Was ist neu

Eine Insel fernab jeglicher Vernunft

Mitglied
Beitritt
15.01.2003
Beiträge
10

Eine Insel fernab jeglicher Vernunft

Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich auf einer kleinen Insel mit großer Vergangenheit, auf der es die letzten Jahre und Monate einige kleinere Erdstöße gegeben hat. Die letzten Wochen hat die Häufigkeit und Wucht der Erdstöße zugenommen. Die Experten sagen schon seit Jahren voraus, dass es ein gigantisches Erdbeben geben wird, das große Zerstörungen und Verwüstungen anrichten wird.

Den genauen Zeitpunkt können Sie aber noch nicht ermitteln, die Wahrscheinlichkeit nimmt aber nach vielen Messungen und Modellrechnungen rapide zu. Momentan ist die Lage aber noch einigermaßen stabil, so dass Sie nicht sofort davonschwimmen müssen. Die Experten empfehlen den geordneten Rückzug auf das Festland.

Die führenden Politiker auf der Insel haben den Ernst der Lage lange heruntergespielt.Nun da Sie erkennen, dass die Experten die ganzen Jahre Recht hatten und die Lage bald nicht mehr beherrschbar ist und Ihnen -angesichts der Erschütterungen der letzten Wochen- die Menschen nicht mehr glauben, wollen Sie schnell handeln, um ihr angekratztes Ansehen vor weiteren Schaden zu schützen.

In aller Eile fragen die ranghöchsten Politiker ihre Bekannten aus der Wirtschaft, wie man am schnellsten und ohne großen Wirbel die Lage in den Griff bekomme und die Menschen in Sicherheit bringen könne.

Die besonders Weisen unter Ihnen, raten, eine Strategie zu erarbeiten, die alle Eventualitäten berücksichtigt, dann aber rasch umgesetzt werden kann. Wenn man gleich morgen mit der Ausarbeitung anfangen würde, könnte die Bergung in ca. 3 Monaten starten. Man gibt zu bedenken, dass Vorbereitungen zu treffen sind, wie Auswahl an Schiffen, Festlegungen wer wieviel persönliche Habe mitzunehmen hat, wo und wie die Menschen dann auf dem Festland leben werden, wie sie dort ihren Lebensunterhalt bestreiten werden, wer die Insel vor Plünderungen bewahrt, wer überhaupt die Aktion koordiniert usw.

Das dauert den Politikern alles zu lange, sie fürchten, dass die Politiker der Opposition Ihnen in diesem Chaos mit einem eigenem Plan zuvor kommen und dadurch zuviel Anerkennung erhalten. Also erhalten die Experten der Schiffswirtschaft den Zuschlag. Diese sollen in Windeseile einen Plan ausarbeiten, wie man in kürzester Zeit die meisten Menschen evakuieren kann. Der Rest ist nicht so wichtig und überhaupt bringt das einen sichtbaren Erfolg und darauf kommt es an. Alle anderen Punkte werden erst dann geklärt, wenn die Probleme denn auch wirklich aufgetreten sind. Warum die Menschen unnötig mit irgendwelchen Eventualitäten (keine Wohnung und Jobs auf dem Festland etc.) in Aufregung versetzen, am Schluß profiliert sich die Opposition noch und bringt die Macht auf dem Festland an sich.

Innerhalb einer Woche liegt der Plan vor.

Man wird demnach den angeschlagenen und daher ausgemusterten Luxusliner "Deutscher Traum" notdürftig reparieren und aufpolieren und für die Evakuierung einsetzen. Die Politiker und Bekannte nebst Familien werden im Bereich der Firstclass samt Ihrem Hausrat unterkommen.
Die Vermögenden können sich gegen Bezahlung auch einen eigenen Bereich an Deck kaufen.
Die restliche Bevölkerung wird wohl gerade so mitzunehmen sein. Für persönliche Habe ist kein Platz mehr, selbst für die Verpflegung wird´s eng. Aber was soll´s. Über die Presse wird verlautbart, dass dies der einzige Weg sei. Einigen Bedenkenträgern aus der eigenen Partei wird entgegnet, dass sie gefälligst den Plan zu unterstützen haben, anderenfalls verlieren Sie die Vorzüge der Unterbringung in der Firstclass.

Die Opposition ist größtenteils auch mit Blindheit geschlagen. Da man den Zeitdruck der herrschenden Politiker verspürt, will man unbedingt schnell ein besseres Konzept vorlegen. Daher beauftragt man Bekannte der ehemaligen Luftwirtschaft, die -angesichts der fehlenden Flugzeuge- gar nicht mehr aktiv ist, ein Gegenkonzept zu schreiben.
Dort schlägt man vor, dass drei alte Boeings wieder repariert werden und im Dauereinsatz die Bevölkerung evakuieren werden. Die Flugzeuge entsprechen zwar nicht mehr neuesten Standards, aber eine bessere Alternative gibt es halt nicht. Die Passagiere in der Firstclass -Politiker und Vermögende, die bezahlen werden- erhalten einen Fallschirm. Für die übrigen Passagiere geht das nicht, da die Anzahl begrenzt ist. Das Konzept schlägt sogar vor, alle Sitze und sonstigen Komfort -außerhalb der Firstclass- auszubauen, weil dann durch die Maschinen mehr Menschen transportiert werden können.

In der Zwischenzeit wurden die Medien der Insel reichlich mit Insiderinformationen beliefert. Längst ist ein reiner Systemstreit ausgebrochen, ob Luxusliner oder Boeings. Keiner fragt mehr, ob damit überhaupt alle Probleme gelöst werden. Es finden erste Kompromissgespräche statt. Die Schiffs- und Flugzeugtechniker finden im Fernsehen, Radio und Presse kein Gehör, dabei warnen sie vor den Folgen einer Überladung und den Folgen der Überalterung der antiquierten Gefährte. Überdies werden Sie von ihren Vorgesetzen gebremst.

Aber zum Glück gibt es da noch eine Volksinitiative, bestehend aus vernünftigen Politikern, Arbeitern, Angestellten, Unternehmern und Beratern. Sie haben vor Monaten die Ratschläge der Experten ernst genommen und eine Strategie entworfen. Da sie dies sehr gründlich und in ihrer Freizeit getan haben, ist ihr Plan noch nicht fertig. Er ist angesichts der komplexen Probleme sehr umfangreich, jeder einzelne Punkt ist aber einfach und verständlich.

Nun nachdem sie mitbekommen haben, was da durch die Mehrheit der Politiker veranstaltet wird, wollten Sie zum Allgemeinwohl ihre Strategie vorstellen. Aber welch Fehler ist Ihnen unterlaufen. Bei der ganzen Arbeit haben sie vergessen, Kontakte zu knüpfen, Aufwartungen zu machen, an Parties teilzunehmen und eine Lobby auszubauen. Zu den Medien hat man auch keinen Kontakt.

Sie werden kalt abserviert, Ihre Ideen hat niemand hören wollen. Jetzt wo sie fast fertig sind, stimmt das Parlament darüber ab, ob man nun mit einem Schiff und einer oder zwei Boeings evakuieren kann.
Sie erkennen, dass alles umsonst war und in Ihrer letzten Verzweiflung starten Sie ein Volksbegehren, dass in einer Volksabstimmung enden soll. Nach kurzem erkennen Sie bereits, dass Großteile der Bevölkerung ihrer Strategie zustimmen. Wie oft bekommen Sie zu hören:

"Warum hat uns bisher keiner so aufgeklärt, wie sie das jetzt getan haben. Endlich habe ich verstanden, was unsere Insel wirklich braucht".

Aber oh weh, mitten in Ihrer Arbeit stellen Sie fest, dass sie auf Inselebene gar keine Volksabstimmung vornehmen können, nur auf Regionalebene. Ihre Verfassung sieht das gar nicht vor. Dabei haben alle Nachbarstaaten so ein Instrument.

Alle Ihre Bemühungen sind gescheitert. In der Zwischenzeit ist die Entscheidung durch, der Luxusliner ist randvoll geladen, ebenso eine Boeing. Die Menschen ahnen bereits, dass Ihnen eine ungewisse Reise bevorsteht, aber sie haben ja keine andere Alternative .....

Und die Moral von der Geschicht:
Auch im Märchen geht es zu wie im wahren Leben, kein führender Politiker hat sich jemals den Vorschlag der Volksinitiative angehört. Dabei war er so naheliegend wie banal.

Gespannt auf die Lösung?
100 Seemeilen weiter und damit außerhalb der Erdbebenzone gibt es eine ähnliche Insel (Geografen nennen sie den Zwilling), die bisher nicht besiedelt worden ist.
Die Mitstreiter der Volksinitiative hatten eine Strategie ausgearbeitet, wie man diese in einem Zeitraum von einigen Monaten besiedeln könnte. Hierzu sollten kleine und wendige Schiffe, wie sie in der Wirtschaft üblich sind, zum Übersetzen benutzt werden. Diese hätten den Vorteil, dass sie weniger Sprit verbrauchen und es würde eine Risikoteilung stattfinden. Jeder Kapitän würde in eigener Regie sein Schiff steuern und die Gefahren beim Übersetzen würde so insgesamt minimiert.
Die Ersparnisse der Bevölkerung sollten eingesetzt werden, damit man sich über das Festland, die nötigen Materialien für Hausbau, Infrastruktur, Agrarwirtschaft sowie Industrie beschaffen könnte.
Bei der Gelegenheit wurde gleich noch die Einflussnahme der Politiker auf ein notwendiges Maß reduziert. U.a. hätte man die Höchstdauer der politischen Arbeit begrenzt, Ministerien zusammengelegt, Vorschriften vereinfacht.
Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung würde ebenfalls neu strukturiert. Statt die Einnahmen zu erhöhen oder Leistungen zu kürzen, wurde einfach festgelegt, wie hoch die prozentuale Kostenquote je Krankenversicherung sein darf. Dadurch, dass das Abrechnungssystem entbürokratisiert würde und da die Kostenquote letztlich an die Einnahmen gekoppelt wäre, hätten die Versicherer eine faire und echte Chance, dies einzuhalten.

Die frei werdenden Angestellten und Beamten würden neue Jobs beim Auf/Umbau der Insel erhalten. Das Steuersystem würde stark vereinfacht werden. Die Arbeitslosenversicherung würde über die Wirtschaft organisiert werden und somit effizienter werden und einen echten Versicherungscharakter erhalten.
Mehr Änderungen wären gar nicht notwendig gewesen und alle Menschen hätten wieder eine Hoffnung gehabt.
Natürlich wäre das auch nicht frei von Risiken, aber größer als beim Übersetzen mit den Luxusliner oder der Boeings sind wären diese auch nicht. Darüber hinaus hätte man eine gewisse Eigenständigkeit erhalten, wogegen das auf dem Festland ungewiß ist.

Selbstverständlich würde das Instrument der Volksabstimmung eingeführt, die erste Abstimmung würde festlegen, ob die neue Insel dem Festland politisch beitreten sollte oder nicht.

Aber was soll´s - es war ja nur eine Geschichte, allerdings eine aktuelle und brisante.

St.L.

 

Hi St.L.

Die Idee deiner Story gefällt mir und ich finde es auch toll, wenn volkswirtschaftliche und wirtschaftliche Themen in Kg's und/oder Romanen einzug halten (Meister dafür ist mMn Eliyahu Goldratt). Allerdings gefällt mir deine Umsetzung nicht.

Wäre diese Story nicht in KG.de, hätte ich nicht den Vorsatz, jede KG, die ich ausgedruckt habe, fertig zu lesen, hätte ich deine Story nach dem (spätestens) ersten Abschnitt weggelegt.
Du sprichst mich als Leser direkt an mit "Stellen Sie sich vor,.....". Das würde ich automatisch, wäre deine Story toll geschrieben. Deine, mMn, ist schwerfällig, manchmal auch mühsam.
Einerseits bedingt durch falsches Gross schreiben von "sie, ihr, ihnen" (nach dem 3. Abschnitt bis am Schluss des Textes beziehst du es auf die Bewohner der Inselns und nicht mehr auf den Leser)
Deine Kg ist für mich auch mehr eine Aufzählung, denn eine Geschichte.

Das am Schluss, die Moral und die Lösung hingeklatscht werden, ist auch nicht spannend.
Das könntest du, mit Hilfe eines anderen Erzählstils - Es war ein Mal auf einer Insel.... (als krasses Beispiel) - genial einflechten und den Leser sanft hinsteuern und nicht es ihm einfach vor die Füsse zu werfen.

Mit dem Schlusssatz machst du, mMn, alles kaputt und mich als Leser wütend, ich verstehe damit:
"Naja, konsumiert hast du ja nun, aber es ist dir sowieso scheiss egal"

Schade um den tollen Stoff!
Vielleicht überarbeitest du sie ja irgendwann noch.

Nichts für ungut und lieber gruss
Muchel

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom