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Eine Nacht in San Franzisko

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19.03.2003
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Eine Nacht in San Franzisko

Eine Nacht in San Franzisko (überarbeitet)

Eine Nacht in San Franzisko

Ich fuhr mit einem Mietwagen den Pacific Coast Highway Richtung Norden von Los Angeles nach San Franzisko. Die kurvenreiche Küstenstraße führte an schönen Stränden und Klippen vorbei. Ich hatte keine Eile, hielt an den ausgeschilderten Aussichtspunkten an, um zu rasten.
Die wunderschönen Strände lagen einsam und verlassen da. Badegäste waren hier selten zu sehen, denn selbst bei schönem Wetter hatte das Meer hier kaum höhere Temperaturen als 15 Grad Celsius. Vereinzelt sah ich Spaziergänger am Strand oder an den mit dem Auto leicht zugänglichen Stellen Surfer. Die Brandung toste und die Luft klebte von der Gischt. Ich stand oben auf den Klippen, sah auf den Horizont. Der Himmel über der See war bezogen, wie so oft.
Weit draußen durchbrach die Sonne vereinzelt die Wolkendecke. Ich sah ein Liebespaar, eng umschlungen. Bei seinem Anblick fröstelte ich.
„Es könnte alles so schön sein“, dachte ich, als mir der Wind ihre hellen Laute zutrug.
„Dieser Scheißkerl hat alles kaputt gemacht“, fluchte ich laut gegen die Elemente an. Da war sie wieder, diese kalte Wut, die ich so sehr versucht hatte, zu unterdrücken.
„Verdammt!“ Ich suchte hilflos irgendeinen Gegenstand, den ich zertrümmern konnte, so wie da meine Welt in Scherben lag. Aber hier am Aussichtspunkt war nichts, woran ich meine Wut ablassen konnte, außer vielleicht die mich auslachenden Möwen.
„Ja, lacht ihr nur über mich.“ Ich fühlte den Stachel meiner Kränkung so tief in meinem Herzen dass ich blind vor Zorn an Rache dachte.
In meiner Fantasie wollte ich ihn leiden sehen, sosehr leiden lassen, wie auch ich litt.
„Nur zu“, kreischten die Möwen.
Ich stieg wieder in mein Auto und fuhr weiter. Ich verschwendete keinen Blick auf die Golden Gate Bridge, ließ sie links liegen und umrundete damit die Nordspitze der Halbinsel. Das Meer an ihrer Seite war jetzt die San Francisco Bay. Ich folgte der Ausschilderung Fisherman`s Wharf. Dort angekommen hielt ich vor dem Holiday Inn. Der Hoteldoorman kam sofort, öffnete die Wagentür und nahm meine Autoschlüssel entgegen, um dann meinen Mercedes wegzufahren. An der Rezeption checkte ich ein: „Misses Sullivan, Ihre Zimmernummer ist 212. Sie haben einen direkten Blick auf den Hafen.“
„Danke schön, “ antwortete ich, nahm die Keycard entgegen. Mit dem Lift gelang ich in den second floor. Es roch es nach Fisch aus der Küche und mein Magen krampfte sich vor Hunger zusammen.
Im ganzen Hotel wirkte es unheimlich still. Mein Gepäck befand sich bereits auf dem Zimmer und auch ein mexikanisches Zimmermädchen, das mir beim Auspacken behilflich sein wollte. Entnervt winkte ich ab. „Gibt es noch was warmes zu essen?“, fragte ich sie stattdessen.
„Nein Miss, die Küche hat um 22.00 Uhr bereits geschlossen. Aber ich könnte einen kalten Imbiss für sie herrichten lassen.“
„Nein danke. Ich werde es noch woanders versuchen“ , sagte ich und gab dem Mädchen ein Trinkgeld.

Ich sehnte mich so sehr nach einer Dusche, dass ich meine Kleidung achtlos auf den Boden fallen ließ. Unter der heißen Dusche spülte ich den Staub der Straße fort. Ich überlegte mir, welche Schritte ich zu unternehmen hätte, um meine Rache zu vollenden. Das Wasser rann über mein Gesicht und mit ihm überschwemmte mich die Erinnerung:
Hilflos hatte er mir seinen Betrug gestanden, nach Verzeihung und Verständnis gewimmert. Ich hatte es schon lange geahnt. Ihm vorgehalten. Nachspioniert. Die Beweise präsentiert.
„So leicht mache ich es dir nicht!“, hatte ich ihm daher entgegen geschleudert, „Dein Schuldgefühl einfach durch ein erpresstes Geständnis bei mir abzuladen reicht mir nicht als Entschuldigung für diesen Betrug! Wie soll ich dir je wieder vertrauen? Wenn ich mit dir schlafe, werde ich mich fragen: hat sie ihn auch so berührt? Hat sie ihn erregt? Was hat sie, was ich nicht habe? Liebt er mich, schläft er mit mir, oder in Gedanken nur mit der anderen.“
„Nein es ist nicht so wie du denkst, “ stöhnte er damals gequält auf. „Ich liebe nur dich!“
Um es zu beweisen bedrängte er mich, riss mir Kleid und Unterwäsche vom Leib und nahm mich. Erstaunlicherweise erregte mich meine Wut unermesslich. Seine Gewalt, mit der er mich überzeugen wollte, hatte etwas. Ich erwiderte sie ihm, indem ich ihn biss und kratzte. Ich genoss seine Schreie, die ihn dazu trieben immer heftiger in mich zu stoßen. Unsere Wut gipfelte in einem Höhepunkt aus Hass und Enttäuschung. Fast hätte ich ihm deswegen verziehen, aber, als er weinte wie ein kleines Kind, war meine Empörung über seinen Verrat wieder erwacht. Ich krallte meine rechte Hand in seine Haare und riss seinen Kopf von mir hoch.
„Verschwinde!“ zischte ich ihn an.
Es war absurd, es war unser geilster Fick seit Jahren und ich jagte ihn davon.

Ich hatte eine vage Vorstellung warum.

Wir waren so verliebt und berauscht von unseren Sinnen gewesen. Unvorstellbar, dass uns je etwas trennen könnte. Und doch war es passiert: er betrog mich.
Das schmerzte. So sehr, dass ich mich aufbrezelte, ein Taxi nahm und in das italienische Viertel der Stadt fuhr. Dort reihten sich die Bars und Striptease Lokale aneinander.
In der ersten Bar wurde ich gleich von einem großen dunkelhaarigen Mann auf einen Drink eingeladen. Er sah gut aus, ohne Zweifel. Er taxierte mich, sah meine wippenden Brüste über dem schwarzen Lack der Korsage. Seine Augen stierten mich an und ich sah, wie das Weiß in seine Augen stieg, doch er war nicht der Richtige. So ging ich von Bar zu Bar. Viele Männer umgarnten mich, geizten nicht mit Zweideutigkeiten. Aber keiner konnte mich so richtig scharf machen. Es zermürbte mich und nachdem ich den letzten Lackaffen loswurde, nahm ich ein Taxi und fuhr über die Golden Gate Bridge nach Sausalito. Dort hatten wir in einem romantischen Hausboot gelebt.
Mein Gott waren wir glücklich. Hippies waren wir, so losgelöst von Raum und Zeit, wie man es nur sein konnte, wenn man nur für den Moment lebte: Ich sah uns, wie wir uns anfassten. Jede Körperregion des anderen erfassten. Es gab keine Tabus. Er vögelte mich, als wäre ich einzigartig und ich fand mit meiner Zunge jede Pore, jede Öffnung, in die man eindringen konnte. Wenn wir uns liebten, versank alles: Es gab nur uns. Glühende Messer, die in die Haut schnitten, mal sanft und liebkosend, mal herrlich schmerzend. Unsere wunden Leiber erhielten keine Pause. Warum auch?
Alles andere verschwand. Unsere Leidenschaft aufeinander, wurde nur gebremst, wenn Hunger und Durst verlangten, gestillt zu werden. Aber auch beim Essen, beknabberten wir uns. Tauschten den Speisebrei in unseren Mündern, verteilten den Wein auf unsere Körper, um ihn zusammen mit dem Schweiß des anderen aufzulecken.

Ich saß in diesem Taxi und mein Schoß wurde bei dieser Erinnerung feucht. Ich sah an der Uferstraße die Hausbootkolonie, in der wir gelebt hatten, sah die Veränderung: Aus den Booten waren schwimmende Häuser mit allem Komfort geworden. Das, was ursprünglich unser Lebensgefühl hier geprägt hatte, war untergegangen. Nur ein Hauch von dem, was wir hier erleben durften, war noch zu erahnen. Wehmütig betrachtete ich die schwimmenden Luxushäuser.
Vielleicht hat unsere Ehe und auch der Alltag unsere Liebe in etwas Komfortables und Bequemes verwandelt? Dieser Gedanke beschäftigte mich, denn: alles war selbstverständlich geworden. Tatsächlich lebten wir seit Jahren nebenher, rieben uns aneinander auf, enttäuscht von dem, was von unseren Idealen übrig geblieben war. Starrköpfig und kompromisslos bissen wir die Zähne zusammen, um so etwas...,etwas wie Harmonie, künstlich zu erhalten.
Ja, ich konnte es mir eingestehen: Mit seinem Betrug hatte er als erster zugegeben, was im Grunde schon lange Wahrheit gewesen ist: Wir verstanden es nicht mehr, uns zu fesseln und zu begehren. Es gab nur noch Gewohnheit. Keine Liebe. Die Erkenntnis, unsere Liebe war schon vor vielen Jahren verloren gegangen, beflügelte mich. Wusste ich doch: Der abgerissene Strick könnte geknotet werden. Die Enden mussten nur dort zusammentreffen, wo sie sich verloren hatten.
„Zum Flughafen,,“ orderte ich den Taxifahrer an. „Ich muss die nächste Maschine nach L.A. erreichen. Ich habe dort was Dringendes zu erledigen.“
Der Taxifahrer zuckte gleichgültig mit den Schultern, gab Gas.

 

Hi Goldene Dame,

interessante Geschichte mit einer überraschenden Wendung. Wer schreibt heute noch so einen Schluss - *smile* - finde ich echt gut.

Am Anfang sind mir der Wegbeschreibungen zuviel und deshalb ist mir zuwenig "leben" in der Story . Zwar machen sie neugierig, warum sie denn da solange fährt - aber trotzdem zuu viele. Das mit dem Leben, einer ausgepägteren Handlung könnte meiner Meinung nach an einigen Stellen noch mehr sein. Die Atmosphäre in den Bars, die Gespräche mit den Männern. Ihre Wut vor den besuchen der Bars, ihre Resignation nachher, als sie sieht dass es nicht klappt - vielleicht noch etwas mehr...von ihr, so wie du es nachher bei den gedanken an den streit und die schönen tag des anfangs so super interessant beschreibst..

die Story an sich gefällt mir - aber es kann noch mehr daraus werden...finde ich zumindest...

viele grüße, streicher

 

Hallo Streicher,
mir kam auch in den Sinn, dass sich meine Geschichte anfangs zu sehr nach Reisebericht anhört. Ich wollte aber auch mal was gut recheriertes machen, also nicht nur aus dem Bauch heraus. Dabei habe ich wohl übertrieben. Mit dem zuwenig Leben in der Geschichte gebe ich dir auch recht, da kann man mehr machen. Ich denk noch mal drüber nach.
Tja, was das Ende betrifft......,
ich denke ein Happy End ist gar nicht so antiquiert.Wenn ich z.B über Sehnsüchte schreibe, möchte ich die auch am Ende gestillt wissen.
Meine Geschichte , soll hier auch den langen Weg zeigen, den man oft nehmen muß, um Sehnsüchte zu erkennen. Wie du dir sie erfüllst, bleibt offen. Aber das man sie erfüllen kann, soll Hoffnung bringen.
Daher finde ich Happy Ends prima :)
Viele Grüße,
von Petra :)

 

Hallo Goldene Dame,

Nur mal nebenbei: Entscheide Dich bei San Fran-c/z-isco für eine Schreibweise. Am besten die englische Variante, das eingedeutschte ist schon etwas seltsam. Sonst müsstest Du ja eigentlich auch "Los Andscheles" schreiben... :rolleyes:

Gruss,

I3en

 

Hmm, 13en
Manchmal schreibe ich wie ich spreche. ;)
Danke für deinen Hinweis
Gruß
Goldene Dame:)

 

Hallo Leute, ich habe die Geschichte inhaltlich noch mal überarbeitet.

LG
Goldene Dame

 

lach

:cool: ....

@marius, zu deiner kritik an meiner kritik: fein schlaugeschwätzt (kennst du das wort?)... vielleicht solltest mal darüber nachdenken, ob es zwischen keiner antwort und doktorarbeiten wie deiner kritik noch eine mitte geben muss, damit geschichten hier überhaupt response erfahren..auch im slang schreiben ist ne leistung - außerdem bin ich im pott geboren - du entschuldigst?

die bitten:
- wenn du meine grammatik & co kritisieren willst - such dir ne geschichte von mir (da darfst du dann auch zeigen, was DU alles drauf hast)
- ansonsten unterlasse es
- vertief dich etwas in einfache benimmregeln..ist gar nicht so schwer..

grüße, streicher

 

Hallo Marius,
Vielen Dank für deine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Text.
Da dir die Geschichte gefallen hat, freue ich mich, obwohl es wohl auch reichlich zu überarbeiten gibt, wie ich sehe.
Übrigens bin ich diese Strecke wirklich gefahren, kann mich aber nicht mehr so genau daran erinnern. Daher habe ich alles recherchiert und mir wieder in Erinnerung gebracht. :D

Ich werde deine Anregungen auch gerne überdenken.
Da gehört aber noch viel Überlegung zu, um den Geist meiner Geschichte wieder zu finden. Es ist schon so lange her. Fast ein fremder Text, den ich heute so nicht mehr geschrieben hätte.

Mit deiner Kritik an Streicher bist du ein wenig zu harsch gewesen:
Zu der Zeit war ich noch neu bei KG.de und eine Kritik wie deine hätte mich verschreckt ;) Aber ich finde es nett, dass du mir helfen wolltest.;)
Heute verschreckt sie mich nicht mehr, weiß ich doch dass ich gut bin *lach*
@streicher

Marius wollte mir tatkräftig zur Seite stehen. Bitte gib ihm noch Kredit. Denn vieles an dem, was er bemängelt, meint er nicht

fein schlaugeschwätzt
sondern er ist ernsthaft bemüht, seine Erfahrungen zu teilen.

Liebe Grüße an Euch
Goldene Dame

 

Überarbeitung

Ich habe diese Geschichte praktisch neu geschrieben.
Vielen Dank an Marius, der mir sehr geholfen hat. Auch wenn ich seine Vorschläge nicht alle übernommen habe, waren sie doch inspirierend.

 

Nicht nur Mörder, Goldene Dame, auch Liebende zieht es magisch zum Ort der „Tat“ zurück. Und wie jene dabei oft erwischt werden, so erwischt es auch deine Protagonistin: sie lässt sich von den schönen Erinnerungen überwältigen, ist bereit, die Beziehung zu kitten, oder, wie du sagst, wieder zusammen zu knoten - das ist wohl der Kern deiner Geschichte.

Aber um uns das zu sagen, benutzt du zu viele Wörter, zu viele Szenen versperren die Sicht auf das Wesentliche, die Geschichte beginnt für mich erst mit dem Absatz „Ich sehnte mich so sehr nach einer Dusche …“.

Ich habe die erste Fassung nicht gelesen und offenbar hast du schon Einiges gestrichen, trotzdem würde ich mich nicht scheuen, weiter den Rotstift anzusetzen und alles Überflüssige streichen – die Beschreibung der Landschaft kannst du vielleicht in einer anderen Geschichte unterbringen.

Dion

 

Hi Dion,
Es kommt immer darauf an, was das Wesentliche ist. Diese Geschichte ist eine von meinen ersten und ich hatte noch nicht so sehr den Blick fürs Wesentliche, wie heute. :D
Gleichzeitig habe ich Stil und Sprache weiter entwickelt, so dass ich mich auch in dieser Hinsicht mit der ersten Fassung nicht mehr identifizieren konnte. Ich habe die Geschichte daher ein wenig angepasst. Damals ist es meine Intention gewesen, die Wut über den Ehebruch darzulegen. Was mir misslungen ist. Heute würde ich lieber den Wert auf schonungslose Ehrlichkeit und Offenheit in einer Beziehung legen. Das Happy-End am Ende ist im wesentlichen das einzig Romantische der Geschichte. Was du siehst, ist vielleicht nicht das beste Ergebnis, doch ich fühler mich damit wohler, als vorher.
Liebe Grüße
Goldene Dame

 

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