Die Mücke !!!
Der Tag wird gut. Er wird gut, weil man früh aufsteht, einen Kaffee trinkt und sich klar macht, daß es mal wieder Zeit wird, ein neues Stück Lebensgeschichte zu schreiben. Alle wichtigen Ereignisse, Aufgaben und Termine werden in Sekundenschnelle durchdacht.
Der Tag ist gut. Er ist gut, weil man gefordert wird und diese individuellen Anforderungen ehrgeizig in Angriff nehmen darf. Man freut sich über Erfolge, und versucht Mißerfolgen etwas positives abzugewinnen (Intelligenz ist, aus Fehlern zu lernen).
Der Tag war gut. Er war gut, weil es ihn in dieser Form noch nie gegeben hat. Weil jeder Tag doch anders verläuft, wie man es vielleicht am Morgen geplant hatte. Besondere Situationen läßt man Revue passieren, scheinbar unwichtige hat schon längst wieder vergessen.
Liest man nur bis zu dieser Stelle, muß man mich für den glücklichsten Menschen auf Erden halten. Ein winziges Detail müßte man dann aber unterschlagen: Wie der Wind den Spreu vom Weizen und die Landesgrenze den Mediterraniden vom Orientaliden trennt, so trennt die Nacht den guten vom schlechten Tag. Warum, so fragen sich jetzt wahrscheinlich die meisten, warum macht die Nacht aus dem guten Tag einen schlechten Tag? Die Antwort liegt nicht in der Nacht begründet.
Der Grund dafür steht im Schneider-Lexikon für 10-14jährige zwischen den Wörtern Mozart und Mühle und im Herdes-Lexikon aus dem Jahre 1952 zwischen den Wörtern Mucius und Muckermann.
DIE MÜCKE!!!!!!!!!!!!
Mücken sind zweiflügelige Insekten. Am bekanntesten unter ihnen ist die
echte oder gemeine Steckmücke, die nur das Blut von Wirbeltieren, in diesem Falle auch von Menschen, trinkt. Es besteht immer Zweifel daran, was neben Ihrer Eigenschaft, Krankheiten zu übertragen, an ihr lästiger ist: ihr durchdringendes helles Kriegsgesumm, besonders in stiller Nacht, oder ihr blutsaugerischer Stechrüssel. Man kann sehen, wie ihr durchsichtiger Leib bei ihren langen Saugschlucken immer dicker und dunkler wird.
Absichtlich habe ich die Definition aus dem Schneider-Lexikon gewählt, aber auch hier wird das Insekt viel zu milde beschrieben. Dieser grauenhafte, entsetzliche Vampir dürfte eigentlich gar nicht in die Kategorie "Tier" oder "Insekt" gehören. Vielmehr müßte man es in die Kategorie: "Die größte Plage nach Ernst August von Hannover" einstufen. Wobei Ernst August eigentlich noch harmlos ist,
denn: Der Welfenprinz verhaut nur ein paar Journalisten und ärgert die Türken. Die exzentrische Stechmücke hingegen schreckt nicht davor zurück, die ganze Welt zu terrorisieren.
Mich schauderts, wenn ich an die Erzählung meiner ehemaligen
Erdkundelehrerin zurückdenke. Sie sagte es kann in einigen skandinavischen Ländern sehr gut vorkommen, daß ein Hut, den der Wind vom Kopf eines Menschen weht, nicht auf der Erde landet, weil Millionen von Stechmücken, die um diesen Menschen herumschwirren den Hut vor dem Kontakt mit der Erde bewahren.
Ich bin mir im Moment noch nicht ganz sicher, ob ich die zu bewundernde Intelligenz der Mücken hervorheben oder ihre lächerliche Dummheit
beschreiben soll. Was mir auf jeden Fall Respekt einflößt ist zum einen Ihren Orientierungssinn (wie kommt die Mücke sonst aus irgendeinem abgelegen Teich aus Buxtehude in genau mein Zimmer) und zum anderen Ihre Ausdauer. Angenommen die Mücke findet gegen 10:00 Uhr morgens den Weg in mein Zimmer. Ich jedoch komme erst gegen abend nach Hause und lege mich auch erst gegen 23:00 Uhr hin. Wenn meine Spekulation soweit stimmt müsste diese eine Mücke also mindestens 13 Stunden ohne Nahrung, in diesem Fall ohne mein begehrenswertes Blut ausgekommen sein. Ich lege mich also hin. Jedes normale Tier hätte sich wahrscheinlich blutrünstig und halbverhungert
(halbverdurstet?) auf mich gestürzt. Nicht so die Mücke. Sie wartet
mindestens eine halbe Stunde, bis Sie vermutet ich würde nun den Schlaf der Gerechten schlafen, um mich dann langsam zu attackieren. Nur da, und jetzt könnte man schon langsam auf die Dummheit zu sprechen kommen, hat die Mücke die Rechnung ohne mich gemacht, denn ich bin von Natur her eine Person, die ziemlich lange braucht um einzuschlafen. Jedenfalls hätte ich absolut nichts dagegen, wenn sich die Mücke, im folgenden nur noch Scheißviech genannt, an irgendein Körperteil ziemlich weit weg von meinen Sinnesorganen insbesondere meinen Ohren positionieren würde und von mir aus das Hundertfache ihres eigenen Körpergewichts von meinem kostbaren Blut konsumieren würde. Aber das Scheißviech hat anscheinend erst mal nichts besseres zu tun als stundenlang mit 100 Dezibel Kriegsgesumme
um meinen Kopf herumzuschwirren. Ist dann kurze Zeit Pause weiß ich auch schon was als nächstes kommt: Werte Mücke hat mit der Vorspeise begonnen und hält es - aus sozialer Rücksichtnahme nehme ich an - für unbedingt notwendig, die Einstichstelle mit Ihrem körpereigenem Speichel zu versehen was nach medizinischer Deutung eine Blutgerinnung beschleunigen soll. Ich habe zwar noch nie davon
gehört, dass jemand an einer 0,0087 mm großen Wunde verblutet ist, aber werte Mücke möchte hier anscheinend kein Risiko eingehen. Schließlich braucht sie mich ja lebend. Jedenfalls hat diese rührende Geste erst mal zur Folge, dass das große Jucken beginnt, und es ist zwecklos der großen Versuchung des Kratzens an der Wunde zu wiederstehen. Die Folgen kennt jeder und deshalb werde ich da auch nicht näher drauf eingehen.
Spätestens jetzt gibt es absolut keine Möglichkeit entspannt einzuschlafen. Ich stehe auf um erst einmal alle möglichen Desinfektionsmittel wie Deodorant, Ice-Spray, After-Shave und Melkfett auf die juckende Wunde zu schmieren, in der Hoffnung das würde den Heilungsprozess fördern. Da dem aber in der Regel nicht so ist beginnt nun meine gnadenlose und hasserfüllte Jagd auf das kleine Monster. Das ist dann meistens so gegen 1.00 Uhr morgens.
M öglicherweiser wirkt sich die Tatsache der fortgeschrittenen Uhrzeit
auch auf meine Beobachtungsgabe und mein Reaktionsvermögen aus. Jedenfalls brauche ich in der Regel mindestens 20 Minuten um den Feind zu erspähen obwohl er normalerweise keine 2 m von meinem Bett in Deckung gegangen ist. Ich glaube zwar an überirdische Dinge aber ich kann es mir trotzdem nicht erklären, warum die Mücke ausgerechnet in dem Moment, wo ich sie mit meinen Augen erblicke, wie von Taranteln gestochen, blitzartig ihr Versteck verlässt, um mit unglaublicher Geschwindigkeit hakenschlagend ins Zimmerzentrum zu fliegen, genau dahin, wo mich das Licht meiner Zimmerlampe dermaßen blendet, dass ich binnen weniger Sekunde keinen Schimmer mehr habe, wo sie sich aufhalten könnte. Woher, dass ist dann meine unmittelbar nächste Frage, woher hat sie gewusst, dass ich sie entdeckt habe. Ich habe weder hektische Bewegungen gemacht, noch habe ich laut gebrüllt oder vor Freude geheult. Die einzige Erklärung wäre: Mücken sind Visionäre und haben telephatische Kräfte mit denen sie unsere Gedanken lesen können. Oder aber mein Körper produziert aufgrund meiner inneren Anspannung irgendwelche Hass-Hormone die derartig aufputschend auf meinen Feind wirken, dass dieser fluchtartig den Rückzug antritt.
Um das ganze jetzt nicht unnötig in die Länge zu ziehen: Es gibt kein Happy-End!!! Es ist ein ungleicher Kampf:
Ich gebe auf.