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Eine Nacht am Kristallsee

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19.05.2004
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Eine Nacht am Kristallsee

In ausgedehnten Serpentinen wand der Weg sich über den mit weichem Gras bewachsenen Hang. Gemächlich klomm er den Berg hinauf, von dessen Höhen die dunkle Flut der Wälder sich heranwälzte, um die tiefer gelegenen Wiesen abzulösen. Der Graue Jäger hielt inne und blickte zurück auf die schlafende Stadt, wie sie sich behaglich in der Talsenke eingenistet hatte. Nur eine unter den zahllosen Siedlungen, die auf der ganzen Welt wie Pilze aus dem Boden sprossen, und bestimmt nicht eine der bedeutenden, war sie schon seit Stunden im Schatten der Nacht versunken, und nur vereinzelt blinkten noch die Lichter erhellter Fenster wie winzige Funken von der Niederung herauf. Vor langer Zeit bereits hatte er die einsamen Straßen und ihre verschlossenen Häuser hinter sich gelassen, ein jedes Träger eines Schicksals; in jedem dieser Häuser lebten Menschen mit ihren eigenen Ängsten, Hoffnungen, Träumen. Er war hier, um dafür zu sorgen, dass sie weiterhin auf diese Weise vor sich hin leben und ihren Träumen nachgehen konnten.
Der Graue Jäger – so nannten ihn die wenigen, mit denen er bisweilen Umgang pflegte. Diesen Namen, der alles über ihn verriet, was zu wissen nötig war, trug er mit Stolz, in seiner ursprünglichen Bedeutung, als ein Wächter über das Leben von Wald und Flur. In dieser Eigenschaft war er der erste und der letzte, derjenige, der die Geschöpfe der freien Welt hatte aufwachsen sehen, und immer über sie wachen würde, wo es in seiner Macht lag. Er gehörte zu den Neun, die vergessen waren, einer derer, die sich noch nicht geschlagen gaben, in dem aussichtslos erscheinenden Versuch, den Geist der Welt zu bewahren.
Mit einem sachten Schulterzucken wandte er sich von den tapfer glimmenden Lichtern der Stadt ab und setzte seinen Aufstieg fort. Er brauchte nicht zu suchen, denn er hatte diesen Weg schon unzählige Male beschritten, und das milchige Licht des Mondes, der wie eine glitzernde Münze vor dem samtenen Dunkel des sternübersäten Firmaments hing, genügte ihm, um den schmalen Pfad zu erkennen. Die Luft war erfüllt von leichter, schwebender Stille, nur hie und da durchsetzt vom melancholischen Zirpen einer Grille. Es war nicht mehr weit, und schon bald umgab den Jäger die tiefere Dämmerung des Waldes, dunkel und unnahbar, nur von Zeit zu Zeit vom flüchtigen Aufflackern eines vorüberziehenden Glühwürmchens abgelöst, einem Licht, das keine Helligkeit brachte.

Das Gelände wurde zunehmend flacher, wies auf eine Stufe hin, die über Jahrhunderte von Regen und Wind aus der Flanke des Berges geschlagen worden war, noch bevor der Wald den Hang für sich erobert hatte. Schließlich teilte sich der Wald vor ihm, als wäre ein schattiger Vorhang beiseite gezogen worden. Vor ihm erstreckte sich, dunkel und ruhig, der See. Kirschbäume in voller Blüte säumten das Ufer, schienen in weißem Feuer zu entflammen, während das silberne Licht des Mondes in ihren Kronen spielte und die Luft war erfüllt von ihren blassrosa Blütenblättern, die unendlich leicht im schwachen Windhauch schwebten. Der Duft der alten aber grazilen Bäume hing betörend in der Luft und unterstrich die magische Atmosphäre des schwarzen Wassers, auf dessen glatter Oberfläche sich das Licht der unzähligen Glühwürmchen widerspiegelte, funkelnden Juwelen gleich, die tief unter der Wasseroberfläche ihr sanftes Leuchten gen Himmel sandten.

Der Graue Jäger atmete tief durch, trat an das Ufer heran, legte den Kopf in den Nacken und stieß einen langgezogenen, weithin schallenden Ruf aus, ein Geräusch, das nicht von dieser Welt zu stammen schien, doch von einer traurigen Schönheit erfüllt, für diejenigen, die es zu deuten vermochten. Einen Herzschlag lang herrschte die Stille schwer über der Lichtung, ehe ein leises Rascheln im hohen Gras hinter ihm auf seinen Ruf antwortete. Mit einem begrüßenden Lächeln wandte er sich um und blickte in Richtung der Wesen, die dort aus dem Schutz der Bäume traten. Sie waren vollzählig, bemerkte er, als sein Blick über die Schar der zierlichen grauen Wölfe schweifte und er konnte den hilfesuchenden Blick in ihren sanften, von tiefer Trauer erfüllten Augen erkennen.

Er trat einige Schritte näher und kniete nieder, wartend, dass der Alpha-Wolf vortreten würde, um das Ritual einzuleiten. Der Anführer des Rudels war etwas größer, als seine Artgenossen, doch schien er unter einer noch schwerwiegenderen Last erdrückt zu werden, als die übrigen Tiere. Behutsam streckte der Graue Jäger eine Hand aus und strich dem Geschöpf sanft durch das zerzauste graue Fell, blickte ihm tief in die Augen und fühlte, wie seine Seele mit der des Wolfes verschmolz, verstand die ruhigen harmonischen Gedanken des Wesens, so vollkommen anders als das unruhige Chaos im Inneren der Menschen unten im Tal. Er ließ diese Gedanken durch sein Herz fließen, genoss einen Augenblick ihren Frieden, fühlte die sanfte Wildheit durch seine Seele strömen, diese Wildheit, die ihm so vertraut schien. Doch noch etwas fühlte er unter all diesen Gefühlen, etwas, das wie ein dunkler Schatten in seinem Geist verwoben schwebte. Dieses grenzenlose Leid, von dem der Wolf Erlösung bei ihm zu finden suchte, er fühlte es, als wäre es sein eigenes.

Denn dies war der Preis des friedlichen Lebens der Menschen unten im Dorf und überall auf der Welt: Der unermessliche Schmerz jener Tiere. Alle negativen Emotionen, Trauer, Verlust, Hass und Unterdrückung verblieben für eine kurze Weile im Geist des Menschen, ehe sie für gewöhnlich überwunden und vergessen wurden. Doch was geschah mit diesen Gefühlen, nachdem sie den Menschen verlassen hatten? Sie verschwanden nicht einfach ins Nichts, denn Gefühle konnten nicht zerstört werden. Stattdessen suchten sie eine neue Heimat, um dort weiterzuleben. Die Wölfe hatten das ungeheure Opfer erbracht, diese Gefühle auf sich zu nehmen, das Leid der Menschheit an ihrer Stelle zu ertragen. Es war die Aufgabe des Grauen Jägers, an jedem Vollmond den See aufzusuchen und sie von ihrer Bürde zu erlösen, um zu verhindern, dass sie daran zugrunde gingen.

Er fühlte, wie die Trauer auf ihn übersprang, sich durch seine Gedanken fraß, ehe sie auf den Widerstand seines Geistes stieß und endgültig bezähmt wurde, umgewandelt in den Stoff, aus dem die Träume sind. Mehr als einmal hätte die ungeheure Flut an Schmerz und Leid ihn beinahe zerbrochen, doch er hielt stand, ewig, wenn es sein musste. Dies war seine Natur, darin bestand sein einziger Sinn, seine eigene Existenz für die aller anderen Lebewesen hinzugeben.

Mit einem tiefen Seufzer erhob er sich und blickte die anderen Geschöpfe an, einen nach dem anderen streifte sein flüchtiger Blick. Dann trat er in die Mitte des gebildeten Halbkreises und begann zu tanzen, langsam und melancholisch, doch seltsam beruhigend. Die Luft knisterte, doch sonst blieb es vollkommen still, bis auf die leisen Atemzüge der Wölfe. Eine vertrauenerweckende Aura der seelischen Ruhe breitete sich über die grauen Geschöpfe, nahm ihre Trauer in sich auf und bannte sie in den Traum jenseits der Welt, während der See schwieg und nur stumm beobachtete. Dennoch war es der See, dem die Wölfe ihre Heilung verdankten, denn ohne ihn hätte der Graue Jäger es nicht vermocht, ihren Schmerz zu lindern.

Ein durchdringender Schrei, verloren und unglücklich, durchschnitt die gespannte Stille, erfüllt von durchaus materiellem Schmerz. Der Jäger schüttelte in kaum merklichem Bedauern den Kopf. Den Wölfen brachte das Ritual Erlösung, doch ein Wesen, das selbst den Inbegriff des Unrechts in sich trug, das sich an den gequälten Seelen der Wölfe erfreute und für ihr Leiden mitverantwortlich war, ein Wesen, das allgemein als Mensch bezeichnet wurde, wenngleich dies nicht auf alle zutraf, wurde gnadenlos in seiner Wirkung vernichtet. Es würde ein weiterer mysteriöser Todesfall bei Vollmond am See sein. Doch am Morgen würde der See selbst nicht mehr hier sein. Niemand würde jemals über den Verbleib jenes unglücklichen Besuchers erfahren. Es schmerzte den Grauen Jäger, doch er konnte nichts daran ändern und am Ende war es vielleicht doch nicht vollkommen falsch. Immerhin waren sie es, die erst all das Unglück über die Wölfe gebracht und dafür gesorgt hatten, dass ihrer nur noch wenige geblieben waren ...

Vielleicht nur Minuten, vielleicht aber auch Stunden später verlangsamte er seine fließenden Bewegungen, um schließlich vollends zur Ruhe zu kommen. Der sanfte Wind war verebbt und das Gras übersät von den gefallenen Kirschblüten. Von Osten her hellte der Himmel sich allmählich auf. Der Jäger blickte ihnen nach, als die Wölfe einer nach dem anderen mit einem letzten dankbaren Blick wieder im Schatten des Waldes verschwanden. Zuletzt lösten sich die tiefen braunen Augen des Alpha-Tieres von den seinen, dann erinnerte nichts mehr an die graue Schar. Für ein paar wenige Tage würden sie ein friedvolles glückliches Dasein führen können.

Die Aufgabe des Jägers war erledigt, bis zum nächsten Vollmond. Langsamen Schrittes wandte er sich von der beruhigenden Szenerie des unwirklichen Sees ab, um dorthin zurückzukehren, wohin er gehörte. Während des nächsten Monats würde auch er seinen Frieden finden. Nach der endlos erscheinenden Nacht kündigte sich ein sanfter Morgen an ...

 

Eine schon etwas ältere Geschichte, und vielleicht nicht unbedingt die passendste (beziehungsweise repräsentativste) für meinen ersten Beitrag hier, aber mit irgendetwas muss man ja einen Anfang machen.

Es ist möglich, das gewisse Bereiche nicht ausführlich genug behandelt worden sind, aber die Geschichte ist seinerzeit auch relativ schnell entstanden, an einem Nachmittag als Schulaufsatz, wobei Leitfragen zum Thema vorgegeben waren, die ich zwar sehr frei interpretiert habe, aber die dennoch ihre Spuren im Ablauf hinterlassen haben.

Ansonsten wünsche ich einfach mal viel Spaß beim Lesen. ;)

Ach ja, in der ursprünglichen Fassung trug der Graue Jäger den Namen Karyuki, in Anlehnung an das japanische karyudo (Jäger). :)

 

Herzlich willkommen, Imiak!

Deine Geschichte hat mir ganz gut gefallen. Das einzige, was mich ein wenig gestört hat, waren die wortgewaltigen Beschreibungen, die mich beim Lesen fast schon erschlagen haben.

Kleinigkeiten, die ich beim Lesen gefunden habe:

Glüh-würmchens
Trennstrich raus.

... um das Ritual in Gang zu setzen.
Die Formulierung passt nicht in das sprachliche Bild. Etwas in Gang setzen ist zu technisch.

 

hi imiak,

Ich habe deine Geschichte gern gelesen. Stellenweise hast du mir zu sehr beschrieben, wie zum Beispiel die Stelle, als der Jäger tanzt. Ich muss Abra da rechtgeben, hin und wieder ist die Sprache zu gewaltig, zu bildüberladen...
aber im Wesentlichen habe ich sie gern gelesen.
Ein Bild hat mir noch missfallen - das mit der Bergflanke, ich bin jetzt zu faul, um nach oben zu scrollen, aber irgendwie war der Hang aus dem Berg geschlagen... das passt mir nicht zu den Gezeiten, zum Wind... :)

Alles in Allem aber ein schöner Einstand - willkommen auf kurzgeschichten.de, poste doch mal eine deiner anderen, "repräsentativeren" Geschichten!

lieben Gruß,
vita

 

Vielen Dank für die Kritik. *verbeug* Freut mich wirklich, dass die Geschichte bis auf die erwähnten Mängel gefallen hat. :)

Ich möchte mich dann gleich mal den Verbesserungsvorschlägen widmen.
Die Sache mit dem Ritual hab ich inzwischen versucht, zu ändern, ich hoffe, dass es so jetzt etwas besser passt, auch wenn sich bestimmt noch eine stimmigere Beschreibung finden ließe.

Wo wir schon bei stimmig sind, möchte ich gleich einmal zum Sprachstil kommen. Ich gebe zu, dass einige Stellen vielleicht etwas zu bombastisch oder pathetisch ausgefallen sind, auch wenn ich schon Texte fabriziert habe, die in der Hinsicht noch wesentlich heftiger waren. :hmm: Schlicht gesagt handelt es sich dabei um ein allgemeines Problem, mit dem ich immer wieder zu kämpfen habe, da es wohl kaum einen Text von mir gibt, der nicht mit möglichst eindrucksvollen Bildern spielt. Ich versuche das normalerweise so zu begründen, dass meine Geschichten meistens eher auf Stimmmung und Atmosphäre aufbauen, auf kurzen (impressionistischen?) Einblicken, weniger auf einer durchgehenden Handlung (jedenfalls soweit es die Kurzgeschichten betrifft). Dadurch kommen dann solche Konstruktionen zustande, die vielleicht ein gutes Bild der Szenerie vermitteln, im Gegenzug aber den Verlauf der Handlung gehörig verlangsamen. Ich versuche wirklich, einen Mittelweg zu finden, ohne dabei auf Kosten der Details kürzen zu müssen, aber gerade bei einem bereits vorhandenen Text ist das oft sehr schwierig.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass dies eben mein persönlicher Stil ist, auch wenn ich mir manchmal durchaus eine leichtfüßigere, herzlichere Sprache wünschen würde. Ich arbeite jedenfalls daran. ;)

Ein Bild hat mir noch missfallen - das mit der Bergflanke, ich bin jetzt zu faul, um nach oben zu scrollen, aber irgendwie war der Hang aus dem Berg geschlagen... das passt mir nicht zu den Gezeiten, zum Wind...
Die Intention dabei war eigentlich, die Gewalt der (Natur-)Elemente möglichst eindrucksvoll rüberzubringen. Geschlagen klingt einfach respektvoller, als etwa ausgewaschen oder ähnliches. Vielleicht wäre geschliffen aber ein Kompromiss?

... poste doch mal eine deiner anderen, "repräsentativeren" Geschichten!
Vorausgesetzt, dass es soetwas wie eine repräsentativere Geschichte denn gibt, werde ich das gerne tun, beziehungsweise hätte es früher oder später ohnedies vorgehabt. :)

 

Hi Imiak und herzlich Willkommen auf Kg.de,

ich kann nur sagen, dass ich Deinen Einstand gelungen finde und ich mich schon auf Deine anderen Werke freue.
Was die Sprache angeht, gebe ich den anderen Beiden recht. An einigen Stellen ist es etwas zu dick aufgetragen.

Die kleine Stadt, nur eine von vielen in dieser weiten Welt und bestimmt nicht eine der bedeutenden, war schon seit Stunden im Schatten der Nacht versunken und nur vereinzelt blinkten noch die Lichter erhellter Fenster wie winzige Funken von der Niederung herauf.

Ein recht langer Satz. Vorschlag Punkt nach versunken; und streichen

Würde diese Stelle flüssiger machen.

Gruß
Jörg

 

Kurz: Der Text ist sprachlich geziert, überladen mit Adjektiven, teilweise unlogisch und die Metaphern stimmen auch nicht immer.

Symptom: Du hast den typischen Amateurfehler begangen und Prosa mit Poesie verwechselt.

Tipp: Versuche es mal mit einem weniger poetischen Stil, oder ziehe Gedichteschreiben in Erwägung.

Klaus
(heute kurz angebunden)

 

Hi,

Angriff der Killeradjektive! Ich gehöre eigentlich nicht zu den Leuten, die bei den ersten drei Adjektiven schon "streichen" schreien, aber Dein Text hat derer echt ein paar zu viele. Und für meinen Geschmack überhaupt ein bisschen viel schwülstige Beschreibung.

Dabei blieb für mich das Verständnis dann etwas auf der Strecke. Gut, der graue Jäger, den ich jetzt als so eine Art Werwolf verstanden habe, schleicht sich also einmal im Monat aus der Stadt und trifft sich mit den echten Wölfen, um gemeinsam einen Menschen zu töten, quasi um Abbitte zu leisten für die bösen Menschen, die den Wölfen nur schlechtes tun. Aber wer stirbt denn da eigentlich ? Wer ist der neue Tote am See? Oder hab ich da was falsch verstanden und das "Opfer" besteht einzig und allein im Wolf-Werden des Werwolfs?

Könntest Du nicht das Dilemma des grauen Jägers etwas deutlicher machen, indem Du beschreibst, wer da jetzt den Wölfen zum Opfer fällt? Vielleicht ist es ja tragischerweise jemand, den der graue Jäger in seiner menschlichen Gestalt kennt und mag? Ein Freund, ein Nachbar, die hübsche Bäckerstochter, mit der er gern flirtet?

Dann kannst Du, ohne an Stimmung zu verlieren, auf einige der doch sehr blumigen Beschreibungen darüber, wie niedergeschlagen doch alle sind, gut verzichten, weil die Tragik dann einfach aus der Geschichte selbst deutlich wird.

lg,
Jutta

 
Zuletzt bearbeitet:

@ Jynx: Okay, ich seh mir die beschriebenen Stellen auf jeden Fall nochmals an und werd sehen, was sich machen lässt, auch bezüglich kürzerer Sätze. Wobei ich doch anmerken möchte, was die generelle Missgunst langer Schachtelsätze angeht: Solange der Inhalt dabei überschaubar bleibt (eventuelle Wirrnisse liegen hier, denke ich, nicht in der Sprache begründet), sehe ich keinen negativen Aspekt an mitunter halbseitenfüllenden Satzbauwerken. Kann sein, dass der Lesefluss dadurch ein wenig langsamer wird, aber mir behagt diese Variante ehrlich gesagt eher, als kurze Schulaufsatzkonstruktionen. Wo es wirklich zu viel wird, mach ich mich aber mal an die Korrektur.

War das eine der Vorgaben - Stoff, aus dem Träume sind?
Nein, dabei handelt es sich um eine eigene Ausschmückung. Die Vorgaben waren als Leitfragen definiert, von denen ich mich nur noch an die folgenden erinnern kann: "Was tut diese Person bei Vollmond?" "Handelt es sich um einen guten oder einen bösen Menschen?" und "Wer schreit da so?" Das Ganze in Anlehnung an H.C. Artmanns Da bese Gärtner, wo bei Vollmond eben ein böser Gärtner auszieht, um sämtliche Felder der Umgebung zu verwüsten, bis das "Blut" der Pflanzen von der Sichel schreit.
So gesehen ist eine Interpretation in Richtung perönlicher Werwolfsdefinition schon etwas abwegig ... :D

@ Sternenkratzer: Das eine schließt doch das andere nicht aus, oder? (Soll ja auch so etwas wie poetische Prosa geben ;)). Worum es sich hier handelt, ist meines Erachtens weniger ein Amateurfehler, als schlicht und einfach mein individueller Stil. Kann sein, dass diese Schreibweise nicht mehr zeitgemäß ist und eher in die Romantik oder in frühe Hesse-Zeiten passt denn ins sprachlich aufgelockerte einundzwanzigste Jahrhundert, aber damit muss ich wohl leben. Man möge es vielleicht als Gedicht in Prosaform betrachten, dort wo es die Landschaftsbeschreibungen betrifft.
Dass gewisse Stellen wirklich etwas überladen sind, ist mir durchaus bewusst, von sprachlicher Geziertheit zu sprechen, halte ich allerdings für etwas übertrieben. Und die Metaphern - ich weiß nicht, welches Beispiel du jetzt im Auge hast, aber gerade Metaphern dürfen ja stellenweise durchaus etwas außerhalb der Norm liegen und freier interpretiert werden, solange die Absicht erhalten bleibt. Vielleicht ist ein unerwarteter Vergleich mitunter gar nicht einmal so negativ zu werten, immerhin liegt ja gerade darin der Reiz der Metapher.

Kurzum, das Symptom lautet hier wohl eher, ohne Rücksicht auf Verluste möglichst viel Sprache auf möglichst engem Raum unterbringen zu wollen, was bestimmt nicht die beste Art und Weise ist, auf einen Text zuzugehen (abhängig von der jeweiligen Intention). Dass das nicht immer gut geht, ist glaube ich nur logisch, aber ich spreche wohl aus Erfahrung, wenn ich behaupte, dass es in der Beziehung wesentlich Schlimmeres gibt.
Weniger poetische Texte gibt es im übrigen durchaus von mir, aber die passen dann nicht mehr ganz zum Thema Kurzgeschichte ...

@Missy: Okay, ich gebe mich geschlagen. Ich will mich nicht wiederholen, daher einfach nur so viel: Ich seh mir die Sache nochmals durch, ändere gegebenenfalls gewisse Stellen, ansonsten ist dies aber eben mein persönlicher Stil. Ich lebe nun mal von möglichst atmosphärischen (?) Beschreibungen und der Sprache als Werkzeug, ein Stil à la Nick Hornby liegt mir nunmal leider nicht (obwohl ich dergleichen gerne lese). Aber man kann ja mal abwarten, was die Zukunft bringt, nicht? ;)

Was den Inhalt betrifft, hast du wohl etwas zuviel hineininterpretiert beziehungsweise die Grundaussage übersehen. Niemand wird hier umgebracht und um Vergeltung geht es ebenfalls nicht (ich wüsste auch nicht, wie man einen vorsätzlichen Mord aus der Sache herauslesen sollte), sondern es ist letztlich nicht mehr und nicht weniger, als ein völlig friedliches Ritual, durch das die Wölfe von ihrer Last (die sie freiwillig übernehmen!) befreit werden sollen. Dass dabei Energien frei werden, die ein "Normalsterblicher" nicht ganz unbeschadet übersteht, ist sicher nicht weiter verwunderlich. Dabei handelt es sich aber quasi um eine unbeabsichtigte Nebenwirkung (die Identität spielt hier auch keine übermäßige Rolle, wie die relativ nüchterne Beschreibung der Tatsachen erkennen lässt); weder die Wölfe noch der Jäger befinden sich auf einem derart niedrigen Niveau, dass sie an Vergeltung und Rache denken würden.
Die Sache mit dem Werwolf wird zwar im Text nicht dementiert und darf auch ruhig entsprechend ausgelegt werden, von der Absicht her sollte der Graue Jäger aber eher vom traditionellen Werwolfsmythos abweichen, wie man hier nachlesen kann:

Der Graue Jäger – so nannten ihn die wenigen, mit denen er bisweilen Umgang pflegte. Diesen Namen, der alles über ihn verriet, was zu wissen nötig war, trug er mit Stolz, in seiner ursprünglichen Bedeutung, als ein Wächter über das Leben von Wald und Flur.

 
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Imiak...

Du musst wissen, was du willst. Natürlich kannst du sagen, ihr könnt mich alle mal, ich lasse meine Geschichte so, wie sie ist, das ist mein individueller Stil.
Du kannst natürlich auch sagen, danke, dass ihr euch Gedanken macht und viel Zeit eures Lebens damit verbringt, mir eine Kritik zu schreiben, ihr habt mit euren Anmerkungen sicher irgendwo Recht, ich denke mir das mal durch.

Es gibt Leute, die können mit deiner Art zu schreiben etwas anfangen, es gibt Leute, die können das nicht. Du kannst davon ausgehen, dass erstere wesentlich seltener sind als letztere. Du musst dich ganz klar entscheiden, was du willst. Willst du deine Geschichte so stehen lassen wie sie ist, in ihrem ganzen überladenen, verschnörkelten Stil, oder willst du sie deinen Lesern zuliebe so ändern, dass diese sie verstehen können?
Ich habe die Begabung, instinktiv durch Worte zu sehen und den Sinn dahinter zu erahnen, ohne dass es mich Mühe kostet. Daher ist deine verschnörkelte Sprache gar kein Problem, das ich persönlich habe. Aber - wenn sich ein Leser deine Geschichte durchliest, so wie Missy es getan hat, sich Gedanken dazu macht und einen Vorschlag formuliert - was viele hier getan haben - und du sagst "nee, will ich nicht, das ist mein Stil", dann kommt mir das gelinde gesagt ein wenig unfreundlich, wenn nicht sogar arrogant vor.
Wie lange schreibst du, dass du deinen Stil zu kennen glaubst? Du gehst noch zur Schule, warum bearbeitest du die Geschichte nicht mal den Änderungen entsprechend und guckst, was dann passiert?

Damit will ich jetzt gar nicht sagen, dass ich dich unhöflich finde - ich finde deine Art, Verbesserungsvorschläge auszuschlagen, sehr charmant. Ich denke nur, dass du mal versuchen solltest, sie umzusetzen - denn sogar, wenn es dir nicht gefällt, hast du auf jeden Fall etwas draus gelernt...

Gruß,
vita

 

Ich blicke leider auch nicht durch, was da nun eigentlich passiert, und welchen Regeln es folgt, was da passiert.
Die seelischen Ausdünstungen der Menschen aus der Stadt werden von den Wölfen aufgefangen, und die müssen sie dann auch wieder loswerden. Soweit, so seltsam, aber zumindest noch klar.
Aber was das Ritual angeht, kapituliere ich. Da verstehe ich nur noch Bahnhof. Erst gehen die negativen Emotionen auf den Jäger über, und dann ... äh, ja, was dann? Auch ich hatte den Eindruck, da wird einer umgebracht, wobei ich nicht begriffen habe, wo er herkam und wer er war.

Imiak schrieb:
Was den Inhalt betrifft, hast du wohl etwas zuviel hineininterpretiert beziehungsweise die Grundaussage übersehen. Niemand wird hier umgebracht und um Vergeltung geht es ebenfalls nicht (ich wüsste auch nicht, wie man einen vorsätzlichen Mord aus der Sache herauslesen sollte), sondern es ist letztlich nicht mehr und nicht weniger, als ein völlig friedliches Ritual, durch das die Wölfe von ihrer Last (die sie freiwillig übernehmen!) befreit werden sollen.
Und was soll ich dann mit diesem Satz anfangen:
Es würde ein weiterer mysteriöser Todesfall bei Vollmond am See sein.
?

r

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo vita,

Sorry, wenn ich mich missverständlich ausgedrückt habe. Ich weiß sehr wohl, was es bedeutet, sich die Zeit zu nehmen und eine Kritik zu schreiben, und ich weiß das sehr wohl zu schätzen, ebenso wie Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf ausbaufähige Passagen.

Nein, ich will das auf gar keinen Fall einfach beiseite schieben, sondern wollte einfach meine persönliche Einstellung dazu darlegen. Ich weiß, dass mein Stil stellenweise überladen ist und bin natürlich bereit, die Sache zu überarbeiten, aber bei einem Text, der bereits über ein Jahr alt ist, fällt das etwas schwer, weil man sich einfach daran gewöhnt hat. Ich wüsste auch nicht wirklich, wie ich diesen Text im speziellen sprachlich ändern sollte (inhaltliche Lücken natürlich ausgenommen), ohne dass dabei die Atmosphäre darunter leidet. (Weshalb ich einige Kritikpunkte auch zwar berechtigt, aber doch etwas krass formuliert fand.)

Im übrigen wollte ich wirklich nicht arrogant oder ungewillt wirken mit der Bemerkung, das es sich dabei um meinen Stil handelt, sondern eben andeuten, was du selbst gesagt hast: Es gibt vermutlich relativ wenige Leute, die mit dieser Art der Beschreibung etwas anfangen können, aber solange es eben diese wenigen gibt und ich selbst damit zufrieden bin, ist das wiederum für mich ausreichend. Es glaube niemand, ich würde mir diese Ratschläge nicht für zukünftige Texte zu Herzen nehmen, aber würde ich jeden Text dem Publikum zuliebe von Grund auf ändern, wäre davon wohl nicht mehr viel zu halten, außer vielleicht auf kommerzieller Ebene.
Was nicht heißt, dass ich nicht für mich sinnvolle Veränderungen vornehmen würde. Jeder muss sich weiterentwickeln. ;)

P.S.: Nein, ich bin kein Schüler, schon seit einem Jahr nicht mehr, die Option bleibt mir also nicht (den Text nochmals ansehen zu lassen, meine ich). Da der Text dementsprechend bereits anderthalb Jahre alt ist, kann ich glaub ich doch behaupten, dass es sich dabei zumindest um meinen momentanen Schreibstil handelt. Was nicht bedeutet, dass ich nicht etwas leichtere Kost auf meiner Festplatte rumliegen hab. ;)

 

@Relysium:
Bei näherem Hinsehen kommt das vielleicht wirklich nicht ganz klar heraus. Es geht darum, dass der Jäger als höheres Wesen (oder etwas in der Art) die Last der Wölfe auf sich nehmen und "neutralisieren" kann (um es chemisch auszudrücken). Diese Stelle soll einfach den allgemeinen Vorgang beschreiben, als der Jäger in Kontakt mit dem Alpha-Wolf tritt. Einen normalen Menschen würden sofort die ganzen Ängste usw. befallen, bei ihm verschwinden sie quasi wirkungslos ins Nichts.
Der darauffolgende Tanz ist dann erst der eigentliche Akt der Reinigung/Befreiung. Dieses Ritual löscht die negativen Emotionen im näheren Umkreis einfach aus (beziehunsweise wandelt sie in den erwähnten "Stoff aus dem die Träume sind" um), was bei einem Menschen, der sich gerade in der Nähe aufhält, fatale Folgen hat.

Zu der Sache mit dem mysteriösen Todesfall am See bleibt eigentlich nur zu sagen, dass es sich dabei um jemanden handelt, der durch einen unglücklichen Zufall ausgerechnet in dieser Nacht einen Spaziergang im Wald unternommen hat und dabei in den Wirkungskreis des Rituals kommt. Die ganze Sache wäre an sich unnötig, aber durch die damals von der Aufgabenstellung zu erklärende Frage "wer denn da so schreit" hat dieser offenbar nicht ganz schlüssige Teil seinen Weg in die Geschichte gefunden. Mal sehen, ob ich das noch besser erkläre oder lieber ganz aus dem Text nehme ...

 

Der Weg stieg gemächlich an, wand sich über den mit hohem weichem Gras bewachsenen Hang, stetig emporklimmend, ehe die dunkle Flut der Wälder sich von oben heranwälzte und die sanften Wiesen ablöste.

Widerspruch (in einem Satz!): "stieg gemächlich an" und „stetig emporklimmend" sind nicht dasselbe. Schiefe Metapher: Wälder wälzen nicht heran.

Der Graue Jäger hielt inne und blickte zurück in die schlafende Stadt im Schatten des Berges. Vor langer Zeit bereits hatte er die einsamen Straßen und ihre verschlossenen Häuser hinter sich gelassen,

Floskel/Logik: Kann nicht so lange her sein, da er ja gerade auf sie blickt.

Und so weiter.

Auf die Adjektive wurdest du bereits mehrfach aufmerksam gemacht. Auch dass der Inhalt anscheinend nicht verständlich beim Leser ankommt. Und trotzdem

Worum es sich hier handelt, ist meines Erachtens weniger ein Amateurfehler, als schlicht und einfach mein individueller Stil.

Was nichts anderes bedeutet, dass du fehlerbehaftetes Schreiben als deinen "individuellen Stil" betrachtest. Kann dich niemand daran hindern, wenn ich auch bezweifle, dass du das meintest.

Du bist, das entnehme ich einem Vorkommentar, Schüler; also noch recht jung. Ich werde dir etwas Unangenehmes verraten. Schreiben ist zu einem hohen Anteil ein Handwerk. Nicht nur, aber doch. Und ein Handwerk muss man erlernen.

Klaus

 

Hi imiak,

Ich weiß, dass mein Stil stellenweise überladen ist und bin natürlich bereit, die Sache zu überarbeiten, aber bei einem Text, der bereits über ein Jahr alt ist, fällt das etwas schwer
Hier widerspreche ich dir eiskalt. Ich überarbeite gerade meinen Roman - den habe ich mit zwölf Jahren geschrieben und überarbeite seitdem. Seit der letzten Clinch-Runde ist ein gutes Jahr vergangen - und wie viel habe ich dazugelernt...

Tipp - überarbeite. Unbedingt. Schiefe Metaphern sind immer zu viele in einem Text. Stilblüten, über die du heute lachst.
Vorschlag: Änder den Text! Mach ihn so, wie du ihn heute schreiben würdest. Du kannst die alte Version ja speichern...

Gruß
vita

 
Zuletzt bearbeitet:

@Sternenkratzer:

Widerspruch (in einem Satz!): "stieg gemächlich an" und „stetig emporklimmend" sind nicht dasselbe. Schiefe Metapher: Wälder wälzen nicht heran.
Ersteres wurde gerade eben einer mehr oder minder ausführlichen Überarbeitung unterzogen. Letzteres halte ich nicht eben für falsch, wenn man sich den Wald als (lebendiges) Ganzes denkt, von der Bergkuppe her die Bewegung nach unten nachvollzieht, ein wenig personifiziert ... IN meinen Augen noch der geringste Fehler.

Floskel/Logik: Kann nicht so lange her sein, da er ja gerade auf sie blickt.
Von einer erhöhten Position aus kann man die Landschaft noch recht lange im Auge behalten, insbesondere wenn der Wald, der eventuell die Sicht versperren könnte, noch oberhalb gelegen ist.

Adjektive lassen sich zum Teil eliminieren, machen aber gerade bei manchen Beschreibungen erst die Lebendigkeit aus beziehungsweise sind überhaupt erst für die beabsichtigte Stimmung zuständig. Vielleicht reicht es ja, wenn ich nochmals versichere, dass ich daran arbeite, aber ob eine Grille nunmal melancholisch oder munter zirpt, ist eben ein Unterschied, ebenso, ob ein Wolf über kahlen Boden tritt oder raschelnd hinter hohen Grasbüscheln hervortritt, die vielleicht auch noch sachte im Wind wippen. (Vorsicht, Adjektive!)

Noch einmal: Die Fehler werden überarbeitet, soweit der Geschichte zuträglich, ich bin also der letzte, der nicht über einen Ratschlag nachdenkt, aber als Amateur lasse ich mich dadurch noch lange nicht hinstellen. (Andere schaffen es ja offensichtlich auch, ihre Meinung abzugeben, ohne auf derlei Abstufungen zurückgreifen zu müssen.) Ich weiß auch nicht wie es möglich ist, dass du zwar aus einem Vorkommentar entnimmst, dass ich Schüler bin, nicht jedoch meinem Folgekommentar, in dem ich selbiges widerlege. Sorry, ich bin Student (was jetzt weder gut noch schlecht bewertet sein soll), also keineswegs so jung, um nicht zu wissen, wovon ich schreibe. Ja, das Schriftstellertum ist ein Handwerk, das erlernt sein will, und ich darf behaupten, meinen Teil gelernt zu haben.

Der Fehler lag wohl eher bei mir, dass ich gerade diesen Text als ersten hier veröffentlicht habe, der schon vor zu langer Zeit verfasst wurde, als dass ich die Mängel noch im Kopf gehabt hätte. Schade nur, dass darüber andere, möglicherweise bessere Texte bisher unbeachtet geblieben sind, aber darüber kann ich mich wohl kaum beschweren ... :hmm:

@vita: Da stimme ich dir unbedingt zu, und bei einem Roman würde ich es durchaus in Erwägung ziehen, nicht jedoch bei einem vergleichsweise unbedeutenden (für mich) Text wie diesem hier. In diesem Fall ist es wohl besser, komplett von vorne anzufangen ...

 

Gegen objektive Adjektive hat keiner was (blau, steil, verdorrt etc.) aber subjektive Adjektive (schön, widerlich, melancholisch) haben das Problem, daß sie dem Leser eine Sichtweise aufoktroyieren, die nicht die seine ist und daher in Gefahr sind, nicht angenommen zu werden.
Wobei subjektive Adjektive sehr gut angenommen werden, wenn aus einer subjektiven Perspektive erzählt wird. Deswegen finde ich auch nicht, daß obiger Text generell an zuvielen Adjektiven oder Metaphern kranken würde. Hier und da mal eines, das vielleicht zuviel ist, aber im großen und ganzen kann ich mich mit diesem Stil durchaus anfreunden.

r

 

Hi Imiak,

hm, "Amateur" ist kein Schimpfwort oder eine Herabwürdigung. Amateur bedeutet einfach, dass man etwas als Hobby betreibt und nicht unbedingt Geld damit verdient, zumindest nicht genug, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. In diesem Sinne sind wohl die meisten von uns Amateure, was das Schreiben angeht. Über die Qualität der Arbeit sagt das erstmal nichts aus.

In wie weit Schreiben ein Handwerk und damit erlernbar ist, und wieviel davon Kunst und irgendwie talentabhängig oder naturgegeben ist, sei mal dahingestellt.

Gegen gute und stimmungsvolle Beschreibungen ist nichts zu sagen. Wenn die gekonnt sind, tragen die durchaus zu einer Geschichte bei. Bei Deiner Geschichte finde ich aber, vor allem nach Deinen nachträglichen Erläuterungen, dass da ja gar niemand stirbt, sondern es sich um ein friedliches, einvernehmliches Ritual zwischen den Wölfen und dem grauen Jäger handelt, dass die erzeugte Stimmung gar nicht zur Geschichte passt.

Nach den Beschreibungen hätte ich erwartet, dass da jetzt was ganz tragisches, melodramatisches passiert, nicht, dass das eine monatliche Routine ist.

Ich finde aber, dass er durch die Überarbeitung auf jeden Fall schon besser geworden ist.

lg,
Jutta

 

Hi Rely,

... aber subjektive Adjektive (...) haben das Problem, daß sie dem Leser eine Sichtweise aufoktroyieren, die nicht die seine ist und daher in Gefahr sind, nicht angenommen zu werden.
Dann haben wir es hier aber mit einem ziemlichen Dilemma zu tun. Gerade bei einer Schilderung alltäglicher Gegebenheiten sind ja viele Stimmungen zulässig. Vom Leser kann beispielsweise Nacht sowohl als angenehm wie unheimlich empfunden werden, Stille bedrückend oder erleichternd, das Zirpen einer Grill romantisch oder einsam. Da der Autor aber eine bestimmte Stimmung im Sinn hat, muss er dem Leser dann und wann auch subjektive Adjektive zumuten, ob diese dann seinen Wünschen entsprechen oder nicht. Auch, wenn die Sichtweise eine objektive sein sollte, was hier ja wie gesagt nicht der Fall ist.


Und nochmal hallo Missy,

"Amateur" ist kein Schimpfwort oder eine Herabwürdigung. Amateur bedeutet einfach, dass man etwas als Hobby betreibt und nicht unbedingt Geld damit verdient.
Stimmt schon, aber im heutigen Sprachgebrauch haben die Bezeichnungen "Amateur", "Dilettant" und dergleichen ungeachtet ihrer ursprünglichen Bedeutung doch einen relativ negativen Beiklang. Möge mir also verziehen sein, wenn ich es so auffasse/aufgefasst habe. ;)

In wie weit Schreiben ein Handwerk und damit erlernbar ist, und wieviel davon Kunst und irgendwie talentabhängig oder naturgegeben ist, sei mal dahingestellt.
Ich würde mal behaupten, ein Normalsterblicher kann weder ohne das eine, noch das andere auskommen. Handwerk alleine ist einem guten Sachbuch bestimmt zuträglich (trifft allerdings auch nicht uneingeschränkt zu), bei allem, was darüber hinaus geht, bleibt ein Text ohne intuitives Geschick/Talent schlicht und einfach ohne jede Seele (oder wie man es sonst ausdrücken will).

vor allem nach Deinen nachträglichen Erläuterungen, dass da ja gar niemand stirbt, sondern es sich um ein friedliches, einvernehmliches Ritual zwischen den Wölfen und dem grauen Jäger handelt, dass die erzeugte Stimmung gar nicht zur Geschichte passt.
Doch, doch, natürlich stirbt jemand, insofern hat es schon seine Richtigkeit. NUr handelt es sich eben nicht um einen vorsätzlichen Ritualmord, sondern lediglich einen "Unfall", auch wenn der im Kontext durchaus seine Bedeutung haben mag (wie Illu sehr schön interpretiert hat).
Als "Routine" würde ich es auch nicht bezeichnen, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass nichts Dramatisches geschieht. Der Vorgang an sich ist ja so gesehen schon ungewöhnlich genug, ob nun einmalig oder meinetwegen im Drei-Tage-Rhytmus, und um in Routine auszuarten, ist die seelische Verbindung, die ja dabei eine große Rolle spielt, doch etwas zu tief.

Ich seh schon, je mehr ich darüber schreibe, um so unzufriedener bin ich selbst mit der Erzählung. :hmm: Das schreit nach einer mehr oder weniger kompletten Neufassung ... Jedenfalls sobald ich die momentan in Arbeit befindliche Geschichte abgeschlossen habe. :)

P.S.: Ich hab mir rein interessehalber gestern einmal den Hermann Hesse hergenommen und Adjektive gezählt ... Bei 33 Zeilen zu je etwa 50 Zeichen bin ich auf über 35 Stück gestoßen. Also dürften wohl auch renommierte Schreiberlinge ihre diesbezüglichen Schwächen vorzuweisen haben. ;)

 

Imiak schrieb:
Da der Autor aber eine bestimmte Stimmung im Sinn hat, muss er dem Leser dann und wann auch subjektive Adjektive zumuten

Falsch. Jedenfalls was der Vermitteln von Stimmungen anbegeht. Eine weitere Grundregel lautet deshalb "Zeigen, nicht erklären", bzw. "Show, don't tell". Der Grund für diese Regel ist recht einfach. Eine dynamische Handlung erzeugt Atmosphäre und zieht den Leser mit, eine statische nicht. (Adjektive sind ihrem Wesen nach statisch.)

Klaus

 

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