildend sein ...

ähnlich hier

Gib mir deine Hand, wir springen zusammen.“
oder hier
„Ich wünsche mir, dass Papa aufhört, mit den Automaten zu spielen.“

Hier
„Komm!“, sagte das Mädchen …
gehts doch und
einige Male, wenn auch auf namengebende Ausrufe ...
„Papa!“, rief Livi und umarmte ihn fest, …

Hier einmal mit das seltsamste der deuschen Sprachkünste

„Ich habe Hunger Mama, soll ich dir beim Kochen helfen?“, versuchte Livi, ihre Mutter abzulenken.
denn das Komma zerstört das komplexe Prädikat „abzulenken versuchen“ –
also weg mit ihm!

Gleichwohl: Gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo @CoK

Ich habe dein Märchen gerne gelesen und finde, Du sprichst ein wichtiges Thema an. Spielsucht, so wie allgemein Suchterkrankungen, sind ja in unserer Gesellschaft immer noch eine Art Tabuthema, über das man nicht gerne spricht. Betroffene werden oft abgewertet, so zumindest meine Erfahrung, und diese Abwertung findet statt, ohne die entsprechenden Hintergründe zu kennen. Man denkt dann einfach gleich: Die Person kommt halt nicht auf das Leben klar, die ist halt labil oder zu wenig intelligent, aber meist gibt es ja ganz spezifische Gründe, wieso jemand in eine Suchterkrankung abrutscht und das verstehen viele nicht oder wollen es nicht verstehen.

Ich habe (zum Glück) selbst keine Erfahrungen damit, jedenfalls nicht direkt, in meinem näheren Umfeld gibt es aber jemanden, der lange Zeit spielsüchtig war und ich habe sozusagen aus erster Hand mitbekommen, was das mit einem Menschen macht. Das ist schon sehr krass. Die Person aus meinem Bekanntenkreis ist mittlerweile 'clean' und lässt die Finger vom Spielen (er/sie war jahrelang in Online-Casinos unterwegs), der Weg dahin war aber unglaublich schwer. Über zehn Jahre hinweg Schulden abbezahlt im sechsstelligen Bereich und nun steht sozusagen der Neustart an. Ich bin sehr stolz auf die Person, vor allem auch, weil sie das alles aus eigenem Antrieb geschafft hat. Es ist also möglich, sich selbst aus den Fängen einer Sucht zu befreien, kostet aber extrem viel Zeit, Nerven und vor allem einen eisernen Willen. Ich habe unterstützt, wo ich konnte (bei allem, ausser finanziellen Angelegenheiten, weil da liegt ja genau der Hund begraben).

Anyway, entschuldige den Ausflug, wollte damit einfach anmerken, dass mich das Thema abgeholt hat, nun zurück zu deinem Märchen:

Was den Anfang anbetrifft bzw. den ersten Satz, möchte ich mich @Markov anschliessen. Das mit 'Es war einmal' ist natürlich der typische Märchenanfang und die Kinder kennen das sicherlich auch genauso, aber für mich würde nichts dagegen sprechen, da einen etwas weniger konventionellen Start zu verwenden, so in die Richtung, wie Markov das vorschlägt. Aber klar, ist deine Geschichte und wenn Du das so genau passend findest, dann will Dir da sicher auch niemand reinreden. Für erwachsene Leser oder zumindest für mich, wirkt der erste Satz halt dadurch ein wenig ausgelutscht, aber ist ja nicht weiter schlimm.

Obwohl Mama sich immer tolle Verstecke einfallen lies, fand Papa sie alle, wenn er Geld für die Automaten brauchte. Er zu dem Haus um die Ecke lief, wo die große Sonne über dem Eingang hing.
Ich finde, der zweite Satz schliesst nicht so richtig gut zu dem vorhergehenden an. Vielleicht könntest Du was in die Richtung schreiben: Obwohl Mama sich immer tolle Verstecke einfallen ließ, fand Papa sie alle, wenn er Geld für die Automaten brauchte. In dem Haus um die Ecke befand sich eine Spielhölle, wo eine große Sonne über dem Eingang hing. Das einfach als Vorschlag, wie für mich die Passage etwas runder würde.

„Livi hat das Geld nicht. Du hast es doch wieder verspielt. Jetzt kann sie nicht mit zum Schulausflug!“, Mama schrie und weinte gleichzeitig.
Entweder das Komma nach der direkten Rede streichen oder das, was danach kommt, etwas umschreiben: „Livi hat das Geld nicht. Du hast es doch wieder verspielt. Jetzt kann sie nicht mit zum Schulausflug!“, schrie Mama und weinte.

Papa und Mama würden so lange streiten, bis Papa die Türe mit einem lauten Knall zuwarf und Mama weinend in der Küche zurück lies.
zurückließ

Aber auch Leute, die einen Spaziergang machten, bedachte sie.
Ich denke, das könntest Du streichen, das braucht es meiner Meinung nach nicht, weil die Geschichte ja aus Livis Sicht geschrieben ist und da dürfte klar sein, wer das bedenkt.

Trotzdem, genau da würde sie jetzt hingehen und nie wieder zurückkommen.
Trotzdem würde sie jetzt genau da hingehen und nie wieder zurückkommen. Das fände ich an der Stelle etwas runder von der Satzstellung her.

Immer höher, an Wacholderbüschen und Ginster vorbei, lief sie die Heide hinauf. [b]is zu dem Kreidefelsen mit der zartrosa blühenden Hagebutte davor.
Da würde ich die beiden Sätze kombinieren. Das sie die Heide hinaufläuft ist etwas überflüssig, es wird vorher schon klar, dass sie da den Hang hinaufsteigt.

Sollte sie sich ruhig Sorgen machen, sie war selbst schuld.
Vielleicht ein Ausrufezeichen, anstelle eines Punktes? Es würde die Stelle für mich etwas stärker machen.

Ein Geräusch, wie Fingernägel, die über eine Wand schaben, wurde lauter und lauter.
Vorschlag: Ein Geräusch wie von Fingernägeln, die über eine Wand schaben. Es wurde lauter und lauter. Allerdings frage ich mich hier, ob das Bild bzw. das Geräusch so treffend beschrieben ist, denn die 'Wände' des Lochs bestehen ja aus Erde und da können die Fingernägel nicht wirklich ein schabendes Geräusch erzeugen, oder?

Ganz in der Nähe war etwas mit ihr in der Höhle.
Auch an der Stelle ein kleiner Vorschlag von mir: Etwas befand sich mit ihr in der Höhle. Es war ganz in der Nähe! Selbstverständlich ist das alles Geschmackssache, für mich würde so aber etwas die Dramatik, die Unmittelbarkeit, erhöht.

Zwei lange Beine, wie Spinnenbeine, nur dicker, krabbelten aus dem Schacht.
Hier liest es sich für mich so, als wären das zwei Beine ohne dazugehörigen Körper, die aus dem Schacht gekrabbelt kommen. Wahrscheinlich sieht sie den Rest einfach noch nicht, trotzdem habe ich etwas gestockt, weil es für mich seltsam formuliert ist. Vielleicht sowas: Aus der Dunkelheit des Schachts streckten sich zwei lange Spinnenbeine. Ob die dicker als normale Spinnenbeine sind, da weiss ich nicht, ob's das wirklich braucht.

Das Mädchen fasste sie wieder an der Hand und gemeinsam liefen sie durch einen Gang, der ins Innere des Berges, in eine riesige Höhle führte.
Vielleicht auch hier etwas umstellen: Das Mädchen fasste sie wieder an der Hand und gemeinsam liefen sie durch einen Gang, der ins Innere des Berges führte. Er endete in einer riesigen Höhle. Was denkst Du?

Mit einem großen Stein verschloss das Mädchen mühelos den Gang, der die winzige Höhle mit der großen verband.
Was ist hier mit der winzigen Höhle gemeint? Ist das der Gang, durch den sie gekommen sind? Finde die Stelle etwas verwirrend. Vielleicht kannst Du den zweiten Satzteil einfach streichen. Es würde dadurch mMn nichts verlorengehen.

Livi berichtete von Mama und Papa und wie traurig sie sich fühlte, wenn die beiden miteinander stritten. Von den Automaten, in die ihr Vater so viel Geld steckte. Von den Freundinnen und wie sehr sie sich schämte, weil sie nie ins Kino oder ins Freibad mitkonnte. All ihren Kummer vertraute sie dem Mädchen an.
Finde ich eine schöne Stelle, aber den letzten Satz könntest Du streichen. Das wird ja vorher klar, dass sie der Steinspinne ihren Kummer anvertraut. Zumindest aus meiner Lesersicht, ich weiss nicht genau, ob das vielleicht für die Kinder drinbleiben müsste?

„Ich habe Hunger Mama, soll ich dir beim Kochen helfen?“, versuchte Livi[,] ihre Mutter abzulenken.
Komma streichen.

In der Spielothek stand ihr Vater vor seinem Lieblingsautomaten.
Kennt Livi den Lieblingsautomaten ihres Vaters vielleicht? Dann könnte der hier ja direkter benannt werden. Vielleicht ein einarmiger Bandit? Aber klar, weil das eben eine Kindergeschichte ist, macht das vielleicht nicht so viel Sinn, weil die Kleinen das dann eventuell nicht verstehen.

Da begriff der Mann, dass ihn etwas vom Spielen abhalten wollte und er die Schuld daran trug, dass seine Frau und sein Kind weinten.
Das finde ich etwas zu ausgewalzt, es wäre aus meiner Sicht schöner, wenn Du einfach schreiben würdest: Da begriff der Mann, dass seine Frau und sein Kind wegen ihm weinten. Ich denke, dadurch wird alles andere auch klar.

Livi durfte an diesem Wochenende mit ihrem Papa im Führerhaus mitfahren. Warum ihr Vater ein Geldstück in einem Bilderrahmen aufbewahrte, verstand sie nicht, denn an den Steinwandler konnte sich Livi nicht mehr erinnern.
Das Ende gefällt mir gut. Es könnte meiner Meinung nach aber etwas gekürzt werden: Warum ihr Vater ein Geldstück in einem Bilderrahmen aufbewahrte, verstand sie nicht. Aber auch hier wieder: Vielleicht braucht es die Erklärung für die Kinder.

Was ich auch spannend fand, waren der Junge und das Mädchen, die im Haus des Steinwandlers wohnten und ihr zuwinkten. Die beiden müssen sich ja entschieden haben, das Angebot des Steinwandlers anzunehmen und für immer bei ihm zu bleiben. Da kann man sich nur vorstellen, was für schlimme Eltern die beiden gehabt haben müssen, oder vielleicht haben sie gar keine mehr, sind Waisen. Ich fand das jedenfalls einen schönen, düsteren Touch, der mir gut gefallen hat.

Bezüglich des Titels: Vielleicht wäre einfach 'Der Steinwandler' schon ausreichend?

Danke für das Märchen und Beste Grüsse,
d-m

 

Lieber Friedel,

danke schon mal vorab für Deinen Kommentar.
Dir @deserted-monkey ebenfalls herzlichen Dank.
Leider komme ich erst am Sonntag dazu, mich ausführlich damit zu beschäftigen.
Ich bitte um Euer Verständnis.

Ich wünsche Euch ein erholsames Wochenende
Liebe Grüße CoK

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedel,

wie immer freue ich mich riesig, dass Du meinen Text gelesen und kommentiert hast.

Misfits [Frau Jahnke nebst Frau Überall] aus meiner Heimatstadt, wie die beiden als Lehrerinnen auf den räumlich getrennten Toiletten einer Schule unsichtbar über Toilettenkabinen hinweg ein emanzipatorisches Gespräch führten [war mal im Netz eingestellt, ob heute noch, weiß ich nicht, will den Text ja auch nicht auswendig lernen], aber der Städtename
Gibt es noch immer auf YouTube! Herrlich!
erinnert mich beim ersten Durchgang an die Disney-Figur „Minimouse“, was kein Makel ist. Aber warum hier
Minimus heißt klein, gering. Es gefiel mir und ich fand es passend.
die Kommasetzung?
Ja die Kommasetzung!:bonk: verbessert
Ist „mega“ Jugendsprache und als Vorsilbe würd ich sei auch ebenso kennzeichnen „megastolz“ – halt als die etwas andere, die "alternatiefe" Steigerung des konventionellen „stolzer/stolzesten“
Ich denke, heute würde man eher geil oder Smash sagen.
Ich bin so’n bissken auf meine alten Tage auf dem Kreuzzug zur Rettung des Ausrufezeichens, wobei Du es offensichtlich kennst
Ich bemühe mich.
mein Lob vorweg - es steht aber auch für anderes als den Ausruf/Befehl/Ratschlag – ja selbst Fragen vermag es zu verstärken – und hier
Danke:)
würde es die Aussage verstärken, glaubwürdiger machen – quasi vertrauensbildend sein ...
Gemacht.
denn das Komma zerstört das komplexe Prädikat „abzulenken versuchen“ –
also weg mit ihm!
Nun ja, es soll Menschen geben, die sehen weiße Mäuse. Ich sehe Kommas. Bin mir nicht sicher, was schlimmer ist.:crying:

Vielen Dank für Deine Zeit und die Korrektur.
Liebe Grüße von der schwäbischen Alb in den Pott.
CoK


Hallo @deserted-monkey,

es freut mich, das Du Dir die Zeit für einen ausführlichen Kommentar genommen hast.

Ich habe dein Märchen gerne gelesen und finde,
Freut mich.
Anyway, entschuldige den Ausflug, wollte damit einfach anmerken, dass mich das Thema abgeholt hat, nun zurück zu deinem Märchen:
Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, ich weiß genau, wie das ist. Ein Freund von uns hat alles verspielt. Seine Frau und seine Kinder (die mir unsagbar leid taten) sind schon lange weg von ihm. Er hat sein Geschäft gespielt. Seine Eltern haben ihn verstoßen, und jetzt haben ihm die Ärzte noch zwei Jahre gegeben. Er liegt im Krankenhaus und läuft jede Nacht die Gänge ab. Er kann seine Gefühle und Gedanken an den Automaten nicht wegdrücken und er tut mir weh.
Für erwachsene Leser oder zumindest für mich, wirkt der erste Satz halt dadurch ein wenig ausgelutscht, aber ist ja nicht weiter schlimm.
Ist es meiner Meinung nach nicht, denn ich habe es für Kinder geschrieben.
Obwohl Mama sich immer tolle Verstecke einfallen ließ,
Schon verbessert, :) hatte @Friedrichard auch schon angemerkt
In dem Haus um die Ecke befand sich eine Spielhölle, wo eine große Sonne über dem Eingang hing.
Diesen Satz fand @Markov auch verbesserungswürdig, habe ihn jetzt umgestellt.
Entweder das Komma nach der direkten Rede streichen oder das, was danach kommt, etwas umschreiben:
Komma gestrichen.
Ich denke, das könntest Du streichen, das braucht es meiner Meinung nach nicht, weil die Geschichte ja aus Livis Sicht geschrieben ist und da dürfte klar sein, wer das bedenkt.
Da hast du sicher recht, nur würde mir der Satz dann nicht mehr gefallen.
Trotzdem würde sie jetzt genau da hingehen und nie wieder zurückkommen. Das fände ich an der Stelle etwas runder von der Satzstellung her.
Ja du hast recht, sehr gerne übernommen.
Da würde ich die beiden Sätze kombinieren. Das sie die Heide hinaufläuft ist etwas überflüssig, es wird vorher schon klar, dass sie da den Hang hinaufsteigt.
Du hast recht, übernommen.
Vielleicht ein Ausrufezeichen, anstelle eines Punktes? Es würde die Stelle für mich etwas stärker machen.
Ja :)
Vorschlag: Ein Geräusch wie von Fingernägeln, die über eine Wand schaben. Es wurde lauter und lauter. Allerdings frage ich mich hier, ob das Bild bzw. das Geräusch so treffend beschrieben ist, denn die 'Wände' des Lochs bestehen ja aus Erde und da können die Fingernägel nicht wirklich ein schabendes Geräusch erzeugen, oder?
Wir sind in einer Höhle und die Spinnenbeine kratzen über Felsen.
Auch an der Stelle ein kleiner Vorschlag von mir: Etwas befand sich mit ihr in der Höhle. Es war ganz in der Nähe! Selbstverständlich ist das alles Geschmackssache, für mich würde so aber etwas die Dramatik, die Unmittelbarkeit, erhöht.
Gefällt mir auch übernommen.
Hier liest es sich für mich so, als wären das zwei Beine ohne dazugehörigen Körper, die aus dem Schacht gekrabbelt kommen. Wahrscheinlich sieht sie den Rest einfach noch nicht, trotzdem habe ich etwas gestockt, weil es für mich seltsam formuliert ist. Vielleicht sowas: Aus der Dunkelheit des Schachts streckten sich zwei lange Spinnenbeine. Ob die dicker als normale Spinnenbeine sind, da weiss ich nicht, ob's das wirklich braucht.
Besser, danke.
Was ist hier mit der winzigen Höhle gemeint? Ist das der Gang, durch den sie gekommen sind? Finde die Stelle etwas verwirrend. Vielleicht kannst Du den zweiten Satzteil einfach streichen. Es würde dadurch mMn nichts verlorengehen.
Hast recht.
Finde ich eine schöne Stelle, aber den letzten Satz könntest Du streichen. Das wird ja vorher klar, dass sie der Steinspinne ihren Kummer anvertraut. Zumindest aus meiner Lesersicht, ich weiss nicht genau, ob das vielleicht für die Kinder drinbleiben müsste?
Möchte ich so lassen, so kann jedes Kind über den Kummer nachdenken, den es selbst gerne erzählen würde.
Komma streichen.
Ja, ich weiß, hatte @Friedrichard auch angemerkt.
Kennt Livi den Lieblingsautomaten ihres Vaters vielleicht? Dann könnte der hier ja direkter benannt werden. Vielleicht ein einarmiger Bandit? Aber klar, weil das eben eine Kindergeschichte ist, macht das vielleicht nicht so viel Sinn, weil die Kleinen das dann eventuell nicht verstehen.
Das Märchen hat in der Regel einen auktorialen Erzähler.
Das finde ich etwas zu ausgewalzt, es wäre aus meiner Sicht schöner, wenn Du einfach schreiben würdest: Da begriff der Mann, dass seine Frau und sein Kind wegen ihm weinten. Ich denke, dadurch wird alles andere auch klar.
Werde ich darüber nachdenken.
Das Ende gefällt mir gut. Es könnte meiner Meinung nach aber etwas gekürzt werden: Warum ihr Vater ein Geldstück in einem Bilderrahmen aufbewahrte, verstand sie nicht. Aber auch hier wieder: Vielleicht braucht es die Erklärung für die Kinder.
Ja, bis jetzt bin ich der Meinung, dass ich die Erklärung lassen möchte.
Was ich auch spannend fand, waren der Junge und das Mädchen, die im Haus des Steinwandlers wohnten und ihr zuwinkten. Die beiden müssen sich ja entschieden haben, das Angebot des Steinwandlers anzunehmen und für immer bei ihm zu bleiben. Da kann man sich nur vorstellen, was für schlimme Eltern die beiden gehabt haben müssen, oder vielleicht haben sie gar keine mehr, sind Waisen. Ich fand das jedenfalls einen schönen, düsteren Touch, der mir gut gefallen hat.
In meiner ersten Fassung hatte ich darüber geschrieben, dass die Herzen dieser Kinder gebrochen sind und sie nicht mehr nach Hause möchten. Ich überlasse es der Fantasie der Kinder, darüber nachzudenken, warum die beiden geblieben sind.
Danke für das Märchen und Beste Grüsse,
Gerne geschrieben.

Bezüglich des Titels: Vielleicht wäre einfach 'Der Steinwandler' schon ausreichend?
Hättest Du es denn dann gelesen?


Lieben Dank für Deine Zeit und Deine konstruktiven Verbesserungsvorschläge, die ich zum großen Teil übernommen habe.

Herzliche Grüße
CoK

 

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