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Die Zeichnung

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30.01.2004
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Die Zeichnung

Ein kleiner Vogel saß ganz oben im Baum und sang vor sich hin. Warum habe ich vorher nie darauf geachtet, wenn Vögel singen? Das ist so schön!
Sie saß auf einer Bank. Zurecht gemacht für ihren Freund. Ich sehe toll aus! Das Kleid mit dem Ausschnitt und diese modernen Sandaletten sind wie für meinen Körper gemacht.
Es schien nicht nur ihr zu gefallen. Ein Junge saß zwei Bänke weiter und sah sie hin und wieder an. Er beobachtete sie regelrecht. Sie schlug die Beine übereinander und entfernte ein wenig Dreck von ihrem Fahrrad, was neben ihr an die Bank gelehnt war.
Der Vogel sang vor sich her.
Sie stand auf, glättete ihr Kleid und ging ein paar Schritte umher. Wann kommt er denn? Schon 10 Minuten warte ich hier. Naja, Pünktlichkeit war noch nie seine Stärke. Weiße Wolken verdeckten kurz die Sonne. Dann wurde es wieder hell. Sie sah auf ihre Uhr. Das Herzrasen verschwand fast, aber die Freude auf ihn blieb. Und sie sah toll aus!
Mit ihrem rechten Fuß trat sie ein kleines Steinchen aus dem Weg. Der Stein hopste ins Gras. Mit einem kleinen Lächeln sah sie hinüber zu der Bank mit dem Jungen. Er konnte den Blick nicht von ihr lassen. Er lächelte zurück.
Sie genoss die interessierten Blicke und wieder trat sie einen Stein ins Gras.
Aber langsam müsste er wirklich da sein. Der Zeiger auf ihrer Uhr verschob sich nur langsam.
Sie machte sich eine Zigarette an. Nein,um Gottes Willen! Jetzt bloß nicht rauchen, sonst stinke ich ihm noch zu sehr. Schnell machte sie den Glimmstengel wieder aus und holte ihren Spiegel aus der Tasche.
Ich sehe toll aus! Wobei... Nein,ich sehe wirklich gut aus!
"Hallo, junge Dame!", kam es von hinten. Endlich! Aber gerade jetzt, wo ich in den Spiegel gucke, wie ne Blöde! Sie fiel ihm um den Hals. Doch er hielt sie von sich fern und begutachtete ihren Körper. "Ist das Kleid nicht etwas zu kurz?" Sie sah an sich hinunter. "Nein,es ist genau richtig! Gefällt es dir nicht?"-"Es ist zu kurz."
Sie sah zu dem interessierten Jungen. Erst jetzt sah sie, dass er ein Blatt in der Hand hielt. Und er guckte.
Ihr Freund folgte ihrem Blick. "Was soll das? Guck den Spinner nicht so an!" Seine Stimme wurde lauter. Sie sah erschrocken in sein Gesicht. Der Vogel sang immer noch vor sich hin, aber das interessierte sie jetzt auch nicht mehr. "Ich mache mich so schön für dich,du lässt mich hier warten und dann hast du nichts Besseres zu tun, als mich auch noch anzuschreien?!"
Er sah wütend aus. Sie hatte mit ihrer Tonlage seinen Stolz verletzt, das war klar. "Ich hatte Besuch, soll ich den einfach rausschmeißen?"-"Du hättest anrufen können",brüllte sie ihm entgegen. Der Junge ließ seinen Blick auf dem streitenden Pärchen ruhen. "Wenn der dich weiter so anglotzt,werde ich dem ein paar Takte sagen müssen!" Sie sah zu dem Interessierten, der ihrem Blick schnell auswich. "Hör auf, er merkt, dass wir über ihn reden."-"Na und? Soll er doch! Dann weiß er wenigstens Bescheid!" Er fuchtelte mit den Armen umher. Ihr kamen die Tränen. Sie war enttäuscht, wütend, aufgebracht und traurig zugleich. "Ja, genau! Er weiß Bescheid! Er weiß Bescheid, aber du...du verstehst und weiß überhaupt nichts!" Sie drehte sich um und lief zu ihrem Rad. Ihr Freund fluchte und wollre sie festhalten. Sie riss sich los und setzte sich auf den Sattel. "Und ich sah so toll aus!" Verzweiflung drang durch ihre Stimme. Er sagte nichts dazu; sah nur, wie ihre Schminke im Gesicht verlief. Als sie fortfuhr, sah sie nochmal zurück. Ihr Freund stapfte wütend davon. Nur kurz danach hörte sie Schreie und dumpfe Schläge. Sie blieb stehen und sah zurück. Das fahrrad fiel auf den Boden. Nein, bitte nicht! Sie lief zurück, blieb ruckartig stehen, als sie das Geschehen sah. "Nein! Hör auf!" Sie weinte. Dann sah sie eine Zeichnung. Sie lag auf dem Boden. Ein paar Meter vor ihr. Sie hob das Papier auf; sah sich das Gezeichnete an. Sie sah toll aus!

Der Vogel sang nicht mehr.

 

Ein vermutlich junges Mädchen wartet im Park auf ihren Freund. Dabei sieht sie die Blicke eines vermutlich Gleichaltrigen auf sich. Als der Freund endlich kommt, gibt es Streit, das Mädchen radelt davon und ihr Freund verprügelt den Beobachter.

Die Geschichte ist m.E. schwach. Die Protagonistin kümmert sich nur um ihre eigene Schönheit. Diese glaubt sie durch Kleidung und Kosmetik noch einmal gesteigert zu haben, sie tut alles, um ihrem Freund zu gefallen.

Diese Gefallsucht wird allerdings in keiner Weise kritisch hinterdacht; der Text scheint mehr sagen zu wollen, daß man der Protagonistin aufgrund ihrer äußerlichen Schönheit geneigt sein muß, sie auf keinen Fall in hartem Ton ansprechen, sie auf gar keinen Fall warten lassen darf. Da sie alles tut, um zu gefallen, sie zudem körperliche Attribute und zeitintensive Zurechtmachung aufweisen kann, muß man sie einfach lieben? Also nein.

Die Metaphorik mit dem singenden Vogel, der den emotionalen Zustand der Protagonistin verdeutlicht halte ich für zu simpel.

Details:

  • "anrufen können",brüllte" - Leerzeichen fehlt
  • "und wollre sie festhalten" - 'wollte'
  • "Das fahrrad" - groß

 

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