Dunkelheit. Angst. Furcht.
Er saß da. Zusammengekauert in einer Ecke des Raumes, der ihm nun schon viel zu klein vorkam. Wie lange saß er wohl schon hier drin? Die Wände, die aus massivem Holz waren, schienen ihn erdrücken zu wollen, sie kamen immer näher, der Raum schien immer enger zu werden, und es roch nach vermodertem Holz. Auch ein stechender Gestank von Urin fuhr ihm durch die Nase, er hatte Angst. Was nun?
Es war düster. Wie lange saß er nun schon hier, allein, verlassen? Würde er seine Kameraden je wieder sehen? Er vermisste sie schon jetzt. Wussten sie, in was für einer Lage er sich befand? Oder war es ihnen egal? Bedeutete er ihnen etwas? Fragen schossen ihm durch den Kopf, doch er fand keine Antworten darauf. Er hatte Hunger. War hier etwas zu essen? Er schaute sich um. Da traf ihn wieder der stechende Uringestank, und ihm verging der Appetit. Was sollte er nur tun?
Bisher fühlte er sich stark. Er hatte das Gefühl, nichts und niemand konnte ihm zusetzen. Aber es hatte sich alles verändert: Plötzlich fühlte er sich schwach, verlassen und ausgeliefert. Er zitterte. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte mal gezittert hat.
Besonders vermisste er Thomas, er war immer mit ihm auf einem Zimmer gewesen. Die zwei waren ein unschlagbares Team, sie gingen durch dick und dünn. Er konnte ihm alles erzählen, und Thomas würde ihm immer zuhören. Mit Thomas zusammen fühlte er sich stark. Aber nun war er nicht da. Verzweifelt schaute er sich um, als ob er nach ihm suchen würde, aber er war nicht da – und das wusste er. Lediglich vermodertes Holz starrte ihn an. Die einzige Öffnung, die der Raum hatte, eine Art Fenster, war am anderen Ende des kleinen Raumes angebracht. Nein, aber da wollte er nicht hin - zu weit war der Weg von der Öffnung zum Boden, er hatte Höhenangst. Wer weiß, was ihm zustoßen würde?
Tränen quollen in seine Augen, langsam. Er versuchte es zu unterdrücken – er zeigte seine Gefühle nicht gerne. Aber es war keiner da, der sie sehen könnte. Niemand. Er war allein und verlassen.
Von draußen hörte er das Gebrüll der Leute. Einer schrie. Was würden sie wohl gerade mit ihm machen? Er mochte es gar nicht wissen. Gelächter. Schallendes Gelächter. Und noch mehr Geschrei, einer brüllte wieder und wieder. Der Lärm drang unaufhörlich auf ihn ein, machte ihm noch mehr Angst.
Stumm und bewegungslos saß er da. Er wollte denken, sich überlegen was er tun konnte. Aber sein Kopf war leer, pure Angst – Panik füllte seinen Kopf. Die Dunkelheit – plötzlich flößte sie ihm Furcht ein. Schwarz. Dunkel. Wie viele waren hier drin schon gesessen? Voller Furcht, voller Angst? Viele. Waren sie lebend wieder herausgekommen? Der stechende Uringestank sprach dafür, das auch sie Ängste ausgestanden haben mussten.
Er weinte nun. Leise, dass ihn ja keiner hört. Die Tränen rannen aus seinen Augen und kitzelten seine Backen, aber er wagte es nicht, sie wegzuwischen. Zu groß war seine Furcht. Seine Arme waren wie eingefroren, er konnte sie nicht bewegen. Aus Angst. Aus Furcht. Die Dunkelheit drang auf ihn ein. Die Wände - kamen sie näher?
Noch war es nicht kalt. Aber er zitterte. Und bald würde es kalt werden, der Winter kam. Es war wohl Oktober oder so. Bald würde die Kälte kommen. Was würde mit ihm geschehen? Da war sie wieder: Die Angst.
Plötzlich sah er, wie sich etwas an der Öffnung bewegte. Er zuckte zusammen. Da war etwas. Was war es? Kamen sie, um ihn zu holen? Furcht.
Langsam verdunkelte sich die Öffnung, es drang nun kaum mehr Licht in den Raum. Etwas rundliches bedeckte fast das ganze Fenster, er braucht Weile, bis seine Augen sich daran gewöhnt hatten und er erkennen konnte, was es war.
Nun wusste er, dass alles vorbei war.
Der Vater streckte seine Arme in den Turm des Spielplatzes, um seinen fünfjährigen Sohn durch die Öffnung, an der eine Leiter bis zum Boden angebracht war, herauszuholen. Er sah, dass er weinte und nahm ihn auf den Arm. „Mensch, Tim, was machst du auch für Sachen!“ sagte er lächelnd, und drückte ihm seinen Teddybär Thomas in die Hand. Tim drückte das Kuscheltier nah an sich und weinte. Sein Vater schloss ihn in die Arme und sagte:
„Komm, es ist Zeit. Wir müssen nach Hause, Mama wartet mit dem Abendessen.“