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Der Tag an dem alles anders wurde

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07.09.2004
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Der Tag an dem alles anders wurde

Der Tag, an dem alles anders wurde

Letzten Dienstag fing alles an. Und niemand hatte es auch nur im Geringsten geahnt. Im Gegenteil: besagter Dienstag schien sich vor allem durch eine global-umfassende Ereignislosigkeit auszuzeichnen. Der Tagesschau war es schon fast peinlich, auf Sendung zu gehen. Die Suche nach druckreifen Themen sorgte für atemlose Hektik in den Zeitungsredaktionen. Die dpa hatte schon um halb fünf genug, und schickte ihre Mitarbeiter entnervt nach Hause.
An eben diesem nichtssagenden Tag setzte ein Autor mit dem Pseudonym „Mahnrot“ folgendes, kurzes Pamphlet in ein Literaturforum:

Ich prangere an

Die soziale Kälte überall.
Die Reichen, die nix abgeben.
Das Gesellschaftssystem, dass unterdrückt.
Dass Menschen nicht mehr Brüder sind.

Kein besonderes Vorkommnis, sollte man meinen. Die anderen Forumsteilnehmer wollten den Aussagen von Mahnrot höflich gerecht werden und fielen über den kleinen Text her. Die hämischen Kommentare wussten nicht, was sie schlimmer fanden: die furchtbare Sprache oder die offenbarte Naivität des Autors. Indes begab es sich, dass auch der Vorsitzende des BDI, pikanterweise ein Literaturfreund, am Ende eines langen, rechtschaffenen Arbeitstages noch seine private elektronische Post sortierte und, einer Laune folgend, noch kurz auf dem Literaturforum vorbeischaute. Der dritte Beitrag, den er anklickte, war „Ich prangere an.“
Sein Gesicht blieb unbewegt, während er die Zeilen las. Er hielt einen Moment inne, kratzte sich am Kopf, und las noch einmal. Wieder versank er kurz in Nachdenklichkeit. Dann fiel sein Blick auf die goldene Armbanduhr, und abrupt fuhr er den Rechner herunter und eilte aus dem Büro. Zuhause wartete der ersehnte Erbseneintopf, Kaminfeuer und ein guter Malt.

Am nächsten Abend trafen sich „die Größen aus Politik und Wirtschaft“ zum Galadinner. Auf dem Parkplatz vor dem Golfclub reihte sich Fahrzeug an Fahrzeug, und nein, ein 3-Liter-Auto war nicht darunter. Im romantisch erleuchteten Inneren eilten ergebene Kellner umher, voller Dankbarkeit und Stolz, den hohen Herrschaften erlesene Genüsse reichen zu dürfen. Nach dem festlichen Schmaus begann die Zeit des lockeren Plausches, bei der Politiker und Wirtschaftsbosse auf informelle Weise Anregungen für zukünftige Entwicklungen austauschten. Auch der Innenminister und besagter BDI-Vorsitzender lehnten an der Wand neben dem Kamin, ins Gespräch vertieft. Nachdem sie routiniert Floskeln an Belanglosigkeiten gereiht hatten, wurde der BDI-Mann plötzlich ernst. „Ich habe gestern etwas gelesen, das mich nachdenklich gemacht hat.“ Der Innenminister mit dem preußisch-strengen Antlitz lupfte fragend eine Augenbraue. „Ja... also es ist mir ja ein wenig peinlich, aber ich lese gerne die Werke brotloser Autoren... und naja, gestern habe ich folgendes gelesen...“ Und fast schon verschwörerisch beugte er sich vor und flüsterte in das Ohr des Ministers. Dieser wollte antworten, doch der mit Mikrophon bewaffnete Moderator des Abends beendete energisch den Programmpunkt „Get-together: Zeit für Gespräche“, und leitete über zum Programmpunkt „Event: Kabarett mit Matthias R.“, einem beliebten Humoristen, Spezialgebiete „Sozis verdreschen“ und „Ossiwitze“. Der Rest des Abends versank in Heiterkeit...

Wieder einen Tag später begab es sich, dass im Bundestag über die gesellschaftliche Situation debattiert wurde. So viele Menschen waren inzwischen ohne Erwerbstätigkeit, dass es unmöglich schien, guten Gewissens über ein anderes Thema zu reden als Hartz IV. Der Umweltminister hatte eigentlich vorgehabt, eine flammende Rede für den Ausbau regenerativer Energien vorzutragen, doch machte ihm die Parteiräson einen Strich durch die Rechnung. „Dat Thema is’ im Moment ganz abgemeldet, Jürgen“, hatte der Parteichef ihm eröffnet. Dementsprechend unwirsch hockte dieser nun in seiner Reihe und lauschte, in schmollendes Desinteresse gehüllt, den Reden über die Zukunft Deutschlands. Nacheinander attestierten sich die Vertreter der großen Parteien gegenseitig Narretei und Verblendung im Endstadium. Gerade hatte Angela M. (CDU) den Bemühungen der Regierung ein strenges Zeugnis ausgestellt, sie war mit gar nichts so recht glücklich. Unter dem tobenden, fast schon zornigen Applaus ihrer Fraktion schritt sie zurück an ihren Platz. Der Kanzler persönlich schritt nun ans Mikrophon. Offenkundig war er ein wenig betrübt über die Worte seiner Vorrednerin und bemühte sich redlich, ein eventuelles Missverständnis seiner Politik gütlich zu klären. So folgte Redebeitrag auf Redebeitrag; auch die kleinen Parteien kamen zu Wort und gaben dem Volksmund recht, dass kleine Hunde oft die lautesten sind. Doch ihre vehement vorgetragenen Visionen ernteten nur müdes Desinteresse, doch das schienen sie gewöhnt zu sein, ihrem Eifer tat das keinen Abbruch. Der Umweltminister hatte sich inzwischen demonstrativ hinter einer Zeitung verschanzt, in der Hoffnung, dass jemand die Protestsymbolik zu deuten wusste. Am Ende des Tages- die Abgeordneten schauten nun ziemlich oft auf die Uhr – trat der Innenminister ans Pult. „Mach’s kurz, Otto, heut’ abend kommt UEFA Cup“, hatte ihm der Kanzler noch zugeraunt. Otto fing an zu sprechen.
„Meine lieben Freunde“, fing er an. „Gestern wurde ich auf die Worte eines jungen Autors aufmerksam gemacht, und seit ich sie gehört habe, kann ich an nichts anderes mehr denken...“ Abrupt herrschte Schweigen im großen Rund. Was war nur mit dem alten Soldaten los, schien sich jeder zu fragen. Doch der Innenminister ließ sich von der peinlichen Stille nicht beirren. „Ich möchte diese Worte nun zitieren, denn ich denke, sie sprechen für sich.“ Er kramte einen kleinen Zettel aus der Tasche und fing an vorzutragen. Nachdem er „Ich prangere an“ vorgelesen hatte, herrschte Stille. Nachdenkliche Blicke wurden ausgetauscht. Verlegene Gesten. Die Parlamentarier waren sichtlich betroffen. Friedrich M. starrte wortlos in die Ferne, während eine Träne seine Wange herabkullerte. Guido W., der vorher noch das Hohelied auf den Liberalismus angestimmt hatte, vergrub sein Gesicht in den Händen und war für niemanden ansprechbar. Franz M. bastelte gedankenverloren aus seinen Notizen einen Papierhut. Die professionellen Berichterstatter waren urplötzlich hellwach. Die Kameras von Phönix schwenkten hektisch umher, saugten unersättlich Impressionen auf, während die Presse wie besessene Pianisten auf ihre Laptops einhackte. Noch am gleichen Abend sollten Bilder und Worte durchs Land ziehen...

Freitag morgen. Der Großindustrielle Hans-Günther D. war eine Stunde früher aufgestanden und packte, noch in Pantoffeln, bündelweise Scheine aus dem Tresor in einen großen Jutebeutel. Seine Frau, die schlaftrunken ins Wohnzimmer schlurfte, schaute nur kurz überrascht. Sie blickten sich kurz in die Augen, die Frau nickte unmerklich und verschwand wieder.
„Fahren Sie mich zu den armen Menschen in der Stadt!“ wies Hans-Günther D. seinen Chauffeur an, als er wenig später auf der Rückbank seines nachtblauen Mercedes saß. Der Chauffeur schaute verdutzt. „Nun machen Sie schon! Los, los! Oder muss ich jemand Fähigeres einstellen?“ Der Fahrer drückte aufs Gas. Während der Fahrt Richtung Stadt hatte er genug Zeit zu überlegen, wo die armen Menschen zu finden waren.
Der Wahlspruch von Hans-Günther D. war eigentlich „Immer der Konkurrenz zwei Schritte voraus!“, doch dieses mal wurde nichts daraus. Auf der normalerweise kaum befahrenen Landstraße vom Nobelvorort zur Wagenburg am Stadtrand stauten sich bereits die Limousinen. „Das gibt’s doch gar nicht!“ fluchte Hans-Günther D. „Hupen Sie! Machen Sie den Weg für uns frei!“ Doch es war nichts zu machen. Egalité und Fraternité waren zumindest im Stau schon immer Realität gewesen. Als die ersten Autos bei der Wagenburg ankamen, in der die Penner, Aussteiger und Verlierer wohnten, trauten diese ihren Augen kaum, als sich die lange Schlange unbezahlbarer Luxusschlitten in ihre Mitte quälte. Noch mehr staunten die schlaftrunkenen, unrasierten Gesichter, als ältere Herren und Damen in Armani und Gucci anfingen, dicke Geldscheinbündel zu verteilen, den Empfängern stumm in die Augen zu schauen und diese schließlich noch linkisch zu umarmen. Das Spektakel ging etwa eine Stunde. Während der ganzen Zeit sprach keiner der Wagenburgbewohner ein Wort. Sie standen nur da mit offenen Mündern, immer noch nicht sicher, ob es sich hier nicht um einen gewaltigen Streich von „Verstehen Sie Spaß?“ handelte. (Ätsch, alles nur Falschgeld, ihr Deppen, und tschüss!)

Ähnliche Szenen spielten sich im ganzen Land ab. „Ich prangere an“ wurde auf Wände gesprüht, rezitiert, gegenseitig vorgelesen. Skinheads und Roma feierten Arm in Arm und vergossen Tränen der Rührung. Seniorenheime wurden von Horden junger Menschen gestürmt, und die alten Mitbürger wurden überflutet mit Fragen nach „wie’s im Krieg war“, und nach „was geht sonst so ab, Alter“. Ergriffen lauschten die jungen Leute, als die Alten von ihren Krankheiten und Zipperlein berichten konnten.
Der junge Autor des Textes wurde überhäuft mit Ehrenauszeichnungen und Glückwünschen. Die TV-Sender rissen sich darum, ihn in eine Talkshow zu bekommen, und nach anfänglichem Tauziehen und Gagenpoker besann man sich beschämt und strahlte eine große Gemeinschaftsproduktion aus. Per Losverfahren wurde der glückliche Moderator ermittelt, der sich in der Größe des jungen Visionärs sonnen durfte; das Los fiel auf Beckmann. Am Abend, als der junge Autor vor die Kameras trat, saß die ganze Nation vor dem Fernseher. Ältere Zeitgenossen fühlten sich mit Rührung erinnert an das Wunder von Bern.
Die Sendung begann. Beckmann stellte routiniert ein paar Fragen zum Aufwärmen, um das gespannte Publikum ein bisschen zu foltern vor dem ersten Werbeblock. Was der junge Mensch so tue (Student 32. Semester, Sozialpädagogik); ob er Hobbies habe (nee, eigentlich nichts so); und wo er herkomme (Wanne Eickel). Das Fernsehpublikum hing an den Lippen des jungen Mannes. Er sah so gewöhnlich aus, und doch „hatte er etwas“, wie viele glaubwürdig versicherten. Nach dem ersten Werbeblock war es dann so weit: Beckmann ging in die Vollen. „Reden wir über ihren jetzt schon legendären Text ,Ich prangere an’. Hätten Sie jemals gedacht, dass es eine derartige Reaktion geben würde?“
Verlegen rutschte der junge Student auf seinem Sitz hin und her. „Naja... eigentlich nicht so. Das kam für mich schon ein klein bisschen überraschend.“ „Aha!“ staunte Beckmann. „Was haben Sie sich denn eigentlich gedacht, als Sie den Text verfassten?“ „Hmm... ich wollte eigentlich nur mal was im Internet veröffentlichen...“ - „Wirklich!“ rief Beckmann entzückt dazwischen – „... ja, und da dachte ich mir, ich schreib mal was Sozialkritisches...“ Beckmann schaute mit großen Augen, wie eine Kuh, die man in Las Vegas bei Nacht ausgesetzt hatte. „... ja, und ich dachte, man muss heute auch mal, ähm... ein Zeichen setzen...“ „Oh ja, gewiss, gewiss!“ stieß Beckmann triumphierend hervor, als ob er es immer schon gewusst hätte. „Sie sind ein Genie! Ein Visionär!“ Der Rest der Talkshow war nur noch seliger Tumult. Das Publikum stand spontan auf und spendetet ohrenbetäubenden Applaus, minutenlang, Beckmann, Kameraleute, Regie setzten ein, und so ging auch der leise Satz des Autors unter, dass er ja eigentlich nur einen kleinen Witz hatte machen wollen. Doch das hätte eh keiner hören wollen. Denn nun war alles anders. Draußen war eine sternenklare Nacht, und der Himmel war voller Sternschnuppen.

 

Hallo Baum,

dein Text hat mir sehr gut gefallen.

Eine sehr nette Vision, die du da in deiner Geschichte entwickelst. Ein vom Autor, mehr oder weniger sinnlos hingeschmierter Text, sorgt im ganzen Land für Aufregung. Alle Menschen besinnen sich eines Besseren und alle haben sich lieb... :)

Sehr schön fand ich auch die Talkshow, die zeigt sehr gut, wie Menschen etwas in den Mund gelegt wird. Wie ihnen die Fragen so gestellt werden, dass sie Antworten, was man von ihnen erwartet...

Deinen STil mag ich sehr. Du machst nicht viele Worte und bringst alles auf den Punkt!

Weiter so!

LG Bella

 

Danke!!! :D
Bei so einer langen Geschichte freut man sich ja dann doch besonders, wenn sie dem Leser oder der Leserin :) gefallen hat! Ganz ehrlich, über Geschmack lässt sich ja streiten, aber wenn sich jemand so viel liest und dann enttäuscht ist, das wäre kein Grund zur Freude für mich...
Also - noch einmal danke und lieben Gruß!
André

 

Hey!

Ich find die Geschichte auch gut, wie ich bis jetzt alle von dir gut finde.
Du kannst total gut zynische und sarkastische Sachen schreiben :thumbsup: und obwohl ich jeden Tag alle Leute mit meiner Zynik nerve und hören muss: :naughty: "sei nicht immer so" kann ich es nicht, es ist schwer so zu schreiben.
Und so lang ist die Geschichte auch nicht, sie ist genau richtig.
Also, mach weiter so.

mfg Troka

 

Hallo baum,

im Gegensatz zu den bisherigen Kritikern finde ich deine Geschichte keineswegs so gelungen. Zwar handelt es sich um eine abgeschlossene Geschichte mit einem Handlungsablauf, was hier auf dem Satireoboard ja schon mal fast ein Pluspunkt für sich ist, denn die Versuchung eine saftige mit Ironie getränkte Kolumne über Gott und die böse Welt zu schreiben ist recht groß.
Aber ich denke, ich tu dir damit keinen Gefallen, wenn ich es bei diesem Lob belasse, denn wir sind hier schließlich auf Kurzgeschichten.de und das heißt, als oberstes Gebot, ohne, dass es jedes Mal besonders eingeklagt werden muss, auch bei einer Satire muss das Kriterium einer Kurzgeschichte vorliegen, sonst hat man hier nichts zu suchen.

Mir sträubt sich ein wenig das wirklich Satirische an deiner Geschichte zu erkennen.

Will sagen: der Plot, wenn ich ihn denn richtig erkannt habe, ist mir zu platt.
Aus meiner Sicht kann man folgenden Plot erkennen: die wohlhabende Person X sieht ein Pamphlet, welches Missstände in der Gesellschaft anprangert und führt durch die Weitergabe dieses Textes zu einer Umkehr im Denken innerhalb der Gesellschaft. Soweit die vordergründige Geschichte.
Dahinter steckt, so vermute ich mal, die satirische Aussage, dass die Reichen endlich mal begreifen sollen, etwas von ihrem Reichtum abzugeben?
Das wäre zu platt und bieder aus meiner Sicht.
Da kommen aber noch weitere Elemente deiner Geschichte zum Vorschein: du machst dich lustig über die Art und Weise wie das geschieht. Zunächst wird das Pamphlet völlig missgedeutet, der Autor selbst hat eigentlich nur Blödsinn gekritzelt, du machst dich also über das Hochstilisieren von Texten und Aussagen und über die dementsprechend folgende sog. Massenhysterie lustig, insoweit ein satirischer Hieb auf die Oberflächlichkeit und Dummheit in unserer Gesellschaft.
Auch dieser Plot ist mir eher zu banal, weil nicht griffig genug.
Zum Schluß machst du dich vermutlich über die Art und Weise lustig, wie die Reichen meinen, ihren Reichtum teilen zu müssen, denn die Verteilung der Geldscheine an eine bestimmte Gruppe in der Gesellschaft ist irgendwie völlig undurchdacht und wirkt auf mich höchst blasiert.
Insoweit hast du auch hier eine satirische Aussage wohl darüber machen wollen, wie arrogant und zugleich dämlich manche Wohlhabende mit Menschen umgehen, die finanziell nicht so ausgestattet sind wie sie? Diese satirische Aussage wiederum hätte ich noch mehr ausgebaut gut gefunden, denn darin erblicke ich noch am ehesten einen Plot, den es lohnt darzustellen. Deine beiden anderen Aussagen empfinde ich als viel zu allgemeinplatzig.

Übrigens musste ich bei der Textstelle, in welcher man zu den armen Menschen fährt, an diese blasierte Haltung der Westdeutschen denken, den ersten in ihren Städten eingetroffenen DDR-Bürgern Bananen- und Apfelsinenbündel auf den Trabbi zu legen. Aus meiner Sicht hatte das Ähnlichkeit damit, als würde man einem Affen im Käfig die Banane reichen und sich wegen seiner immensen Tierliebe nun sehr wohl fühlen.

Alles in allem finde ich deine satirischen Aspekte teils zu banal und teils nicht pointiert genug herausgearbeitet.

Zum Stil, also der Umsetzung deiner Idee möchte ich noch sagen, dass ich deinen Text teils zu breit angelegt fand.
Man könnte fast jeden zweiten Satz straffen, ohne etwas von der Aussage preis zu geben. Ich bin sicher, dass der Geschichte ein wenig mehr Tempo gar nicht schaden würde, um sie dadurch auch vielleicht etwas bissiger wirken zu lassen.
Besonders der Teil der sog. Bundestagsdebatte, der ja inhaltlich herzlich wenig zum eigentlichen Handlungsablauf beiträgt, ist zu breit dargestellt.
Man merkt es dir an, dass du sehr viel Spass dran hattest, Seitenhiebe auszuteilen und gewiss solltest du dir diese Fähigkeit mit ironischem Blick auf Politiker zu schauen durchaus erhalten, ja sogar kultivieren, aber nicht alle guten Ideen können in einer Geschichte Platz finden.
Es gilt hier der Spruch: kill you darlings. Und diese Politkerseitenhiebe sind aus meiner Sicht deine "darlings". Vielleicht macht es Sinn mal in einer Art Realsatire einen Blick auf unsere Politiker und ihre Unarten zu werfen.

Insgesamt würde ich mir wünschen, dass du den Text nochmals daraufhin überarbeitest, ob er nicht noch ein paar Worte enthält, die du streichen kannst, ohne auch nur ein Quentchen Sinn zu entstellen.
Mein Empfinden war, dass da einiges noch glattgeschliffen werden kann.
Da ich nicht zu denjenigen Kritikern gehöre, die Textananlysen machen, hoffe ich, du weißt, was ich meine oder du hast das Glück noch an einen solchen Kritiker zu geraten, der dir die Ungeschliffenheiten aufzeigt.

Lieben Gruß
lakita

 

Moin allerseits!

Erst einmal freue ich mich sehr, dass die Geschichte (ja, es ist eine, hurra! :anstoss: ) vielen gefallen hat!

Dass sie dir nicht so gefallen hat, liebe iakita, ist natürlich ein kleiner Wermutstropfen :crying:
Aber ich denke, dass du einen hohen Maßstab anlegst, und das ist wohl auch gut so, denn natürlich bin ich noch ganz am Anfang meiner Entwicklung, und es ist immer nützlich zu wissen, wo noch Defizite liegen, die man ausbauen muss.

Allerdings, wo ich dir gerne ein wenig widersprechen möchte, ist der magere "satirische Gehalt". Für mich persönlich liegt da viel hinter dem offenkundigen Plot, aber u.U. konnte ich das nicht gut vermitteln?
Die Geschichte sollte auf ironische Weise aufzeigen, dass zum einen die Möglichkeiten, die Gesellschaft z.B. durch Literatur "aufzurütteln", doch sehr begrenzt sind. Gerade die Schilderung, wie entfernt "die Reichen" (in der Satire kann man ja pauschalisieren) von der Welt armer Leute sind, ist ein Faktor. Ich wünschte mir ein bisschen den Effekt, dass man die Geschichte liest und sich sagt "so etwas würde nie passieren!", sich aber dann doch die Frage stellt, warum eigentlich nicht. Das interessante ist ja eigentlich, dass ich mit der Geschichte irgendwie doch in die Rolle des jungen Schreibers schlüpfe und genau das anprangere, was er anprangert, wenn auch ein bisschen pessimistischer. (Wobei ich nicht generell pessimistisch bin, wenn es um das Thema geht "Die Gesellschaft positiv beeinflussen". Im Kleinen kann man durchaus ein Scherflein beitragen)
Wie routiniert, leidenschaftslos und an ihren eigenen Interessen orientiert die Politiker sind, könnte die Schilderung der Bundestagsszenen nahelegen. Auch hier wird die Unwahrscheinlichkeit deutlich, dass jemand - am Ende noch von der anderen Parteil - eine Rede hält, die alle tief trifft und verändert.

Nun, ich möchte mich nicht gegen jeden deiner Kritikpunkte verteidigen, ich hab sie mir gerne angehört und finde sie konstruktiv. Was den satirischen Gehalt betrifft: wie gesagt, sehe ich ein bisschen unterschiedlich, und ich denke, die Geschichte hätte nicht in "Humor" gehört.
Natürlich mache ich einige Schlenker in der Geschichte und nehme auch Sachen mit, die nicht direkt zur Hauptaussage gehören. Aber in diesem Falle dachte ich mir: Warum nicht? Die Geschichte ist lang und vglw. ausführlich, aber ich wollte ja auch unterhalten, und was das betrifft, finde ich nicht, dass die Längen lähmend wären oder Langeweile erzeugen. Dieses Gefühl hat man wohl eher, wenn man die Geschichte eher "hinter sich" bringen und bewerten will. Die Geschichte erfordert sicherlich ein bisschen Muße, wer den schnellen Satiresnack für zwischendurch sucht, dem wird sie wohl zu lang sein, und das ist ja auch OK. Für ein anderes Medium würde ich die Geschichte wohl kürzen, aber ich finde, sie kann auch - abzgl. der sprachlichen Feinheiten - so stehen bleiben. Nun ja. Vielen Dank aber für deine Bemühungen und Gedanken!

Lieben Gruß
André

 

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