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Die Fahrt

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12.02.2004
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Die Fahrt

Die Fahrt

Mir ist als wenn ich fahre. Mir ist als wenn ich in meinem ewigen Dämmerzustand davon schwebe, verschwinde um dann plötzlich wieder aufzutauchen. Es klingelt an der Tür. Ich gehe, mache sie auf und sehe meine Freunde, begrüße sie freudig und bin mir nicht sicher was ich nun tun soll.
Es scheint mir als sitze ich in einem Auto. Es fährt geradezu in die Dunkelheit hinein, wodurch ich nur von Dunkelheit umgeben bin. Niemand spricht im Wagen, obwohl alle meine Freunde anwesend sind, die sich doch immer soviel zu erzählen haben. Als ich nochmals in die Scheibe blicke, dir mir nur Dunkelheit und manchmal ein kurzes aufleuchten menschlichen Lebens darbietet, wird mir klar, dass meine Mutter tot ist. Sie muss tot sein, ich fühle es genau, sie starb während ich in die Leere fuhr.
Es rauscht alles an mir vorbei, kein Farbenmeer, sondern nur ein großes schwarzes Loch, es scheint das Fahrzeug in sich hinein zu saugen, uns alle mit in die Leere zu reißen die uns umgibt, während es die Zeit um uns herum auflöst und uns die Maske des Lebens abzieht.
Ich kann nicht reden, kann nicht ausdrücken was ich fühle, dass ich Angst vor der Dunkelheit habe, während mich alle anstarren, als ob sie ahnten was ich spüre, als könnten sie Teile meiner Gedanken empfangen und entschlüsseln.
Als ich aussteige, lasse ich den Wind, der durch die Nacht stark an Frische und Kälte gewonnen hat, an mir vorbeiziehen. Ich weiß nicht wo wir sind und warum wir her gefahren sind. Meine Freunde schweigen weiterhin, auch als sie antippe um ihnen zu verstehen zu geben, dass sie mit mir reden sollen, um mir das Gefühl zu geben, wirklich hier zu sein. Ich weiß nicht ob ich nur nicht an diesem Ort bin, oder ob es meine anscheinenden Freunde sind, die so kalt und distanziert wirken.
Laut schreie ich, laut brülle ich die Wahrheit heraus, die Erkenntnis die mich schon seit langem quält: „ Ihr seit alle nicht echt, ihr seit nicht meine Freunde, ihr existiert nicht einmal! Ihr seid bloß vor meinem Auge wahr gewordene Gedanken, nicht mehr als eine Optische Täuschung, ihr seit der Ausdruck des Nichts!“. Keine Regung, keine Antwort, die die anscheinende Theorie mit einem mal zum Fakt werden lässt.
Niemand war je echt, sondern nur eine Knospe meiner Gedanken. Ich laufe, ich laufe so schnell ich kann davon. Ich kann gar nicht hier sein, es kann nicht sein. Ich laufe, werde schneller, sehe meine Umwelt nur noch in Fetzten an mir vorbei fliegen, die der Realität näher kommen, als der Wahnsinn, den sich mein Hirn ausgebrütet hat um mir eine Scheinwelt vorzugaukeln. Es kann nicht wahr sein, ich laufe schneller. Überall real wirkende Teile, überall der Wahnsinn der auf mich lauert, wenn ich nicht schnell vor ihm flüchte, bis er mich eingeholt hat und er mich für immer ins Verderben zieht. Ich bin eigentlich gar nicht hier, in Wirklichkeit sitze ich in einer psychiatrischen Anstalt, in einer Einzelzelle, schüttle wild den Kopf und murmle mir meine Scheinwelt vor. Ja, ich kann sogar den Arm eines Pflegers sehen, wenn ich konzentriert, während des Laufens in die mir eingebildete Dunkelheit blicke.
Ich bin nicht hier, meine Sicht ist geblendet vom Wahnsinn.
Laufen, nur Laufen kann helfen, lasst mich in die Realität laufen.
Ich höre Rufe meiner Mutter, die doch gar nicht hier sein kann, da sie gestorben ist, auferstanden kommt sie mir näher und ich sehe die Pflegerarme auf mich zukommen um mich zu beruhigen. Gleich werde ich sicherlich davon fahren, an einen realeren, friedlicheren Ort.

 

Hallo Lithium,

deine seltsame Geschichte gefällt mir recht gut. Sie las sich anfangs wie ein Traum für mich, genauso verworren; am Ende war jedoch klar, dass es sich um eine Person handelt, die sich in einer psychiatrischen Anstalt befindet und die Wirklichkeit von der Surrealität nicht mehr unterscheiden kann.
Die inhaltliche Idee mag dabei nicht neu sein und wurde sicherlich schon häufig verwendet, was die Kurzgeschichte nur durchschnittlich macht, aber interessant finde ich sie dennoch.

Viele Grüße,

Michael :)

 

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