Hi Stefan!
Bist du schon einmal von einem Kampfhund angegriffen worden? Wenn nicht, kannst du gar nicht beurteilen, was ein kleines Mädchen dabei denkt. Selbst wenn du Atheist bist, könnte es glatt passieren, dass du in deiner Angst unbewusst den Herrgott um Hilfe ersuchst. Jedenfalls wird Jemand, der an Gott glaubt, dies wohl tun. Es wird für ihn wohl das Natürlichste von der Welt sein. Ich wurde schon zwei Mal mit einem Messer angegriffen, und jedes Mal habe ich dabei Gott angefleht, er möge mich beim ersten Angriff in den Besitz des Messers bringen oder es zumindest wegschleudern lassen. Und er hat mich jedes Mal erhört (siehe ua http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?t=16500
Ich bediene gerne Klischees, manchmal mache ich sogar das Gegenteil zum Klischee, je nachdem, wen ich "verarschen" will. Ich halte nun einmal nicht viel vom "aufgeklärten Leser". Es gibt nämlich keinen. Der dt-sprachige Leser bildet sich ja verdammt viel auf seine Aufgeklärtheit ein, das versucht er auch andauernd irgendwie zu zeigen. Er hat es in gut dreißig Jahren Aufgeklärtheit auch fast geschafft, das Dichten abzuschaffen. Heute hält sich ja jeder Inti, der Schreiben und Lesen kann, für einen Dichter. Da kann man als Dichter ja direkt Angst bekommen, bei dieser Konkurrenz. Ich war auch schon in einem meiner früheren Leben Dichter, ich weiß also, von was ich rede. Und weil ich auch gut vorlesen kann, war ich damals immer ein sehr willkommener Gast. Die meisten Dorfbrunnen können da Geschichten erzählen. Aber damals gab es ja auch das Fernsehen noch nicht.
Aber Spaß beiseite, hihi. Es gibt keinen einzigen großen Autor, der den Leser nicht bevormundet. Je größer einer ist, desto mehr tut er es. Jeder Autor findet irgendwann seine Klientel und die bedient er dann. Und weil es ja seine Klientel ist, fällt es ihr auch gar nicht auf, dass sie von ihm "bedient" wird. Du kannst mit 100-prozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass auch du von einem Autor so "bedient" wirst, wenn er dir gefällt.
Ich spiele dieses Spiel nicht mit, ich spiele mit den diversen "Klischees" von Gestern und Heute. Mal greife ich in einen linken Topf, mal in einen rechten, mal kommt irgendein Glauben dran. Die linken Tabus sind mir (zurzeit) die liebsten. Schließlich werden sie von den meisten Denkern hierzulande ja vertreten. Bei dieser Geschichte war es ja eine Ausnahme, das habe ich ja in Post 7 schon verdeutlicht.
Ich weiß nicht, ob du Albert Ehrenstein kennst. Könnte ja sein, weil du gemeint hast, der Anfang der Geschichte hätte dich an den Expressionismus erinnert. Ich bin ja Expressi-Fan, habe sogar eine von Schulen und Unis sehr gut besuchte Seite darüber. Viele Web-Bibliotheken verweisen auf sie, zb unter Kurzbiografien
http://www.ub.fu-berlin.de/internetquellen/fachinformation/germanistik/autoren/multi_tuv/tucho.html
Na ja, jedenfalls hat Ehrenstein auch damit gespielt. Er war der Meister. Er hat wirklich keinen ausgelassen, egal ob (politischer) Freund oder Feind. Auch er war der Ansicht, dass es keinen einzigen aufgeklärten Leser gibt. Er hat sich auch selbst nicht für einen gehalten. Jeder Mensch ist irgendwie geprägt und mag dies und das und dies und das nicht, aus welchen Gründen auch immer. Man hat so seine Vorlieben und Vorurteile. Und immer ist so eine Gruppe von Gleichgesinnten an der Macht. Ob sie "aufgeklärt" war, stellt sich immer erst im Nachhinein heraus, also wenn diese Gruppe ausstirbt und so nach und nach oder oft auch ganz plötzlich die Macht abgeben muss. Und bis dato hat es noch nie eine Macht gegeben, die im Nachhinein gute Noten bekommen hat.
Auch die "political correctness" der 68er-Philosophen, die unser Leben hier im Westen in den letzten 30 Jahren bestimmt hat, wird ja immer mehr als Last empfunden. Sie steht den notwendigen Reformen entgegen und wird daher letztendlich für den Untergang unserer Kultur verantwortlich sein, weil sie nämlich von ihrem Geist her völlig unbeweglich ist. Wer sich für super und unfehlbar hält, geht irgendwann an seinen vertuschten Fehlern unter.
Und dass nicht alle so denken wie du, kannst du ja an Post 2 erkennen. Dem Einen gefällt Das, der Anderen wieder Das. Die Sprache Kurt Tucholskys wurde von der absoluten Mehrheit seiner Zeit für totalen Schrott gehalten. Für die Mehrheit von uns ist er heute ein großer Dichter. Also was soll`s? Es gibt nie, also zu keiner Zeit auch nur einen einzigen aufgeklärten und reifen Leser. Ich halte mich selbst auch für keinen, deshalb halte ich mich immer beim Kritisieren zurück. Aber gerade dieses Kritisieren scheint die Stärke der dt-sprachigen LeserInnen zu sein. Die dt. Nachkriegsgeneration hatte ja am Leben etwas "gut" zu machen. Sie dachte, sie müsse nun Allem gegenüber sehr, sehr kritisch sein. Das Einzige, was dabei heraus gekommen ist, sie hat mit ihrer dauernden Kritisiererei unsere einst so große Dichtkunst mit Weltgeltung wegkritisiert. Wir haben keine Weltdichter mehr. Der dt-sprachige Leser ist heute weltweit so ziemlich der unreifste, den man sich vorstellen kann. Er ist eine Null. Er will dauernd an Geschichten was verändern, irgendwas passt ihm immer nicht. Er kann nicht verstehen, dass der Autor vielleicht genau jenen bestimmten Teil aus einem ganz bestimmten Grund besonders hervor heben wollte, weil er vielleicht genau jenen Leser, dem das nicht gefällt, damit treffen wollte. Könnte ja sein, oder, dass es so "vordenkende" Autoren gibt. Ich mache das sogar oft noch zusätzlich mit einem Vor- oder Nachwort. Ich weiß, dass mit Sicherheit auf eine Geschichte wieder eine bestimmte Kritik kommt, also schreibe ich spaßhalber ein diesbezügliches Vorwort, das genau diesen Leser wütend machen soll, hihi. Ich bin ein Spaßvogel, der bestimmte Klischees von Gestern und Heute bedient, aber von Hinten herum. Die betroffenen Leser schreiben mir dann, dass ich sie bevormunden würde, hihi. Sie haben ja Recht. Hihi. Im Mittelalter hätte mich wohl irgendein hoher Herr zu seinem Narren erkoren, und es wäre mir sogar erlaubt gewesen, meinen hohen Herrn selbst auf meine närrische Art und Weise zu kritisieren.
Aber zurück zum Kritisieren. Es gibt keine einzige kritische Geschichte, die nicht anders und vielleicht sogar besser geschrieben hätte werden können. Und genau deshalb sind sie ja vielleicht gute kritische Geschichten. Eine einen Teil unserer Welt kritisierende Geschichte, die Allen gefällt, gibt es nicht, schließlich wird ja ein Teil der Leser kritisiert. Wer das nicht versteht, der sollte vielleicht anfangen Kindergeschichten lesen, die gefallen meist allen Kindern. Und er sollte dann darüber nachdenken und noch einmal von Vorne mit dem Lesen von kritischen Geschichten für kritische Erwachsene anfangen.
Wenn ich eine kritische Geschichte lese, die mir nicht gefällt, dann schreibe ich keine Kritik, nein, ich versuche die Geschichte selbst und besser zu schreiben (wenn mir das Thema gefällt). Aber ich habe hier in kg.de fast noch nie einen Kritiker gefunden, der das so gemacht hätte. Kein einziger Kritiker hier schreibt selbst bessere Geschichten. Ich kenne nur einige ganz wenige AutorInnen hier, die einen eigenen Stil haben, den man von Geschichte zu Geschichte wiederfindet. Ich selbst will auch (gar) keine perfekten Geschichten erzählen. Ich bin dauernd auf der Suche, aber ich habe meinen Stil gefunden. Und ich will einfach anders sein, und dabei ist mir klar, dass ich nicht jedermanns Freund sein kann. Ich schreibe nach Ehrensteins Devise: mehr Feind', mehr Ehr'.
Und ich mag diese Geschichte hier genau so, wie sie ist. Und ich mag auch meine anderen Geschichten. Die sind genau richtig und treffen auch genau die richtigen Leute. Würde ich mit Pfeil und Bogen schießen, dann wären es lauter Volltreffer.
Ich habe hier jetzt Einiges geschrieben, das nicht unbedingt auch auf dich passen muss. Du hast mir bis dato ja erst eine einzige Kritik geschrieben, ich kenne dich also noch nicht so gut. Ich weiß nicht, wie viel du schon von mir gelesen hast und ob du weißt, was mein Anliegen beim Schreiben ist. Aber ich konstruiere meine Geschichten meist sehr genau auf eine bestimmte Personengruppe hin und dabei wechsle ich die Themen und ich habe unser Ganzes Heute im Sucher. Ich bin nicht links, ich bin nicht rechts. Ich bin nicht direkt gläubig, im Sinne einer bekannten Religion, und glaube doch. Dir kann eine Geschichte von mir gefallen und nach der nächsten hasst du mich, oder umgekehrt. Und genau so will ich auch sein. Im Sinne von Albert Ehrenstein ist bei mir kein Leser von Heute "sicher". Du findest Ehrenstein auch in der oben genannten Homepage von mir.
Was ich damit ausdrücken will? Ich will ein alle Wirrnisse unserer Zeit kritisierender Dichter sein. Ich schreibe meine Geschichten keiner bestimmten Klientel auf den Leib. Und in dieser Geschichte hier fand ich es einfach mal wieder an der Zeit, das Nazi-klischee zu bedienen, weil ich in den letzten ja eher unsere linkslastige und sozial-humane Scheinheiligkeit auf dem Kieker hatte.
Na ja, danke jedenfalls und ebenfalls Nichts für Ungut, und ich würde mich sehr, sehr freuen, wenn du dich durch meine Antwort nicht abschrecken lässt, was leider bei Vielen hier der Fall zu sein scheint. Ich bin halt kein Zuckerschlecker, bin eher eine scharfe Pfefferoni, die nicht jedermanns Sache ist, hihi. Und ich weiß auch, was Vielen hier bei mir so aufstößt: es ist meine zur Schau gestellte Selbstsicherheit, die Viele für Großkotzigkeit oder was immer halten. Das ist es aber nicht. Mir ist nur bewusst, dass man im Leben ohne das nötige Selbstvertrauen gar Nichts wird. Man muss an sich und an sein Konzept glauben und sein Ding dann eiskalt und ohne Zaudern durchziehen, egal, was einem andere Leute dazu einreden wollen. Und selbst wenn dir die Großen deiner Zeit ins Gewissen reden, sollte man bedenken, dass sie ja in gewisser Hinsicht Konkurrenten sind. Und dass ich einigermaßen gut schreiben kann, das weiß ich immer, wenn ich meine Gedichte "der krieg", "danae" und "knuspernacht" lese.
http://mitglied.lycos.de/LotharKrist6/
http://mitglied.lycos.de/LotharKrist6/netz_hp.htm
lg
buji