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Ein Morgen in Barcelona
Es gibt diese Abende. Alles glaubt man zu können und geht schließlich doch ins Bett. Simon macht das Licht aus und versinkt erschöpft in in der dunkeln Wärme seines Kopfkissens.
Der Urlaub ist ganz und gar gelungen, er freut sich schon auf den nächsten Tag. Simon war wohl selten so glücklich wie in den letzen Tagen. Nur die Zeit spielt ihm entgegen, sie wird ihm sein Glück entreißen. Im Halbschlaf in diese Gedanken versunken schläft Simon vollends ein.
Von draußen hört er Kinderstimmen. Spanische Kinderstimmen. Simon öffnet die Augen, öffnet das Fenster. Es ist ein schöner Tag. Viel besser als diese gewöhnlichen schönen Tage, an denen nur ein paar Wölkchen zu sehen sind und man sich relativ sicher ist von Regen verschont zu bleiben.
Simon klettert auf die Fensterbank und atmet die frische Morgenluft in tiefen Zügen ein. Mit den Händen umklammert er den Fensterrahmen. Es ist ein hinreißender Tag. Einer, an dem man sich am liebsten vom Fensterbrett abstoßen würde, um in den unendlichen Höhen des Himmels zu baden.
Unten spielen spanische Kinder. Sie haben schwarze Haare und braune Augen und hüpfen zwischen Kreidestrichen auf der heißen Straße wild umher. Dabei sprechen sie einen spanischen Reim. Simon läuft es kalt den Rücken herunter: Überall auf der Welt sprechen Kinder zu solchen Spielen Reime.
Um die Kinder herum bewegt sich die Stadt. Barcelona am Morgen. Überall drängen sich Ameisenmännchen durch enge Gässchen. Die Kinder lassen sich von dem geschäftigen Treiben nicht stören. Sollen doch die Straßen mit Lastwagen, Mopets und Autos verstopft sein und die Stadt durch ihre Abgase und Geräusche verschmutzen.
Sie spielen ihr Kreidehüpfspiel. Manchmal weichen Passanten den hüpfenden Kindern erst im letzten Moment aus. Die Passanten schimpfen, die Kinder lachen. Das Spiel ist lustig.
Erst, als eine alte Frau mit ihrem Hund an der Leine an den Kindern vorbei geht, lassen sie das Hüpfen sein und beachten die Kreidestriche nicht mehr. Sie laufen auf das Tier zu, streicheln es, lächeln die alte Frau an und sagen auf spanisch etwas zu ihr.
Simon versteht kein Spanisch. Wahrscheinlich fragen sie: "Beißt der?" oder sie sagen der alten Frau, wie süß sie ihren Hund finden.
Simon versteht nichts von Hunden, wie ihm auch die spanische Sprache Fremd ist. Er versteht aber etwas von Glück und er glaubt der glücklichste Mensch der Welt zu sein.
Gibt es so etwas? Ein Moment, der ein Leben überwiegt? Ein Augenblick, der die Ewigket bedeutet? Ein Schmetterling umflattert ihn. Simon will rauf in den Himmel steigen, will runter zu den Kindern, den Hund streicheln, mit den Kindern lachen. Er möchte bunt wie das Pfauenauge sein. Es umflattert fröhlich Simons Kopf und Simon möchte der Schmetterling sein. Wenn nicht dieser Moment die Ewigkeit bedeutet, welcher dann?
Simon fliegt in den Himmel, Simon flattert hinunter zu den Kindern. Es ist wie beim Schwimmen, wenn man erstmal ins Wasser gesprungen ist, fragt man sich, warum man so lange gezögert hat.