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Die perfekte Oberfläche

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06.04.2004
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Die perfekte Oberfläche

Eiskalt, hart und unerwartet dringt die Spitze des Bolzens in mein Hinterteil und verformt meine perfekte Oberfläche. Zorn breitet sich in mir aus. Welches verdammte Arschloch wagt es mich auf diese Weise zu schänden. Während Zorn und Angst in meinem Inneren im Begriff sind sich ein Duell zu liefern, bahnt sich etwas Großes an. Weder weiß ich was es ist, noch wo es hinführen wird. Nur eines ist gewiß, dies wird mein Durchbruch.
Es beginnt mit einem Kribbeln genau an der Stelle, wo mich die metallische Spitze traf. Wellenförmig breitet sich von diesem Teil meines Daseins die Hitze in mir aus. So wie, wenn man einen Stein ins Wasser wirft.
Nur, daß es sich in meinem Fall so anfühlt als krachte ein Komet von der Größe unseres Erdtrabanten in den indischen Ozean.
Aber eben ganz langsam, Stück für Stück. Mit jeder Welle die über mich hereinschwappt wird es schwieriger für mich noch in meiner Position zu verharren. Trotzdem ruhe ich weiter in mir um den Augenblick zu genießen.
Mittlerweile vibriert schon meine gesamte Umgebung. Die Wände um mich herum beben begleitet von einem dumpfen Dröhnen als würden sie jeden Moment zerbersten. Die anfängliche Angst ist nun wie weggeblasen.
„Ja, ja genau so ist es gut“ denke ich bei mir. „Ich bin zu Großem auserkoren“. Ganz langsam setze ich mich nun in Bewegung. Jetzt nur nichts überstürzen, das ist mein großer Auftritt. „Halte dem Druck stand“, sage ich immer wieder zu mir.
Während ich mich nun immer schneller werdend durch den dunklen Tunnel auf das Licht zu bewege tauchen wie Blitzlichter Szenen aus meiner Geschichte auf.
Was bleibt ist eine leere Hülse. Ich sehe wie im Traum auf sie zurück. Nun kommt sie mir nutzlos vor, obwohl sie so lange Zeit ein wichtiger Teil von mir war. Ein noch nie gefühlter Schmerz breitet sich in meinem eleganten stromlinienförmigen Körper aus. Ein Rußkorn im Lauf der 0815er riß einen langen Schlitz in meinen Mantel, bevor ich durch die Mündung des Laufs trete. Das Dröhnen verliert seine Kraft. Mittlerweile bin ich schneller als die Schallwellen. Absolute Stille macht sich um mich breit. Einen Moment später begreife ich es ist keine Stille im Sinne von keine Geräusche, es ist die Stille in mir. Immer gab es irgendwelche Geräusche um mich herum und in mir. Woher komme ich eigentlich, wohin gehe ich, was ist mein Ziel?
Doch damit ist jetzt Schluß. Die Umgebung verschwimmt zu langen farbigen Streifen und ich verliere mich im Rausch der Geschwindigkeit. Der Rausch ist auch die Antwort auf die Unendlichkeitsfragen.
In dem Moment als sich meine Spitze geringfügig zu verformen beginnt wird mir auch bald bewußt wie subjektiv diese Antworten sind. Nachdem ich die harte Materie durchdrungen habe, gleite ich durch etwas Warmes. Es ist anders als durch die Luft zu sausen. Mehr Widerstand, ansonsten fühlt es sich aber sehr angenehm an. Der Vorteil dieser Konsistenz ist, daß ich durch sie meinen Körper als solches ganz bewußt wahrnehmen kann. Man könnte sagen in gewisser Weiße verschmelze ich mit diesem Etwas. Ganz langsam bewege ich mich die letzten Millimeter vorwärts. Eingebettet in dieser wundervollen, warmen, von Energie erfüllten Umgebung verliert sich mein Bewußtsein wieder in der Unendlichkeit.
Ziel erreicht!
Eine dumpfe Erschütterung die mich, an einen auf einen Schreibtisch aufschlagenden Kopf erinnert, läßt mich noch ein letztes Mal aufhorchen, bevor ich endgültig ins Nirvana der Projektile eingehe.

 

Hallo lightinger,

interessante Geschichte, eindeutig seltsam. Ich habe beim Lesen darauf gewartet, dass am Ende noch sowas wie eine Erklärung zum Inhalt kommt, leider blieb der Text allerdings auch da ein wenig undurchsichtig. Eine sinnvolle Interpretation fällt mir leider nicht ein, mal abwarten, was andere Leser noch zur Geschichte sagen.


Trotzdem Ruhe ich weiter in mir um den Augenblick zu genießen
ruhe
Ich bin zu großem Auserkoren
Großem auserkoren
Jetzt nur nichts überstürzen, daß ist mein großer Auftritt
das
Der Rausch ist auch die Antwort auf die Unendlichkeits Fragen
Unendlichkeitsfragen
Der Vorteil dieser Konsistenz ist, daß ich durch sie meinen Körper als solches ganz bewußt wahrnemen kann
wahrnehmen
Man könnte sagen in gewißer Weiße verschmelze ich mit diesem Etwas
gewisser
bevor ich endgültig ins Niarvana der Projektile eingehe
Nirvana

Viele Grüße,

Michael :)

 

Eine Patrone einer 0815 (Handfeuerwaffe) erzählt aus der "Ich-Perspektive"
einen Mord bzw. Selbstmord. (bleibt für den Leser offen)

die "harte Materie" ist die Schädeldecke.
die "weiche Konsistenz" das Gehirn.
die "dumpfe Erschütterung" ist tatsächlich der auf dem Schreibtisch aufschlagende Kopf des nunmehr toten Menschen.

Wenn das aus der Geschichte für den Leser nicht klar hervorgeht,
muß ich sie auf alle Fälle nochmals überarbeiten.

Die Patrone und der Mensch haben eine gemeinsame Geschichte mit vielen Parallelen. Zeitgleich haben sie ihre "Bestimmung" erfüllt. So ist der Weg durch den dunklen Tunnel für die Patrone der Weg durch den Lauf. Die leere Hülse der Patrone bleibt zurück. So wie angeblich die leere Hülse des menschlichen Körpers beim Tod zurück bleibt. Die Seele lebt weiter im Himmel nachdem sie einen dunklen Tunnel durchwandert hat. Im Fall der Patrone im Hirn des Toten usw.

Der Text ist ein Versuch eine Beziehung zwischen der Tatwaffe und dem Ermordeten herzustellen und sollte im neunten Monat "symbolikschwanger" sein. (So der Wunsch des Verfassers an den Osterhasen)


Patrone durchschlägt Schädeldecke dringt ins Gehirn ein. Kopf schlägt auf Schreibtisch auf, da keine Lebensenergie mehr da. Patrone Zweck erfüllt auch Tod. Patrone und Mensch im Nirvana. Ende.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Dir das Ende der Geschichte schon klar war.

Wenn ja! Was ist da undurchsichtig?

danke und liebe Grüße jim

 

hallo lightinger

Eine Geschichte genau nach meinem Gusto :)

Ich bin anderer Meinung als Michael. Mir hat sich die Geschichte recht bald erschlossen, was vielleicht auch an den bereits vollzogenen Änderungen liegen mag.

Ich würde dir sogar raten, die auflösung nach weiter hinten zu verlagern. Die Stelle:

Ein Rußkorn im Lauf der 0815er riß einen langen Schlitz in meinen Mantel, bevor ich durch die Mündung des Laufs trete.
kommt mir einfach zu früh. Immerhin ist dein Knackpunkt die Ich-Perspektive des Objekts. Das Preisgeben der Identität eignet sich hervorragend als Schlußgag der Geschichte.

mfg Hagen

 

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