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Die Tötungsmaschine

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12.04.2002
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Die Tötungsmaschine

Fetzen. Fleischfetzen. Fleischfetzen von den Knochen fetzen. Ein Fleischfetzen fetzt ins Gras. Ein Fleischfetzen hängt vom Knochen. Das Blut spritzt wild. Das Blut spritzt in alle Richtungen davon. Abgefetzte Arterien zucken hin und her, wie spuckende Wasserschläuche, die wie aggressiv um sich geifernde Schlangen nach den Feinden fassen.

Der zerfetzte Arm geht wieder hoch – zum Schutz. „Oh Herr, bitte, oh, lass bitte nicht zu, dass er mir das Gesicht zerfetzt. Dann bin ich nicht mehr ich.“

Der weiße Kopf, die dünnen Ohren, so schweinchenrosig zart, vom Sonnenlicht durchschienen, wackeln tückisch. Die schwarze Schnauze, in tausend Zornesfalten teuflisch hergebleckt, die kleinen, schwarzen Totenaugen liegen tief und hassen. Der Killer geilt das weiß Gebiss, von dem ein tropfender roter Fetzen fleischig hängt.

Der Geruch des Blutes lässt ihn voller Gier wieder nach dem zerfetzten Unterarm fassen. Und dieses Mal fasst er tief und fest in den nackten Knochen. Und er lässt ihn nicht mehr los. Er zerrt und zerrt und zerrt und knurrt dabei ein Satanslachen.

Das Mädchen stolpert, kommt zu Fall. Es liegt nun hilflos unten auf der Erde. Der Schmerz schießt höllisch heiß durch den Rest der abgefetzten Adern. Der Schmerz schrillt schrill, die Nerven kreischen. Ihre Augen flackern. Es ist, als ob die Zähne schon das ganze Hirn zerfleischen. Die Seele verbrüllt im Schmerz. Ihr Herz steht still vor Angst. Diese Angst …. sie quillt die Hose nass.

Ihre Blicke suchen Hilfe, …. doch keine Chance. Der Hundebesitzer, militärisch so korrekter Kurzhaarschnitt und im dunkelgrünen Military-Look, steht nur wie angewurzelt da, er schaut nur blöd, ist baff. Er glaubt es nicht, doch es ist wahr: seine vor kurzem angeschaffte Penisverlängerung hat sich und für ihn so unverständlich gerade selbständig gemacht und fickt ein kleines Mädchen. Er weiß nicht, was tun.

Das Mädchen prügelt in Verzweiflung mit ihrer rechten kleinen Faust auf den Staffordshire-Terrier ein. Doch keine Chance, die Tötungsmaschine kennt ihn nicht, den Schmerz. Doch er lässt das heulende Mädchen die Zähne fletschend los, um gleich darauf nach dem nun freien Gesicht zu fassen. Ein einziger Biss nur und Nase und Lippen sind dahin. Das Mädchen ist nur noch ein Meer von Blut.

Da wacht der Hundebesitzer endlich auf, zwei große Schritte. Er tritt seiner Penisverlängerung, seinem ganzen Stolz, mit voller Wucht von Hinten mit seinen stahlbeschlagenen Springerstiefeln zwischen die Beine, genau in die Mitte, dorthin, wo die prallen Gogerln prangen. Der Hund hebt jaulend ab, die Nase, die Lippen im Gezähne, fliegt durch die Luft, prallt auf und überschlägt sich zwei, drei Mal, zuerst lang, dann kurz. Es rummst.

Er steht dann gut acht Meter entfernt, der weiße Höllenhund. Er stemmt seine Beine weit gespreizt in den hoch begrasten Boden. Er knurrt, er böst, er fletscht und zähnt, er hasst …. krrrrhhhh …. krrrrhhhh …. und winselt dann ganz kurz, und knurrt …. und verschwindet im Gebüsch. Äste knacken. Dann verleist Geknurr und Knacken im Auenwald.

Doch was bleibt, ist kein Gesicht, das jemals wieder so süße Hundebaby-Schnauzen küsst.

© Copyright by Lothar Krist (16./17.7.2004 von 23.25 – 01.30 Uhr im Smaragd)

Ein Kampfhund hat wieder einmal zwei Schwestern fast zu Tode gebissen. Der wegen ähnlicher Vorfälle bereits amtsbekannte Hundebesitzer läuft noch immer frei herum.

 

Wahnsinn, ich darf als erster eine Buji Geschichte kritisieren!

Also da wirfst du den Leser ja mächtig ins kalte Wasser. Hätte am Anfang absolut nicht gedacht, dass es sich um einen Hund handeln könnte, auch wenn es später dann natürlich klar wird. Die Handlung ist sicher nicht das aller neuste und auch nicht sehr komplex, aber nunmal traurige realität.

Insgesamt ist die Geschichte gelungen, wie ich finde. Nur es ist schwierig sich in das Opfer hinein zu versetzen, da du dich fast nur mit der Schilderung des angriffes und des Hundes beschäftigst. Mehr Gedanken des Mädchens wären doch nicht schlecht gewesen. Auch über den Idioten im Mitlitär Look hätte ich doch unbedingt mehr wissen wollen. Insgesamt wohl etwas (und das bei einer Buji Geschichte!) zu kurz.

Sprachlich äusserst sauber und mit sehr "schönen", passenden Stellen (z.b. Penisverlängerung).

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Lithium!

Danke für deine Kritik. Ja, ich weiß, das Thema ist nicht neu, es ist schon oft darüber geschrieben worden, und genau deshalb wollte ich mir die Sache von einer anderen Seite ansehen. Der Angriff des Hundes. Wir vergessen ja immer gerne diesen Horror des Opfers, wenn dir eine wild gewordene Bestie das Fleisch in Fetzen reißt. Und diese Seite wollte ich verdeutlichen.

Natürlich hätte ich mehr über das Mädchen schreiben können, dass sie joggen oder spazieren war, wie alt sie ist, usw., ich habe auch daran gedacht, es dann aber gelassen.

Als mir diese Sache mit der Penisverlängerung eingefallen ist, habe ich mir gedacht: Wumm, das ist wie ein K.O.-Schlag beim Boxen. Also warum über so einen Dodel noch viele Worte verlieren. Ich war früher ja mal ein Schlimmer, ich habe mich bei Raufereien immer eingemischt, wenn es einen weitaus Schwächeren gab. Ich konnte einfach nicht anders. Hatte deshalb oft Schwierigkeiten, auch mit dem Richter beim Bezirksgericht. Aber wenn einer auf dem Boden gelegen ist, habe ich nicht mehr hingetreten. So Einer bin ich nicht.

Aber ich bin sehr erfreut, dass mir hier im Forum mal jemand sagt, dass eine Geschichte von mir zu kurz ist. Hihi, das sagt mir, dass die Längen der anderen Geschichten okay sind, hihi. Ich hoffe, ich verstehe das jetzt nicht falsch und freue mich nicht umsonst. Danke, danke, danke.

Liebe Grüße und ich verspreche es, die nächste Geschichte wird wieder länger.

Lothar

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Red!
Danke und ja, du hast wohl Recht mit dem etwas zu gewöhnlichen Thema.

Etwas anderes: Stehst du auf Trash? Wenn ja, kannst du mir sagen, wo ich im Internet so etwas finde? Ich würde gerne selbst mal so einen Schreibversuch starten. Ich liebe ja die kritischen Texte der Rapper, der Metaller, der Gothiker und einiger anderer Musiker mehr und habe mir von denen so einiges abgeschaut. Trash soll ja noch intensiver sein. Manche schreiben ja so ähnlich über unsere Gesellschaft, wie ich. Leider geht diese Musik ja am Mainstream vorbei und somit auch die Texte.

lg
buji

 

Friedvolle Grüße

Eine gute Geschichte, nicht sonderlich originell, aber durch ihre sprachliche Gestaltung interessant und mitreißend.

Einige Kritikpunkte habe ich aber doch (wie bei fast jeder Geschichte). Da ist zunächst der erste Abschnitt, in dem Du wohl alle Verwendungsmöglichkeiten des Wortes fetzen abklopfts. Soweit kein Problem. Dann aber schreibst Du:

Das Blut spritzt wild. Das Blut spritzt in alle Richtungen davon.

Hier würde ich schreiben: Das Blut spritzt wild, spritzt in alle Richtungen davon. Hört sich für meine Begriffe besser an. Zudem ist der Vergleich zwischen einer Aterie und einem Wasserschlauch zu trashig, sogar für Deine Herangehensweise an das doch recht ernste Thema.

Dann der Charakter, dem der Hund gehört. Bei dir erscheint er wie ein tumber Nazi, der Beschreibung nach. Solch einen Besitzer wählt für eine Geschichte dieser Art fast jeder Schreiber. Wenngleich es natürlich stimmt, das Kampfhunde in den Kreisen so etwas wie ein Statussymbol sind, so sind Nazis doch nicht die einzigen Kampfhundehalter. Und die Geschichte würde sicher an Originalität gewinnen, wenn Du aus dem Hundehalter den überraschten Großvater oder Onkel des Mädchen machen würdest.

Wie gesagt, nur meine Verbesserungsvorschläge für eine insgesamt gute Geschichte.

Kane

 

Hi Kane!

Danke! Das mit dem "Blut spritzen" werde ich mir überlegen. An den "braven Hundehalter" habe ich auch gedacht, so einen, der jedem sagt, dass man sich vor seinem Hund nicht zu fürchten braucht, habe es aber gelassen. War eine unüblicher "Buji-Konzession" an meine kg.de-LeserInnen. Hatte beim Schreiben einen Anfall von Erbarmung, kannst du das verstehen. Ich hatte gerade keine Lust mir eine neue "Anti-Fan-Gemeinde" zuzulegen. Wenn du meine Kritiken zu den meisten anderen Geschichten liest, dann weißt du, was ich meine. Ich habe es nicht gerade leicht, hihi. Habe mir gedacht, ich nehme den Nazi mit den Springerstiefeln, dann mögen mich meine linken "Fans" für eine Geschichte wieder, aber es war eh für die Würscht, die schreiben mir immer nur, wenn ihnen eine Geschichte nicht gefällt, haha.

Aber was anderes! Ich habe hier ja schon die Frage gestellt, ob jemand eine Ahnung hat, ob es einen guten Trash gibt und wo ich so was finde. Ich würde gerne ein bisschen damit herum experimentieren und meine Prosa auflockern. Ich mache das ja jetzt immer so, dass ich in einen schönen sprachlichen Ablauf einige Derbheiten einbaue, a la Bukowski. So ein, zwei Absätze, und dann wieder Stilwechsel. Aber das wird schon fad. Bin auf der Suche nach einem anderen härteren und auch böseren Stilmittel, um meine Geschichten "brechen" zu können.

Ich würde mich freuen, wenn mir jemand weiter helfen könnte. Das was ich bis dato im Netz gefunden habe, war nicht gerade erbauend. Trash scheint inhaltlich nur primitiv zu sein, aber es muss doch auch Dichter geben, die auch aus Mist was machen können. Ich war echt überrascht, als mir Red geschrieben hat: Juchu! Reinster Trash! ....

Erst da dachte ich daran, dass man aus diesem Stil mehr machen könnte.

Danke jedenfalls für deine sehr nette Kritik.

lg
Lothar

 

Nochmals friedvolle Grüße

Trash ist ja, soviel dürfte gemeinhin bekannt sein, englisch und bedeutet Müll. Nach dem, was Du als Deine Ambitionen beschreibst, glaube ich allerdings nicht, das Du beim Fischen im Müll fündig wirst.

Nach meiner Erfahrung, und auch ich liebe das Brechen harmonischer Strukturen innerhalb der Geschichte durch "brutale", also unerwartete, Einschübe, gibt es dafür kein Patentrezept. Die Möglichkeit zur Konterkarikierung und damit Brechung der Handlung kann nur aus dieser selbst erwachsen. Einige Themen eignen sich dafür eher als andere, doch wenn man es darauf anlegt, kann man, so denke ich, in jeder Geschichte solche Brechungen anbringen. Wovon ich jedoch dringend abraten würde, ist die gehäufte Verwendung dieser Brechungen. Eine, vielleicht zwei, pro Geschichte sollten reichen. Wenn der Leser sie nämlich schon erwartet, verlieren sie ihre Wirkung.

Ich bin zwar mit Deinem Gesamtwerk nicht vertraut, aber so wie es sich anhört, könnten ein oder zwei Geschichten ganz ohne "trashige Brechungen" nicht schaden. Das Du eine Geschichte völlig auf herkömmliche Weise erzählst, könnte für Deine Stammleserschaft schockierender sein als weitere Experimente. Denn nichts ist schockierender für den Leser, als seine Erwartungen nicht so erfüllt zu bekommen, wie er sich das vor dem Lesen erhofft.

Kane

 

Hi Buji,

Du schreibst, Du willst die Seite des Opfers verdeutlichen. Irgendwie kommt es bei mir aber so an, dass Du mit genau den Mitteln arbeitest wie die Boulevard-Presse. Blut spritzt, Fleischfetzen fliegen ... Wenn Du dieselben Mittel anwendest wie die Trash-Schreiber, wirkt der Text auf mich auch nicht mehr betroffen-machend, sondern eben nicht ernstzunehmend trashig.

Ich bin der Meinung, dass Du schon mit einigen Sachen Recht hast. Aber so ein ernstes Thema kann in so einer - ich nenn es mal - "billigen" Verpackung dann nicht die Betroffenheit erzeugen, die es eigentlich verdiente.

<< Der zerfetzte Arm geht wieder hoch – zum Schutz. „Oh Herr, bitte, oh, lass bitte nicht zu, dass er mir das Gesicht zerfetzt. Dann bin ich nicht mehr ich.“>>

Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass ein Kind das denkt. Es wird sich eher schützen wollen vor den Schmerzen, es wird der absolute Horror sein für das Kind, sich nicht wehren zu können.


<<Der weiße Kopf, die dünnen Ohren, so schweinchenrosig zart, vom Sonnenlicht durchschienen, wackeln tückisch. Die schwarze Schnauze, in tausend Zornesfalten teuflisch hergebleckt, die kleinen, schwarzen Totenaugen liegen tief und hassen. Der Killer geilt das weiß Gebiss, von dem ein tropfender roter Fetzen fleischig hängt.>>

Klingt für mich wie Polemik. Ich kann nicht dagegenreden, dass der Hund vielleicht so aussieht. Aber Du verleihst ihm menschliche Züge, das ist das Typische bei der Boulevardpresse. Es ist ein Tier, geprägt durch seinen Halter.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das, was Du beschreibst, passiert ist und passieren kann. Das macht es schwierig, eine Kritik anzusetzen. Mir gefallen die Mittel nicht, die Du einsetzt. Diese direkte Draufhin-Stoßen ist in meinen Augen auch nicht so wirksam wie das subtile Erkenne-Es-Selbst.

 

Hallo Buji,

ich habe deine Geschichte des Titels wegen gelesen - der ist überdurchschnittlich, finde ich. Wenn ich z.B. die Wahl habe zwischen "Luise" und "Die Tötungsmaschine", dann wähle ich die Maschine.

Was ich interessant an der Geschichte fand, war der Anfang. Dieser Stil war für mich neu, hat mich ein bisschen an den Expressionismus erinnert.

Der Satz "Oh Herr, bitte, oh,..." war dann schon etwas ernüchternd. Das klingt für meine Ohren nicht natürlich. Endgültig enttäuscht hat mich die Stelle:

Der Hundebesitzer, militärisch so korrekter Kurzhaarschnitt und im dunkelgrünen Military-Look ... schaut nur blöd, ist baff. ... seine vor kurzem angeschaffte Penisverlängerung ... fickt ein kleines Mädchen.
Hier wird erstens ein Klischee zitiert (der Neonazi als Kampfhundehalter, das wurde schon kritisiert) und zweitens wird versucht, mir ein Urteil über einen Charakter vorzuschreiben. Wenn der auktoriale Erzähler einen Charakter blöd findet, wenn er Kommentare abgibt wie "Penisverlängerung", dann empfinde ich das als eine Bevormundung des Lesers.

Grüße + nichts für ungut,
dein Stefan

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Stefan!

Bist du schon einmal von einem Kampfhund angegriffen worden? Wenn nicht, kannst du gar nicht beurteilen, was ein kleines Mädchen dabei denkt. Selbst wenn du Atheist bist, könnte es glatt passieren, dass du in deiner Angst unbewusst den Herrgott um Hilfe ersuchst. Jedenfalls wird Jemand, der an Gott glaubt, dies wohl tun. Es wird für ihn wohl das Natürlichste von der Welt sein. Ich wurde schon zwei Mal mit einem Messer angegriffen, und jedes Mal habe ich dabei Gott angefleht, er möge mich beim ersten Angriff in den Besitz des Messers bringen oder es zumindest wegschleudern lassen. Und er hat mich jedes Mal erhört (siehe ua http://www.kurzgeschichten.de/vb/showthread.php?t=16500

Ich bediene gerne Klischees, manchmal mache ich sogar das Gegenteil zum Klischee, je nachdem, wen ich "verarschen" will. Ich halte nun einmal nicht viel vom "aufgeklärten Leser". Es gibt nämlich keinen. Der dt-sprachige Leser bildet sich ja verdammt viel auf seine Aufgeklärtheit ein, das versucht er auch andauernd irgendwie zu zeigen. Er hat es in gut dreißig Jahren Aufgeklärtheit auch fast geschafft, das Dichten abzuschaffen. Heute hält sich ja jeder Inti, der Schreiben und Lesen kann, für einen Dichter. Da kann man als Dichter ja direkt Angst bekommen, bei dieser Konkurrenz. Ich war auch schon in einem meiner früheren Leben Dichter, ich weiß also, von was ich rede. Und weil ich auch gut vorlesen kann, war ich damals immer ein sehr willkommener Gast. Die meisten Dorfbrunnen können da Geschichten erzählen. Aber damals gab es ja auch das Fernsehen noch nicht.

Aber Spaß beiseite, hihi. Es gibt keinen einzigen großen Autor, der den Leser nicht bevormundet. Je größer einer ist, desto mehr tut er es. Jeder Autor findet irgendwann seine Klientel und die bedient er dann. Und weil es ja seine Klientel ist, fällt es ihr auch gar nicht auf, dass sie von ihm "bedient" wird. Du kannst mit 100-prozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass auch du von einem Autor so "bedient" wirst, wenn er dir gefällt.

Ich spiele dieses Spiel nicht mit, ich spiele mit den diversen "Klischees" von Gestern und Heute. Mal greife ich in einen linken Topf, mal in einen rechten, mal kommt irgendein Glauben dran. Die linken Tabus sind mir (zurzeit) die liebsten. Schließlich werden sie von den meisten Denkern hierzulande ja vertreten. Bei dieser Geschichte war es ja eine Ausnahme, das habe ich ja in Post 7 schon verdeutlicht.

Ich weiß nicht, ob du Albert Ehrenstein kennst. Könnte ja sein, weil du gemeint hast, der Anfang der Geschichte hätte dich an den Expressionismus erinnert. Ich bin ja Expressi-Fan, habe sogar eine von Schulen und Unis sehr gut besuchte Seite darüber. Viele Web-Bibliotheken verweisen auf sie, zb unter Kurzbiografien
http://www.ub.fu-berlin.de/internetquellen/fachinformation/germanistik/autoren/multi_tuv/tucho.html

Na ja, jedenfalls hat Ehrenstein auch damit gespielt. Er war der Meister. Er hat wirklich keinen ausgelassen, egal ob (politischer) Freund oder Feind. Auch er war der Ansicht, dass es keinen einzigen aufgeklärten Leser gibt. Er hat sich auch selbst nicht für einen gehalten. Jeder Mensch ist irgendwie geprägt und mag dies und das und dies und das nicht, aus welchen Gründen auch immer. Man hat so seine Vorlieben und Vorurteile. Und immer ist so eine Gruppe von Gleichgesinnten an der Macht. Ob sie "aufgeklärt" war, stellt sich immer erst im Nachhinein heraus, also wenn diese Gruppe ausstirbt und so nach und nach oder oft auch ganz plötzlich die Macht abgeben muss. Und bis dato hat es noch nie eine Macht gegeben, die im Nachhinein gute Noten bekommen hat.

Auch die "political correctness" der 68er-Philosophen, die unser Leben hier im Westen in den letzten 30 Jahren bestimmt hat, wird ja immer mehr als Last empfunden. Sie steht den notwendigen Reformen entgegen und wird daher letztendlich für den Untergang unserer Kultur verantwortlich sein, weil sie nämlich von ihrem Geist her völlig unbeweglich ist. Wer sich für super und unfehlbar hält, geht irgendwann an seinen vertuschten Fehlern unter.

Und dass nicht alle so denken wie du, kannst du ja an Post 2 erkennen. Dem Einen gefällt Das, der Anderen wieder Das. Die Sprache Kurt Tucholskys wurde von der absoluten Mehrheit seiner Zeit für totalen Schrott gehalten. Für die Mehrheit von uns ist er heute ein großer Dichter. Also was soll`s? Es gibt nie, also zu keiner Zeit auch nur einen einzigen aufgeklärten und reifen Leser. Ich halte mich selbst auch für keinen, deshalb halte ich mich immer beim Kritisieren zurück. Aber gerade dieses Kritisieren scheint die Stärke der dt-sprachigen LeserInnen zu sein. Die dt. Nachkriegsgeneration hatte ja am Leben etwas "gut" zu machen. Sie dachte, sie müsse nun Allem gegenüber sehr, sehr kritisch sein. Das Einzige, was dabei heraus gekommen ist, sie hat mit ihrer dauernden Kritisiererei unsere einst so große Dichtkunst mit Weltgeltung wegkritisiert. Wir haben keine Weltdichter mehr. Der dt-sprachige Leser ist heute weltweit so ziemlich der unreifste, den man sich vorstellen kann. Er ist eine Null. Er will dauernd an Geschichten was verändern, irgendwas passt ihm immer nicht. Er kann nicht verstehen, dass der Autor vielleicht genau jenen bestimmten Teil aus einem ganz bestimmten Grund besonders hervor heben wollte, weil er vielleicht genau jenen Leser, dem das nicht gefällt, damit treffen wollte. Könnte ja sein, oder, dass es so "vordenkende" Autoren gibt. Ich mache das sogar oft noch zusätzlich mit einem Vor- oder Nachwort. Ich weiß, dass mit Sicherheit auf eine Geschichte wieder eine bestimmte Kritik kommt, also schreibe ich spaßhalber ein diesbezügliches Vorwort, das genau diesen Leser wütend machen soll, hihi. Ich bin ein Spaßvogel, der bestimmte Klischees von Gestern und Heute bedient, aber von Hinten herum. Die betroffenen Leser schreiben mir dann, dass ich sie bevormunden würde, hihi. Sie haben ja Recht. Hihi. Im Mittelalter hätte mich wohl irgendein hoher Herr zu seinem Narren erkoren, und es wäre mir sogar erlaubt gewesen, meinen hohen Herrn selbst auf meine närrische Art und Weise zu kritisieren.

Aber zurück zum Kritisieren. Es gibt keine einzige kritische Geschichte, die nicht anders und vielleicht sogar besser geschrieben hätte werden können. Und genau deshalb sind sie ja vielleicht gute kritische Geschichten. Eine einen Teil unserer Welt kritisierende Geschichte, die Allen gefällt, gibt es nicht, schließlich wird ja ein Teil der Leser kritisiert. Wer das nicht versteht, der sollte vielleicht anfangen Kindergeschichten lesen, die gefallen meist allen Kindern. Und er sollte dann darüber nachdenken und noch einmal von Vorne mit dem Lesen von kritischen Geschichten für kritische Erwachsene anfangen.

Wenn ich eine kritische Geschichte lese, die mir nicht gefällt, dann schreibe ich keine Kritik, nein, ich versuche die Geschichte selbst und besser zu schreiben (wenn mir das Thema gefällt). Aber ich habe hier in kg.de fast noch nie einen Kritiker gefunden, der das so gemacht hätte. Kein einziger Kritiker hier schreibt selbst bessere Geschichten. Ich kenne nur einige ganz wenige AutorInnen hier, die einen eigenen Stil haben, den man von Geschichte zu Geschichte wiederfindet. Ich selbst will auch (gar) keine perfekten Geschichten erzählen. Ich bin dauernd auf der Suche, aber ich habe meinen Stil gefunden. Und ich will einfach anders sein, und dabei ist mir klar, dass ich nicht jedermanns Freund sein kann. Ich schreibe nach Ehrensteins Devise: mehr Feind', mehr Ehr'.

Und ich mag diese Geschichte hier genau so, wie sie ist. Und ich mag auch meine anderen Geschichten. Die sind genau richtig und treffen auch genau die richtigen Leute. Würde ich mit Pfeil und Bogen schießen, dann wären es lauter Volltreffer.

Ich habe hier jetzt Einiges geschrieben, das nicht unbedingt auch auf dich passen muss. Du hast mir bis dato ja erst eine einzige Kritik geschrieben, ich kenne dich also noch nicht so gut. Ich weiß nicht, wie viel du schon von mir gelesen hast und ob du weißt, was mein Anliegen beim Schreiben ist. Aber ich konstruiere meine Geschichten meist sehr genau auf eine bestimmte Personengruppe hin und dabei wechsle ich die Themen und ich habe unser Ganzes Heute im Sucher. Ich bin nicht links, ich bin nicht rechts. Ich bin nicht direkt gläubig, im Sinne einer bekannten Religion, und glaube doch. Dir kann eine Geschichte von mir gefallen und nach der nächsten hasst du mich, oder umgekehrt. Und genau so will ich auch sein. Im Sinne von Albert Ehrenstein ist bei mir kein Leser von Heute "sicher". Du findest Ehrenstein auch in der oben genannten Homepage von mir.

Was ich damit ausdrücken will? Ich will ein alle Wirrnisse unserer Zeit kritisierender Dichter sein. Ich schreibe meine Geschichten keiner bestimmten Klientel auf den Leib. Und in dieser Geschichte hier fand ich es einfach mal wieder an der Zeit, das Nazi-klischee zu bedienen, weil ich in den letzten ja eher unsere linkslastige und sozial-humane Scheinheiligkeit auf dem Kieker hatte.

Na ja, danke jedenfalls und ebenfalls Nichts für Ungut, und ich würde mich sehr, sehr freuen, wenn du dich durch meine Antwort nicht abschrecken lässt, was leider bei Vielen hier der Fall zu sein scheint. Ich bin halt kein Zuckerschlecker, bin eher eine scharfe Pfefferoni, die nicht jedermanns Sache ist, hihi. Und ich weiß auch, was Vielen hier bei mir so aufstößt: es ist meine zur Schau gestellte Selbstsicherheit, die Viele für Großkotzigkeit oder was immer halten. Das ist es aber nicht. Mir ist nur bewusst, dass man im Leben ohne das nötige Selbstvertrauen gar Nichts wird. Man muss an sich und an sein Konzept glauben und sein Ding dann eiskalt und ohne Zaudern durchziehen, egal, was einem andere Leute dazu einreden wollen. Und selbst wenn dir die Großen deiner Zeit ins Gewissen reden, sollte man bedenken, dass sie ja in gewisser Hinsicht Konkurrenten sind. Und dass ich einigermaßen gut schreiben kann, das weiß ich immer, wenn ich meine Gedichte "der krieg", "danae" und "knuspernacht" lese.
http://mitglied.lycos.de/LotharKrist6/
http://mitglied.lycos.de/LotharKrist6/netz_hp.htm

lg
buji

 

Hallo Buji,
also ich kann leider nicht ganz so nachvollziehen, warum sich meine Vorredner mit Lob überschlagen. Du versucht mit kraftvollen Wörtern und Sätzen dieses gewalttätige Tier und seinen noch schlimmeren Besitzer zu beschreiben, um nicht zu sagen; zu malen.
Aber manchmal greifst du oft daneben. Formulierungen wie: quoll die Hose nass, oder schrillte schrill wirken nicht stark, sonder störend.
Zudem gehst du dieses Thema aus meiner Sicht etwas falsch an. Du zeigst Blut und Hass. Das war es. Das der Hund eventuell das Opfer ist etc, dass bleibt bei dir völlig unerwähnt. Vielmehr ist deine story keine Kritik, was sie sicherlich sein sollte, sondern eine Momentaufnahme, die leider nicht sonderlich gelungen ist.
Auf der andren Seite hab ich aber kaum etwas gefunden, was den Lesefluss gestört hat. Und das wiederum sagt mir, dass du schreiben kannst.

Grüße...
morti

 

Hi buji,
........also, anfangs dachte ich doch tatsächlich in der Rubrik Horror gelandet zu sein. Die Darstellung eines Kampfhundangriffes aus dieser Perspektive ist doch sehr interessant. Schrillt schrill hat mich ein wenig gestört. Irgendwie macht es das vorhergehende Spiel mit dem Wort fetzen zunichte. Ansonsten sehr gut geschrieben und absolut lesenswert. :thumbsup:
Liebe Grüße, Susie

 

@buji:

Kein einziger Kritiker hier schreibt selbst bessere Geschichten. Ich kenne nur einige ganz wenige AutorInnen hier, die einen eigenen Stil haben, den man von Geschichte zu Geschichte wiederfindet.
Die haben ihre Geschichten absichtlich so geschrieben, weil sie genau Dich, dem das nicht gefällt, damit treffen wollten.

 

Hi!

Euer Problem ist, dass da Jemand ist, der etwas anderes ausprobiert. Ich schreibe keine Geschichten, die schon tausende von Autoren auf die eine oder andere Art ähnlich geschrieben haben. Ich schaue auch gerne hinter die Worte, das soll heißen, ich sehe mir den Live-Akt an. Ich will auch kein gutmenschlich-verlogener Schönschreiberling sein. Und wenn dann die Welt-Schönschreib-Süchtigen damit nicht zurecht kommen - echt, das ist mir so was von wurscht.

 

Hey buji

Ach du Hilfe. Das ist ja was gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz brutales :(
Na ja, hammer auf jeden Fall geschrieben. Obwohl sehr oft das Wort fetzen vorkommt. (Kann man drüber wegsehen.) :( Also, nichts für kleine Kinder.
Da richten sich einem ja die Härchen auf der Haut auf :Pfeif:
Brrrr. Aber jetzt mal Schluss.
Gelungen, flüssig, zwar ein bekanntes Thema aber mal anders aufgefasst.
Aber man denkt am Anfang, das es dich gar nicht stört und das dir dieses Thema egal wäre. Ohne Anhang wäre es daneben gewesen. So ungefähr.
Grüße
Leana

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Leana!

Ja, ich weiß, meine Texte klingen oft so, als würde mich Etwas, das ich beschreibe, nicht stören. Ich sehe mich da ein wenig wie ein Fotograf, der daneben steht und die besten Fotos seines Lebens schießt. Er sieht zu, wie das kleine Mädchen vom Hund zerrissen wird. Aber er will diese Fotos haben, diese Echtheit der Tat. Dies ist natürlich pervers, und du darfst mir glauben, dass ich in der Realität kein unbeteiligter Zuseher bin. Ich hatte deshalb auch schon oft genug Schwierigkeiten.

Aber ich sehe mich als Dichter ja als Spiegel unserer Zeit. Ich werde als Dichter also selbst zu diesem Gutmenschen, der überall zusieht, der auf der Seite seiner geliebten Täter steht und dem die Opfer wurscht sind, er hat für sie nur sein süßes Blabla, siehe u.a. diese Restrisiko-Theorie, mit der er seiner Gesellschaft im Falle der Wiederholungstäter das immerwährende Opfer-Sein aufzwingt, und dies, ohne sie in demokratischer Form über Sinn und Unsinn dieser Theorie abstimmen zu lassen. Man sieht, der 68er-Philosoph war Alles, nur kein Demokrat.

Ich sehe also als Autor wie dieser Gutmensch zu und beschreibe für ihn diesen Täter- oder Opferakt, manchmal bin ich dabei ja Täter, manchmal Opfer. In diesem speziellen Fall wollte ich aber einmal der unbeteiligte, geile Zuseher sein. (Ich bin ja dauernd auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen.) Aber ich kann dieses "Sein-Wollen" nicht in jeder Geschichte neu erklären, und leider gibt es nicht nur reife LeserInnen, die das verstehen oder die es zu verstehen versuchen. Manche denken ja, ich würde mich beim Schreiben wie ein Täter aufgeilen. So ein Unsinn. Wer mich kennt, der weiß, dass ich oft sogar beim Schreiben weine. Aber nur so kann ich so tief in die Scheiße einer bösen Handlung rein gehen. Ich bin ja selbst kein Täter, zumindest keiner von den bösen, und Opfer war ich auch noch nie richtig. Aber ich will sie fühlen und dieses Gefühl dann in Sprache umsetzen. Du musst dir nur mein Kosovo-Buch "Eine Reise ins Grauen"
http://mitglied.lycos.de/LotharKrist/frauenraum2.htm
http://mitglied.lycos.de/LotharKrist3/6baracken.htm
ansehen, das waren die vier fürchterlichsten Monate meines Lebens. Weinen, Weinen, Weinen. Ich beschreibe da in Gedicht- und Prosaform den Weg eines Volkes in die sexuelle Auslöschung. Bei diesem Buch musste ich mir dann auch von irgendwelchen Schönschreiberlingen und –denkern unserer Zeit "Undifferenziertheit" und wer weiß, was noch, vorwerfen lassen. Lauter ahnungslose intellektuelle Gutmenschen-Mordillos, die anführenden Lemminge unserer Zeit, und es scheint so, dass ihnen die Masse, also das Volk wieder einmal ohne jede Gegenwehr in einen neuen Untergang folgt.

Es sind ja immer wieder die Intellektuellen, die einen Untergang herauf beschwören. Es waren die rechten Intellektuellen, die vom Deutschen Weltreich geträumt haben. Sie haben unser Volk vergewaltigt. Und es waren dann diese Nachkriegsintellektuellen, die ihr Volk gehasst und es so gleich noch einmal vergewaltigt haben. Ich kann mich als Intellektueller gegen alle Intellektuellen meiner Zeit stellen und sie mein Leben lang bekämpfen, aber ich darf nicht mein Volk, die Menschen hassen. Ich muss auch verzeihen können. Diese 68er-Generation hatte auf der einen, der linken Seite ihr wunderschönes Love&Peace, doch auf der anderen, der rechten Seite hat sie sich ein Objekt zum Hassen gesucht. So etwas kann nicht gut gehen und deshalb ist heute unsere Welt so wie sie ist, siehe Terror, überboardende Kriminalität, Umweltverschmutzung und Naturkatastrophen – die 68er-Generation war ja auch gleichzeitig die schlimmste Giergeneration aller Zeiten, usw.

Verzeih`, das gehört wohl nicht hierher, aber es war mir gerade danach. Danke für deine für so eine Geschichte eigentlich sehr nette Kritik. Das mit den "Härchen aufrichten" zeigt mir, dass die Geschichte ihren Zweck erfüllt. Mancher Leser, manche Leserin, der, die reif genug ist, wird verführt, hinter die Worte einer harmlosen Zeitungsgeschichte zu blicken und das Leid des Mädchens zu erahnen. Ich denke, wir gehen jetzt endlich in eine Zeit, in der die Schonzeit für die Täter zu Ende geht. Und gleichzeitig wird dann wohl auch der Gutmenschen-Philosoph für seine Mittäterschaft zur Verantwortung gezogen. Diese Zeitenwende von Heute ist ja auch ein Reifungsprozess der Menschheit. Wir kommen wieder ein Stückchen weiter.

Lg
buji

 

Nur damit du es nit falsch verstehst..........

Ich hatte auch nicht gedacht, dass du einer bist der blöde danebensteht. Ganz und gar nicht. Nur damit du es nicht falsch verstehst :)
MfG
Leana

 

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