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Ein Ganzes

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13.05.2001
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Ein Ganzes


Da war dieses Puzzlespiel vor mir. Es sollte ein duftendes Lavendelfeld in der Provence ergeben. Ich sah die Photographie deutlich vor mir. Beides lag da: das fertige, perfekte und nicht komponierte Bild und die hundert Puzzlestücke, die ich zusammenfügen musste, um schließlich ein nur halb so schönes Bild zu erhalten.

Es klappte alles wunderbar; relativ schnell konnte ich die einzelnen, sich minimal unterscheidenden Teile zusammenfügen. Der Glanz einer Pflanze setzte sich langsam zu einer Quelle gleichaussehender Geschwister zusammen. Eine Fliege kontrollierte ab und an meine Arbeit und schien zufrieden zu sein. Nun hatte ich fast das Bild vervollständigt. Das einfachste lag vor mir: ich musste das hundertste Stück in seine Welt einfügen. Mich schon auf einen Traubensaft freuend versuchte ich es hineinzudrücken. Es blieb an meinem Finger kleben und ich drückte es noch einmal ins Ganze. Doch es ließ sich nicht in die für es gebildete Lücke pressen. Nun untersuchte ich die runden Ausbeulungen, die nicht besonders auffielen. Sie waren sogar ganz richtig geformt und mussten in die Lücke passen; aber es wollte mir nicht gelingen. Immer wieder widersetzte es sich mir und rutschte nicht an seinen Platz. Ich legte das Stück neben das fast fertige Puzzlespiel und schaute mir das Bild intensiv an. Alles schien mir richtig zu sein, perfekt zu passen. Die Puzzleteile glichen sich zwar sehr, aber ich hatte keinen Fehler gemacht. Dann betrachtete ich die Lücke langsam, so als ob ich jeden Punkt untersuchen wollte. Ich tastete sie sogar ab und suchte nach Unebenheiten. Manchmal schien mir etwas aufzufallen; einige Male dachte ich wirklich etwas gefunden zu haben. Doch das lag wohl eher an meinen langsam müde werdenden Augen. Ich nahm noch einmal das lose Puzzlestück in die Hand, legte es aber schnell wieder zurück und legte mich auf meinen Rücken, die Decke anstarrend. Weiß war sie und verlor man sich in ihr, so erschien das Weiß unendlich.. Ich betrachtete die Verfärbungen, die kleinen Anhaltspunkte, dass Spinnen sie oft bekrabbelten. Dann verwandelte sie sich in ein riesiges Puzzelspiel, und das besondere war, dass es wirklich nur auf die Formen der Puzzlestücke ankam. Jedes Stück trug nichts neues zum Bild bei, vergrößerte es nur.

Ich richtete mich auf, schüttelte den Kopf und rieb mir die Augen, so dass sich das Bild der Decke verlor. Auf die Hände gestützt sah ich das Puzzle vor mir, sah, dass es wie ein Lavendelfeld aussah, brachte es aber trotzdem ganz durcheinander, löste die Puzzleteile heftig voneinander. Ich schmiss das Problemstück in die nun gleiche Menge und mischte sie noch ein wenig. Und dann versuchte ich es noch einmal: ich vergaß meine Augen, versuchte nicht ein Bild aufzubauen, sondern Formen anzupassen und ineinander gleiten zu lassen. Sicherlich war es schwierig, doch eigentlich nur gewöhnungsbedürftig. Es ging langsamer voran, aber ich kam voran. Das Fühlen und Abtasten hatte seinen eigenen Geschmack, machte auch irgendwie Spaß. Erstaunlich war, dass ich mich ganz in der Arbeit verlor, ganz das Sehen vergaß. Ich sah zwar das Puzzle, die zusammengesetzten Puzzlestücke, nahm es aber nicht als Ganzes wahr, sah kein Bild. Es lagen einfach Formen da, die ineinander passten und zusammen wuchsen. Schließlich bemerkte ich, dass es nun wieder daran war, ein letztes Stück einzufügen, um eine ineinanderfließende begrenzte Fläche, ein Quadrat zu erhalten. Es passte nicht hinein, wollte nicht ergänzen. Ich realisierte, dass es dasselbe Stück war. Keinen Schritt weiter war ich also gekommen. Vor mir dasselbe unvollständige Bild und ein widerspenstiges Puzzleteil, das sich über das Wort Teil mokierte. Wütend nahm ich das Miststück in die Hand und versuchte es förmlich in das Bild zu hämmern. Wie irr sprang es mir ein jedes Mal entgegen. Endgültig von Sinnen stand ich auf, um mir eine Schere zu holen. Mit einem siegessicheren Grinsen näherte ich mich dem Puzzlestück und wollte es gnadenlos klein schneiden. Dann aber fiel mir ein, dass ich besser daran täte, das Miststück so zu formen, dass es hineinpasste. Würde ich das Bild aufhängen, so fiele es doch kaum auf, dass ein Teil eines Teiles des Ganzen fehlte. So sah ich mir das Stück genau an, drehte es und spielte damit. Es ließ alles still über sich ergehen und ich hatte das Gefühl, dass es fast reuevoll um Gnade flehte. Doch auch wenn es nun gefügig angedockt hätte, es musste eine Strafe geben: ich entschied mich für eine Ausbeulung, schnitt sie ab und drückte das Stück ins Bild. Es passte! Perfekt lag das Bild da, musste nur noch eingerahmt werden. Nun war es ein Ganzes, vollständig. Wem fällt die kleine Unvollkommenheit auf? Die Zwangsanpassung eines winzigen Teiles?

Ich hatte ein Lavendelfeld aus der Provence, das ich stolz über meinen Schreibtisch hängen würde.

 

Twosixteen of Ninehundred, secundary attribute of Unimatrix KG.de

Schalte heute um 20.15 mal Sat 1 an, Zaza!

 

So, ich habe mir nun mehr Zeit gelassen, als ich wollte. Leider streikt mein PC momentan; deswegen sitze ich hier in der Uni und schreibe.
Die verschiedenen Interpretationen und Ansaetze sind sehr interessant. Ich habe die Geschichte nicht grundlos unter "Gesellschaft" gepostet. Es laeuft also tatsaechlich nur auf diese Aussage hinaus. Dass man die Geschichte verschieden verstehen kann, ist mir ja klar. Jedoch beruecksichtige ich bei der Auswahl der Rubrik nicht alle Interpretationsmoeglichkeiten, 13en, sondern nur die meinige. Und daher ist die Geschichte auch hier gelandet. Aber das soll Dir ja nicht meine Sicht aufzwingen, sondern nur ein Hinweis sein.
Toll, hier hat man irgendwie nicht so den Ueberblick.

 

Zu 13ens Idee kann ich nicht so viel sagen, da er sie nicht naeher ausgefuehrt hat. Wuerde mich aber interessieren, wie Du das genau meinst (Erkenntnistheorie etc.).
Armelles Deutung klingt ja wirklich beeindruckend. Jedoch weiss ich nicht, ob sie eine naehere Untersuchung bestehen wuerde. Dazu geht meine Wortwahl an manchen Stellen der Geschichte einfach zu eindeutig in eine andere Richtung. Mensch, das ist aber auch nervig hier. Keine Moeglichkeit schnell etwas nachzugucken. Ich werde mich spaeter melden, wenn ich gleichzeitig lesen und schreiben kann.

 

Hallo Zaza,
nicht uninteressant. Das Lavendel-Feld konnte ich mir gut vorstellen, aber nicht aufgrund deiner Beschreibung, sondern weil schon der Begriff allein in mir wilde Assoziationen erweckt. Den eher nüchternen Erzählstil finde ich dem Thema angemessen, aber "ex oriente lux", ist von einem ganz anderen Kaliber, von balladenhafter Schönheit. Aber ich finde es gut, dass Du so unterschiedliche Stile ausprobierst.

Pe

 

ich habe mal ein bißchen auf dem Speicher gestöbert und diesen wunderschönen Thread gefunden.

Oh Scheiße, ich war ja vielleicht ein Arschloch. Hab ich das wirklich geschrieben? Na ja, scheint ja schon mehr als ein Jahr her zu sein( how time is passing ).

Hab mich nie für mein Auftreten entschuldigt, aber dafür soll es ja nie zu spät sein,

Scusi, werte Zaza, die mir schreiberisch um Längen überlegen ist.
Gilt natürlich auch für Nina, bei der ich mich ebensosehr wie ein Trottel aufgeführt habe( wie geht es euch? ).

Würde jetzt gern noch etwas zur Geschichte schreiben, aber in meiner Abwesenheit wurden doch schon so viele neue Geschichten gepostet...und ich heiße immer noch Kritiker ;)

 

Krrrrrrris!

Damit es nicht so aussieht, als interessiere mich Deine Kritik nicht die Bohne, möchte ich Dir mitteilen, dass ich nach Lesen meiner eigenen Geschichte, sie für sehr überarbeitungswürdig befunden habe. Ich werde versuchen Deine Tipps umzusetzen. Die Sprachlichen ja sowieso, aber auch die Inhaltlichen. Es ist erschreckend, wie sich ältere Geschichten nach einer Zeit lesen. Diese hier ist ja schon zwei Jahre alt. Aber das spricht wohl dafür, dass ich mich weiter entwickelt habe.
Jedenfalls danke, dass Du mir die Geschichte wieder in Erinnerung gerufen hast. Hättest Du etwas dagegen, wenn ich erstmal Dir die Geschichte nach der Überarbeitung schicke?

Kritiker,

Schön, dass Du wieder da bist. Damals waren wir beide wohl sehr empfänglich für diese Auseinandersetzung. Inzwischen habe ich sie aber positiv in Erinnerung. Frag nicht warum.

Danke, Petdays! Die Geschichte ist, wie schon gesagt, sehr alt. Die Frage ist eben, ob ich sie heute noch so schreiben würde. Aber erst einmal sehen, was die Überarbeitung ergibt.

 
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Ein Ganzes

Genauso wie der durch Eins teilbare Rest war sie ein Fan des Knüllermarkts. Jeden Montag bummelte sie durch die engen, vollgepackten Gänge, genoss das Vogelgezwitscher aus Lautsprechern, das Geplätscher der künstlichen Gewässer und zerrieb mit ihren aus den Sandalen hervorstehenden Zehen den falschen Sand auf knirschenden Dekor-Brettern. Beobachtete belustigt alte Frauen bei ihren vielleicht letzten Einkäufen und junge Damen bei der Auswahl billiger Schminke. No-Name war in. Britisches Understatement lange out. Und auch sie ließ sich mitreißen und schlug für wenige Euros, manchmal gar Cents zu: Heute war es ein aus taiwanesischer Billigproduktion stammendes, hundertteiliges Puzzle.

Sie stand am Dienstag punkt acht Uhr auf, wusch sich, frühstückte und betrat das Wohnzimmer, in dem alles schon bereit lag. Inspiration verschaffte es ihr, weil es sie an lustige Französischstunden aus der Schulzeit erinnerte: Ein lila Lavendelfeld in der Provence. Das Photo auf der Verpackung des Puzzles lockte sie. Gestern hatte sie noch am Telefon ihren Freunden davon vorgeschwärmt. Nicht nur spottbillig, sondern auch dekorativ und schon lange so etwas wie ein Statussymbol.

Feierlich zündete sie große Wachskerzen an und genoss den Hauch von baldiger, wohliger Wärme. Damals waren Könige auch im Halbdunkel gekrönt worden. Im Halbdunkel einer religiösen Kultstätte. Ihr Altar bestand aus einer schwarzen, riesigen Buddhatonfigur. Sie verstreute wild alle Teile auf das schon zerschlissene Kaschmir-Imitat. Dabei atmete sie tief ein und konnte den Lavendelduft schon spüren. Ein einziges Chaos herrschte auf ihrem Teppich. Wie schön waren die Bilder aus ihrem Französischbuch gewesen! Sie hatte sich so sehr an ihnen satt gesehen, dass sie jede Faser im Kopf hatte. Das Ergebnis wohnte schon lange in ihr, nun würde sie es der Außenwelt zeigen. Es war so nah, so duftend und perfekt. Nur hundert Teile mussten ineinander gefügt werden, und schon war die Vollkommenheit verwirklicht.

Relativ schnell konnte sie die einzelnen, sich nur minimal voneinander unterscheidenden Stücke ineinander gleiten lassen. Sie freute sich wie ein kleines Kind, als sie sich dessen bewusst wurde, dass sie kurz vor ihrem lang herbei ersehnten Ziel stand. Wie oft hatte sie auf dieses Puzzle verzichten müssen, weil es nur für Privilegierte reserviert war! Sie drückte ihr in asiatischen Lettern gehaltenes Medaillon: Fortschritt.

Das Einfachste lag vor ihr: Das letzte Individuum in die Gemeinschaft der Gesichtslosen einzusetzen. Sie lächelte über ihre Besorgnis, die sie früher oft heimgesucht hatte. Wenn sie einmal die Gelegenheit bekam – und sie war einmalig – würde sie dem Druck standhalten und die Perfektion, erschaffen zu wissen? Besaß sie die Fähigkeiten eines Schöpfers? Und nun... und nun! Es war so weit. Es war bewiesen. Auch sie gehörte zur elitären Gemeinde, in der sie seit ihrer Geburt leben durfte. Sie versuchte, das letzte Teil des Ganzen liebevoll in seine Position zu bringen.

Oh, sie hatte es bei all der Sicherheit wohl zu heftig versucht. Es blieb an ihrem Finger kleben und löste sich rebellisch mit einem kleinen Sprung. Sie hob es auf und wiederholte das Hineindrücken. Aber es passte nicht! Es wollte einfach nicht seine Lücke füllen. So betrachtete sie es genauer. Sie untersuchte jede seiner runden Ausbeulungen, verglich sie mit der Form der Lücke. Alles hatte seine Richtigkeit. Sie sah keinen Grund dafür, dass es nicht sitzen wollte. Aber immer von Neuem widersetzte sich ihr das Kleine, das Letzte. Sie war ratlos und legte es neben die fast fertige Szene. Ihre Augen richteten sich auf das unvollständige Bild, und sie schaute sich alles intensiv an. Leise Zweifel an ihr selbst fegte sie schnell weg. Aber wie sehr sie sich auch bemühte, es war kein Fehler zu entdecken. Die Puzzleteile glichen sich zwar sehr, aber sie hatte keines vertauscht. Danach betrachtete sie die Lücke Punkt für Punkt. Tastete sie sogar ab und suchte nach Unebenheiten. Manchmal schien ihr, als hätte sie etwas gefunden, doch es entblößte sich als Irrtum, oder vielleicht als Streich ihrer müden Augen. Sie nahm das widerspenstige Stück in die Hand, legte es aber sofort zurück. Dann legte sie sich auf ihren Rücken, um kurz Atem zu holen.

Die Decke war weiß. Aus einem wunderschönen, reinem Weiß. Sie gab sich der Ruhe hin, die von der Farbe ausging. Und verlor sich fast so tief in ihr, dass die Decke unendlich groß wirkte. Verfärbungen und hauchdünne Spinnennetze fielen ihr auf. Und plötzlich verwandelte sich die gesamte weiße Fläche in ein übergroßes Puzzlespiel. Das Besondere dabei war, dass es nur auf die Formen der einzelnen Teile ankam. Keines trug etwas Neues zum Bild bei. Jedes vervollständigte und vergrößerte es. Jedes verlieh seine Kraft dem mächtigen Ganzen.

Sie richtete sich langsam auf, schüttelte ihren Kopf und rieb sich die Augen, um die Decke aus ihrem Kopf zu vertreiben. Auf die Hände gestützt und neue Kraft sammelnd richtete sie ihre Augen wieder auf das Spiel. Es sah so aus wie ein Lavendelfeld. Und trotzdem riss sie die einzelnen Teile auseinander und brachte den Halbzauber zum Erlöschen. Das Problemkind schmiss sie in die Menge und vermischte sie kräftig. Was blieb, war ein Haufen von getrennten Geschwistern. Und sie würde die Familie wieder zusammenbringen. Also begann sie von Neuem.

Dabei vergaß sie ihre Augen. Gestärkt von der Idee, die ihr die Beschaffenheit der Decke geschenkt hatte, strengte sie sich an, alles was sie sah, nicht zu verarbeiten. Nur ihren Tastsinn beanspruchte sie. Formen aneinander passen und ineinander gleiten lassen. Anfangs tat sie sich noch schwer damit, doch mit der Zeit lernte sie. Es ging zwar langsamer voran, aber es wuchs. Das Fühlen und Abtasten hatte seinen eigenen Geschmack und machte ihr auch Spaß. Erstaunlich war, dass sie völlig in der Arbeit aufging und ihr Sehsinn sich nicht meldete. Sie sah das Puzzle und die Einzelstücke, nahm es jedoch nicht mehr als Bild wahr. Vor ihr lagen schlicht Formen, die zusammengehörten und sich ausbreiteten. Und schließlich bemerkte sie, dass es nur noch ein Teil gab, das noch nicht mit dem Rest zusammengeflossen war. Es war wieder daran, den letzten Schritt zu vollführen, um einem schönen, symmetrischen Körper Leben einzuhauchen. Ein duftendes Lavendelfeld in der Provence. Sie ließ es sich auf der Zunge zergehen.

Es passte nicht hinein. Es wollte nicht ergänzen. Es war dasselbe Einzelfigürchen, erkannte sie da. Sie verstand nichts. Die ganze Arbeit, und sie befand sich an derselben Stelle, an der sie schon vor Stunden gewesen war? Vor ihr hatte sich wieder das fehlerhafte Bild ausgebreitet mit dem Puzzleteil, das sich schon vor Stunden geweigert hatte. Dieses seelenlose, ignorante Miststück! Machte es sich etwa lustig über ihr ganzes Schaffen? Nahm es sie nicht ernst? Zunehmend erhitzte sie sich darin, es zu entlarven. Mehr und mehr gab sie sich ihrer aufsteigenden Wut hin. Ihr Traum, ihr Werk! Ein einzelnes Wesen, das auf seine Einzigartigkeit pochte, würde nicht ihre Idee zerstören. Haltlos griff sie mit der rechten Hand nach dem längst Verurteilten und suchte es mit all ihrer Gewalt einzuhämmern. Wie irr sprang es ihr jedes Mal entgegen. Durch ihren Kopf schossen tausend Methoden, wie sie es hineinzwängen und willig machen könnte. Zunächst betrachtete sie drohend zwei Formschwestern, doch als ob das diesen Egoisten beeindruckte! Dann ging ihr ein Licht auf. Sie sorgte besser dafür, dieses Einzelteil nach ihrem Geschmack so zu verändern, dass es hineinpasste! Das gefiel ihr gut. Sie stand auf, um eine Schere zu holen. Ein allerletztes Mal betrachtete sie es, drehte es und spielte damit. Es gab keinen Mucks von sich. Fast schien es reuevoll um Gnade zu flehen. Doch auch wenn es sich nun gefügt hätte, Strafe musste sein! Sie entschied sich für die größte Ausbeulung, schnitt sie ab und schob das Korrigierte in seine Welt. Es passte! Perfekt lag das Bild da, musste nur noch eingerahmt werden. Endlich war es ein Ganzes. Wem würde die Unvollkommenheit auffallen? Die Zwangsanpassung eines winzigen Teils?

Sie war überglücklich und lud ihre Freunde ein, die bewundernd ihr Werk begutachteten: Sie hatte ein duftendes Lavendelfeld über ihrem Schreibtisch hängen. Ineinander gegossene Blüten, die sich zu einem Feld erweiterten. Natürlich und vollendet. Keiner warf einen genaueren Blick darauf. Ihre Freunde konnten es ihr gleichtun. Mit einem Rosengarten, einem glitzernden See oder einem Ameisenhaufen in einem dunklen Wald.

 
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Paule, hast du das hier auch noch gleich mitgelesen? So als eine Art How To Read Zaza ?

(soll jetzt nicht heißen, dass Zazas Geschichten schwer zu interpretieren wären... :D )

 

Hallo Zaza!

"Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt" - dürfte der Leitspruch Deiner Protagonistin sein. Jedenfalls kam mir dieses Goethe-Zitat in den Sinn, nachdem ich die Geschichte fertig gelesen hatte. ;)

Wobei es mir schwer fällt, mit der Protagonistin mitzufühlen, das heißt, eigentlich bewerte ich ihre Reaktion negativ. - Das liegt aber nur an einem kleinen Detail der Geschichte: Weil es nur ein 100-Teile-Puzzle ist.

Für ein 100-Teile-Puzzle braucht man im Normalfall keine Stunden - deshalb sehe ich persönlich keinen Grund, warum sie es nicht weiter versucht.
Ich habe neulich den Kuss von Klimt in 1000 Teilen gepuzzlet, da waren auch ein paar Teile, die ich erst an der falschen Stelle hatte, weil sie sowohl von der Form wie auch von der Farbe her hineinpaßten. Und trotzdem gehörten sie ganz woanders hin. Mit Geduld und Ausdauer geht das.
- Soweit meine Meinung zum Puzzlen. Was ich Dir damit sagen wollte, ist, daß die Geschichte auf mich besser wirken würde, wenn es mindestens ein 1000-Teile-Puzzle wäre, noch besser 5000 Teile (wofür sie dann allerdings schon ein paar Tage bis Wochen brauchen könnte...). Bei so einer Anzahl von Teilen könnte ich es verstehen und nachvollziehen, daß sie den Teil zurechtbastelt. ;)

Aber ansonsten finde ich Deine Geschichte gelungen! :)

Nur noch ein paar Anmerkungen bzw. Fragen:

Paulchens Beistrich stimme ich nicht zu.

"Das Einfachste lag vor ihr. Es war nun daran, das letzte Individuum in die Gemeinschaft der Gesichtslosen einzusetzen."
- "Es war nun daran" finde ich irgendwie komisch

"ihre Besorgnis, die sie früher oft heimgewohnt hatte"
- "heimgewohnt" ebenso, vielleicht "heimgesucht"?

"Wenn sie einmal die Gelegenheit bekam – und sie war einmalig – würde sie dem Druck standhalten und die Perfektion, neu erschaffen zu wissen?"
- ich versteh nicht ganz, was Du meinst mit "und die Perfektion, neu erschaffen zu wissen"

Alles liebe,
Susi :)

 

Hey danke, Häferl, für den Kommentar! (Und bei Paule bedanke ich mich auch.)

Ich habe die Geschichte noch einmal überarbeitet und in die überarbeitete Version hineinkopiert. Sehr viel ist nicht anders, habe auch versucht Deine Tipps zu berücksichtigen.

Den Wichtigsten habe ich einfach einmal aus "Nostalgiegründen" ausgeblendet. Du scheinst ja sowas wie ein Puzzleexperte zu sein, ich muss zugeben, dass ich schon ewig nicht mehr gepuzzelt habe. Du magst Recht haben, dass 100 Stücke zu wenig sind, um sich damit Stunden zu beschäftigen. Das ist hier aber gar nicht so wichtig, da ich mit der Zeitangabe mehr auf die Methode eingehe, die sie im zweiten Anlauf benutzt. Die Protagonistin setzt die Stücke praktisch "blind" zusammen. Und ich dachte mir, bei dieser etwas umständlichen Methode würde es wohl schon ein großes Stück mehr Zeit in Anspruch nehmen. Das Ganze.

Es käme auf einen Versuch an: Ich habe im Keller noch irgendwo ein Puzzle rumliegen. Wäre sicherlich nicht so schlecht, wenn ich mich selbst mal damit versuche. Wer weiß, was man da für Ideen hätte!

Vielen Dank fürs Lesen!

 
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Liebste Zaza,
nimms mir nicht übel, aber....ein großer Fan bin ich von dieser Geschichte immer noch nicht geworden.

Ich kann mir vorstellen, wie viel Zeit du in die Überarbeitung gesteck hast. Die Geschichte ist an manchen Stellen wirklich von einer solch enormen Sprachkraft, so elaboriert, so gewaltig
dass es aber insgesamt für mich schon wieder zu viel ist.

Mag sein, dass es daran liegt, dass ich deine Urform schon hautnah miterlebt hatte, aber während ich die Zeilen las, wartete ich eigentlich nur auf den mM nach entscheidenen Satz der Geschichte.
Und gerade der ging etwas verloren, genaus wie die Hauptaussage.

Manchmal ist etwas einfacher, einfach mehr.

Die Kritiken von Paule, der gar nicht wusste, worum es geht und Häferl, deren Aussage dich ebenfalls nicht zufrieden stimmen kann, bestätigen eigentlich nur, was ich gedacht habe.

Vergleicht man deine beiden Fassungen ist es jedenfalls interessant, wie sich dein Schreiben entwickelt hat. Und sich weiter entwickeln wird.

 

Die einzige Antwort, mit der ich nicht zufrieden sein kann, ist Deine.

Ansonsten wartest Du eben wieder zwei Jahre, dann mag was Neues hier zu finden sein...

Ja, sie muss geschnitten werden. Das sehe ich ein. Nur kann ich noch nicht so drüber gucken, um es gescheit zu machen.

Tja, mal sehen.

 

Ja, vielleicht hast du Recht.

Einen Kommentar zu anderen Kommentaren zu schreiben, ist eh bescheuert.

Dennoch meine ich, unfair von dir behandelt zu sein.
Und wieso du nicht mit meiner Antwort zufrieden sein kannst? Ich bin eben ehrlich und das bewahre ich mir auch, egal was andere sagen.

Und wenn du meinen letzten Satz negativ aufgefasst hast, so liegt das an deiner Leseweise und nicht in meiner Absicht.

 

Hehe, und wieso verstehst Du meinen Kommentar so negativ?
Ja gut... ähm ... ich habe mich ziemlich blöd ausgedrückt. Ich meinte mehr: Ich kann mit meiner Geschichte nach Deiner negativen Kritik nicht zufrieden sein.

Ist also nur meine blöde Ausdrucksweise. Negativ hatte ich Deinen Kommentar nämlich gar nicht verstanden. Oh verzeih mir noch einmal, Kritiker!

*gehtjetztinfoaufgabendiesiemorgenabgebenmussabschreiben*

 

Hehehehe.

Hoffentlich begegnen wir uns mal persönlich. Dann lese ich deine Beiträge nicht mehr mit meiner inneren Stimme, die zutiefst geprägt ist durch deinen Umgang mit Nico ("Du blöder Halbargentiner, dich wird hier keiner vermissen") und mir ("Ich stell mich schützend vor Safin und hau dir auf deine Rübe").

Obwohl...wer weiss, was du mir im RL ins Gesicht sagen würdest...

*gehtjetztselbständigwieesmusterstudentenhalttunmathemachen*

 

Hallo Zaza,

Deine Urfassung hatte ich vor einiger Zeit schon einmal gelesen, jetzt (erst) auch die überarbeitete Fassung.
Die zweite Fassung liest sich sehr viel sinnlicher und auch "langsamer". Eigentlich gefallen sie mir beide, aber bei der Überarbeitung kommt auf ganz subtile Weise und auch deutlicher heraus, was da abläuft. Dadurch, dass Du ihre Gedanken schilderst, wird ihre Handlungsweise von selbst verständlich, das war bei der ersten Fassung für mich nicht so klar herausgekommen.
Ja, sie hat es geschafft, nun hat sie sich nicht nur so verändert, dass sie integriert ist, sie merkt nicht mal mehr, dass sie genauso geworden ist und nun "anderen" dasselbe zufügt, was sie sich zufügen "musste" (musste ja nicht wirklich, wenn sie es hätte ertragen können, nicht zu passen).
Hat mir sehr gut gefallen.

 

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