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Thema des Monats Ein normaler Fall

Seniors
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08.07.2012
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Ein normaler Fall

Georg Stammer betrachtete das Foto. Es war verrückt, sich das Mädchen in einem Bordell vorzustellen, aber er hatte diese Geschichte überall in Europa so oft erlebt, dass ihm keine andere Wahl blieb, als den Wahnsinn für Normalität zu halten.
»Warum wenden sich die Eltern nicht an die Behörden?«
»Die Umstände sind heikel.« Willesch räusperte sich, nestelte an seiner Brille und atmete geräuschvoll aus. »Nehmen Sie noch einen Drink, Georg«, sagte er schließlich. »Sie sehen aus, als könnten Sie einen gebrauchen.«
Stammer winkte ab, den Blick noch immer auf das Foto gerichtet.
Willesch erhob sich, machte ein paar Schritte durch das Büro und blieb am Fenster stehen.
»Emelies Vater ist ein hohes Tier im Senat. Die Sache soll diskret geregelt werden.«
»Aufenthaltsort?«
»Prag, Nähe Kohlenmarkt. Bekannte Rotlichtgegend.«
Stammer schob das Foto in die Innentasche seines Jacketts.
»Wie gesagt, vermutlich irgendein Teenie-Puff«, fuhr Willesch fort. Vor dem Hintergrund der regenverschleierten Skyline wirkte sein schmales Gesicht wie eine Maske. »Wir haben eine ziemlich gute GPS-Peilung von Emelies Handy. Sie bekommen die genaue Adresse.«
»Dann wurde sie also nicht entführt.«
Willesch zögerte. »Wahrscheinlich nicht.«
Stammer hatte gelernt, Willesch Zeit zu lassen. Seit Jahren beobachtete er ihn bei seinen Seiltänzen. Willesch war ein Mann, der nie vergaß, dass ein einziges Wort der Indiskretion seinen beruflichen Aufstieg im Handumdrehen beenden konnte. Und es schien kaum etwas zu geben, das er mehr fürchtete.
»Emelie hat ihrem Vater damit gedroht.«
»Mit einer Karriere als Nutte?«
»Das war nur so dahingesagt. Sie wissen, wie diese Teenager sind. Rebellieren, provozieren ...«
Willesch kehrte zurück und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.
»Aber jetzt sieht es wirklich danach aus.«
»Ich brauche das Team«, sagte Stammer.
»Nein, Georg. Lassen Sie uns den Ball flach halten. Je weniger Leute davon wissen, desto besser.«
Stammer schüttelte den Kopf. »Dann bin ich raus. Keine Lust, mich mit der Prager Mafia anzulegen.«
Willesch hob beschwichtigend die Hände. »Ist klar, verstehe ich. Fahren Sie runter, sondieren Sie die Lage. Mehr verlange ich nicht. Reden Sie mit ihr, und dann entscheiden Sie.«


Es war bereits früher Abend, als Stammer seinen Wagen auf dem Parkplatz einer Raststätte vor der Grenze ausrollen ließ. Der Horizont im Süden verlor sich in schmutzigem Dunst. In dieser Richtung lag Prag, die Goldene Stadt. Stadt der Bordelle und Lolitahuren.
Stammer warf die Fahrertür zu und strich seinen Mantel glatt. Die Pistole rechts an seiner Hüfte hinterließ eine Beule, die jedem auffallen musste, der genau hinschaute. Aber nur wenige Leute schauten genau hin.
Im Schnellrestaurant der Raststätte trat er an die Verkaufstheke und bestellte einen Espresso. Während er wartete, glitt sein Blick über die Gäste. Einige von ihnen mochten Pendler sein, die nach einem Arbeitstag zurück nach Hause fuhren. Andere waren zweifellos auf dem Weg zum Straßenstrich gleich hinter der Grenze.
Als Stammer in seiner Tasse rührte und durch die Panoramascheiben des Restaurants auf die vorbeigleitenden Autoscheinwerfer starrte, fragte er sich, wie ein sechzehnjähriges Mädchen auf die Idee kommen konnte, nach Prag durchzubrennen, um dort anschaffen zu gehen. Willesch hatte gesagt, dass Emelie auf die Versuche ihrer Eltern, sie über ihr Handy zu erreichen, nicht reagierte.
Einer Eingebung folgend, klappte Stammer sein Telefon auf und wählte Emelies Nummer. Und da war nach dreimaligem Freiton ihre Stimme auf der Mailboxansage: Hier ist der Anschluss von Emelie Mühlheim. Ich bin unterwegs. Hinterlasst mir eine Nachricht.
Ziemlich förmlich, dachte Stammer. Hinterlasst mir eine Nachricht. Die Mailbox war aktiv, was bedeuten konnte, dass Emelie einen Kanal zu ihren Eltern offen halten wollte. Doch weshalb? Und warum Prag? Eine Weile grübelte Stammer vor sich hin, dann gab er es auf.
In diesem Moment schoben sich drei Teenager lärmend durch die Eingangstüren. Einer von ihnen, ein robuster Sachse mit Bürstenschnitt, schlug knallend die Hacken zusammen, riss einen Arm in die Höhe und skandierte Sieg heil, ihr Wichser!
Stammer beobachtete die Drei, während sie sich am Büffet Kartoffelsalat auf die Teller schaufelten und am Automaten Pappbecher mit Cola füllten. Keiner der Gäste hatte reagiert.
Wahrscheinlich nicht entführt. Stammer rieb sich die Stirn. Emelies Telefon war in Betrieb, in Ordnung. Entführer hätten das Gerät sicher zerstört, denn heutzutage wusste eigentlich jeder, dass man Smartphones orten konnte. Und es gab keine Lösegeldforderung.
Stammer registrierte, dass der junge Sachse auf ihn aufmerksam geworden war, sein Tablett abgestellt hatte und nun mit einem fiesen Feixen im Gesicht auf ihn zukam.
»Alter, wer glotzt, kriegt eins auf die Fresse«, kündigte er an. »Das geht zack-zack.«
Stammer lehnte sich zurück und betrachtete den Jungen, der sich jetzt vor ihm aufbaute, mit einem Ausdruck von Resignation.
Der ist vielleicht in Emelies Alter, dachte er.
»Schaut euch diesen Penner an«, rief der Junge seinen Freunden zu. »Macht auf coole Sau.«
Hinter der Theke verschanzt, hatte ein Angestellter des Restaurants Stellung bezogen und rief: »Jungs, wenn da nicht gleich Ruhe ist, ruf ich die Bullen. Lasst die Gäste in Frieden.«
Der Junge zuckte mit den Achseln und gab ein Zischen von sich.
»Glück gehabt, Arschloch«, sagte er im Umdrehen und gesellte sich zu seinen Freunden.
Stammer folgte ihm mit leerem Blick und wandte sich dann wieder seinem Espresso zu. Rebellieren, provozieren. Plötzlich begann er zu ahnen, wo bei diesem Fall der Schwerpunkt lag.
Als er das Restaurant verließ, stieß der Sachse einen gellenden Pfiff aus und seine Freunde applaudierten.


Die Pendelleuchte über dem Torbogen der Nirvana-Bar warf ein rötliches Schimmern auf das regenfeuchte Pflaster. Während am Wenzelsplatz protzige Gentlemen-Clubs wie das Hot-Peppers oder das Goldfingers die erotischen Dienstleistungen hunderter Mädchen ganz ungeniert feilboten, ging es hier in den Nebenstraßen der Prager Altstadt etwas diskreter und bei Weitem exklusiver zu. Die meisten Etablissements hatten sich auf ausländische Kundschaft spezialisiert, und einige von ihnen boten den besonderen Service sehr junger Mädchen an.
Stammer betrat das Nirvana. Ein Mann, dessen Sakko über der Brust Falten warf, tastete ihn ab und nickte. Die Dekoration des Empfangsraums - orientalische Holz- und Steinfiguren, Elefanten, Buddhas und Ganeshas - variierte das Thema des Clubs. Der Duft von Sandelholz lag in der Luft.
Während eine anmutige Garderobiere, die den unvermeidlichen Sari trug, Stammer aus dem Mantel half, fiel sein Blick auf die Mädchen, die im Salon auf Freier warteten.
Der reinste Babystrich, dachte er und wandte sich dem Empfangspult zu. Der junge Mann dahinter klärte ihn mit professionellem Lächeln über die Konditionen auf.
»Die Clubkosten betragen einmalig fünfhundert Euro«, sagte er in nahezu akzentfreiem Englisch. Getränke gebe es ab zwanzig Euro, alle anderen Vergnügungen seien frei.
Stammer zog ein paar Geldscheine aus seiner Brieftasche und legte sie auf den Zahlteller aus Kristall.
Im Salon nahm er an einem Loungetisch Platz, ließ den Blick über die Mädchen schweifen, betrachtete die antiken Säulen und die Tempelfiguren. Auch hier stellte der Club ein Sammelsurium folkloristischer Accessoires zur Schau - hinduistische Masken, Seidenkissen, Wandteppiche. Und all der Plunder, um die Kunden in Stimmung zu bringen, dachte Stammer.
Ihn erfasste ein Gefühl der Niedergeschlagenheit, das er nur zu gut kannte. Er hatte im Laufe seiner Berufsjahre begriffen, dass der Glaube an die Welt ein Luxus war, den sich nur diejenigen leisten konnten, die sie nicht kannten. Wer die Welt kannte, trauerte um sie.
Eine Hostess, deren High Heels durch den Salon klackerten, trat an den Tisch.
»Guten Abend, ich bin Sarah. Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?«
Stammer spürte die Versuchung, Emelies Foto aus der Tasche zu ziehen. Arbeitet diese junge Frau hier? Ja? Ich würde sie gern sprechen. Ich habe ein paar dringende Fragen. Bitte schicken Sie sie zu mir. Doch der direkte Weg war hier sicher nicht die beste Strategie.
»Also, es klingt vielleicht etwas merkwürdig«, begann er und wartete, bis Sarah ihm mit einem Blick signalisierte, er solle nur fortfahren.
»Ich suche ein Mädchen aus der Schweiz. Bin schon durch die halbe Stadt gelaufen, aber bisher Fehlanzeige.«
»Switzerland?«, wiederholte die Hostess verblüfft. Dass Gäste nach russischen Mädchen verlangten, kam sicher häufig vor. Auch Chinesinnen oder Mädchen aus Nordafrika wurden in tschechischen Bordellen oft nachgefragt, denn die Kunden liebten alles, was exotisch war, das wusste Stammer. Aber ein Mädchen aus der Schweiz?
»Nur eine sentimentale Erinnerung«, erläuterte Stammer in vertraulichem Ton.
»Einen Moment bitte, ich frage mal nach.«
Stammer beobachtete, wie sich die Hostess entfernte und den Salon durch einen Seitengang verließ.
Einige Minuten später kehrte sie zurück, ein Lächeln auf den Lippen.
»Ein Mädchen aus der Schweiz haben wir nicht«, sagte sie bedauernd. »Aber wir können Ihnen ein deutsches Model bieten.«
Stammer runzelte die Stirn.
»Sehr jung, etwas unerfahren«, fügte die Hostess zu.
Stammer zuckte die Schultern und lachte. »Naja, Deutschland ist ja nah dran.«


Das Warten im Séparée entwickelte sich zu einer Geduldsprobe. Stammer orderte einen Gin Tonic und trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. Hoffentlich ist es Emelie. In diesem Moment begriff er, dass ihm der Job an die Nieren ging. Und das hieß, es wurde Zeit, aufzuhören.
In all den Jahren hatte er zig vermisste Personen aufgespürt, hatte Dutzende minderjähriger Mädchen zurück nach Hause gebracht, einige von ihnen krank vor Erschöpfung, andere mit Heroin vergiftet oder von ihren angeblichen Freunden und Geliebten halbtot geschlagen. Nicht wenige waren auf dem Strich gelandet. Ich habe meinen Teil geleistet, dachte Stammer. Häng den Job an den Nagel, bevor er dich umbringt.
Kurz nachdem man ihm seinen Drink serviert hatte, betrat Emelie das Séparée. Stammer erkannte sie sofort. Da gab es etwas, das ihm bereits beim Betrachten ihres Fotos aufgefallen war - die Andeutung eines tief verborgenen Schmerzes, ein Schatten, der sich von innen durch die Fassade jugendlicher Frische und Schönheit fraß. Und eben jenes Gesicht, das die Narben eines unsichtbaren Leidens trug, schaute ihn jetzt mit einer Mischung aus Neugier und Herablassung an.
»Wenn du mich willst, kostet es hundert Euro extra.«
Stammer musterte sie. Haar und Makeup waren gekonnt gemacht, und in ihrer Seidencorsage wirkte Emelie wie das Katalogmodell einer blutjungen Edelhure.
»Wie heißt du?«, fragte er, ebenfalls auf Englisch. Die Frage schien Emelie in Erinnerung zu rufen, dass sie alles andere als ein Profi war.
Sie räusperte sich. »Sorry, ich bin Lisa.«
»Und woher kommst du, Lisa?«
Stammer beobachtete, wie Emelie auf ihre Unterlippe biss. Vielleicht versuchte sie zu erraten, ob sie es mit einem Deutschen zu hatte.
»Berlin«, antwortete sie schließlich.
»Ich habe dich noch nie gesehen, Lisa. Du bist noch nicht lange hier, oder?«
»Nein, noch nicht lange. Also willst du quatschen oder ficken?«
»Hast du ein eigenes Zimmer hier?«
»Sicher«, erwiderte sie. »Komm, deinen Drink kannst du mitnehmen.«


Nachdem Emelie die Tür hinter sich geschlossen hatte, stützte sie die Hände in die Seiten und schlug einen geschäftsmäßigen Ton an.
»Wie gesagt, einhundert extra, und für Küssen oder Blasen gibt es noch mal einen Aufschlag.«
Stammer spürte eine lähmende Verunsicherung. Er schaute Emelie an, und in diesem Moment traf ihn die Ambivalenz seiner Gefühle mit voller Wucht – dieses Mädchen mochte noch keine Frau sein, aber ein Kind war es gewiss auch nicht mehr. Niemand konnte leugnen, dass es etwas ungeheuer Verführerisches von Emelie ausging, auch wenn einem sofort bewusst wurde, wie fatal dieser Eindruck war.
»Emelie, ich bin hier, weil mich deine Eltern schicken«, sagte Stammer auf Deutsch und schluckte. »Du wirst jetzt deine Sachen zusammenpacken, und dann bringe ich dich nach Hause.«
Als Stammer später an diesen Augenblick zurückdachte, vermischten sich Emelies Wutschrei, ihr hasserfüllter Blick, ein Poltern vor der Tür und die Klinge, die plötzlich im Dämmerlicht des kleinen Zimmers aufblinkte. Mit einem Krachen stürzte ein Mann herein - offensichtlich einer der Sicherheitsleute des Clubs - und packte Stammer von hinten bei den Schultern. Emelie fuchtelte mit einem Messer und schrie hysterisch. Jetzt brach ein Tumult los, der Stammer ebenfalls nur lückenhaft in Erinnerung bleiben sollte. Da waren zwei weitere Security-Männer im Zimmer sowie mehrere halbnackte Mädchen, die sich auf dem Gang davor versammelten und lautstark forderten, man solle dem Wichser die Eier abschneiden. Stammer versetzte einem der Männer einen Schlag mit dem Ellbogen und sah, wie er seinen Kollegen in die Arme kippte. In diesem Augenblick sprang Emelie herbei und hieb mit der Klinge zu.


Den Gestank von Abfall, Urin und Erbrochenem in der Nase, kam Stammer zu sich. Er saß an eine Mauer oder Häuserwand gelehnt, die Beine lang von sich gestreckt, auf einem schäbigen Hinterhof. Mantel und Brieftasche lagen neben ihm im Schmutz, und ein paar Meter weiter glänzte sein Handy im trüben Licht einer Bogenlampe, die wie ein Galgen hoch über ihm aufragte.
Stammer tastete sich ab. Zunächst schien es, als würde ihm, von ein paar Prellungen abgesehen, nichts fehlen. Doch dann bemerkte er das Blut, das aus seinem Ärmel tropfte, und schließlich fand er den Schnitt am Oberarm, den er wahrscheinlich Emelie verdankte.
Mühsam richtete er sich auf und sammelte seine Sachen ein. Offenbar hatte man ihn zur Hintertür hinaus auf den Hof befördert und zusammengeschlagen. Oder umgekehrt. Das spielte kaum eine Rolle.
Steif vor Schmerz und Erschöpfung machte er sich auf den Weg zu seinem Wagen.
Ihm blieb jetzt nicht mehr viel zu tun. Die Wunde verbinden, Willesch anrufen, den Job canceln und dann irgendwo ein Zimmer nehmen. Emelie war nicht zur Rückkehr zu bewegen und wurde von Gangstern beschützt. Sollte sich ein anderer darum kümmern.
Im Parkhaus bei seinem Wagen angekommen, spürte Stammer, wie erledigt er war. Sein Kopf dröhnte, die Schultern brannten, und er fühlte sich so übel, dass er befürchtete, sich jeden Moment ein weiteres Mal übergeben zu müssen. Er ließ die Heckklappe nach oben schnellen, nahm eine Wasserflasche aus dem Kofferraum, öffnete sie und trank. Dann zog er Mantel, Jackett und Hemd aus und versorgte die Schnittwunde.
Als er ein wenig später hinter dem Steuer saß und den ganzen vertrackten Fall überdachte, bemerkte er, dass er die Fäuste ballte. Mit einem trotzigen Grunzen öffnete er das Handschuhfach und entnahm ihm die Pistole. Er wog die Waffe in der Hand. Sollte sich ein anderer darum kümmern. Aber wer?


»Ja?«
»Stammer hier. Ich habe sie gefunden.«
»Gut. Wie geht es ihr?«
»Sie ist okay. Aber sie will nicht zurück.«
»Ja, das war zu befürchten. Wie sind die näheren Umstände, ich meine ...«
»Sie macht auf Nutte, hat sich mit Gangstertypen eingelassen. Ich kann sie nicht einfach an der Hand da raus führen.«
»Okay, Georg. Was schlagen Sie vor?«
»Schalten Sie die Polizei ein.«
»Ausgeschlossen. Ganz ausgeschlossen. Der Skandal wäre ... Das geht nicht, Georg. Fällt Ihnen nichts anderes ein?«
»Doch. Aber das wird teuer.«
»Das ist unwichtig. Sie haben finanziell freie Hand.«
»Gut. Und ich brauche das Team.«
»Verdammt noch mal. Ist das wirklich nötig, Georg?«
»Ja.«
»In diesem Fall hat Verschwiegenheit oberste Priorität. Sagen Sie das den Männern.«
»Verstehe.«


Trat ein Mann wie Rakast durch die Tür, ging man in Deckung. Und wurde Rakast von zwei Männern wie Redlich und Stammer begleitet, dann war die Sache gelaufen. Rakast, Redlich und Stammer hatten zwanzig Jahre zuvor als Fallschirmjäger in derselben Einheit gedient. Jetzt als Freelancer-Team unterwegs, statteten sie Gangstern Besuche ab, trieben Schulden ein oder brachten Leute nach Hause, die vom Moloch der Drogenszene verschluckt worden waren.
Rakast, der Zwei-Meter-Mann, stürmte durch den Eingang der Nirvana-Bar, brüllte Aus dem Weg, ihr Penner! und lud geräuschvoll seine Schrotflinte durch – eine Warnung, die nie ihre Wirkung verfehlte. Redlich und Stammer eilten durch den Salon und von dort weiter zu den hinteren Räumen des Clubs.
Stammer warf sich gegen Emelies Zimmertür und überraschte sie, wie er es befürchtet hatte, im Bett mit einem Freier. Er zerrte den Mann von dem Mädchen herunter, fauchte: »Sie ist sechzehn, du Schwein!« und schlug mit dem Griff seiner Pistole zu.
Redlich hatte inzwischen den Kleiderschrank geöffnet, und stopfte nun alle Sachen, die er in der Eile greifen konnte, in den Rucksack, den er mit sich führte. Stammer packte Emelie am Handgelenk. Erst jetzt bemerkte er, dass sie ihn mit einem Ausdruck von Fassungslosigkeit und Entsetzen anstarrte. Er rollte seine Sturmhaube hoch, und weil ihm nichts Besseres einfiel, murmelte er: »Wie gesagt, ich bringe dich nach Hause.«


Emelie hatte zwei Stunden lang getobt. Nun saß sie, die Hände mit einem Kabelbinder gefesselt, erschöpft neben Redlich auf dem Rücksitz und starrte aus dem Fenster. Von Osten her kroch das Licht des anbrechenden Tages über die Felder, die sich abgeerntet, trostlos und septembergrau bis zum Horizont erstreckten.
»Wie viel bezahlt euch mein Vater?«, fragte Emelie plötzlich in das monotone Fahrgeräusch hinein.
Keiner der drei Männer antwortete.
»Also, das könnte auch anders laufen.«
Während Stammer im Rückspiegel Redlichs frustrierten Gesichtsausdruck betrachtete, fragte er sich, was in Emelie vorgehen mochte.
»Kommt schon. Keine Lust, eine Achtzehnjährige zu ficken?«
»Du bist sechzehn, Emelie«, sagte Stammer und schaltete einen Gang rauf. »Was ist los mit dir? Was soll die Show, die du hier abziehst?«
»Ach, fick dich, Mann!«
»Es gibt da eine Sache, die ich nicht verstehe, Emelie«, sagte Stammer und schwieg. Er ließ die Bemerkung einsickern und registrierte befriedigt im Rückspiegel, dass Emelie ihm einen kurzen Blick zuwarf.
»Und die wäre?«, sagte sie, als sie begriffen hatte, dass Stammer nicht gewillt war, einen Monolog zu führen.
»Wenn es dir so wichtig ist, von zu Hause wegzukommen, warum hast du dann nicht deine Handy-Nummer gewechselt?«
Emelie zuckte mit den Schultern. Ihr Gesicht wirkte jetzt sehr bleich und so hart wie Stein. Stammer versuchte, sich das hinter Concealer, Lidschatten und verwischter Mascara verborgene Mädchen vorzustellen, das Emelie in Wirklichkeit war.
»Ich habe eine Vermutung«, sagte er und schwieg abermals.
Stammer beobachtete, wie ihm Emelie im Spiegel das Gesicht zuwandte und die Augenbrauen hob.
»Ich denke, du wolltest Nachrichten von ihnen empfangen. Wolltest hören, dass sie ganz krank vor Angst sind.«
»Ach, fick dich, Alter. Du kapierst gar nichts.«
»Naja, du bist nicht die erste Ausreißerin, die ich einfange«, erwiderte Stammer. »Tja, und die Kids, die nichts mehr von ihren Eltern wissen wollen, lassen sie nicht auf ihre Mailbox sprechen.«
Emelie beugte sich ruckartig vor, worauf Redlich sie hastig wieder zurück in die Polster der Rückenlehne drückte.
»Ich bin fertig mit meinen Alten, egal was du denkst, Wichser.«
»Na, ich denke, dass du mich gerade anlügst.«
Darauf folgten erneut einige Minuten Aufruhr und Geschrei. Emelie trat gegen den Fahrersitz und versuchte, Stammer mit ihren gefesselten Fäusten zu boxen.
Etwas später, es war nicht klar, ob Emelie sich in ihr Schicksal gefügt hatte oder gedanklich an neuen Fluchtplänen arbeitete, sagte sie: »Okay, ja, ich wollte hören, dass sie leiden.«
Stammer nickte und schaute zu Rakast rüber, der während der ganzen Fahrt geschwiegen hatte.
»Hab meinem Alten die Reifen zerstochen, als ich zwölf war«, sagte er jetzt und rieb sich das Kinn.
Redlich lachte rau. »Ja, und mit sechzehn hast du ihm die Fresse poliert.«
Stammer schaute wieder in den Rückspiegel.
»Okay, Emelie«, sagte er. »Du wolltest, dass sie leiden.«
»Ich wollte, dass sie kapieren, dass ihre Tochter jetzt offiziell eine Hure ist.«
Emelie weinte ein lautloses Weinen. Sie wischte die Tränen mit den Unterarmen ab und richtete ihren Blick aus dem Fenster, einer Zukunft entgegen, von der Stammer - wenn er ehrlich war - nichts zu sagen wusste.
»Und warum Prag?«, fragte er.
Emelie antwortete nicht sofort. Sie schien tief in Gedanken versunken. Dann tauchte sie wieder auf.
»Was?«
»Es hätte doch auch jede andere Stadt sein können«, sagte Stammer. »Weshalb Prag?«
»Eine Freundin aus Kroatien lebt da.«
»Und arbeitet als Callgirl?«
Emelie nickte. Stammer presste die Lippen zusammen. So war sie auf die Idee gekommen. Prag zog junge Mädchen aus ganz Osteuropa an, lockte mit gutem, schnell verdientem Geld.


»Was soll das?«, rief Mühlheim entrüstet, als er die gefesselten Hände seiner Tochter sah. »Das ist doch wohl unnötig.«
Stammer schob Emelie durch die Tür und zerschnitt den Kabelbinder mit seinem Messer.
»Es gibt noch ein paar Details zu besprechen«, sagte er und erwartete beinahe, dass Emelie sofort davon laufen würde. Doch die Gegenwart ihres Vaters schien jeden Widerstandswillen in ihr auszulöschen. Mühlheim nahm Emelies Gesicht zwischen seine Hände und sah sie mit einem Ausdruck an, der schwer zu deuten war.
»Hören Sie, ich bin überglücklich, dass Sie mir Emelie zurück gebracht haben«, sagte er und wandte sich Stammer zu. »Für Formalitäten ist sicher auch morgen noch Zeit.«
Da war eine Glätte in Mühlheims Gesicht, die man seinem Beruf als Politiker zuschreiben mochte. Stammer beobachtete ihn finster.
»Wo ist Ihre Frau im Augenblick?«, fragte er, um Zeit zu schinden.
Mühlheim musterte ihn mit dünnem Lächeln.
»Sie ist zurzeit auf einer Dienstreise in Griechenland. Wir erwarten sie morgen zurück«, sagte er.
Einem Impuls folgend, richtete sich Stammer an Emelie: »Wenn du willst, bleibe ich noch ein bisschen. Wir könnten auch ...«
Doch Emelie bedachte ihn nur mit einem ausdruckslosen Blick und schüttelte den Kopf.
»Ich denke«, sagte Mühlheim, »meine Tochter braucht jetzt etwas Ruhe.«


»Und? Wie lief es?«, fragte Rakast, als sich Stammer wieder hinter das Steuer schob.
Stammer setzte zu einer Antwort an, doch dann schwieg er und schüttelte den Kopf. Er startete den Motor und steuerte den Wagen durch die von prächtigen Stadtvillen gesäumten Straßen Frohnaus.
Sie sollen kapieren, dass ihre Tochter jetzt offiziell eine Hure ist.
»Ich könnte ein Bier vertragen«, sagte Redlich.
»Mir gefällt die Kleine«, sagte Rakast zusammenhangslos. »Die ist tough.«
»Ja, und ist auch nicht auf den Kopf gefallen«, gab Redlich zurück. »Die fängt sich wieder.«
Jetzt auch offiziell eine Hure.
»Verdammt noch mal!«, stieß Stammer hervor und wendete mit quietschenden Reifen. Der Geruch von Gummi bereitete sich im Wagen aus, als Stammer beschleunigte.
»Was wird das?« Rakast klammerte sich an den Haltegriff über dem Fenster, während Stammer um eine Kurve jagte.
Hinten im Fond knallte Redlich mit dem Kopf gegen die Scheibe und fluchte.
»Das stinkt gewaltig«, sagte Stammer. »Der Kerl ist nicht sauber.«
Vor dem Haus der Mühlheims kamen sie mit einem Ruck zum Stehen. Redlich fluchte abermals. Stammer sprang heraus, rannte um den Wagen und riss die Heckklappe auf. Er packte ein Stemmeisen und stürzte los.
Die Tür gab mit einem Knirschen nach. Stammer betrat das Haus. Er hörte einen Schrei und erstarrte. Ich hätte sie nicht bei ihm lassen dürfen!
Dann rannte er los, die Treppen zum ersten Stock hinauf. »Du verdammte Nutte!«, hörte er Mühlheim toben.
Stammer stieß eine Tür auf. Emelie lag nackt am Boden, ihr Vater beugte sich über sie.
»Ich bringe dich um!«
Er hatte Emelie mit einer Hand an der Kehle gepackt und hieb mit der anderen auf sie ein. Stammer sah, wie das Messer einen funkelnden Bogen beschrieb. Er riss Mühlheim nieder und schlug mit der Faust zu, zweimal, dreimal ...


Über Berlin stand der Himmel wie ein steingrauer Block. Der erste Schnee des Jahres fiel in dicken Flocken. Vor der steil aufragenden Siegessäule bewegten sich zwei dunkle Gestalten über einen Kiesweg des Tiergartens.
»Offenbar ein Versuch, sich an ihrem Vater zu rächen«, sagte Willesch. »Wie viel ihre Mutter wusste, ist noch nicht geklärt.«
»Ich hätte es kapieren müssen«, erwiderte Stammer. »Sie hat es mir gesagt, im Wagen. Ihr Vater hat sie zu seiner Nutte gemacht. So hat sie es empfunden.«
»Machen Sie sich keine Vorwürfe. Das hätte niemand wissen können.«
Willesch räusperte sich und rückte seine Brille zurecht. »Natürlich verstehe ich, wenn Sie nach der Sache eine Pause machen wollen«, sagte er.
»Ich brauche keine Pause«, gab Stammer zurück. »Ich bin fertig. Fertig mit diesem Job. Fertig mit Ihnen.«
»Sie sollten nicht vergessen, wie vielen Menschen Sie geholfen haben, Georg.«
Stammer schüttelte den Kopf.
»Ich kenne Sie, Georg. Ein Mann wie Sie lässt sich nicht von einem einzelnen Rückschlag aufhalten.«
Stammer blieb stehen und sah Willesch einen Moment lang nachdenklich an.
»Sie haben nichts verstanden«, sagte er schließlich.
Zwischen den beiden Männer rieselte der Schnee herab. Vom Großen Stern her waren gedämpfte Verkehrsgeräusche zu hören, und in den kahlen Bäumen über ihnen versammelten sich die Krähen.

 
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Hallo Maria,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich habe mich über Deine Hinweise sehr gefreut.

Zuerst war ich schon baff, wie du dem Mädchen in wenigen Worten Farbe verliehen hast und ich vor mir eine freche Göre mit blonden Haaren sah. Doch dann wurde mir bewusst, dass du dich da an einem Klischee bedienst und du eigentlich das Bild nicht richtig zeugst, sondern nur den Weg in diese Richtung deutest und ich die Dame halt vor Augen hatte. Zumindest kommt mir das so vor und ich weiß nicht, ob das jetzt gut oder schlecht ist, aber immerhin bin ich nicht mehr baff.

Ich weiß nicht genau, auf welches Klischee Du anspielst, entweder die freche Göre oder das Mädchen, das kein Kind mehr aber eben noch keine Frau ist. Ein Stereotyp ist ja bereits von der Definition her besonders einprägsam und bildhaft. Das scheint mir der Grund zu sein, weshalb man als Autor stets in der Versuchung ist, sich aus der Stereotypen-Kiste zu bedienen, die ja übrigens im Zuge des Massenmedienzeitalters immer reichhaltiger wird. Es gibt kaum einen Bereich menschlicher Aktivitäten, aus denen wir keine Stereotypen kennen.

Trotzdem denke ich, dass nicht alle typischen Phänomene per se Stereotypen darstellen. Dass Teenager rebellieren, in der Pubertät merkwürdige Dinge machen, ist eben ein normaler Sachverhalt. Im Fall von Emelie passieren ja nun ein paar Dinge, die ganz und gar nicht normal sind.

Als ich mich durch Autofahrt durchgekämpft habe, wollte ich mich schon darüber beschweren, wieso du einen ziemlich unnötige Szene eingebaut hast. Doch diese unnötige Szene gewinnt später an Kraft, also hast du wieder mal Glück gehabt.

Ja, das war wichtig, um zu zeigen, dass es bei Emelie zu Haus ein Problem gibt.

Ersticht Mühlheim da gerade seine Tochter oder nicht?

Ja, Emelies Vater tötet sie. Ich habe das nicht explizit geschrieben, sondern nur die Erwähnung des Messers angedeutet und dann in der Reaktion von Stammer zu Ende geführt. Er hat ohnehin die Schnauze voll und dieser Job gibt ihm den Rest. Ich werde mal darüber nachdenken, ob die Messergeschichte noch deutlicher werden sollte.

Das Mädchen bekommt dann schon eine richtige Farbe Richtung Ende. Was mich dennoch gestört hat: Sie war nackt im Zimmer, als man sie aus dem Bordell schafft und in meinem geistigen Auge habe ich es einfach nicht geschafft, ihr Kleider anzuziehen, stattdessen blieb sie auch nackt im Auto zwischen den beiden Schwergewichten, weil du einfach nichts davon erwähnt hast. Du hättest ihr mit einem einzigen Satz Kleider verpassen sollen.

Das sehe ich ein. Guter Hinweis. Werde ich nacharbeiten.

Von den beiden Helferleinen Stammers bekommt nur einer etwas Farbe, der andere bleibt gänzlich farblos. Sie sind Randfiguren und bleiben dermaßen unbedeutend, dass Stammer in meinen Augen das Mädchen ganz allein befreit hat. Etwas mehr beschreiben hättest du den zweiten Kerl ruhig können, damit es nicht zu so einem verzerrten Bild vor meinen Augen kam.

Das stimmt wohl. Ich schau mal, ob ich ihm noch ein bisschen mehr Kontur geben kann.


Dennoch hast du alles um Stammer herum wundervoll beschrieben, so dass ich alles vor Augen hatte und die gesamte Geschichte halt funktioniert hat. Vor allem Stammer hast du richtig beschrieben, sein Bild blieb hervorragend.

Freut mich.

Doch beim Ende muss ich jammern. Ich meine, der Mühlheim ist anscheinend ein hohes Tier, der mit seinen Verbindungen ziemlich vieles in die Wege leiten kann. So kam er mir vor. Dass dann Stammer ihn vermöbelt und er locker damit davonkommt, ohne irgendwelche Konsequenzen, fand ich dann schon irgendwie unglaubwürdig.

Ich bin davon ausgegangen, dass er nach dem Mord an seiner Tochter im Gefängnis sitzt. Werde ich noch in der Abschlussszene erwähnen. Guter Punkt.


Ich hasse Geschichten, die von seinen Lesern Interpretationen in hohen Maßen verlangen. Deine verlangt kaum welche und das gefällt mir.

Das sehe ich ein bisschen anders, aber vielleicht meinen wir das Gleiche. Ich wollte eine Geschichte schreiben, in der das, was da passiert rein von Fakten her deutlich wird und - wie Du sagst – keine Interpretation verlangt. Ich hatte Dir ja schon mal geschrieben, dass ich kein Freund von Geschichten mit schwacher Handlung bin, also Texte in denen nur gesprochen, reflektiert, angedeutet wird. Ich mag es, wenn auf der Ereignisebene eine Handlungskette abläuft und nicht nur auf der gedanklichen Ebene.

Das bedeutet aber nicht, dass eine solche handlungsbasierte Story nicht interpretiert werden bräuchte. Nur die Interpretation fragt nicht, was da passiert, sondern, wie das, was da passiert zu deuten ist.

Im Fall dieser Geschichte hat mich die philosophische Frage umgetrieben, ob wir einem Menschen überhaupt helfen können. Stammer will helfen, seine Hilfe führt zu Emelies Tod. Wie ist das zu deuten? Hat er einfach nur sachliche Fehler gemacht? Oder liegt das Problem tiefer?

Ich liebe es, den Gedanken des Autors zu folgen und ich mag es, am Schluss Logikfehler zu suchen, als krampfhaft irgendetwas zu interpretieren und so weiter. So eine bin ich halt und das habe ich auch hier getan.

Ja, und das hat mir eine Menge gebracht, vielen Dank dafür.

Also meine Top 3 in der Challenge stehen jetzt mal fest Ja, sie hat mir gefallen, auch wenn ich das jetzt nicht extra erwähnen muss, aber ich tue es trotzdem, weil solche Extra-Erwähnungen das Ego jedes Autoren schmeicheln

Das freut mich sehr, vielen Dank für das Lob.

Was ist denn eigentlich mit Deiner Geschichte, Maria? Schreibst Du noch was zur Challenge?

Gruß Achillus

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Hallo Isegrims,

schön, dass Du in den Text geschaut hast. Vielen Dank für Deine Mühe und Deine Hinweise.

Trotz der Länge habe ich das Ding runtergelesen. Und ich habe es wirklich gerne und mit Vergnügen gelesen. Das liegt an deinem pointierten Stil, an dem wenig zu meckern ist.

Und dabei habe ich versucht, einen kurzen Text zu schreiben. Natürlich freue ich mich, wenn Du es gern gelesen hast. Das ist ja schon mal was.

Dennoch hat mich die Geschichte nur mäßig begeistert, weil die Szenerie an all die Krimis, Thriller und tralala erinnert, die sich irgendwo lesen und vergessen lassen.

Den Vorwurf muss ich mir gefallen lassen. Das stimmt schon. Es gibt so ein paar Dinge, die man aus dem Genre gut kennt: Auftragsgespräch, Autofahrt zum Missionsziel, Rückschlag beim ersten Versuch, dann ein zweiter erfolgreicher Versuch und die böse Wende am Schluss – das alles kennt man.

Aber ich halte dagegen – und das haben wir beide ja schon mal diskutiert – dass ich dieses Forum als Textwerkstatt betrachte und nicht als Veröffentlichungsplattform. Ich mag mich irren, aber ich gehe an eine Werkstatt anders ran: Ich nehme es beispielsweise hin, dass bestimmte Aspekte meiner Geschichten hier weder innovativ noch handwerklich schon auf Top-Qualität sind und versuche dafür etwas, das rund und in sich geschlossen ist. Wenn man in einer Malereiwerkstatt ein Stillleben mit Apfel und Keramikschale malt, dann kommt auch niemand auf die Idee zu fragen, ob man das nicht schon mal gesehen hat.

Das Bewertungskriterium, das ich hier (bei meinen und anderen Texten) anlege, besteht darin, ob der Autor eine solide in sich geschlossene Geschichte mit guten handwerklichen Mitteln erstellt. Das Innovative mag sich später dazu gesellen.

Das entkräftet Deine Kritik nicht, aber soll zeigen, dass ich mir beim Schreiben andere Aufgaben stelle.

Das Prinzip des Guten, das obsiegt, wenn auch mit einigen Verletzungen. Ich glaube das ist der Grund, warum Krimis so gerne gelesen werden. Am Ende wird eine Gerechtigkeit wiederhergestellt, an der der Verbrecher gerüttelt hat. Nur: ist das so?

In meiner Geschichte siegt nicht das Gute: Emelies Vater tötet sie, worauf hin Stammer, der ohnehin schon frustriert von seinem Job ist, sagt, dass er fertig mit allem ist. Ich weiß nicht, wieso Du der Messerszene, in der Emelies Vater auf sie einsticht, entnimmst, dass alles gut ausgeht. Ist das das Wunschdenken, das Du beschrieben hast?

Das Ganze dann gewürzt mit einem einsamen, desillusionierten Rächer oder Kommissar und einem Verbrechen, bei dem alle politisch korrekten Abscheu empfinden.

Es stimmt schon, dass Stammer die typischen Merkmale eines desillusionierten, prekären Heros hat. Das zieht sich durch das Genre: Wallander ist Trinker, Smiley wurde von seiner Frau und seiner Behörde verletzt und verraten, Philip Marlowe ist beruflich als Anwalt gescheitert, Sherlock Holmes ist morphium-/ opiumsüchtig ...

Ich glaube, das muss auch so sein. Die strahlenden Helden der Antike waren zwar manchmal bereits ambivalente Figuren, aber weitestgehend Gestalten mit einer ungebrochenen Psyche. Die Helden unseres Zeitalters sind hingegen gebrochene Typen, weil es verdächtig wäre, wenn sie aus den Konflikten dieser Zeit ohne bleibende Verletzungen hervorgehen würden.

Und man muss nicht politisch korrekt denken, um vor Kinderprostitution Abscheu zu empfinden.

Gute Unterhaltung gewiss. Mehr aber nicht. Dabei wäre es interessant zu sehen, wenn das Gute einmal nicht gewänne ...

Wie gesagt, da hast Du etwas überlesen. Und ich denke auch, dass das schlimme Ende einen wichtigen Unterschied zu vielen HappyEnd-Geschichten macht. Denn daraus resultieren – zumindest für mich - andere Fragen.

Dennoch stimme ich Dir zu, dass in die Figurenzeichnung (grundsätzlich) noch mehr Schärfe rein kann.

Isegrims, vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren!

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus,

ich kenne nur die überarbeitete Version. Und die hat mir wirklich außerordentlich gefallen. Ich mag einfach deinen Schreibstil. In meinen Augen ist das genau aus der richtigen Distanz erzählt. Ich nehme dir dein Protagonisten ab. Auch, wie er die Welt betrachtet, seine Zerrissenheit, und seinen Entschluss, am Ende dieses Erlebnisses, seinen Job an den Nagel zu hängen. Ja, für mich ist das schlüssig.
Zu dem Metier, in das er zwangsläufig eintaucht und das du dem Leser präsentiert, kann ich wenig fachliches beitragen. Aber für mich als Leser ohne Expertise in dieser Richtung funktioniert das. ich Kauf das so ab.
Für mich ist das auch nicht zu wenig Erklärung, warum Emilie sich verhält, wie sie sich verhält. Ich habe schon vermutet, dass es diesen Ausgang haben wird. Was der Geschichte aber jetzt nicht die Spannung genommen.
Ich denke, wenn du da noch mehr Erklärung reingebracht hättest, wäre die Gefahr groß gewesen, über erklärend zu werden und vielleicht auch in den Kitsch zu driften. So bleibst du angenehm zurückhaltend, und konsequent in der Sichtweise von Stammer.
Das ist es, was die Geschichte für mich auch so gut macht. Ich finde sie unheimlich konsequent. Alles Nötige ist vorhanden, Beiwerk ist nur an Stellen zu finden, um das Ganze abzurunden, nicht um Komplexität zu erzwingen.
Angesichts des Themas (der Titel ist natürlich krass!) keine schöne Geschichte, aber richtig gut geschrieben.

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Weltenläufer, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich habe mich sehr über Deine Gedanken und das Lob zum Text gefreut.

In meinen Augen ist das genau aus der richtigen Distanz erzählt. Ich nehme dir dein Protagonisten ab. Auch, wie er die Welt betrachtet, seine Zerrissenheit, und seinen Entschluss, am Ende dieses Erlebnisses, seinen Job an den Nagel zu hängen. Ja, für mich ist das schlüssig.

Ich glaube, diese Art des Erzählens ist das Ergebnis meiner bisherigen Versuche in dem Genre. Mir ist bewusst, dass ein Text mit einem psychologischen oder sozialkritischen Hintergrund viel näher an dem Protagonisten dran sein könnte, intimer sein könnte, wenn Du so willst. Der Erzähler hier klinkt sich gedanklich passagenweise in den "Helden" ein, aber er stellt ihn niemals bloß.

Das ist ein interessanter Aspekt, der mir beim Lesen in den letzten Jahren aufgefallen ist. Ich denke, man kann jede Figur bloßstellen, egal wie integer sie sein mag. Aber dafür muss es Gründe geben, die über das Bedürfnis des Lesers hinausgehen, in die Intimsphäre einer Figur einzudringen. Denn grundsätzlich finden wir als Leser das immer attraktiv, die innersten Winkel eines Protagonisten zu erforschen.

Mein Eindruck ist, dass man mit solchen intimen Details eine Figur auch im Blick des Lesers schwächen kann. So wie man sich manchmal einem Menschen überlegt fühlt, von dem man weiß, welche Leichen er im Keller hat.

Zu dem Metier, in das er zwangsläufig eintaucht und das du dem Leser präsentiert, kann ich wenig fachliches beitragen. Aber für mich als Leser ohne Expertise in dieser Richtung funktioniert das. ich Kauf das so ab.

Ich kenne das weitestgehend auch nur aus Presse und Medien. Es gibt eine Bar in der Oranienburger Straße (eigentlich eine Touristengegend), in die ich manchmal gehe, weil es da guten Gin gibt und Wodka aus Neuseeland, da stehen Sommer wie Winter die Nutten davor, und manchmal ergibt sich das eine oder andere Wort. Aber was hinter den Kulissen läuft, ist schwer zu sagen. Ich schaue mir dazu Dokus an und lese auch viel darüber. Letztlich sind die Detail nahezu beliebig, weil es fast nichts gibt, das es nicht gibt. Die Situation der Kinderprostitution ist aber hoch aktuell – ca 20.000 Kids gehen in Deutschland auf den Strich.

Ich denke, wenn du da noch mehr Erklärung reingebracht hättest, wäre die Gefahr groß gewesen, über erklärend zu werden und vielleicht auch in den Kitsch zu driften. So bleibst du angenehm zurückhaltend, und konsequent in der Sichtweise von Stammer.

Ja, das war in der ersten Version so. Dazu kamen dann ein paar kritische Anmerkungen und ich habe dann ein wenig ausgemistet. Das Problem, dass es grundsätzlich Leser geben wird, denen es zu viel, zu wenig oder die falsche Erklärung ist, daran kann man wohl nicht viel ändern.

Angesichts des Themas (der Titel ist natürlich krass!) keine schöne Geschichte, aber richtig gut geschrieben.

Das freut mich sehr. Vielen Dank, Weltenläufer!

Gruß Achillus

 

Hey Achillus,

Achillus schrieb:
Die Situation der Kinderprostitution ist aber hoch aktuell – ca 20.000 Kids gehen in Deutschland auf den Strich.

Scheiß Welt!

Ist ja keine Geschichte zum Thema, sondern eine die sich des Themas als Rahmen bedient. Ich kann nicht nachvollziehen, warum ein missbrauchtes Mädchen gerade in der Prostitution ihr "Seelenheil" finden will. Da erscheint mir das Motiv der Rache nicht überzeugend genug. Zumal eine Rache in der Form ihn in der Öffentlichkeit bloßzustellen, für sie sehr viel einfacher und wirkungsvoller wäre. Und clever kam sie mir als Figur schon vor.
Da Menschen aber zum Teil echt schräg drauf sind und nicht unbedingt logisch handeln, ist natürlich genau dieser Punkt extrem spannend. Also, ich habe mich dabei erwischt, liebe ihre Geschichte zu lesen, als die des Ermittlers ;). Vorlieben halt. Ist auf gar kein Fall Kritik oder geht zu Lasten der Geschichte.

Im Ganzen habe ich die Geschichte echt gern gelesen. Ich fand die gut gemacht, vom handwerklichen her. Da kann ich jetzt auch gar nichts Kritisches anmerken. Allerdings verstehe ich auch den Vater am Ende nicht. Also den Mord. Brutal vergewaltigt - das wäre für mich irgendwie logischer. Würde ja auch reichen, wenn dein Prot. in diese Situation hereinplatzen würde, um sein Gewissen ins bodenlose zu jagen.
Fand ich übrigens einen totalen Mehrwert für der Geschichte - seine Zweifel an dem Job, sein Zögern und den ganzen Frust den er da schiebt. Der Wunsch, all das "Leid" nicht mehr ertragen zu müssen, ich kann das total verstehen und nachvollziehen. Also für deine Hauptfigur bekommst Du von mir 100 Punkte :).

Vielen Dank für die Geschichte. Hab ich echt gern gelesen und mich gut unterhalten.

Komm gut ins neue Jahr!
Beste Grüße, Fliege

 

Hallo Achillus,
ich fand deine Geschichte sehr spannend geschrieben und wollte unbedingt wissen, wie alles ausgeht. Ich habe (anders als andere hier) nicht sofort gewusst, dass der Vater dahintersteckt.
Der Schluss hat mir besonders gefallen, da alles nur angedeutet wird und es meiner Fantasie überlassen bleibt, ob das Mädchen nun überlebt oder nicht. Ebenso ob er nun aussteigt als Ermittler oder nur pausiert.
Ich würde mich auf seinen nächsten Fall freuen.

Grüße
Lind

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Fliege,

vielen Dank für Deine Gedanken zum Text. Ich freue mich darüber, dass Du die Geschichte gelesen hast und natürlich über Dein Lob.

Ich kann nicht nachvollziehen, warum ein missbrauchtes Mädchen gerade in der Prostitution ihr "Seelenheil" finden will. Da erscheint mir das Motiv der Rache nicht überzeugend genug. Zumal eine Rache in der Form ihn in der Öffentlichkeit bloßzustellen, für sie sehr viel einfacher und wirkungsvoller wäre. Und clever kam sie mir als Figur schon vor.

Es gab ja auch von anderen Lesern Gedanken dazu. Emelies Rache hat nicht jedem eingeleuchtet. Da kann man nun fragen, ob der Autor entweder so wenig oder so viel von Psychologie versteht, dass es zu dieser Irritation kommt. Ich denke mittlerweile, dass Emlies Gedankengänge genauer beleuchtet werden müssten, damit das jeder Leser nachvollziehen kann.

In meinen Recherchen zum Thema bin ich auf das Motiv gestoßen, den Vater dort zu treffen, wo er seine Herrschaft als gesichert betrachtet. Emelie sucht nicht ihr Seelenheil, sondern sie will den Vater auf dem Schlachtfeld treffen und vernichten, für das er verantwortlich ist. Der Vater benimmt sich wie ein eifersüchtiger, rücksichtsloser Pascha. Ihm diese Machtposition wegzunehmen, ist Emelie viel wichtiger, als ihn öffentlich bloßzustellen oder Anzeige zu erstatten.

Also den Mord. Brutal vergewaltigt - das wäre für mich irgendwie logischer. Würde ja auch reichen, wenn dein Prot. in diese Situation hereinplatzen würde, um sein Gewissen ins bodenlose zu jagen.

Stimmt, das wäre logischer, wenn der Vater zwar gewissenlos aber rational handeln würde. Die Szene soll aber zeigen, wie sehr Emelie ihn getroffen hat. In gewissem Sinne, war ihre Rache erfolgreich, denn er ist völlig außer sich.

Vielen Dank für die Geschichte. Hab ich echt gern gelesen und mich gut unterhalten.

Ich danke Dir, Fliege!

Beste Grüße
Achillus

___________________

Hallo Lind,

danke für Deinen Kommentar. Freut mich sehr, dass Dir die Geschichte gefallen hat. Es ist immer schwierig, die Gedanken des Lesers abzuschätzen. Ich wollte nicht, dass der Vater zu früh in Verdacht gerät. Andererseits ist es unvermeidlich, dass sich der Leser fragt, was ein Mädchen überhaupt dazu bringt, von zu Hause wegzulaufen.

Wenn Du es spannend fandest, hat die Geschichte für Dich funktioniert. So wünsche ich mir das. Spannung ist wesentlich komplexer, als man auf den ersten Blick annimmt. Wenn man an die vielen Spannungs-Geschichten und –Filme denkt, die so durch die Medien geistern, meint man, Spannung müsse leicht zu erzeugen sein. Aber ich finde das nicht.

Ich frage mich beim Schreiben häufig, welche Motivation ich beim Leser erzeugen kann, dem Text bis zum Ende zu folgen. Mein Ansatz ist meist der, einen Konflikt zu zeigen, der so heikel ist, dass er in die eine oder andere Richtung kippen muss. Spannend für den Leser ist dann, ob das tatsächliche Kippen seine eigenen Erwartungen entspricht, hoffe ich.

Vielen Dank, Lind, fürs Lesen und Schreiben.

Beste Grüße
Achillus

 

Hey :)

Emelie sucht nicht ihr Seelenheil, sondern sie will den Vater auf dem Schlachtfeld treffen und vernichten, für das er verantwortlich ist. Der Vater benimmt sich wie ein eifersüchtiger, rücksichtsloser Pascha. Ihm diese Machtposition wegzunehmen, ist Emelie viel wichtiger, als ihn öffentlich bloßzustellen oder Anzeige zu erstatten.

Okay. Das habe ich nicht herausgelesen. Aber ein durchaus interessanter Gedanke. Auch wenn ich deine Erklärung jetzt nicht so ganz verstehe. Meinst Du, dass sein Handeln dadurch getrieben wird, dass er allein über das Mädchen verfügt? Er es nicht ertragen kann, sie zu teilen? So eine Art kranke Vaterliebe? Oder sieht er sich in der Macht über das Mädchen zu "verfügen" und jetzt tun es auch andere? Beides wäre möglich und tatsächlich für mich auch "nachvollziehbar". Also, insofern man so ein Handeln überhaupt nachvollziehen kann.

Stimmt, das wäre logischer, wenn der Vater zwar gewissenlos aber rational handeln würde. Die Szene soll aber zeigen, wie sehr Emelie ihn getroffen hat. In gewissem Sinne, war ihre Rache erfolgreich, denn er ist völlig außer sich.

Auch das habe ich so nicht herausgelesen, ist aber auch ein Zusammenspiel mit dem Vorgeschehen.

Ich hänge jetzt auch nur darauf rum, weil ich es sau spannend finde, was Du Dir da an Motivation für das Handeln zurechtgelegt hast.

Lieben Gruß, Fliege

 

Hallo Fliege, vielen Dank, dass Du noch mal reingeschaut hast.

Meinst Du, dass sein Handeln dadurch getrieben wird, dass er allein über das Mädchen verfügt? Er es nicht ertragen kann, sie zu teilen? So eine Art kranke Vaterliebe? Oder sieht er sich in der Macht über das Mädchen zu "verfügen" und jetzt tun es auch andere? Beides wäre möglich und tatsächlich für mich auch "nachvollziehbar". Also, insofern man so ein Handeln überhaupt nachvollziehen kann.

Ich denke, Emelies Vorgehensweise wird plausibel, wenn man den Charakter des Vaters als besitzergreifend und zerstörerisch versteht. Er verfügt über das Mädchen und zwar allein und ausschließlich. Emelies Rache besteht darin, ihm genau das wegzunehmen. Ihr ist bewusst, dass das kein Weg zu ihrem Lebensglück werden wird, aber darum geht es überhaupt nicht.

Dieses Motiv taucht in der Psychologie meiner Ansicht nach ziemlich häufig auf, auch in anderen Beziehungskonstellationen. Ein Partner, der verletzt wurde, wählt einen selbstzerstörerischen Weg, der einzig dem Zweck dient, den ehemaligen Partner dort zu treffen, wo es diesen am meisten schmerzt, auch wenn das Selbsterniedrigung oder sogar Selbstvernichtung bedeutet. Diese Selbstvernichtung kann den Wert der Rache sogar noch steigern, weil man so auch das zerstört, was der ehemalige Partner möglicherweise als sein Besitz betrachtet hat.

Ich wünsche Dir ein gutes Jahr 2016, Fliege!

Beste Grüße
Achillus

 

Hallo Achillus,

eine saubere, runde Geschichte, in der alles drin ist, was man für dieses Genre benötigt. Du zeichnest die wichtigsten Figuren mit kurzen Strichen, aber noch so ausführlich, dass einem nichts fehlt, führst zügig in das Geschehen rein, hältst dich nicht lange an Innenschauen des Protas auf, bringst eine der Handlung angemessene Spannung in die Geschichte und erledigst am Ende den Job, als Autor ein befriedigendes Ende zu schreiben.
Ich hab an dieser Geschichte nichts zu meckern und dementsprechend auch nichts zu fordern, was ihr noch zusätzlich gut tun würde bis auf die Kleinigkeit, dass ich denke, es reicht an einer Stelle der Geschichte, zu erwähnen, dass dein Prota müde ist, diesen Job weiter zu machen. Beim zweiten Mal vergisst du, dass der Leser nicht vergesslich ist. Da würde es reichen, wenn du einfach nur die "Kamera draufhältst".

Ok und der Titel ist wenig nutzbringend, soll er doch VOR dem Lesen etwas erreichen, deiner tut es erst DANACH, weil er eine zusätzliche Aussage über deinen Prota enthält. Aber ich kann dir nicht mit einer genialen Neuerung dienen.

Du bist schon so weit entwickelt in puncto Geschichtenschreiben, hast du mal daran gedacht, dir einen Verlag zu suchen und zu veröffentlichen?

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Lakita, vielen Dank für Deinen Kommentar. Habe mich sehr darüber gefreut.

... eine saubere, runde Geschichte, in der alles drin ist, was man für dieses Genre benötigt. Du zeichnest die wichtigsten Figuren mit kurzen Strichen, aber noch so ausführlich, dass einem nichts fehlt, führst zügig in das Geschehen rein, hältst dich nicht lange an Innenschauen des Protas auf, bringst eine der Handlung angemessene Spannung in die Geschichte und erledigst am Ende den Job, als Autor ein befriedigendes Ende zu schreiben ...

Vielen Dank für das Lob. Ich hatte diesmal beim Schreiben das Ende klar vor Augen, im Unterschied zu mehreren Geschichten, die ich vorher geschrieben habe. Das hat dem Stoff gut getan, glaube ich. Gerade im Thriller-Bereich ist ja ziemlich umständlich, wenn man als Autor am Schluss der Geschichte nicht weiß, wie man das jetzt geschickt zu Ende bringen soll.

Ich hab an dieser Geschichte nichts zu meckern und dementsprechend auch nichts zu fordern, was ihr noch zusätzlich gut tun würde bis auf die Kleinigkeit, dass ich denke, es reicht an einer Stelle der Geschichte, zu erwähnen, dass dein Prota müde ist, diesen Job weiter zu machen. Beim zweiten Mal vergisst du, dass der Leser nicht vergesslich ist. Da würde es reichen, wenn du einfach nur die "Kamera draufhältst".

Ja, da hast Du sicher recht. Wenn man so über einem Plot brütet, verliert man den objektiven Blick über die Frage, wie viel der Leser jetzt mitbekommen hat.

Ok und der Titel ist wenig nutzbringend, soll er doch VOR dem Lesen etwas erreichen, deiner tut es erst DANACH, weil er eine zusätzliche Aussage über deinen Prota enthält. Aber ich kann dir nicht mit einer genialen Neuerung dienen.

Stimmt, das ist ein Dilemma. Zwar erzielt der Titel Wirkung, allerdings erst nach dem klar ist, dass das Geschehen eben absolut nicht normal ist. Werde ich mir für die Zukunft merken.

Du bist schon so weit entwickelt in puncto Geschichtenschreiben, hast du mal daran gedacht, dir einen Verlag zu suchen und zu veröffentlichen?

Ja, Lakita, das habe ich jetzt von mehreren Seiten so gehört, und sehe das im Grunde auch so, obwohl wahrscheinlich jeder der schreibt, in Bezug auf seine eigenen Texte immer ein bisschen unsicher bleiben wird. Ich werde das in diesem Jahr anstoßen, die Vorbereitungen dazu laufen. Mal sehen, was dabei herauskommt.

Vielen Dank für Deine Hinweise, Lakita!

Beste Grüße
Achillus

 

Hallo Achillus,

kurz nach dem Einstellen hatte ich Deine Geschichte gelesen. Mein erster Eindruck war, dass sowohl Stil als auch Handlung in die bisherige Welt des Achillus passen. Das liest sich flüssig runter, ist gut verständlich und spannend. Nur die Figuren fand ich nicht realistisch. Aber das macht nichts, dachte ich mir. Meine sind das auch nicht. Und für diese Geschichte hat sich der Achillus die so hingebastelt. Mit dieser Perspektive hatte ich also keine Probleme, dass Emelie sich eine Prostitution antut, um jemand anderes, ihren Vater, zu bestrafen, und dass der Stemmler, sich im Puff (für sie) verhauen lässt.

Inzwischen habe ich die Kommentare und Deine Antworten darauf gelesen und muss feststellen, dass du diese Geschichte in der realen, gegenwärtigen Welt angesiedelt hast. So gesehen kommt der Stemmler ziemlich dumm daher. Zuerst fand ich den noch irgendwie lustig und merkwürdig altruistisch. Die erste Szene mit ihm und Emilie haben mich sofort an "Das Mädchen und der Kommissar" erinnert. Wenn ich die Geschichte ändern würde, so versuchte der Stemmler, Emelies Vertrauen zu gewinnen. Er würde sie mehrmals besuchen, um dann richtig und nicht alleine zuschlagen zu können. Du könntest jetzt sagen, da würde Spannung verloren gehen. Aber einer der Pufftypen könnte Stemmler auf die Schliche kommen und ihn trotzdem verhauen, wenn diese Szene für Dich wichtig ist.

Dann verstehe ich das Verhalten der Puffwächter nicht. Wenn sie den Stemmler verhauen, müssen sie damit rechnen, dass der wiederkommt und nicht alleine. Zudem würden sie gleich merken, dass mit dieser Emilie was nicht stimmt und wären vielleicht froh, dass sie geholt wird. Also die Typen sind für mein Gefühl sehr unvorsichtig. Alternativ könnten die Puffwächter den Stemmler nun totschlagen und die Leiche beseitigen. Damit könntest Du einen spannenden Krimi machen.

Und diese Emilie verstehe ich überhaupt nicht mehr. Ich kann mich gar nicht in sie hineindenken. Ich würde sie ändern, kann Dir aber noch nicht sagen wie. Ihr Motiv leuchtet mir nicht ganz ein. Den schlimmbösen Vater müsste sie anders blosstellen. Das ware dann eine andere Geschichte, wäre Deine Antwort, was ich sogar verstehen würde.

Aber insgesamt habe ich die Geschichte gerne gelesen. Trotz dem kotzigen Inhalt. Spannend war's. Ich freue mich auf Deine nächsten Geschichten.

Viele Grüsse
Fugu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Achillus, ganz starkes Teil für mich einer der fünf besten Geschichten im Wettbewerb (ich bleibe mal so ungenau, um es spannend zu halten). ;)

Du schreibst klasse, ich habe mich mehr auf den Inhalt, als auf die Fehlerkorrektur konzentriert, was du als großes Kompliment werten kannst – und für mich einen zweiten Lesedurchgang bedeutete, der mich ebenfalls gut unterhalten hat.

Ich weiß nicht, ob es dich bekümmert, wenn ich gestehe: Überrascht hat mich das Ende nicht. Ich habe seit schon ziemlich früh geahnt, was Sache ist (witziger Weise auch aufgrund der exponierten Stellung des Vaters), der Satz, der dann im Auto von Emelie gesagt worden ist, und der Stammer später dann die Augen geöffnet hat, war für mich dann auf sofort die Bestätigung.
Solltest du dich deshalb grämen ;)... keine Sorge, es hat – zumindest bei mir – keinesfalls die Lesefreude getrübt.

Der Inhalt ist unterhaltsam, du spielst auch bewusst mit dem einen oder anderen Klischee, was ich gut fand, weil es einem an und für sich ernsten Text ein bisschen auflockert. Sprachlich bin ich eh begeistert von dem Teil hier, da sitzt jedes Wort. Das ist schon ein enormes Stück weit weg von jeglicher Hobbyschriftstellerei. Chapeau!

Ach, eine Kleinigkeit noch zum Titel: Keine Ahnung warum, aber ich fände "Ein ganz normaler Fall" klänge besser. Aber das ist nun a) wirklich Geschmackssache und b) Jammern auf ganz hohem Niveau. ;)

Ein bisschen Textkram:

Die Clubkosten betragen einmalig fünfhundert Euro«, sagte er in nahezu akzentfreiem Englisch. Getränke gebe es ab zwanzig Euro, alle andere Vergnügungen seien frei.
»
anderen Vergnügungen

»Auch hier stellte der Club ein Sammelsurium folkloristischer Accessoires zur Schau - hinduistische Masken, Seidenkissen, Wandteppiche.
»
Langer Gedankenstrich statt Bindestrich
Das kommt häufiger vor, zunächst habe ich gedacht, du machst es durchgehend, weil du dann und wann aber auch den langen Gedankenstrich statt des kurzen Bindestrichs verwendest, so wie es die Regel will, führe ich die Stellen, wo du es anders machst, einfach mal auf.

»Da gab es etwas, das ihm bereits beim Betrachten ihres Fotos aufgefallen war - die Andeutung eines tief verborgenen Schmerzes, ein Schatten, der sich von innen durch die Fassade jugendlicher Frische und Schönheit fraß.
»
Langer Gedankenstrich statt Bindestrich

»Er schaute Emelie an, und in diesem Moment traf Mit einem Krachen stürzte ein Mann herein – offensichtlich einer der Sicherheitsleute des Clubs - und packte Stammer von hinten bei den Schultern.
»
Langer Gedankenstrich statt Bindestrich.
Hier fängst du mit dem Gedankenstrich an und endest dann mit dem Bindestrich.

»Er rollte seine Sturmhaube hoch, und weil ihm nicht Besseres einfiel, murmelte er: »Wie gesagt, ich bringe dich nach Hause.«
»
nichts

»Sie wischte die Tränen mit den Unterarmen ab und richtete ihren Blick aus dem Fenster, einer Zukunft entgegen, von der Stammer – wenn er ehrlich war - nichts zu sagen wusste.
»
Langer Gedankenstrich statt Bindestrich

»Prag zog junge Mädchen aus ganz Osteuropa an, lockte mit gutem, schnell verdienten Geld.
»
Nicht ganz sicher, aber es muss hier verdientem meiner Meinung nach heißen...

»»Sie ist zur Zeit auf einer Dienstreise in Griechenland.
»
nach neuer Rechtschreibung: zurzeit

Wie gesagt, nichts zu meckern, geile Geschichte. :thumbsup: Danke dafür.
LG svg

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Fugu, vielen Dank für Deine Gedanken zu meiner Geschichte.

In unserer Einschätzung zu Stammers Intelligenz (Du findest ihn dumm) und Emelies Motivation (Du findest sie irrational) gehen wir total auseinander. Ein paar Gedanken dazu:

Stammer verdient sein Geld mit Jobs, die sich sehr von dem unterscheiden, was die meisten Menschen als normale Tätigkeit ansehen würden: Er spürt Personen auf, die irgendwie im Dschungel der modernen Gesellschaft, in der Wildnis der großen Städte verloren gegangen sind. Dabei kommt er mit sehr unterschiedlichen Menschen in Kontakt und erlebt heikle Situationen, die oft auch gefährlich werden können.

Wer schon einmal in diesem Metier zu hatte, wird sich fragen, wieso Du auf die Idee kommst, Stammer sei dumm, nur weil seine Aktion schief lief. In der Realität ist es so, dass in diesem "Arbeitsumfeld" sehr viele Jobs danebengehen, denn jeder Schritt den Du da machst oder machen willst, kann tausend Probleme aufwerfen.

Stammer hat auf seine Intution gehört, hat daran geglaubt, dass Emelie zwar rebelliert, dass sie im Grunde noch immer Kontakt zu ihren Eltern wünscht und dass sie mit ihm gehen würde. Dass es nicht geklappt hat, ist kein Beweis dafür, dass er dumm wäre, sondern nur dafür, dass er sich verkalkuliert hat, was – wie gesagt – in diesem Metier jeden Tag vorkommt.

Wäre Emelie mit ihm gegangen, hätte er sie durch die Hintertür rausgeschafft. Selbst wenn sie sich geweigert hätte, wäre ihm immer noch die Chance geblieben, zu verduften und etwas anderes zu probieren. Das, was ihm den Nacken gebrochen hat, war Emelies krasse Reaktion auf seine Ansage, dass er sie nach Hause bringen wird.

Der Text beschreibt Stammer auch als Mann am Ende seiner Kräfte. Dass er sich nicht die Zeit nimmt, irgendwelche subtilen James Bond -Manöver zu initiieren, um Emelie daraus zu holen, hängt auch einfach damit zusammen, dass er diesen Job zu Ende bringen will, um danach ganz auszusteigen.

Ich finde, für all das kann man durchaus Verständnis haben, aber vielleicht nur, wenn man diese Szene des "Sicherheitsgewerbes" ein bisschen kennt. Wenn Du wüsstest, was da so jeden Tag an Wahnsinnsaktionen abläuft, würdest Du Stammer vielleicht mit anderen Augen sehen.

Zweitens: Emelies Motivation scheint Dir nicht nachvollziehbar. Um zu entscheiden, ob ein Verhalten rational ist, muss man sich immer fragen, welchen Nutzen sich der Betreffende von seinem Verhalten verspricht. Du und einige andere Kommentatoren sagen, dass man den Vater "bloßstellen" oder "entlarven" könnte, und das ist sicher richtig. Aber es ist eben aus der Perspektive des Unbeteiligten gedacht. Emelie geht es um etwas, das mit ihrem Trauma zu tun hat, von ihrem Vater in Besitz genommen worden zu sein. Sie hat verstanden, dass ihr Vater sie wie sein kostbares Eigentum behandelt, dass er sie für sich allein und in totaler Abhängigkeit will. Daraus zieht sie den Schluss, dass es genau dieser Punkt ist, den sie angreifen muss, seine Eifersucht, sein Besitzerdenken.

Und im Grunde geht ihr Kalkül auf, der Vater ist wahnsinnig vor Eifersucht, Wut, Zorn, so wahnsinnig, dass er sie tötet. Damit hatte sie natürlich nicht gerechnet, das ist eben der Verlauf des Dramas, der unkontrollierbare Teil der ablaufenden Ereignisse.

Ich wollte eine Geschichte schreiben, die nicht abläuft wie im Mainstream-Kino, in dem die Protagnisten scheinbar alles unter Kontrolle haben. Kontrolle ist ein Hollywood-Mythos. In der wirklichen Welt gibt es eine Menge Ambitionen, eine Menge Pläne, aber dann geht es schief. Oceans Eleven und James Bond sind zwei amüsante Beispiele für diesen Irrtum der Massenkultur, es bräuchte nur genügend Köpfchen und Erfahrung, und schon gingen die heikelsten Pläne auf. Ich denke, dass die Realität genau umgekehrt aussieht ...

Ich freue mich darüber, dass Du die Geschichte trotz Deiner Bedenken gern gelesen hast. Vielen Dank fürs Kommentieren.

Gruß Achillus

______________________________________________

Hallo SVG,

ich habe mich sehr über Deinen Kommentar gefreut, vielen Dank dafür. Dass Du das Ende schon recht schnell absehen konntest, finde ich nicht schlimm. Ehrlich gesagt, geht mir das bei sehr vielen Büchern und Filmen so, denn wenn man sich ein bisschen mit dem Handwerk auskennt, versteht man ja auch, wie die Bausteine zusammengesetzt werden müssen, um am Ende ein rundes Ding zu erhalten.

Oft hängt der Ausgang einer Geschichte also mit der Logik des Geschichtenerzählens zusammen, und wenn diese Logik durchbrochen wird, geschieht es nicht selten zulasten der Qualität. (So ging es mir beispielsweise mit No Country for Old Men – ein spannendes Durchbrechen der Erzähllogik einerseits, andererseits aber deshalb auch irgendwie unbefriedigend.)

Vielen Dank für Dein Lob zur sprachlichen Qualität des Textes. Höre ich natürlich gern.

Ja, diese Bindestrichproblematik schein mit dem Blockformat zusammenzuhängen. Ich habe das und die anderen von Dir benannten Fehler korrigiert. Vielen Dank dafür.

Was den Titel betrifft, da verstehe ich Deine Idee sehr gut. Ein ganz normaler Fall klingt eingängiger. Es erinnert mich aber auch an Ein ganz normaler Tag, und das ist als Schlagwort schon sehr verbreitet. Ich werde mir das noch mal durch den Kopf gehen lassen.

War schön, von Dir zu hören, svg.

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus,

zum Kommentieren deiner Geschichte bin ich während des TdS-Wettbewerbs nicht mehr gekommen, jetzt will ich das nachholen.

Ich fand die Geschichte beeindruckend, vor allem weil das ein Thema ist, was "in den falschen Händen" - damit meine ich Autoren, die nicht genug Fingerspitzengefühl haben - ziemlich ins Auge gehen kann. Der Plot und die Charaktere könnten sehr leicht zu Klischee-Abziehbildern verkommen - aber das ist nicht der Fall, weil du einfach sehr souverän schreiben kannst. Ich fand Stammer und Emelie gut gezeichnet und hatte mit beiden Mitgefühl. Und das sind ja die beiden zentralen Figuren, von daher hat für mich der größte Teil der Geschichte auch sehr gut funktioniert.

Die Figur des Vaters hat mich aber nicht ganz überzeugt, deshalb fand ich das Ende etwas schwächer. Es ist schwer zu sagen, woran genau das liegt. Irgendwie hat es mich nicht überzeugt, dass Stammer dem praktisch am Gesicht ansieht, dass er seine Tochter missbraucht. Gut, Emelie macht diese Andeutung, und ich denke schon, dass jemand in diesem Beruf so eine Art sechsten Sinn dafür entwickelt, wenn etwas nicht stimmt. Aber es ist ja ein Unterschied, ob er da mit einem unguten Gefühl weg fahren würde, oder ob er sich aus diesen extrem vagen Hinweisen exakt zusammenreimt, was los ist. Das empfand ich als einen sehr offensichtlichen dramaturgischen Kniff.

Ich glaube, es hätte mir besser gefallen, wenn er nach seinem Auftrag einfach weg fahren würde, und erst eine Weile später irgendwie herauskommen würde, was der Vater Emelie angetan hat - ein zufällig entdeckter Skandalartikel in der Zeitung, oder etwas in der Art.

Trotzdem, ich fand die Geschichte sehr spannend, und sie hat so eine melancholische Grundstimmung, die mich angesprochen hat. Ich habe eine Schwäche für diese traurigen, kaputten Ermittler. :)

Grüße von Perdita

 

Hallo Perdita,

vielen Dank für Deine Gedanken zu meiner Geschichte. Mich freut, dass Du Stammer und Emelie überzeugend fandest, und dass es Dir mit dem Vater nicht genau so ging, kann ich gut nachvollziehen – immer wenn Intuition bei einem Protagonisten ins Spiel kommt - und Stammer verdächtigt ja den Vater auch aufgrund eines Bauchgefühls – muss ein Autor einiges tun, um das plausibel rüberzubringen. Und da hapert's vielleicht ein bisschen bei diesem Text.

Ich hatte gehofft, dass die Vorgeschichte, Emelies Statements im Auto und das Benehmen des Vaters die Puzzleteile zu einem Ganzen zusammensetzen, aber ich mag mich täuschen. Das zeigt einmal wieder, dass man als Autor eine Geschichte von den verschiedensten Ecken anschauen muss und immer wieder die Frage stellen sollte, ob das, was man selbst völlig logisch findet, auch andere so sehen werden.

Ich habe wie Du viel Sympathie für die Menschen, die aufgrund ihres Jobs an diesem Phänomen des Compassion Fatigue erleiden – sie bemerken, dass irgendetwas mit ihnen nicht stimmt, weil sie zu viel Elend gesehen haben und nun die üblen Seiten der Gesellschaft für Normalität halten.

Stammer ist dennoch ein Mann mit Mitgefühl, aber er bemerkt, wie sehr sein Job ihn aushöhlt. Das fand ich als Grundthema gut und habe versucht, das auch anhand seiner Reaktionen auf die Provokation in der Tankstelle zu zeigen.

Vielen Dank, Perdita, für Deinen Kommentar.

Gruß Achillus

 

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