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Eine Geschichte, die nie erzählt wird, obwohl sie es müsste.

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29.08.2019
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Anmerkungen zum Text

Informationen; wie lässt sich diese Geschichte lesen? Ist sie auch für nicht militärisch bewanderte Verständlichkeit?

Eine Geschichte, die nie erzählt wird, obwohl sie es müsste.

Geschichten, die nie erzählt werden. Der Kamerad

Eine flüchtige Begegnung, eher unscheinbar. Nichts besonders. Man lernt so viele Soldaten in Vorbereitung auf einen Einsatz kennen. Wir waren für die Woche einer Gruppe zugeteilt. Ich schaute ihn und die anderen an, versuchte, sie einzuschätzen nach ersten Kriterien, teilte sie für mich persönlich ein in sympathisch - unsympathisch. Was sie drauf hatten, wusste ich ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht, denn das sollte die fordernde Stationsausbildung an den Tag bringen. Auf wen kann man sich in Krisensituationen, die im Einsatz unweigerlich folgen würden, verlassen, auf wen eher nicht?

Kannte ihn nicht, obwohl er im selben Standort Dienst verrichtete. Hab ihn nie wirklich bemerkt, doch zog er durch seine positive, optimistische Ausstrahlung meine ganze Aufmerksamkeit auf sich. Ich weiß nicht, was er sonst gewesen sein könnte. Unscheinbar, jedoch präsent. Ist ja auch nicht wichtig. Er war zu diesem Zeitpunkt schließlich nur irgendjemand.
Wir lernten uns im Laufe der Woche besser kennen ... Ergänzten und sicherten uns. Wir redeten viel, meist belangloses Zeug. Die Ausbildung, den bevorstehenden Einsatz, die Abschiedsparty im Unteroffizierskorps, waren Themen, eher wenig über die Arbeit in der Einheit. Darüber wie es uns geht, doch wer sagt schon ehrlich, wie es um einem bestellt ist? Vor allen Dingen zu irgendjemanden. Wir kannten uns schließlich kaum.
Die fordernde Ausbildung machte es möglich, wir lernten uns weiter kennen, trafen uns abends in der Kantine. Immer mit anderen Soldaten aus der bunt zusammengewürfelten Truppe, wie es bei solchen Kontingentausbildungen halt üblich ist. Man geht was trinken, spielt eine Runde Poolbillard, aber die meisten daddelten eh an ihren mitgebrachten Konsolen auf den Stuben. Wir verbrachten Stunden miteinander, auf den Gruppenfahrzeugen, die uns über den Parcours zur nächsten Station fuhren und in den knapp bemessenen Pausen. Die Tage waren fordernd. Wenig Zeit für sich selbst, da ist man kaum gewillt, davon etwas abzuknapsen und anderen zu widmen. Eine Zweckgemeinschaft … oder etwa nicht? Verband und mehr?
Unter all den Soldaten, die ich auf diesem Lehrgang kannte, beziehungsweise zu kennen glaubte, war er der einzige, bei dem mich nicht nur die Hülle interessierte, sondern der Mensch, der in ihr steckte. Wir waren nicht vereinzeln anwesend ... nur noch zusammen da ... im Doppelpack. Wir saßen nebeneinander, wir agierten in brenzligen Situationen, in die wir geworfen wurden, ohne uns zu abzusprechen. In kritischen Lagen harmonierten wir einfach. Ein Zeichen und der jeweils andere wusste, was gemeint war. Wir teilten die Verpflegung und unsere Zigaretten, wir lachten über Witze, die nur wir verstanden und trennte man uns durch die getroffene Einteilung, die täglich wechselte, schauten wir rüber, ob bei dem jeweils anderen, alles in Ordnung sei.

Dann endete der Lehrgang, und wir fuhren zurück zu den Dienststellen, aus denen wir kommandiert wurden, gingen unseren Verpflichtungen nach und verloren uns aus den Augen. Was blieb, waren Bilder in der Erinnerung.
Als der Abflugtermin näher rückte, liefen wir uns zufällig im Standort über den Weg. Wir fragten uns, wie es uns gehe und wir antworteten mit der Wahrheit. Schließlich traf das Pronomen irgendjemand nicht mehr auf uns zu. Wir betrachteten uns als Freunde.

Wir unterhielten uns, redeten über die Familien, das Leben im Allgemeinen und Dinge, die uns beschäftigten. Probleme, Sorgen, unsere Zukunftspläne. Er wollte vom Auslandverwendungszuschlag die Wohnung neu einrichten, ich ins Haus investieren. Wir sahen uns öfter in der Kantine beim Mittagessen, dann, warum auch immer, fingen wir an, uns nach Dienstschluss, rein privat zu treffen. Wir diskutierten stundenlang, gingen ins Fitnessstudio, oder schauten zusammen Filme, bevor wir am Wochenende auseinanderdrifteten.
Jeder in seine eigene Parallelwelt, denn für uns gab es ein Leben außerhalb des Kasernenzauns, was einigen nicht vergönnt ist.

„Ihr beiden verhaltet euch merkwürdig“, sagte man mir eines Tages. „Mag sein“, erwiderte ich. Woher sollten andere auch wissen, was uns verband. Es war etwas Besonderes. Wir waren nicht nur Freunde, sondern Kameraden ... ziemlich Gute sogar.

Dann kamen die Einsatzbefehle und damit der Abschied von zu Hause, der wie in jedem vorherigen und nachfolgenden Einsatz nicht problemlos verlief. Man ließ eine Menge zurück, startete ins Ungewisse und ob am Ende, so wie es oft propagiert wird, alles Gut ausging, müsste sich in der Realität noch zeigen.
Schon die ersten Tage in der Fremde machten deutlich, dass es kein Zuckerschlecken werden würde. Die Sonne, die unerlässlich auf mich niederdonnerte, flimmernde Hitze auf Straßen, die den Namen nicht verdienten, der Staub, von dem ich nicht wusste, was er transportiert und die Trockenheit. Faktoren, die den Körper zermürbten, dazu eine Auftragslage, die jeden Tag Überraschungen parat hielt. Doch ich hatte tolle Jungs und Mädels an der Seite. Zwar war mein Zug strukturell nicht gewachsen, sondern aus fünf Standorten zusammengetrommelt, aber eine schlagkräftige Kampfgemeinschaft. Schon nach einer kurzen Zeitspanne waren wir wie eine Patchwork Familie zusammengewachsen. Sie schöpften Vertrauen, nachdem wir einige brenzlige Situationen überstanden hatten, folgten den Befehlen, von denen ich hoffte, dass sie immer zur rechten Zeit, das Richtige beinhalteten. Dann gab es einen Unfall, nichts schlimmes, aber mein Stellvertreter hatte es am Arm erwischt. Ich musste ihn wohl oder übel mit Gips zurück in die Heimat entlassen.

Mir wurde ein neuer zugeteilt und als er vor mir stand, zackig grüßte, erkannte ich in ihm den Freund aus der Vorausbildung, von dem ich seit der letzten Begegnung, nichts gehört hatte. Er schien verändert, nicht nur äußerlich. Ein wild wuchernder Bart, tief in den Höhlen liegende flackernde Augen, und auf die Frage, wie es ihm ginge, bekam ich eine Antwort, von der ich wusste, dass sie nicht der Wahrheit entsprach.
Es folgten Tage, an dem wir das Land in das es uns verschlagen hatte, unser Fahrzeug, Aufträge und Vorgesetzte verfluchten. An manchen lief es besser, das hatten wir den Kopf frei, erkannten die Menschen, die uns anfangs aus dem Wege gingen, aber deren Vertrauen wir gewinnen sollten. Sahen sie mit anderen Augen. Bemerkten, das ihre Heimat, in dem wir wie Eindringlinge wirken mussten, sie geprägt hatte … gleichwohl auch uns. Meinen Freund veränderten diese Tage positiv.
Ich übertrug ihm Verantwortung und nach einer Weile füllte er die ihm zugedachte Rolle so aus, wie ich es von ihm erwartete und wie ich ihn kennengelernt hatte. Allerdings waren dazu viele Gespräche notwendig. Bald wusste ich, dass ihn die Freundin, kaum dass er aus dem Haus war, verlassen hatte, und bei einem der Kameraden aus seiner Einheit Unterschlupf fand. Aus, der Traum, von der neuen Wohnung. Geplatzt wie eine Seifenblase. Dass sich die Eltern einen Tag nach der silbernen Hochzeit, getrennt hatten und er mit der Situation völlig überfordert, fern der Heimat mit sich und all den Gedanken im Kopf, allein war. Zu allem Überfluss war er mit einer Gruppe, einige Wochen vorher in ein Gefecht verwickelt und hatte dabei einen Kameraden verloren. Er war stur und hart, lehnte eine durch mich eingeleitete Unterstützung durch einen Psychologen ab. Ich war traurig darüber, wusste um seinen weichen Kern.
Nun hatte er in meinem Team einen neuen Platz gefunden, einen, den er dankbar annahm und der ihn wieder zu dem Kameraden machte, denn ich kannte. Ich empfand es befriedigend, bei all den eigenen Problemen, auch für ihn da zu sein. Unsere Arbeit schweißte uns zusammen. Wenn ich etwas übersah, kam von ihm rechtzeitig ein Hinweis. Wurde es brenzlig, hielt er mir den Rücken frei. Wir und damit beziehe ich den ganzen Zug mit ein, waren nicht die Summe von Einzelpersonen oder Leistungen, sondern bereit, jederzeit die eigene Existenz hinten anzustellen, wenn es um den Auftrag ging. Eine Gemeinschaft, die den Bedingungen im Land und im Lager sowie den schwierigen Einsätzen des Zuges in der Box trotzte. Entschlossen, sich aufzuopfern und, sollte es verlangt sein, selbst unter Gefährdung des eigenen Lebens, dem anderen zur Seite zu stehen, „als wärs`s ein Stück von mir“, wie es im 1809 geschriebenen Lied vom guten Kameraden, von Ludwig Uhland heißt. Er war mein Buddy.

Wir waren Teil von etwas Besonderen und es machte uns stolz … Kameradschaft, ein eingespieltes Team, wie in einer tollen Geschichte. Eine mit Happy End, in der das Zusammenhaltgefühl siegt und man glücklich lebt, bis an sein Lebensende … leider nicht, da alles Leben endlich ist.

Protagonisten in einer Kurzgeschichte, geschrieben vom militärischen Alltag im Einsatz, die man sich wahrscheinlich nie erzählen würde, denn es war mit dem Kontingentwechsel plötzlich vorbei. So abrupt wie sie begann, endete sie und geriet langsam aber sicher in Vergessenheit. Bis zu dem Tag, als ich die aktuelle Verbandszeitschrift in den Händen hielt, die Augen an einem schwarzen Kreuz hängen blieben, unter dem sein Name stand.
Die Geschichte wäre nie aufgeschrieben worden, denn ich kehrte in den Alltag zurück. Ohne ihn, der in seinen verschwand ... sang und klanglos und von dem ich nichts mehr hörte, da er auf eigenen Wunsch versetzt wurde. Die Todesanzeige aber, ließ mich innehalten, zurückblicken.

Die Rückkehr war einfacher als erwartet. Ich konnte gut ohne die Männer und Frauen meiner Einheit leben. Den besonderen Kameraden an der Seite allerdings, werde ich nie vergessen. Ihm widme ich diese Kurzgeschichte. Vielleicht war seine Anwesenheit wie eine Gewohnheitssache. Wie eine tägliche Angewohnheit. Ein Morgenritual. Wie das Glas Wasser, beim Zähneputzen, das Haare waschen. Doch auch ebendiese Sachen, macht man nicht, ohne darüber nachzudenken. Und an ihn, dachte ich immer wieder.

Es ist nicht auszuschließen, dass es eine Parallelwelt gibt. Eine, die uns nicht getrennt hätte. Eine in der wir weiterhin auf dem Panzer durch zerstörte Dörfer fahren, den Spuren des Krieges folgend. Eine, in der wir uns gegenseitig sichernd, durch verstaubte Straßen laufen, hinter Hausecken einen Anschlag erwarten, und in jedem Fenster eine Überraschung auf uns warten kann. Eine in der alles so weiter läuft, wie es war. In der wir im Team zusammen arbeiten und abends beim Bier die Erlebnisse teilen.
Der gemeinsame, viel zu kurze Weg mit den Kameraden fühlt sich im Nachhinein so an, als hätten wir uns im freien Fall befunden. In einem Fass, dem der Boden fehlt. Man wusste nicht, was einen da unten erwartet. Ich hatte Glück, fiel ohne Schaden zu nehmen, zurück in die Realität. In die, in der man Geschichten wie die unsere, nicht erzählt. In die, in der ich mich in einer anderen, meiner Persönlichen befinde. In die, in der ich zurückgekommen bin und in der ich ihn zurücklassen musste. Mit Menschen, die ich kannte, bevor ich ihn richtig kennenlernen durfte.

Manche Geschichten sind wohl nicht dafür bestimmt erzählt zu sein, weil man sich in einer neuen befindet, die genauso viele schöne Seiten hat. In mir reift allerdings ein Entschluss. Ich werde sie meinen Kindern und Enkelkindern erzählen … irgendwann einmal. Sie soll nicht in Vergessenheit geraten.

Copyright © 2019 by Werner Pfeil

 

Hallo Werner,

ein sehr berührender Text! Es ist aber sehr schwer, ihn mit den normalen Kriterien zu bewerten, weil er m.E. keine wirkliche Kurzgeschichte, sondern eher eine Erinnerung, ein "Denkmal" für den Freund ist. Aber dieses ist sehr gelungen und sollte den Kindern und Enkelkindern unbedingt erzählt werden.

Hier folgen nach ein paar Anmerkungen:

dass sie immer zur rechten Zeit, das Richtige beinhalteten.
ohne Komma

Dann gab es einen Unfall, nichts schlimmes, aber mein Stellvertreter hatte es am Arm erwischt.
nichts Schlimmes

Es folgten Tage, an dem wir das Land in das es uns verschlagen hatte, unser Fahrzeug, Aufträge und Vorgesetzte verfluchten
Tage, an denen wir

An manchen lief es besser, das hatten wir den Kopf frei,
An manchen lief es besser, da hatten wir

Bemerkten, das ihre Heimat,
Bemerkten, dass ihre Heimat

Protagonisten in einer Kurzgeschichte, geschrieben vom militärischen Alltag im Einsatz,
Diese Zeit scheint mir aber länger, erfüllter als eine Kurzgeschichte gewesen zu sein! Mehr wie ein Roman.

Alles Gute und viele Grüße
Daeron

 

Daeron, ich gebe dir recht. Ich habe einen Roman "ein Sommertag im Krieg" geschrieben, aber leider war darin nicht der rechte Platz für diesen Teil, den ich deshalb in eine "Kurzgeschichte" verpackt habe ... einfach, um sie zu erhalten, denn sie ist mir wichtig. Danke für dein Feetback und alles Gute auch von mir ... wohin auch immer.

 

Hallo @Werner P. ,

mir gefällt das Thema deiner Geschichte sehr gut, auch der Schreibstil gefällt mir.
Man merkt, dass du dich mit dem Sujet sehr gut auskennst, und man interessiert sich für diese Welt, die mir persönlich fremd ist.
Auch transportierst du mit der Geschichte starke Emotionen, die sehr berühren.

Trotzdem denke ich, man könnte auch noch viel mehr aus der Geschichte machen, wenn man die weniger wichtigen Details weglässt und dafür bei der Geschichte mit dem Kameraden mehr ins Detail geht. Wenn man einzelne bezeichnende Situationen herausgreifen würde und nicht einfach schreibt, wir haben geredet, sondern wenn man diese Dialoge miterleben könnte, um sich als Leser in die Situation einzufinden.
Oder eine konkrete Beschreibung einzelner Übungen und Einsätze, Beispiele, an denen man merkt, dass man sich auf ihn verlassen konnte, damit es nicht nur behauptet wird.
Dann würde die Geschichte noch weitaus mehr wirken.

Ich hoffe, mein Kommentar hilft dir weiter.

Und zur Rechtschreibung:
Ich markiere neben dem Lesen auch Tippfehler und Grammatik, da habe ich nur bis zum ersten Absatz zitiert, weil es doch sehr viel ist.. Bitte nicht erschrecken, das sind alles nur Kleinigkeiten.
Bei Gelegenheit kann ich, wenn du möchtest, die zweite Hälfte noch korrigieren.

Nichts besonders
Nichts besonderes

im selben Standort Dienst verrichtete
am selben Standort

Hab ihn nie wirklich bemerkt, doch zog er durch seine positive, optimistische Ausstrahlung meine ganze Aufmerksamkeit auf sich.
Das sind für mich Aussagen, die sich gegenseitig ausschließen.

Ich weiß nicht, was er sonst gewesen sein könnte.
eventuell was es gewesen sein könnte?

Darüber wie es uns geht,
Darüber Komma
wie es um einem bestellt ist
wie es um einen bestellt ist

Vor allen Dingen zu irgendjemanden
zu irgendjemandem

Verband und mehr?
Verband uns mehr?

Wir waren nicht vereinzeln anwesend
einzeln?

ohne uns zu abzusprechen
das zu muss weg

ob bei dem jeweils anderen, alles in Ordnung sei.
und hier kein Komma

 

Hey @Werner P. ,

und Willkommen im Forum!

Vielleicht mal etwas ganz grundsätzliches, bevor ich dir was zu genauen Textstellen sage: Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte jetzt, dass das hier keine fiktive Geschichte ist. Vielleicht ausgeschmückt, aber definitiv mit einem wahren Kern. Dafür spricht der klare Titel und die Tatsache, dass du dich im Militärmillieu auskennst und bei eher einfacher, smalltalkhafter Sprache viele Fachbrgriffe nutzt. Und dann ist da noch die "Was wäre, wenn"-Frage. Du konzentrierst dich nicht darauf, Szenen, Ereignisse und Charaktere konkret auszuformulieren, sondern gibst sie eher als "Bauchgefühl" wieder. Als würdest du etwas beschreiben, dass du bereits kennst und ich nicht.

Deswegen mal eine Frage direkt vorweg: Bist du hier, weil dich Geschichten faszinieren? Bist du bereit, dich im Forum einzubringen, ausführlich auf deine Kommentare zu antworten und selbst zu kommentieren, und über Themen und Konflikte hinaus, die du selbst erlebt hast, zu schreiben und zu lesen? Dann wünsche ich dir viel Erfolg und auch, dass wir noch öfter voneinander lesen!

Du wirst es aber schwierig haben, wenn es dir mehr um das Erlebte und nicht um das Fiktive geht. Der Großteil der Leute hier interessiert sich nicht (sry, dass ich das so sage) für herzzerreißende Momente, die du erlebt hast, sondern für gute Geschichten. Wenn du auf deinen Geschichten standhaft bleibst und dich gegen Kritik sträubst, weil "du hast es ja erlebt und du weißt es am besten", solltest du dir vielleicht eine andere Plattform suchen. Wortkrieger.de ist dafür bekannt, dass man hier durch den Scheuersack geht :D.

Mit dem Titel habe ich eher ein Problem, weil er sehr wertend ist. Die Geschichte hat ein Recht darauf, erzählt zu werden. Warum? Damit die Welt vom Freund des Prot. erfährt und daran Anteil nehmen kann? Macht das eine Geschichte besser als andere? Und gibt es auch Geschichten, die es nicht verdient haben zu erzählen? Dass ist keine Kritik an dir, nur vielleicht an Anreiz, die Titelwahl nochmal zu überdenken.

Jetzt mal zum Text selbst:

Was sie drauf hatten, wusste ich ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht, denn das sollte die fordernde Stationsausbildung an den Tag bringen.

"Was sie drauf hatten" nehme ich jetzt einfach mal als Beispiel, wie umgangssprachlich du schreibst. So rede ich vielleicht, aber beim Schreiben geht es um Handwerk. Vielleicht kennst du den Spruch, dass es für jedes Wort, dass man sucht oder hat, noch ein besseres gibt. "Was sie konnten" oder "Wer von ihnen gut war", dürften eher den Kern treffen.

Kannte ihn nicht, obwohl er im selben Standort Dienst verrichtete.

Solange du nicht einen seltsamen Monolog verfolgst, würde ich mit "Ich kannte ihn nicht ..." beginnen. Und du solltest darüber nachdenken, ob du deinen beiden Figuren Namen geben willst. Dann kann man die ganzen Kameraden besser auseinader halten. Außerdem meine ich, dass es "am selben Standort" heißt.

Ich weiß nicht, was er sonst gewesen sein könnte.

Auch ein Satz, der extrem ungelenkig und umgangssprachlich ist.

Er war zu diesem Zeitpunkt schließlich nur irgendjemand.

Du solltest dich auch auf einen Erzähler festlegen. Wenn du schon alles erzählst, als wäre es in der Vergangenheit passiert, dann nutze das aus. "Wir traffen uns Anno Dunnemals", bla bla. Mach da einen richtigen, spezifischen Erfahrungsbericht draus, von mir aus sogar eine Akte, suche dir den Erzählrahmen selbst aus. Aber so wirkt das ganze wie etwas, dass du einem anderen Soldaten an der Bar erzählst.

Darüber wie es uns geht, doch wer sagt schon ehrlich, wie es um einem bestellt ist? Vor allen Dingen zu irgendjemanden.

doch wer sagt schon ehrlich einem Fremden ...
Damit kannst du dir den Satz danach sparen.

Wir sahen uns öfter in der Kantine beim Mittagessen, dann, warum auch immer, fingen wir an, uns nach Dienstschluss, rein privat zu treffen.

Komma nach Dienstschluss weg.

Wir diskutierten stundenlang, gingen ins Fitnessstudio, oder schauten zusammen Filme,

Komma nach Fitnessstudio weg.

Er schien verändert, nicht nur äußerlich.

Wie viel Zeit ist denn bitte seit ihrem letzten Treffen vergangen? Werde konkreter.

So viel von mir.

Liebe Grüße
Meuvind

 

„Ich hatt einen Kameraden,/ Einen bessern find'st du nit
Die Trommel schlug zum Streite,/ Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt. //
Eine Kugel kam geflogen,/ Gilt's mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,/ Er liegt mir vor den Füßen,
Als wär's ein Stück von mir. //
Will mir die Hand noch reichen,/ Derweil ich eben lad.
Kann dir die Hand nicht geben,/ Bleib du im ew'gen Leben
Mein guter Kamerad!“ Ludwig Uhland, 1809, vertont 1825​

Entschlossen, sich aufzuopfern und, sollte es verlangt sein, selbst unter Gefährdung des eigenen Lebens, dem anderen zur Seite zu stehen, „als wärs`s ein Stück von mir“, wie es im 1809 geschriebenen Lied vom guten Kameraden, von Ludwig Uhland heißt. Er war mein Buddy.

Nunja, ich hätte mir gewünscht,

lieber Werner,

Du hättest „den guten Kameraden“ nicht erwähnt, steht er doch in guter „kaiserlicher“ und ns-Tradition, dass ich schon geradezu überrascht bin, dass alte Wehrmachts-Traditionen von einer „Armee des Parlaments“ (was die Bundeswehr ja sein soll) nach drei Angriffskriegen /1870 f., 1914 ff., 1939 ff. pflegt, die bei offiziellen Anlässen bestenfalls noch am Volkstrauertag (buchstäblich) nur geblasen (Trompete!) wird zum Gedenken aller Opfer der Weltkriege – also auch vor allem der zivilen Opfer. 1809 war aber eine ganz andere Situation (5. Koalitionskrieg wider Napoleon) und der bekannteste Reim von Uhland („Zur Rechten sieht man wie zur Linken / Einen halben Türken niedersinken“) aus der „schwäbischen Kunde“ sollte jedem zu denken geben, nicht nur die letzte Strophe des Kameraden …
Sebastian Haffner hat übrigens eine weniger heldenhaft-freundliche Erfahrung mit dem Wort „Kameraden“ gemacht.

Mag das Gedicht in den Befreiungskriegen entstanden sein (vertont wurde es erst 1825!), ich weiß, dass unsere Freiheit nicht am Hindukusch verteidigt wird - besonders nach der neueren Geschichte der Indischen Union ...

Nun, @Meuvind hat schon einiges gesagt – und eine Kurzgeschichte ist das selbst in meinen Augen nicht. Hinzu kommen Schnitzer, die schon zu Anfang aufleuchten, wenn es heißt

Eine flüchtige Begegnung, eher unscheinbar. Nichts besonders
. wenn das Adjektiv „besonderes“ i. S. von „außergewöhnlich, nicht alltäglich“ mit dem Adverb „besonders“ (i. S. von „gesondert/getrennt/für sich allein, dem „insbesondere/n“ verwechselt wird. Beim mündlichen Vortrag fällt so was nicht auf, das gesprochene Wort ist flüchtig, aber in Schriftform eingefangen kann es nicht mehr entkommen!

Auf wen kann man sich in Krisensituationen, die im Einsatz unweigerlich folgen würden, verlassen, auf wen eher nicht?
Warum die „würde“-Konstruktion. Sie hat nix mit der grundgesetzlich verankerten Menschenwürde zu tun, sondern ist der Konjunktiv II des Verbes „werden“,das man bequem und korrekt statt des Konj. für ein schlichtes Futur einsetzen kann, denn wenn etwas „unweigerlich“ folgen wird ist doch der Indikativ angesagt. Unweigerlich!

Dann eine Schludrigkeit der stationierten Menschheit

Kannte ihn nicht, obwohl er im selben Standort Dienst verrichtete.
Material wird „im“ Standort gebunkert, aber Leute werden „am“ Standort stationiert.

Hier ist ein Komma nachzutragen, dass Du vom Ende des Satzes übernehmen kannst

Wir teilten die Verpflegung und unsere Zigaretten, wir lachten über Witze, die nur wir verstanden[ ,] und trennte man uns durch die getroffene Einteilung, die täglich wechselte, schauten wir rüber, ob bei dem jeweils anderen[ ...] alles in Ordnung sei.

... dann, warum auch immer, fingen wir an, uns nach Dienstschluss[...] rein privat zu treffen.
Wir diskutierten stundenlang, gingen ins Fitnessstudio[...] oder schauten zusammen Filme, bevor wir am Wochenende auseinanderdrifteten.
Ist „driften“ nicht ein falscher Begriff?

„Ihr beide[...] verhaltet euch merkwürdig“, sagte man mir eines Tages.

Wir waren nicht nur Freunde, sondern Kameraden ... ziemlich [g]ute sogar.
(Du verwechselst gleich noch mal das Gut mit dem Adjektiv gut, musstu selber gucken!)

Schon die ersten Tage in der Fremde machten deutlich, dass es kein Zuckerschlecken werden würde.
S. o., ein „werden“ reicht!

Die Sonne, die unerlässlich auf mich niederdonnerte, …
Da musstu ein außergewöhnliches Gehöre haben … Brennen, kann sie, vielleicht auch im übertragenen Sinn „knallen“, aber „donnern“????

Dann gab es einen Unfall, nichts [ S]chlimmes, aber …
..., von dem ich seit der letzten Begegnung[ ...] nichts gehört hatte.
Usw. usf.

Gleichwohl, herzlich willkommen hierorts, Werner!

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @Werner P.,

die Geschichte ist sicher etwas Besonderes, weil in ihr Erlebnisse offensichtlich kenntnisreich beschrieben werden, die nicht jeder hat. Sie erscheint mit Herzblut geschrieben, was viel wert ist, deswegen habe ich sie schließlich auch gelesen. Sie wirkt wie ein Denkmal, sagt @Daeron, da schließe ich mich an. Ein Denkmal findet mehr Bewunderer, wenn es sorgfältig gearbeitet ist. Insofern wäre es sicher ein Gewinn und im Sinne der Widmung an den Freund, wenn du da nochmal rangingest.

Generell finde ich auffällig - ich greife da die Kritik von @sveit auf - wie wenig du ins Detail gehst.
Beispiele:
-- "wir agierten in brenzligen Situationen, in die wir geworfen wurden, ohne uns zu abzusprechen."
- Was sind das für Situationen?

-- "In kritischen Lagen harmonierten wir einfach. Ein Zeichen und der jeweils andere wusste, was gemeint war."
- Wie sehen solche Lagen aus - und wie die Zeichen?

-- "Sie schöpften Vertrauen, nachdem wir einige brenzlige Situationen überstanden hatten, folgten den Befehlen, von denen ich hoffte, dass sie immer zur rechten Zeit, das Richtige beinhalteten."
- Woran sieht man das: dass sie Vertrauen schöpften? Welche brenzligen Situationen darf ich mir vorstellen? Was für Befehle werden gegeben? In welcher konkreten Situation entsteht die Frage, ob der Befehl das Richtige beinhaltet?

-- "Ich übertrug ihm Verantwortung und nach einer Weile füllte er die ihm zugedachte Rolle so aus, wie ich es von ihm erwartete und wie ich ihn kennengelernt hatte."
- Welche Verantwortung, wie füllt er die Rolle aus, woran sieht man, dass er wieder zur alten Form zurück findet?

Usw.

Dann der Titel: Der klingt ziemlich weinerlich, finde ich. Du hast mich damit zwar erst mal an den Haken gekriegt, aber nicht auf positive Weise. Ich habe mir nicht gedacht: Oh, das klingt aber spannend, sondern ich habe mir gedacht: Na, mal sehen, worüber der Autor sich jetzt beklagen will. Dabei hat die Geschichte so eine Stimmung gar nicht.

Auch der Widerspruch im Titel hat mir nicht gefallen: Eine Geschichte die nie erzählt wird - aber sie wird ja erzählt.

Dann erscheint mir die Beschwerde ("solche Geschichten müsste man erzählen, aber niemand tut es") so als Rundumschlag weitgehend gegenstandslos. Ich glaube, dass ähnlich gelagerte Geschichten (Freundschaft, Verlust, Krieg) ziemlich häufig erzählt werden. Die Geschichte von diesem einzelnen Mensch wird vielleicht gerade zum ersten Mal erzählt. Wenn der Titel in diese Richtung ginge, wäre das vielleicht was. Im Moment ist das aber eher nicht so - dazu ist der Titel zu allgemein formuliert.

Dann finde ich - immer noch zum Titel - den Sprung vom Passiv ins Aktiv nicht geglückt:
-- "Eine Geschichte, die nie erzählt wird, obwohl sie es müsste."
Eigentlich muss ja nicht die Geschichte etwas tun, sondern der Erzähler - nämlich müsste er erzählen. Man kann sich darüber streiten, ob deine Konstruktion die Form des sinnvollen Satzes sprengt oder nicht. Ich habe den Verdacht, es sprengt sie.
Man kann scheinbar sinnvoll fragen: Was muss die Geschichte? Und die Antwort könnte immerhin sein: erzählt werden.
Im nächsten Schritt möchte ich aber gerne fragen können: Na, und, hat sie es getan? - das geht dann nicht mehr sinnvoll, und da scheint mir die Form auseinanderzubrechen. Wenn sie wirklich bricht, dann würde das zeigen, dass sie im ursprünglichen Satz schon rissig ist.
Oder auch zur weiteren Veranschaulichung ein Satzgefüge ohne Sprung von Passiv zu Aktiv:
Peter hat den Hof nicht gefegt, obwohl er es müsste.
Was müsste er? - Den Hof fegen.
Und, hat er es getan? - Ja, endlich doch.

Wie auch immer die Entscheidung für oder gegen einen solchen Satz am Ende ausfällt, würde ich in jedem Fall sagen, dass er für einen griffigen Titel nicht gut geeignet ist, wenn er an so vielen Ecken Fragen aufwirft.

Ich greife mal noch ein paar einzelne Beispiel heraus, die damit zu tun haben, dass bei mir der Eindruck entstanden ist, die Geschichte sei nicht sorgfältig durchgestaltet:

-- "Hab ihn nie wirklich bemerkt, doch zog er durch seine positive, optimistische Ausstrahlung meine ganze Aufmerksamkeit auf sich."
- Klingt auf den ersten (und zweiten) Blick widersprüchlich. Eigentlich fehlt aber nur ein Wort: jetzt oder so was: Hab ihn (bisher) nie wirklich bemerkt, doch zog er jetzt durch seine positive, optimistische Ausstrahlung meine ganze Aufmerksamkeit auf sich.

Holperig finde ich auch das, was sich anschließt:
--"Ich weiß nicht, was er sonst gewesen sein könnte. Unscheinbar, jedoch präsent. Ist ja auch nicht wichtig. Er war zu diesem Zeitpunkt schließlich nur irgendjemand."
- Ich fänd es eingängiger, wenn sich der Erzähler entscheiden würde: Will er mir von der Wirkung erzählen oder davon, dass der Funke auch jetzt noch nicht richtig übergesprungen zu sein scheint? So, wie es hier steht, beißt sich das, finde ich. Zieht er nun meine ganze Aufmerksamkeit auf sich - dann ist es aber nicht mehr irgendjemand. Dazu ist ziemlich viel Leerlauf um den Kern herum: "Ich weiß nicht was ..." -- ja, dann lass es doch weg. "Ist nicht wichtig" -- dasselbe: Wenn es nicht wichtig ist, lass es weg. Oder du schreibst: war nicht wichtig. Dann sieht es schon anders aus.

-- "und man glücklich lebt, bis an sein Lebensende … leider nicht, da alles Leben endlich ist."
- Inwiefern spricht das Lebensende dagegen, dass man glücklich sein kann, bis man es erreicht? Die Begründung ist schief oder zumindest unvollständig.

Dann springe ich zum Schluss. Der erscheint mir unscharf, nicht klar konturiert. Worauf willst du hinaus? Es könnte eine Parallelwelt geben, in der sie nicht getrennt werden. Klingt erst mal gut, nach einer wünschenswerten Möglichkeit. Dann aber:
-- "Eine in der wir weiterhin auf dem Panzer durch zerstörte Dörfer fahren, den Spuren des Krieges folgend."
- jetzt weiß ich nicht mehr: Ist die Parallelwelt eine gute Alternative oder ein fortgesetzter Alptraum?

Eine Mischung vielleicht, denn ohne Gemütlichkeit ist sie offensichtlich nicht:
-- "Eine in der alles so weiter läuft, wie es war. In der wir im Team zusammen arbeiten und abends beim Bier die Erlebnisse teilen."

Aber richtig gemütlich ist es dann halt auch wieder nicht:
-- "Der gemeinsame, viel zu kurze Weg mit den Kameraden fühlt sich im Nachhinein so an, als hätten wir uns im freien Fall befunden. In einem Fass, dem der Boden fehlt."

Und schließlich: Warum werden solche Geschichten nicht erzählt? Weil sie niemand hören will? Hätte ich gedacht. Vielleicht auch, weil von harten Hunden andere Geschichten erwartet werden? Auch denkbar. Hinweise in diese Richtung streust du ja, würde ich sagen. Die Auflösung folgt schließlich keiner dieser Fährten, sondern ist banaler:
-- "Manche Geschichten sind wohl nicht dafür bestimmt erzählt zu sein, weil man sich in einer neuen befindet, die genauso viele schöne Seiten hat."
- man verliert also das Interesse am Erzählen, weil aktuell andere (schöne) Dinge wichtiger geworden sind. Das finde ich sogar nicht mal uninteressant. Auch wenn es banal sein mag im Sinne von alltäglich, dass man oft nicht festhält, was man festhalten sollte, ist das sicher kein - wie soll ich sagen: wertloser Gedanke. Meine Kritik richtet sich darauf, dass die Geschichte am Ende (für mich) eine Überraschung stehen hat, auf die zuvor wenig hindeutet. Das könnte eine Nebensache sein, wenn nicht der Titel diesem Ende besondere Bedeutung verleihen würde. Es ist nun aber nicht so, dass ich das lese und mir denke: Ah, klar, jetzt macht das alles Sinn. Sondern ich denke mir: Ja, aha, und wie knüpfe ich die verschiedenen Stränge jetzt zusammen in einen?

Besten Gruß
erdbeerschorsch

P.S.: Jetzt sehe ich gerade @Friedrichards Beitrag und da ist mir doch glatt noch etwas wieder eingefallen.
Dass der Kamerad eine Steigerung gegenüber dem Freund sei, erscheint mir etwas befremdlich. Das dann aber der Buddy sich beinahe noch als Steigerungsform des Kameraden präsentiert, hat etwas unfreiwillig Komisches.

 

Hallo @Werner P. !

Vieles zu Deinem Text geschrieben, daher beschränke ich mich auf Stellen, die mir besonders aufgefallen sind:

Ein Zeichen und der jeweils andere wusste, was gemeint war.

Eine Vertrautheit, die aus der alltäglichen, militärischen Arbeit entsteht. Es passt einfach - ohne, dass es weiterer Worte, weiterer Erklärungen bedarf.

Schließlich traf das Pronomen irgendjemand nicht mehr auf uns zu.

Hier gefällt mir die Erwähnung von "Pronomen". Deine Sprache bleibt wenig detailreich, aber auch natürlich, du versuchst nicht, besonders ausschweifend oder "literarisch" zu formulieren, die Erinnerung gehört der Sprache des Erzählers. Und doch schlägt das Militärisch-Technische des Berufsalltags durch, das die Welt des Erzählers nüchtern auseinanderdividiert. Du schreibst von Faktoren des Einsatzgebiets; und du benennst die Wortart. Seltsam, dass du ins Detail gehst, schön, dass du es tust.

Verband und mehr?

Hier las ich zuerst "Verband uns mehr?" Beabsichtigt?

Er wollte vom Auslandverwendungszuschlag

Erneut das erwähnte militärisch-technische Vokabular, das die Authenzität deiner Geschichte erhöht.

Patchwork Familie zusammengewachsen.

Aber wächst eine Patchwork-Familie zusammen? Beschreibt nicht der Begriff "Patchwork-Familie" eher das Gegenteil, das Suggerieren einer Familie aus willkürlichen Mitgliedern? Spontan hätte ich das in "Aus Patchwork zur Familie gewachsen" umformuliert, aber zufrieden wäre ich damit auch nicht, zu hölzern :hmm:.

..und als er vor mir stand, zackig grüßte, erkannte...

Am "zackig grüßte" erkennt man die Wesensänderung des Freundes.

Meinen Freund veränderten diese Tage positiv.

Das hat mich verblüfft. Der Erzähler versucht, näher an den alten Kern des Freundes, Kameradens, vorzudringen, er sieht ihn sogar, er merkt, dass sich etwas verändert hat.

***

Insgesamt mochte ich deinen Text sehr. Die Kritikpunkte bezüglich "Kurzgeschichte, ja nein?" lasse ich beiseite, subjektiv halte ich das für nicht sooooo relevant. Dein Text hat etwas abschließendes, selbsttherapeutisches an sich, er fällt nicht in den Pathos.

 

Hallo @Werner P. ,

mir gefällt das Thema deiner Geschichte sehr gut, auch der Schreibstil gefällt mir.
Man merkt, dass du dich mit dem Sujet sehr gut auskennst, und man interessiert sich für diese Welt, die mir persönlich fremd ist.
Auch transportierst du mit der Geschichte starke Emotionen, die sehr berühren.

Trotzdem denke ich, man könnte auch noch viel mehr aus der Geschichte machen, wenn man die weniger wichtigen Details weglässt und dafür bei der Geschichte mit dem Kameraden mehr ins Detail geht. Wenn man einzelne bezeichnende Situationen herausgreifen würde und nicht einfach schreibt, wir haben geredet, sondern wenn man diese Dialoge miterleben könnte, um sich als Leser in die Situation einzufinden.
Oder eine konkrete Beschreibung einzelner Übungen und Einsätze, Beispiele, an denen man merkt, dass man sich auf ihn verlassen konnte, damit es nicht nur behauptet wird.
Dann würde die Geschichte noch weitaus mehr wirken.

Ich hoffe, mein Kommentar hilft dir weiter.

Und zur Rechtschreibung:
Ich markiere neben dem Lesen auch Tippfehler und Grammatik, da habe ich nur bis zum ersten Absatz zitiert, weil es doch sehr viel ist.. Bitte nicht erschrecken, das sind alles nur Kleinigkeiten.
Bei Gelegenheit kann ich, wenn du möchtest, die zweite Hälfte noch korrigieren.


Nichts besonderes


am selben Standort


Das sind für mich Aussagen, die sich gegenseitig ausschließen.


eventuell was es gewesen sein könnte?


Darüber Komma

wie es um einen bestellt ist


zu irgendjemandem


Verband uns mehr?


einzeln?


das zu muss weg


und hier kein Komma

Vielen Dank, sicherlich ist die Geschichte noch unvollendet aber Dank der Kommentare hier, schaffe ich es irgendwann, sie einem größeren Kreis vorzustellen. Letztendlich habe ich sie nur aufgeschrieben, damit sie nicht in Vergessenheit gerät ... auch bei mir.

 

Zunächst bedanke ich mich bei allen, die diesen Text gelesen und kommentiert haben. Sicherlich steckt in den Anmerkungen vieles, was in einer Überarbeitung einfließen wird. (Rechtschreibung, Grammatik etc.)

Diese Geschichte ging mir durch den Kopf, als ich die Todesanzeige des Kameraden las. Habe mich spontan an einen Rechner gesetzt, und sie ohne ins Detail zu gehen, Worte aus dem Bauchgefühl aufgeschrieben. Das alles passierte in einer Phase, in der mein aktuelles Buch beim Lau Verlag/Olzog-edition "laufen lernte". Das aus diesen Zeilen eine Kurzgeschichte geworden ist, lag daran, dass im Buch kein Platz war. 240 Seiten, hieß die Vorgabe, die aufgrund der Druckkostenkalkulation berechnet wurde. Mir sind selbst Passagen aufgefallen, die dringend einer Überarbeitet bedürfen. Werde mich zeitnah daransetzen und all eure Anmerkungen - Vorschläge umsetzen.

 

Hi @Werner P.,

die Geschichte ist sicher etwas Besonderes, weil in ihr Erlebnisse offensichtlich kenntnisreich beschrieben werden, die nicht jeder hat. Sie erscheint mit Herzblut geschrieben, was viel wert ist, deswegen habe ich sie schließlich auch gelesen. Sie wirkt wie ein Denkmal, sagt @Daeron, da schließe ich mich an. Ein Denkmal findet mehr Bewunderer, wenn es sorgfältig gearbeitet ist. Insofern wäre es sicher ein Gewinn und im Sinne der Widmung an den Freund, wenn du da nochmal rangingest.

Generell finde ich auffällig - ich greife da die Kritik von @sveit auf - wie wenig du ins Detail gehst.
Beispiele:
-- "wir agierten in brenzligen Situationen, in die wir geworfen wurden, ohne uns zu abzusprechen."
- Was sind das für Situationen?

-- "In kritischen Lagen harmonierten wir einfach. Ein Zeichen und der jeweils andere wusste, was gemeint war."
- Wie sehen solche Lagen aus - und wie die Zeichen?

-- "Sie schöpften Vertrauen, nachdem wir einige brenzlige Situationen überstanden hatten, folgten den Befehlen, von denen ich hoffte, dass sie immer zur rechten Zeit, das Richtige beinhalteten."
- Woran sieht man das: dass sie Vertrauen schöpften? Welche brenzligen Situationen darf ich mir vorstellen? Was für Befehle werden gegeben? In welcher konkreten Situation entsteht die Frage, ob der Befehl das Richtige beinhaltet?

-- "Ich übertrug ihm Verantwortung und nach einer Weile füllte er die ihm zugedachte Rolle so aus, wie ich es von ihm erwartete und wie ich ihn kennengelernt hatte."
- Welche Verantwortung, wie füllt er die Rolle aus, woran sieht man, dass er wieder zur alten Form zurück findet?

Usw.

Dann der Titel: Der klingt ziemlich weinerlich, finde ich. Du hast mich damit zwar erst mal an den Haken gekriegt, aber nicht auf positive Weise. Ich habe mir nicht gedacht: Oh, das klingt aber spannend, sondern ich habe mir gedacht: Na, mal sehen, worüber der Autor sich jetzt beklagen will. Dabei hat die Geschichte so eine Stimmung gar nicht.

Auch der Widerspruch im Titel hat mir nicht gefallen: Eine Geschichte die nie erzählt wird - aber sie wird ja erzählt.

Dann erscheint mir die Beschwerde ("solche Geschichten müsste man erzählen, aber niemand tut es") so als Rundumschlag weitgehend gegenstandslos. Ich glaube, dass ähnlich gelagerte Geschichten (Freundschaft, Verlust, Krieg) ziemlich häufig erzählt werden. Die Geschichte von diesem einzelnen Mensch wird vielleicht gerade zum ersten Mal erzählt. Wenn der Titel in diese Richtung ginge, wäre das vielleicht was. Im Moment ist das aber eher nicht so - dazu ist der Titel zu allgemein formuliert.

Dann finde ich - immer noch zum Titel - den Sprung vom Passiv ins Aktiv nicht geglückt:
-- "Eine Geschichte, die nie erzählt wird, obwohl sie es müsste."
Eigentlich muss ja nicht die Geschichte etwas tun, sondern der Erzähler - nämlich müsste er erzählen. Man kann sich darüber streiten, ob deine Konstruktion die Form des sinnvollen Satzes sprengt oder nicht. Ich habe den Verdacht, es sprengt sie.
Man kann scheinbar sinnvoll fragen: Was muss die Geschichte? Und die Antwort könnte immerhin sein: erzählt werden.
Im nächsten Schritt möchte ich aber gerne fragen können: Na, und, hat sie es getan? - das geht dann nicht mehr sinnvoll, und da scheint mir die Form auseinanderzubrechen. Wenn sie wirklich bricht, dann würde das zeigen, dass sie im ursprünglichen Satz schon rissig ist.
Oder auch zur weiteren Veranschaulichung ein Satzgefüge ohne Sprung von Passiv zu Aktiv:
Peter hat den Hof nicht gefegt, obwohl er es müsste.
Was müsste er? - Den Hof fegen.
Und, hat er es getan? - Ja, endlich doch.

Wie auch immer die Entscheidung für oder gegen einen solchen Satz am Ende ausfällt, würde ich in jedem Fall sagen, dass er für einen griffigen Titel nicht gut geeignet ist, wenn er an so vielen Ecken Fragen aufwirft.

Ich greife mal noch ein paar einzelne Beispiel heraus, die damit zu tun haben, dass bei mir der Eindruck entstanden ist, die Geschichte sei nicht sorgfältig durchgestaltet:

-- "Hab ihn nie wirklich bemerkt, doch zog er durch seine positive, optimistische Ausstrahlung meine ganze Aufmerksamkeit auf sich."
- Klingt auf den ersten (und zweiten) Blick widersprüchlich. Eigentlich fehlt aber nur ein Wort: jetzt oder so was: Hab ihn (bisher) nie wirklich bemerkt, doch zog er jetzt durch seine positive, optimistische Ausstrahlung meine ganze Aufmerksamkeit auf sich.

Holperig finde ich auch das, was sich anschließt:
--"Ich weiß nicht, was er sonst gewesen sein könnte. Unscheinbar, jedoch präsent. Ist ja auch nicht wichtig. Er war zu diesem Zeitpunkt schließlich nur irgendjemand."
- Ich fänd es eingängiger, wenn sich der Erzähler entscheiden würde: Will er mir von der Wirkung erzählen oder davon, dass der Funke auch jetzt noch nicht richtig übergesprungen zu sein scheint? So, wie es hier steht, beißt sich das, finde ich. Zieht er nun meine ganze Aufmerksamkeit auf sich - dann ist es aber nicht mehr irgendjemand. Dazu ist ziemlich viel Leerlauf um den Kern herum: "Ich weiß nicht was ..." -- ja, dann lass es doch weg. "Ist nicht wichtig" -- dasselbe: Wenn es nicht wichtig ist, lass es weg. Oder du schreibst: war nicht wichtig. Dann sieht es schon anders aus.

-- "und man glücklich lebt, bis an sein Lebensende … leider nicht, da alles Leben endlich ist."
- Inwiefern spricht das Lebensende dagegen, dass man glücklich sein kann, bis man es erreicht? Die Begründung ist schief oder zumindest unvollständig.

Dann springe ich zum Schluss. Der erscheint mir unscharf, nicht klar konturiert. Worauf willst du hinaus? Es könnte eine Parallelwelt geben, in der sie nicht getrennt werden. Klingt erst mal gut, nach einer wünschenswerten Möglichkeit. Dann aber:
-- "Eine in der wir weiterhin auf dem Panzer durch zerstörte Dörfer fahren, den Spuren des Krieges folgend."
- jetzt weiß ich nicht mehr: Ist die Parallelwelt eine gute Alternative oder ein fortgesetzter Alptraum?

Eine Mischung vielleicht, denn ohne Gemütlichkeit ist sie offensichtlich nicht:
-- "Eine in der alles so weiter läuft, wie es war. In der wir im Team zusammen arbeiten und abends beim Bier die Erlebnisse teilen."

Aber richtig gemütlich ist es dann halt auch wieder nicht:
-- "Der gemeinsame, viel zu kurze Weg mit den Kameraden fühlt sich im Nachhinein so an, als hätten wir uns im freien Fall befunden. In einem Fass, dem der Boden fehlt."

Und schließlich: Warum werden solche Geschichten nicht erzählt? Weil sie niemand hören will? Hätte ich gedacht. Vielleicht auch, weil von harten Hunden andere Geschichten erwartet werden? Auch denkbar. Hinweise in diese Richtung streust du ja, würde ich sagen. Die Auflösung folgt schließlich keiner dieser Fährten, sondern ist banaler:
-- "Manche Geschichten sind wohl nicht dafür bestimmt erzählt zu sein, weil man sich in einer neuen befindet, die genauso viele schöne Seiten hat."
- man verliert also das Interesse am Erzählen, weil aktuell andere (schöne) Dinge wichtiger geworden sind. Das finde ich sogar nicht mal uninteressant. Auch wenn es banal sein mag im Sinne von alltäglich, dass man oft nicht festhält, was man festhalten sollte, ist das sicher kein - wie soll ich sagen: wertloser Gedanke. Meine Kritik richtet sich darauf, dass die Geschichte am Ende (für mich) eine Überraschung stehen hat, auf die zuvor wenig hindeutet. Das könnte eine Nebensache sein, wenn nicht der Titel diesem Ende besondere Bedeutung verleihen würde. Es ist nun aber nicht so, dass ich das lese und mir denke: Ah, klar, jetzt macht das alles Sinn. Sondern ich denke mir: Ja, aha, und wie knüpfe ich die verschiedenen Stränge jetzt zusammen in einen?

Besten Gruß
erdbeerschorsch

P.S.: Jetzt sehe ich gerade @Friedrichards Beitrag und da ist mir doch glatt noch etwas wieder eingefallen.
Dass der Kamerad eine Steigerung gegenüber dem Freund sei, erscheint mir etwas befremdlich. Das dann aber der Buddy sich beinahe noch als Steigerungsform des Kameraden präsentiert, hat etwas unfreiwillig Komisches.

Hallo,

vielen Dank für deine wirklich aussagekräftigen Statments, die ich "aufgesaugt" habe und die im Rahmen einer weiteren Überarbeitung Einfluss finden werden.
Möchte jedoch eines kurz erklären.

Zitat
Dann springe ich zum Schluss. Der erscheint mir unscharf, nicht klar konturiert. Worauf willst du hinaus? Es könnte eine Parallelwelt geben, in der sie nicht getrennt werden. Klingt erst mal gut, nach einer wünschenswerten Möglichkeit. Dann aber:
-- "Eine in der wir weiterhin auf dem Panzer durch zerstörte Dörfer fahren, den Spuren des Krieges folgend."
- jetzt weiß ich nicht mehr: Ist die Parallelwelt eine gute Alternative oder ein fortgesetzter Alptraum?

Zitat Ende

Viele Soldaten wünsche sich nach Einsätzen eine Rückkehr in das Land herbei, in denen sie oftmals schreckliche Dinge erlebten, herbei. Hört sich ziemlich unverständlich an, ist aber nicht so selten.
Im Einsatz, mit Kameraden an der Seite umgab sie bis dahin eine Art "Sicherheitsglocke", die ihnen zu Hause fehlt. Zu Hause jemanden vertrauen ... geht das so einfach? Dann sind gerade PTBS Soldaten abwesend, flüchten sich in die Parallelwelt. Ich bin Gott sei Dank davon verschont gewesen, aber fühle manchmal auch so, wenn ich mich an diesen Zeiten erinnere. In sofern bedeutet sie für mich und viele andere eine gute Alternativ Erlebtes aufzuarbeiten und keine Fortsetzung eines Alptraums.

 

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