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Die Tänzerin

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01.07.2019
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Die Tänzerin

Endlich ist es so weit. Jahrelang habe ich auf diesen Moment hin gearbeitet.
Ich wurde an der berühmtesten Ballettakademie im Land angenommen und habe zum allerersten Mal in meinem Leben eine Hauptrolle erhalten.
Und nun ist er da, der Abend der großen Aufführung.
Doch bin ich dafür bereit? Was, wenn etwas schief läuft?
Mir ist schon ganz schlecht vor Aufregung, doch nun ist nicht der richtige Zeitpunkt für Selbstzweifel.

Für diesen Moment habe ich so viele Opfer gebracht.
Ich habe meine Familie verlassen, um an die Akademie zu ziehen. Meinen Freund und all meine Freunde musste ich dabei ebenfalls zurücklassen.
Viel Kontakt habe ich mit ihnen nicht mehr, da zwischen Schule und Balletttraining kaum noch Zeit für sie bleibt.
Ich hatte zwar Freunde hier an der Akademie, doch sie sprechen nicht mehr mit mir seit ich die Hauptrolle bekommen habe, die sie auch so gerne gehabt hätten.
Doch ich habe diese Hauptrolle verdient! Niemand hat so hart trainiert wie ich.
Ich halte mich an einen strengen Ernährungsplan, probe die endlosen Choreografien und Tanztechnik-Aufgaben stundenlang außerhalb des Unterrichts und besuche nach der Schule mindestens fünf Trainingsstunden täglich an der Akademie.

Entschlossen trete ich auf die Bühne und bringe mich in Position.
Die Unsicherheit und Nervosität, die ich vorher verspürt hatte, sind nun wie verflogen, denn ich bin kurz davor alles zu bekommen, was ich mir je gewünscht habe.
Der Vorhang öffnet sich und das Publikum applaudiert. Während ich auf das Einsetzen der Musik warte und mein Blick langsam über die Gesichter der Menschen schweift wird mir etwas bewusst – ich bin ganz allein.
Ich bin allein auf dieser Bühne, allein in dieser Stadt und allein auf dieser Welt.

Für wen tanze ich? Für all diese Fremden die mich so skeptisch betrachten?
War es das Wert, für meinen Traum alles aufzugeben - alles zu verlieren?
Musste ich es wirklich bis nach ganz oben schaffen, oder wäre ich in der Mitte glücklicher gewesen?
Die ersten Töne der Musik erklingen und ich setze zu meinen Schritten an.
Die Bewegungen, die ich seit Wochen ununterbrochen wiederhole, fühlen sich mit einem Mal ungewohnt und falsch an.
Normalerweise fühle ich mich lebendig und wunderschön, wenn ich tanze, doch nicht in diesem Moment.
Um ehrlich zu sein kann ich mich nicht einmal mehr an das letzte Mal erinnern, als ich dieses Gefühl hatte.

Nun fühle ich mich wie eine leere Hülle.
Eine leere Hülle, die sich über eine leere Bühne bewegt und in leere Gesichter starrt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Ally Wa
und herzlich willkommen hier!

Dein Text hat erfreulicherweise (aus meiner Sicht) kaum Schreibfehler. Ja, das ist hier für Debütexte leider keine Normalität - daher das Lob :)

Zur Form: Das nach jedem Satz ein Zeilenumbruch ist, ist ungewöhnlich - ist das gewollt?
Ansonsten finde ich die Absätze gut gesetzt.

Doch zum Inhalt: Leider bleibt mir Deine Tänzerin etwas unnahbar. Selbst als Leser lässt man sie allein. ;)
Ich denke das liegt daran, dass viele potentiell spannende Situationen sehr berichtend runtererzählt werden. Ich lese einen kurzen Statusbericht einer Tänzerin und denke am Ende: Ah, sie ist zu einer Tanzpuppe geworden. Fertig. Vergessen.

Im Detail:

Ich wurde an der berühmtesten Ballettakademie im Land angenommen und habe zum allerersten Mal in meinem Leben eine Hauptrolle erhalten.
Zuerst dachte ich, das wäre der große Moment, es ist aber nur ein Rückblick, der zum Moment hinzeigt. Desweiteren liegt das "angenommen sein" und "Hauptrolle erhalten" zeitlich sicher weit auseinander. Vielleicht könntest Du das geschickter verpacken.
Und nun ist er da, der Abend der großen Aufführung.
Ich persönlich finde das etwas zu unkonkret - warum ist das so ein großer Auftritt? Wer ist da als Zuschauer, dass das DAS Event schlechthin ist? So ist es für mich als Leser irgendein Auftritt.
Doch bin ich dafür bereit?
Ich verstehe, dass Du da auf die Selbstzweifel hinauswillst, aber für mich passt das mit dem dem zweiten Satz des jahrelangen daraufhintrainieren so nicht ganz zusammen.
Was, wenn etwas schief läuft?
Sie hat das Studiert, und probt sieben Tage die Woche - solche Leute haben solche Gedanken nicht. Solche Gedanken werden verboten. Ich war nur Amatuer auf der Bühne (kein tanz), aber ein "was, wenn etwas schief läuft" gab es nie. Aufregung, Lampenfieber - ja klar. Aber wenn man auf der Bühne ist, war alles was da passiert so gewollt ;)
Meinen Freund und all meine Freunde musste ich dabei ebenfalls zurücklassen.
Freund und Freunde wirkt vom Wording her nicht schick.
Viel Kontakt habe ich mit ihnen nicht mehr, da zwischen Schule und Balletttraining kaum noch Zeit für sie bleibt.
Einen Satz vorher hatte sie sie doch schon zurückgelassen, wieso dann noch Kontakt? Wirkt schwammig.
Ich hatte zwar Freunde hier an der Akademie, doch sie sprechen nicht mehr mit mir seit ich die Hauptrolle bekommen habe, die sie auch so gerne gehabt hätten.
Am meisten stört mich das "hier". Ich dachte "hier" ist gerade der große Auftritt? Ist der in der Akademie? Außerdem passt das Wort "Freunde" nicht, wenn sie auf eine Rolle so pissig reagieren. Mag sein, dass das bei Tänzern so ein fieses Kokurrenz-Ding ist. Zeigen ja auch "Fame" und viele andere Tanzfilme. Aber hier wirkt das so Kliescheehaft eingesetzt.
Ich halte mich an einen strengen Ernährungsplan, probe die endlosen Choreografien und Tanztechnik-Aufgaben stundenlang außerhalb des Unterrichts und besuche nach der Schule mindestens fünf Trainingsstunden täglich an der Akademie.
Ja, mein Job ist auch doof. Und?
Entschlossen trete ich auf die Bühne und bringe mich in Position.
Der Satz passt wieder! So stelle ich mir jemanden vor, der auf die Bühne geht.
Während ich auf das Einsetzen der Musik warte und mein Blick langsam über die Gesichter der Menschen schweift wird mir etwas bewusst – ich bin ganz allein.
Ich weiß nicht, ob Du schonmal auf einer Bühne standest, aber wenn das soo ein großer Auftritt ist, dann sieht man von da oben im Gegenlicht der Scheinwerfer keine Gesichter aus dem Publikum.
Und das Gefühl allein zu sein, hilft bei einem Auftritt ungemein sich zu konzentrieren. Hier willst Du damit aber auf etwas ganz anderes hinaus, oder?

Normalerweise fühle ich mich lebendig und wunderschön, wenn ich tanze, doch nicht in diesem Moment.
Um ehrlich zu sein kann ich mich nicht einmal mehr an das letzte Mal erinnern, als ich dieses Gefühl hatte.
Für mich passen diese beiden Sätze nicht zusammen, wenn es "Normal" ist, dann könnte sie sich erinnern.
Nun fühle ich mich wie eine leere Hülle.
Eine leere Hülle, die sich über eine leere Bühne bewegt und in leere Gesichter starrt.
Für eine Auftritt perfekt - dann ist sie voll konzentriert!
Aber ich glaube, du wolltes was anderes sagen, oder? ;)

Ausmeiner Sicht: Wenn Du auf die Innere Leere der Tänzerin eingehen willst, dann ist der Moment nach einem Auftritt besser geeignet. Wenn der Applaus weg ist, die Zuschauer fort sind, die Kollegen mit dem Schulterklopfen fertig sind und man nach Hause kommt - man ist noch voller Adrenalien, man will noch feiern, aber da ist nichts mehr - DANN ist man allein. Aber so richtig! Selbst - nein: gerade, wenn es der beste Auftritt war, in dem Moment nach diesem Auftritt, fällt man in ein tiefes Loch.

Soweit meine Gedanken zum Text, ich hoffe, Du kannst damit etwas anfangen.

viele Grüße
pantoholli (ja, das "panto" kommt von Pantomime)

 

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