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Die Weiße Wand

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25.08.2003
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Die Weiße Wand

Die Wand ist weiß. Mehlweiß. Vollkommen weiß. Kreideweiß. Ein perfektes weiß. Schneeweiß. Reflektierend und strahlend weiß. Papierweiß. Sie schaut göttlich aus wie sie so graziös dasteht und sich präsentiert. Doch niemand kann hinter die Wand blicken. Niemand kann sehen wie es in der Wand aussieht. Was für Ängste und sorgen die Wand täglich durchsteht. Die Wand ist schüchtern, sehr schüchtern, jawohl. Dies ist auch der Grund warum sie sich noch niemanden offenbart hat. Die Wand schämt sich. Schämt sich für einen Makel auf ihrem sonst so makellosen weißen Körper. Diamantenweiß. Ein hässlich langer Kratzer über cirka 30 Zentimeter in etwa einem halben Meter Höhe, verläuft quer über die Beine der Wand. Doch sie kann nichts dafür, nein kann sie wirklich nicht. Schuld waren die anderen, schuld sind immer die anderen, weiß doch jeder. In ihrem Fall war es der behinderte Nachbar der sich nur mal kurz die Biertischgarnitur vom Balkon ausleihen wollte. Doch so einen Biertisch mit nur einem Arm tragen zu wollen ist ziemlich vermessen. Hierfür bräuchte man schon zwei Arme, über die Herr Karsunke jedoch nicht verfügt. Er hat vor drei Jahren seinem Arm beim Spazieren gehen verloren und nie wiedergefunden. Schicksal. Vielleicht sollte er mal zum Fundamt gehen. Seit dem Versuch von Herrn Karsunke, die Biertische mit nur einem Arm vom Balkon durch das Wohnzimmer hinaus in den Flur, die Treppen hoch und dann in seine Wohnung zu heben, prangt der hässliche Kratzer an der ansonsten absolut weißen Wand. Reinweiß. Er kam mit dem ersten Tisch genau zwei Meter weit in das Wohnzimmer, bevor er mit der Unterkante des Tisches an die Wand stieß, welche vor Schmerzen aufschrie. Doch leider konnte Herr Karsunke die Wand nicht hören, da er die Sprache der Wände nicht spricht, geschweige denn hören kann. Seit jenem unglückseligen Tag ist die Stimmung der weißen Wand, Porzellanweiß, gedrückt. Sie wird ständig von ihren Zimmerkollegen gemoppt. Jedoch hat sie keinen Mobbingbeauftragten, nein den hat sie nicht. Du Missgeburt, du Fehler der Natur sowie du Toilettenwand sind noch die harmlosesten Beschimpfungen die sich die Wand von Morgens bis Abends anhören darf. Sie fühlt sich ausgestoßen und ausgeschlossen. Sie ist oft traurig und weint Nächtelang. Doch dadurch wird es auch nicht besser, nein wird es nicht. Ganz im Gegenteil. Wenn sie so weiter weint, bildet sich bald Schimmel und sie wird noch mehr unter ihrem Aussehen leiden müssen. Das einzige was dieser Wand noch helfen könnte ist ein Wellnesswochenende mit allem drum und dran. Den alten Putz komplett abschlagen, neu einkalken, neu verputzen und zu guter letzt weiß streichen. Das wäre schön, jawohl schön. Dann endlich könnte sie wieder mit erhobenen Haupte dastehen und jeder würde über sie sagen: "Ist das aber eine schöne weiße Wand." Titanweiß. "Solch ein hübsches Weiß." Blütenweiß. "Weißer als Weiß" Gottgleichweiß.

El Loco

 

Hallo El Loco,

eine Geschichte, die einer weißen Wand gewidmet ist ... ich weiß nicht recht. Der Text ist nett zu lesen, mehr aber leider auch nicht.

Die weiße Wand hast du dabei treffend beschrieben – ein paar weniger Weiß-Wörter

Mehlweiß. Vollkommen weiß. Kreideweiß. Ein perfektes weiß. Schneeweiß. Reflektierend und strahlend weiß. Papierweiß
hätten es m. E. aber auch getan.

Außerdem:

Er hat vor drei Jahren seinem Arm beim Spazieren gehen verloren und nie wiedergefunden
Wie soll das möglich sein?

Aber die Geschichte ist wohl eh nicht allzu ernst gemeint, oder?
Siehe hier:

Vielleicht sollte er mal zum Fundamt gehen
Vielleicht ist die Geschichte ja aber auch im übertragenen Sinne gemeint und das Leben der weißen Wand soll das eines Menschen darstellen. Oder liege ich damit daneben?

In "Seltsam" ist der Text jedenfalls richtig aufgehoben.

Viele Grüße,

Michael :)

 

vl handelt der autor in dieser geschichte die bessesnheit mit dem äusseren ab. geht es gar um die zeitgeistig bedingte anfälligkeit auf minderwertigkeitskomplexe?

ein denkfehler: eine wand ist eher ein kultur als naturprodukt, deswegen würde sie wohl mir fehler der kultur beschimpft werden. nehm ich an.

 

Hallo El Loco,

eines weiß ich sicher: dein Text ist wirklich seltsam! Eine Geschichte möchte ich es nicht nennen, denn es gibt ja keine Handlung. Aber was ist es dann? Ein Stilexperiment? Ein origineller Einstieg zu einer größeren Erzählung, in der die Wand die Kulisse bildet? Das könnte sogar gut sein. Dann würde ich aber die Sache mit dem Arm von Herrn Karsunke weglassen, weil so etwas leicht alber wirkt.

Vielleicht klärst du uns ja auf.

Beste Grüße
kangorny

 

Es ist interessant, wie wenig Weiß man weiß.
Nervig ist "mehlweiß". Das ist nicht so weiß wie z.B. schneeweiß. Und auch auf Nuancen kommt es an. Wir wollen ja nicht Schwarz-Weiß.

Weißte was? Ist nur was für den Kick für den Augenblick. Den Schönheits- oder Perfektionswahn hätte ich mir jedenfalls noch weißer ausgeschmückt gewünscht.

Ist mehr ein Grundriss vom Weißbau.

 

Danke für eure Kritiken. Für alle die die es interessiert, die Aussage meiner Geschichte ist, dass sie seltsam ist.

Euer El Loco

 

Lieber Marius,
Du kannst Dich darauf verlassen, dass bei zahlreichen Geschichten hinter den Kulissen intensiv darüber diskutiert wird, ob sie den Regeln genügen oder nicht. Diese Entscheidung ist nicht immer eindeutig zu treffen, daher gibt es Texte wie den vorliegen, die stehen bleiben, aber hart an der Grenze sind. Es steht Dir frei, ihn zu ignorieren. Andere Texte werden gelöscht, vermutlich bevor Du sie überhaupt zu sehen bekommst. Insofern wird hier durchaus "aufgeräumt".

 

Danke für deine offene Kritik an meiner Storry. Der Inhalt ist einfach und schnell erklärt. Eine weiße Wand hat auch Gefühle.

Gruß El Loco

P.S. Keine Sorge bezüglich der hier gemachten Veröffentlichungen. Von mir wurden auch schon mehrere Texte wieder entfernt weil sie zu seltsam für die Ruprik "Seltsam waren. Also nicht alles was uns als seltsam erscheint ist seltsam und nicht alles was wir für nicht seltsam erachten ist logisch zu hinterfragen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo

Also ich hab den Dialog jetzt son bisschen mal mitverfolgt, und mich schließlich entschlossen, doch mal den Text zu lesen (Tschuldigung El :Pfeif: )

Und ich muss sagen, ich weiß nicht, was ihr alle habt. Sicherlich ist es nicht das tiefgreifenste jemals niedergeschriebene Werk. Aber ich find ihn besser und vor allen Dingen verständlicher als so manchen anderen Text der jüngsten Zeit.
Eine Wand die sich Gedanken um ihr äußeres Macht, stellt doch eine gute Ausgangsbasis für allerhand Interpretationen dar: Schönheitswahn, zunehmende Oberflächlichkeit der westl. Gesellschaft, Verlust der Individualität etc.
Zudem gefällt mir die ständige Aufzählung der Unterarten von Weiß als stilistisches Mittel ganz gut. Das unterstreicht sehr schön die Überspitzung der Ich-Bezogenheit dieser Wand.
Außerdem wird ja indirekt auch die Geschichte des Kratzers auf dieser Wand erzählt. So ist der Text rein formal zwar keine KG, aber fällt doch in den näheren Verwandschaftskreis.

Alles in allem ist sie nicht die beste hier veröffenlichte Geschichte, doch beit weitem auch nicht die schlechteste - und mit Sicherheit kein Trash Marius :)


Also ich fands ok El ;)


mfg hagen


PS:

Eine weiße Wand hat auch Gefühle
halt ich nun aber wirklich nicht für eine Erklärung :dozey: Manchmal muss auch eine Gullyloch weinen?!?!

 

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