Was ist neu

Die Strasse des Lebens

Mitglied
Beitritt
10.03.2004
Beiträge
12
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Die Strasse des Lebens

Seit Tagen war ich nun schon so unterwegs.
Ich spürte ein langsames Abdriften in eine friedliche Brise. An mir vorbei rauschten Landschaften, ich nahm sie wahr, hatte sie im nächsten Moment doch schon wieder vergessen.
Versunken in meinen Gedanken, war es als führe ich von allein, mein Unterbewusstsein kannte jede Regung, jeden Ablauf.
Wohin fuhr ich? Ich wusste es nicht.
Verschlungen in den Wirren meiner Errinnerungen, nahm ich kaum etwas zur Kenntnis.
Ich nahm es wie es kam, Tag für Tag. Hielt nur für die alltäglichen Dinge.
Fuhr weiter bis ich in eine neue Stadt kam.
War fort von Arbeit, spielte kein Spiel, fand keinen Ort zum verweilen.
Ich dachte an die Unterredung mit meiner Grossmutter,
sie verstand was in mir vorgeht, was ich fühlte und durchmachte.
Sie redete lange mit mir, doch irgendwie konnte ich keine Zeile davon hervorholen.
Ich wusste nur, dass ich Zeit für mich allein brauchte,
meine Gedanken zu ordnen.
Meine Rolle in Zeit und Raum zu finden.
Wie lang war ich nun schon so unterwegs?
Wochen, oder gar schon Monate?
Langsam hatte ich meinen Rythmus gefunden,
ich traf Menschen, begegnete Schicksalen.
Ich kam in Länder wo Leben Frieden heisst.
Die Sonne brannte unerbittlich auf mich nieder,
kaum ein Lüftchen wehte mir entgegen.
Ich wanderte die Strassen entlang, versuchte alles so gut zu machen, wie ich es eben konnte.
Fragte mich etliche Male, ob wir einem Plan folgten.
Das einzige was mir gewiss war, ich wusste, dass ich noch immer wuchs. Und je mehr ich sah, desto mehr wuchs ich.
Und je mehr ich wusste, desto mehr sah ich.
Die wirklichen Dinge.
Während ich diesen Strassen folgte, fragte ich mich,
ob ich je meinen eigenen Weg finden würde, wie lang würde ich den vorgegebenen Pfaden folgen? Bevor ich meinen eigenen einschlagen würde.
Wie aus einem Traum erwacht, errinnerte ich mich an die Worte meiner Grossmutter.
Die Strasse des Lebens, ist weder gerade noch steil.
Sie ist einfach, und doch unglaublich schwer.
Das Leben wandelt auf allen Wegen.
Jeder sucht nach einem Platz, an dem er rasten kann.

 
Zuletzt bearbeitet:

Für den Kritikerkreis geschrieben von Woltochinon (20)


Hallo KittyJ,


aufgrund Deiner knappen Sätze und der Aneinanderreihung von Aussagen wirkt Dein Text sprachlich wie ein Protokoll.
Inhaltlich vermittelt er den Eindruck einer Geschichte, da sich das Geschehen wandelt, sogar eine Art `Erkenntnis´ oder `Moral´ erwähnt wird, die nicht unbedingt vorhersehbar ist.
Betrachtet man den psychologischen Aspekt der Geschichte, fällt vor allem auf, dass sich der Erzähler mit sich selbst beschäftigt, die Außenwelt bleibt ausgeschlossen. Eine Ausnahme stellt die Großmutter dar, sie ist aber, da es sich um eine Erinnerung handelt, ein Teil der Innenwelt des Protagonisten. Trotzdem ist der Schwerpunkt des Textes nicht das Psychologische, da die verschiedenen Gefühle nicht ihrer Herkunft nach erläutert, diskutiert oder beurteilt werden.
Ganz allgemein gilt, dass man bei einer philosophischen Geschichte besonders bewusst mit psychologischen Begriffen (Symbolen) umgehen muss, damit Psychologie nicht an die Stelle von Philosophie tritt. Traum, Unterbewusstsein, Verzweiflung, Spiegel (`möglichst´ zerbrochen), schwarze Nacht sind mit Vorsicht zu verwendende Termini.
Des Weiteren muss man mit Ausdrücken wie Raum und Zeit, Sein usw. behutsam umgehen, sie erscheinen schnell pseudophilosophisch. (Nämlich dann, wenn sie nicht zwingend für den Kontext sind).

Von Dir dargestellt wird eine suchende Person, die ziellos Zeit auf der „Strasse des Lebens“ verbringt. Dies ist ein häufig gebrauchtes Bild, aber deshalb noch lange kein schlechtes, weil sich dieses Symbol gut eignet, um Entwicklungen, Erfahrungen (die `erfahren´ werden), aufzuzeigen.
Philosophie fragt aber nach Hintergründen, hier lässt Du oft die Möglichkeit Aussagen zu machen aus, weil Dinge nicht näher bestimmt werden (s. unten).
Die Handlung soll philosophische Aussagen ermöglichen, veranschaulichen, unterstützen. Bei Dir hat die Handlung `nur´ den Zweck der Erinnerungsauslösung, ansonsten aber kaum eine für sich dastehende Aussage.
Bei der Erkenntnisgewinnung tritt die Großmutter wie ein `Deus ex machina´ auf, es gibt keine schrittweise nachvollziehbare Entwicklung hin zu dem Ergebnis. Interessanter wäre es z.B., wenn durch Begebenheiten während der Reise eine vormals gegenüber der Großmutter vertretene Sichtweise aufgegeben würde. Dadurch entstünde ein Konflikt, der zum Nachdenken anregen könnte und die Motivation für das `auf-die-Suche-gehen´ des Erzählers verdeutlicht.

Der Text vermittelt trotz allem eine der Stimmung des Protagonisten adäquate Melancholie, die durchaus zu der Suche, der Haltlosigkeit passt. Man kann sich schon vorstellen, dass ein so vom `normalen´ Leben abgekoppelter Mensch ein dringendes Bedürfnis nach Rast hat. Doch kann man das generalisieren? Der von Dir erwähnte „Plan“ ist eine wichtige Stelle, die Thematik `Prädestination´ ist interessant, wird aber nicht weiter aufgegriffen.

Um zu verdeutlichen, wie Deine Geschichte in Einzelheiten auf mich gewirkt hat, habe ich ein Gedankenprotokoll zum Text verfasst:

„Seit Tagen war ich nun schon so unterwegs“ auf was sich das „so“ beziehen mag? „Ich spürte ein langsames Abdriften in eine friedliche Brise“, also war das „so unterwegs“ Sein unfriedlich gewesen? Doch dann war Alles „doch schon wieder vergessen“ (schon wieder „schon“).
„Wohin fuhr ich? Ich wusste es nicht.“ Irgendjemand fährt ziellos in eine Richtung, doch sein „Unterbewusstsein kannte jede Regung, jeden Ablauf.“ Von was? (Mit dem Unterbewusstsein kommt man nicht so einfach in Kontakt und weiß, was es kennt).
„Ich nahm es wie es kam, Tag für Tag.“ Was ist „es“?

„Hielt nur für die alltäglichen Dinge“ - was wären die `unalttäglichen Dinge´, wegen denen man normalerweise (?) hält.
„ Fuhr weiter bis ich in eine neue Stadt kam.“ „Kam“, hatten wir doch schon.

„War fort von Arbeit, spielte kein Spiel ...
... Sie redete lange mit mir, doch irgendwie konnte ich keine Zeile davon hervorholen.“ Welches Spiel, woher sollte gegebenenfalls eine Zeile hervorgeholt werden? Dauernd fehlen diese Bezüge, man kann die Lücken zwar gedanklich ausgleichen, aber Möglichkeiten der Präzisierung werden vertan, der Lesefluss leidet (auch durch das Weglassen des Personalpronomens `Ich´).
Immerhin wird dem Erzähler klar „dass ich Zeit für mich allein brauchte,
meine Gedanken zu ordnen.“ (... um meine Gedanken).

“Meine Rolle in Zeit und Raum zu finden.“
Was soll damit gesagt werden? Wenn es keinen spezifischen Grund gibt, ausgerechnet „Zeit und Raum“ als Grund für eine Rollenfindung zu nennen, sollte besser eine auf die persönliche Situation des Erzählers zugeschnittene Formulierung benutzt werden, als diese der Relativitätstheorie nahe stehenden Begriffe.


“ich traf Menschen, begegnete Schicksalen.“ Das ist kaum glaubwürdig, der Erzähler nimmt „kaum etwas zur Kenntnis“ (stoppt nur für das unbedingt Notwendige).

„Ich wanderte die Strassen entlang, versuchte alles so gut zu machen, wie ich es eben konnte.
Fragte mich etliche Male, ob wir einem Plan folgten.“ Was „alles“? Wer ist „wir“ (gemeint sind wahrscheinlich die Menschen).

„Das einzige was mir gewiss war, ich wusste, dass ich noch immer wuchs. Und je mehr ich sah, desto mehr wuchs ich.
Und je mehr ich wusste, desto mehr sah ich.“ Hier wieder der `alte´ Fehler: Was wurde gewusst, was gesehen? (Man könnte das `Wachsen´ bösartigerweise auch körperlich auffassen...).


“Wie aus einem Traum erwacht, errinnerte ich mich an die Worte meiner Grossmutter.“
- Eigentlich ist die (nur zweimal erwähnte) Großmutter als Ideengeber nicht nötig. Sie bleibt auch als Person blass, da sie nicht, z.B. in einem Prolog, als für den Erzähler wichtige Person eingeführt wird. Das Erlebte löst nicht die gewonnene Erkenntnis aus, sondern weckt nur die Erinnerung an die Weisheit der alten Frau.

“Die Strasse des Lebens, ist weder gerade noch steil.
Sie ist einfach, und doch unglaublich schwer.“
- „Unglaublich schwer“ zu begehen (oder Ähnliches).

“Das Leben wandelt auf allen Wegen.
Jeder sucht nach einem Platz, an dem er rasten kann.“ - „Jeder“ bezieht sich auf eine Person, „Das Leben“ ist aber abstrakt. Besser: Wir Lebenden ...

Deine Geschichte veranschaulicht, wie schwer es ist, die geistige Standortbestimmung eines Menschen darzustellen. Kleine Fehler summieren sich - schon entsteht ein ungünstiges Bild von einem Text.
Die gute Nachricht: Vieles lässt sich verändern, es bleibt immer Zeit „Gedanken zu ordnen.“

LG;

tschüß... Woltochinon

Anhang

Fehlerliste:

Grossmutter - Großmutter

Langsam hatte ich meinen Rythmus gefunden - Rhythmus

Ich kam in Länder wo Leben Frieden heisst. - Wenn Du nicht meinst, dass das Wort „Frieden“ anstelle von „Leben“ gebraucht wird, dann muss es heißen: ... Länder, in denen Leben auch in Frieden leben bedeutet.

Das einzige was mir gewiss war, - Einzige

Die wirklichen Dinge. - Unvollständiger Satz (Prädikat fehlt).

„Während ich diesen Strassen folgte, fragte ich mich,
ob ich je meinen eigenen Weg finden würde, wie lang würde ich den vorgegebenen Pfaden folgen? Bevor ich meinen eigenen einschlagen würde.
- Punkt nach „würde“. Wiederholung von „würde“ vermeiden.

“Wie aus einem Traum erwacht, errinnerte ich mich an die Worte meiner Grossmutter.“
- erinnerte, Großmutter.


Für den Kritikerkreis geschrieben von Woltochinon

 

Diese Geschichte wurde im Kritikerkreis besprochen.
Wir würden uns über weitere Anmerkungen zu diesem Text freuen.

Das Kritikerteam.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom