Was ist neu

Die große Chance

har

Mitglied
Beitritt
29.01.2003
Beiträge
6
Zuletzt bearbeitet:

Die große Chance

Sie sitzt einfach nur da. Irgendwo in einem Theater in Mitten von Moskau. Die Tränen rollen ihr über die Wangen. Krokodilsähnlich.
Das ist deine große Chance, wurde ihr oftmals gesagt, so kannst du aus dem ewigen Kreislauf entfliehen. Hübsch war sie. Sehr hübsch.

Das erkannte schon ihr Stiefvater, der oft genug seine damals 14 jährige Tochter in der Badewanne nicht nur sittlich berührte. Diesen Ekel den sie fast jeden Tag verspürte! Die schwitzigen stinkenden Hände, die groben Griffe ihres nach altem Fett und anderen Körperflüssigkeiten duftenden Peinigers lähmten ihre Nase und ihre Gefühle. Hass war das einzige Gefühl was für sie noch existierte. Bodenloser Hass. Hass auf ihre wegschauende Mutter. Hass auf ihren perversen Vater.
Irgendwann floh sie von daheim. Sie erlebte dann zum ersten mal was es heißt umsorgt zu werden. Sie lernte schnell einen 30-jährigen Mann kennen. Iwan. Er sah nicht nur blendend aus sondern verstand gönnerhaft sich um sie zu kümmern. Jeden Tag rote Rosen. Ein Konfekt. Ein zärtlicher Kuss bei Kerzenschein und französischem Essen. Sie war bis über beide Ohren verliebt. Deshalb war es auch für sie kein Problem ihrem Iwan jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Es fing alles ganz harmlos an. Erst eine Bettgeschichte zu Dritt. Natürlich nur aus Liebe zu ihrem Iwan der einem armen Freund auch mal etwas Gutes tun wollte. Dann lernte sie immer mehr Freunde von Iwan kennen und musste sie lieben. Und zu Guter letzt sah sie ihren Iwan nur noch nach einer grauenvollen Nacht, wenn er ihr unter Androhung von Schlägen die hart verdienten Rubel abnahm und danach ihr mitten ins Gesicht spuckte. So ging es geschlagene 3 Jahre. Bis, ja bis endlich ein Lichtblick am Horizont zu sehen war. „JA!“ Sagte sie einem ihrer Freier: „Ja! Ich will Schauspielerin werden“. Und was für ein Glück sie hatte. Sie bekam sogar die Hauptrolle in einem alten russischen Theaterstück.

Nun sitzt sie da und weint und wartet in ihrem Ballarina-Kleidchen. Premiere ist heute. Gleich geht der Vorhang auf. Wochenlange, schweißtreibende Übungsstunden lagen hinter ihr. 40.000 Rubel ist die Gage für diesen Auftritt. Noch schnell die Tränen weggewischt. Der Vorhang geht auf. Sie sieht in die Menge der Zuschauer. Nur gut gekleidete Herren. Sie geht nun vollkommen in ihrer Rolle auf. Das liegt wohl daran, dass sie immer so sein wollte, wie diese Prinzessin, die sie spielt. Das Stück neigt sich dem Ende zu. Und wie es sich für ein russisches Drama gehört, muss die schöne Prinzessin durch einen Mord jäh aus dem Leben gerissen werden. Die Schlussszene ging auf den katastrophalen Höhepunkt zu. Sie hat es tausendmal geprobt wie sie den Speer geschickt im Todeskampf halten muss. Wie sie die Todesnähe durch ein leises schluchzen darstellen muss, bis diese verstummen und ihr Gesicht den regungslosen Tod darstellt. Doch diesmal ist alles anders denkt sie sich. Vor ihr steht der Bösewicht mit einem langen Speer aus Metall und stürmt auf sie zu. Es geht nun alles ganz schnell. Das blanke entsetzen spiegelt sich in ihrem schmerzverzehrten Gesicht. Irgendwas steckt in ihrem Bauch. Blut sprudelt in strömen. Sie schmeckt Blut. Wie kann das sein, wir haben noch nie mit Theaterblut gearbeitet. Der Schmerz wird immer größer. Sie sinkt ganz langsam zu Boden. Ihre Laute klingen wie die eines Kindes, das mit Wasser gurgelt. Es ist aber Blut. Kälte durchzieht ihre Glieder. Die Hand sinkt. Sie spürt nichts mehr. Die Zuschauer springen nun auf und jubeln ihr zu: „Tötet die Hure!“. Ein letztes Röcheln. Das war also ihre große Chance.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Har!

der oft genug seine damals 14 jährige Tochter in der Badewanne nicht nur sittlich berührte
Diese merkwürdig verschachtelte Aussage macht die Grausamkeit der Tat etwas weniger grausam.

erlebte dann zum ersten mal was es heißt umsorgt zu werden
was es hieß, Imperfekt.

musste sie lieben. Und
Nennt man das so? Lieben? Wenn man es muss?

blanke entsetzen
Entsetzen groß

Also tut mir leid, diese Geschichte hat mir nicht besonders gefallen.
Ich finde, vor allem im ersten Absatz verschenkst du viel von dem Potential der Geschichte. Durch diese nüchtern erzählte Art kommt allen ein wenig anteilslos herüber. Und es sind ziemlich viele Klischees in den wenigen Sätzen.

Und der zweite Absatz ist vom ersten sehr unterschiedlich? Warum stirbt sie? Warum wird sie umgebracht? Das ist mir nicht klar? Weil sie eine Hure ist? Und in diesem Theater vor Publikum immer Prostituierte umgebracht werden? Wenn ja, das könnte man doch besser ausbauen...

Im ersten Teil des Absatzes ("Nun sitzt sie da und weint und wartet in ihrem Ballarina-Kleidchen. Premiere ist heute. Gleich geht der Vorhang auf. Wochenlange, schweißtreibende Übungsstunden lagen hinter ihr") zeigst du, dass du toll erzählen kannst, du beschreibst in wenigen Sätzen Training und Träume des Mädchens. So hätte ich mir die ganze Story gewünscht.
Wobei: da fällt mir noch auf: der erste Teil eben dieses Absatzes ist in Präsens, der Rest in Imperfekt...

In diesem Sinne
c

 

Hi har,

ich liebe kurze Geschichten.
Auch wenn du mehr daraus hättest machen können, finde ich das alles darin enthalten ist, dass das kurze, grausame Leben eines betrogenen Mädchens wiederspiegelt.

Auf der Suche nach Liebe gerät sie in die Fänge eines Zuhälters.
Er schleicht sich in ihr Vertrauen.(ist wohl so üblich)

Er macht sie abhängig, durch Schläge, Drohungen. Sie hat Angst.
Sie wird gut vorbereitet für das große Finale.

In ihrer Sucht nach Anerkennung und Liebe, fällt sie auf das nächste "Schwein" rein.
Da gibt es eine Menge reiche und perverse Typen. Warscheinlich Geschäftsmänner, Politiker, vielleicht irgendein Verbund, die allesamt Geld genug haben, um einer Livehinrichtung beiwohnen zu können. :xxlmad:
(Immer nur Video ist doch Todlangweilig auf die Dauer.)

Sie haben ein privates Theater, nur für Eingeweihte. (entzückend)
Tod auf Bestellung. Ist ja nur ne Hure.
Anschliessend gehen sie alle mit feuchter Hose nach Hause :gunfire:

@ Noel, alles klar?

Gerade die kurze, fast nüchterne Erzählweise finde ich in diesem Fall hervorragend. (Alles Geschmacksache)

Ich sage: Hast du gut gemacht har ;)

lieben Gruß
coleratio

 

Beim ersten Mal Lesen fand ich die Geschichte auch mehr als merkwürdig, aber nach coleratios Erklärung muss ich sagen: Alle Achtung!
Wie unterschiedlich doch die Perspektiven sein können.
Echt eine kurze, knackige Geschichte, die jedoch durch zu wenige Andeutungen bezüglich des wahren Sachverhalts ein wenig an Potential verschenkt.
Trotzdem bleiben die Rechtsschreibfehler, aber was soll's.

Schöne Geschichte.

 

hi hallöchen har!

so, zu allererst:
im letzten absatz springst du, hoffentlich ungewollt, zwischen den erzähl-zeiten:

Doch diesmal ist alles anders denkt sie sich. Vor ihr stand der Bösewicht mit einem langen Speer aus Metall und stürmt auf sie zu. Es geht nun alles ganz schnell. Das blanke entsetzen stand in ihrem schmerzverzehrten Gesicht. Irgendwas steckte in ihrem Bauch. Blut sprudelte in strömen. Sie schmeckte Blut. Wie kann das sein, wir haben noch nie mit Theaterblut gearbeitet. Der Schmerz wurde immer größer. Sie sank ganz langsam zu Boden. Ihre Laute klangen wie die eines Kindes, das mit Wasser gurgelte. Es war aber Blut. Kälte durchzieht ihre Glieder. Die Hand sinkt. Sie spürte nichts mehr. Die Zuschauer springen nun auf und jubeln ihr zu:
Entsetzen
in Strömen
ich hoffe, dass ich dir mit dem absatz zeigen konnte, wie viele fehler in der geschichte enthalten sind.

zur geschichte an sich:
ohne coleratios kommentar hätte ich selbst nicht so recht kapiert, um was es sich handelt, da ich in folter und hinrichtung in russland nicht sehr bewandert bin.
deshalb wäre es vielleicht eine gute idee, den tieferen sinn wenigstens ein bisschen mehr anzudeuten, damit ihn auch normalleser wie ich und nicht super-interpreten wie coleratio verstehen.

ich hoffe ich habe dir geholfen.

Tama

 

Oh Süsse, sowas gibts nicht nur in Russland :(

Ich hoffe deine Bemerkung war ein Kompliment ;)

 

@coleratio

Danke für die tolle Interpretation. Besser hätte ich es auch nicht schreiben können!

@all

Mir ist es wichtig, dass der Sinn einer Kurzgeschichte nicht gleich zu Tage tritt, sondern dass (viel) zwischen den Zeilen gelesen werden muss. Jeder Leser findet somit einen anderen Zugang zu den verschiedensten Geschichten. Vieles ist nur impliziert! z.B. Wörter wie "umfahren" entwickeln sich je nachdem, ob man die 1. Silbe betont, oder die 2. .

Das mit den Rechtschreib und Tempusfehlern werde ich noch ändern.

Ach ja, natürlich, vielen Dank für die BLUMEN!

 

Hallo nochmal har!

Ich möchte mich mit meiner Kritik noch einmal schnell selbst zitieren:

Das ist mir nicht klar? Weil sie eine Hure ist? Und in diesem Theater vor Publikum immer Prostituierte umgebracht werden? Wenn ja, das könnte man doch besser ausbauen...
Mir war durchaus klar (oder besser: ich habe vermutet), was deine Intention mit dem Text war.
Aber trotzdem bleibt meine Meinung dazu.

Wollte ich nur noch mal schnell klarstellen.

In diesem Sinne
c

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom