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Ein Kind verschwindet
Es war einmal ein kleines Kind abhanden gekommen. Auf dem Weg vom Schulweg nach Hause war sie einfach verschwunden. Hundestaffeln durchkämmten die Wälder und Hubschrauber kreisten über den vielen Seen. Keine Spur von Johanna.
Auch bei den Freunden, die alle durchtelefoniert wurden, war sie nicht.
Tränen in der elterlichen Küche, im Wohnzimmer und im Schlafzimmer.
Zehn Tage Ungewissheit, dann zwölf Tage Ungewissheit und so weiter und so weiter. Es vergingen 7 Jahre. Die Tränen waren verstummt, Johanna so gut wie es ging verdrängt und kein Polizist hatte mehr ihr Foto in seinem Wagen. Es wurde schon lang nicht mehr gesucht. Man rechnete nicht mehr mit dem Schlimmsten. Das hatte man schon vor 5 Jahren.
Nun begab es sich aber, dass nach diesen ganzen Jahren der Klingelknopf dieser leidgeprüften Familie betätigt wurde. Im Inneren des Haus löste dies Misstrauen und Angst aus, denn wer konnte das sein. Seitdem das damals mit Johanna gewesen war, hatte man sich zurückgezogen und die Freunde wollten nur lachen, nicht zuhören und so blieb man allein. Ein Glück, dass sich Brigitte und Hannes nicht getrennt hatten.
Nachdem Hannes durch die Gardine geschaut hatte, öffnete er zaghaft die Tür und fragte „Hallo?“. Ein Mann stand vor der Tür, überreichte einen schwarzen Kuvert und ging ohne auch nur ein Wort zu wechseln. Er schaute ihm nach, wie er in ein schwarzes Auto einstieg und als es losfuhr, sah er aus den Augenwinkeln ein Blatt vom Apfelbaum fallen. Früher hing daran eine Schaukel.
Auf dem Brief stand erst einmal gar nichts. Keine Adresse und kein Absender. Verstört wurde die Tür zugemacht, er ging zitternd ins Wohnzimmer, setzte sich in seinen Sessel und über seine Schulter schaute Brigitte. Was war das für ein Schreiben? Ihnen schwante etwas schlimmes. Vorsichtig, als wäre der Brief aus giftigen Skorpionen, öffnen sie die Nachricht und fallen schon beim Briefkopf aus allen Wolken.
„Tierheim Warnitz“
Und den Eltern fällt ein, dass sie damals doch am Abend vorher noch im Tierheim waren um einen Hund zu holen. Johanna war ganz aus dem Häuschen und auch Brigitte und Hannes waren, aufgrund von alkoholischen Getränken, nicht ganz auf der Höhe. Daran erinnerten sie sich zu diesem Zeitpunkt. Zeile für Zeile reihte sich zu einem Gebilde.
„Für dürfen Ihnen heute eine freudige Mitteilung machen. Den Hund, den sie bei uns abgegeben haben, konnten wir nun, 7 Jahre später, endlich vermitteln. Eine ältere Dame aus dem Erzgebirge hat sich sofort in den Hund verliebt.
Mit freundlichen Grüßen“
Zuerst stand Brigitte der Mund offen, dann Hannes und dann verstanden sie die Welt nicht mehr. Und noch eine große Kleinigkeit fiel ihnen auf. Nachdem sie beim Tierheim gewesen waren, hatte keiner mehr Johanna gesehen. Man ging einfach davon aus, dass sie in ihr Zimmer gegangen sei um über die Hundewahl nachzudenken und dann am nächsten Tag zur Schule gegangen ist. Jetzt im Nachhinein war es auch merkwürdig, dass die Lehrerin ausgesagt hatte, dass Johanna nicht in der Schule war. Sowieso ergab jetzt alles einen Sinn.
Sie war ja schon immer so hundevernarrt und ihr ganzes Zimmer glich und gleicht noch immer einem Hundezwinger.
Erst lächelte Brigitte und dann lächelte Hannes. Ihnen war ein Licht aufgegangen.
Ja, Johanna hatte nicht umsonst immerzu darauf gedrängt, dass sie ins Tierheim fahren sollen. Das war ein Plan. Sie wusste genau, dass sie nicht alle Hunde haben könnte und so schenkte sie sich den Hunden.
„Clevere Kleine“ sagt Papa.
„Gut, dass es ihr gut geht“ sagt Mama.
„Scheiße jetzt wurde ich vermittelt und dabei hab ich so böse geknurrt, wie ich nur konnte. Muss mir überlegen, wie ich schnell wieder ins Tierheim komme“ denkt Johanna.