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Die Verführerin

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21.09.2001
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Die Verführerin

Ich liebe die Zeit der Dunkelheit, die Zeit der Schwarztöne.
Nach Wochen sah ich wieder einmal aus dem Fenster und stellte fest: draußen ist noch da.
Es hatte sich gewandelt, irgendjemand hatte das Grau ausgetauscht gegen Grün. Ich hatte diese Veränderung nicht mitbekommen, kleidete mich immer noch in den Farben des Vortodes.
Dann schien gar die Sonne. Sonne. Heuchlerin. Willst du mich locken? Wohin? Willst du mich verführen, mein verborgenes Licht zum Leuchten bringen um mich dann wieder fallen zu lassen direkt im Sturzflug zur Hölle? Wie kann ich dir vertrauen?
Ich entschied, den Kaffeeautomaten aufzusuchen. Hier im siebten Stock gibt’s sogar zwei davon. Auf dieses ächzende Gerät war jedenfalls Verlass. Es schluckte meine Münzen, machte einen Mordspektakel ehe der spärliche Strahl in den braunen Plastikbecher plätscherte. Oft verbrachte ich Stunden an diesem Platz. Ich sah den anderen Patienten zu, wie sie sich Kaffee holten, wie sie sich mit dem Automaten unterhielten, genau wie ich es tat, hin und wieder.
Wieder ein Sonnenstrahl. Er suchte sich seinen Weg und traf genau auf meinen Plastikbecher. Ich hielt ihn, hielt ihn fest, obwohl die dunkle Brühe zu heiß war. Sonne, Verführerin. Ich lasse mich nicht mit dir ein. Niemals. Im nächsten Moment bekam ich die Bestätigung, schmiss den Becher in die Luft. Er traf auf Else, die hysterisch zu schreien begann.
„Was soll der Scheiß?“ herrschte Zivi Ole mich an.
„Du hast doch keine Ahnung. Sie verfolgt mich, sieh doch, wie sie immer wieder versucht, mich mit ihren Strahlen zu verletzen. Kennst du den Schmerz, den Schmerz der mitten ins Herz geht?“
Ich verschwand in mein Zimmer. Dort ließ ich das Rollo herunter, kauerte mich in eine Ecke und wartete auf die Nacht.

 

Wider Erwarten finde ich den Text interessant. Er ist sehr kurz, eine Momentaufnahme, die kaum erklärt, eher beschreibt. An der Logik des Textes ist daher nicht viel anzumerken - logische Kriterien gibt es hier nicht. Vielleicht ist das ganze mehr als eine Verknüpfung von Gefühlen und tatsächlichen Ereignissen zu sehen.

auf Deutsch: Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll. aber gefallen hats mir trotzdem.

Textarbeit:


Jetzt scheint gar die Sonne.
Zeitfehler - der Rest des Textes ist in Vergangenheit gehalten.


Nach Wochen sah ich wieder einmal aus dem Fenster und stellte fest: draußen ist noch da.
starker Satz


Willst du mich locken? Wohin? Willst du mich verführen, mein verborgenes Licht zum Leuchten bringen um mich dann wieder fallen zu lassen direkt im Sturzflug zur Hölle? Wie kann ich dir vertrauen?
Ein bisschen zu viel Reflexion für meinen Geschmack. Hier wäre etwas Kürzung gut, der Rest des Textes zeichnet sich auch nicht grad duch große Ausführlichkeit aus. Gerade der dritte Satz ist auch inhaltlich etwas zu viel des Guten, etwas zu deutlich in der Interpretationsvorgabe.


Hier im siebten Stock gibt’s sogar zwei davon.
Eigentlich ein unnötiger Satz.


„Du hast doch keine Ahnung. Sie verfolgt mich, sieh doch, wie sie immer wieder versucht, mich mit ihren Strahlen zu verletzen. Kennst du den Schmerz, den Schmerz der mitten ins Herz geht?“
Auch hier etwas zuviel des Guten. Der erste Satz an sich wäre schon ausreichend und würde die Stelle etwas geheimnisvoller lassen - so wirkt es, als wolltest du den Leser unbedingt darauf hinweisen, dass der Prot ein Trauma hinter sich hat. Aber das kann man eigentlich locker zwischen den Zeilen lesen, dazu bedarf es keiner überdeutlichen Vorgabe.

lg Anea

 

Hallo Heidi,

mir geht´s mit deinem Text ähnlich wie Anea. Eine Kurzgeschichte ist es eigentlich nicht, denn dazu erfährt man dann doch zu wenig...
Gefallen hat es mir denoch.
Ich konnte mir die kranke Frau sehr gut vorstellen, mit ihrer Wut und ihrer Verzweiflung.

Nach Wochen sah ich wieder einmal aus dem Fenster und stellte fest: draußen ist noch da.

Sehr schön!!

Im nächsten Moment bekam ich die Bestätigung, schmiss den Becher in die Luft.

Hab ich nicht ganz kapiert. Bestätigung wofür?

LG
Bella

 

Hallo Anea,
hallo Bella.
Ihr habt Recht, es handelt sich hier nicht um eine KG. Es ist ein kurzer Ausschnitt aus einem Leben.
Bella - Der Protag hat sich auf die Sonnenstrahlen eingelassen, sie auf seine Hand scheinen lassen und bekommt prompt die Rechnung.
Grüße Heidi

 

hallo

mir gefällt die geschichte gut, da sie emotional sehr schlüssig ist und in aller kürze sehr intensiv. natürlich ist die reaktion am ende nicht realistisch oder was auch immer, aber es muss ja nicht immer alles eine realistische sprache haben, hatten die dollen klassiker ja auch nicht, obwohl ich froh darum bin, dass jene nicht mehr unter den schreibenden währen, doch das nur am rande ;)

viel spaß noch beim schreiben


shinichi

 

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