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Eine normale Busfahrt?

Beitritt
30.04.2004
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Eine normale Busfahrt?

Laut und ohne Pause prasseln die Regentropfen auf meinen roten Regenschirm. Gut, dass ich ihn heute morgen doch mitgenommen habe, sonst wäre ich jetzt sicher total durchnässt.
Nervös schaue ich auf die Uhr: 12.43 Uhr. Der Bus hat schon 3 Minuten Verspätung. Durch den Regenvorhang spähe ich die Straße hinunter. Doch außer Häusern, Autos und Menschen sehe ich nichts. Kein Bus.
Ich mag Busfahren sowieso nicht. Allein schon die Busfahrer, die immer so unfreundlich sind. Und diese stickige Luft. Gräßlich!
Ich blicke zum Himmel hinauf: Grau, alles grau. Kein Weiß oder gar blauer Himmel. Ein Herbstgrau eben.
Ich blicke wieder die Straße hinunter. Von Weitem sehe ich es leuchten: "Linie 13". Na endlich! Lange halte ich es in dieser Kälte auch nicht mehr aus! 12.46 Uhr. Zu spät, wie immer.
Der Bus hält und ich krame nach meiner Busfahrkarte. Die Tür öffnet sich. Ich atme noch einmal die frische Regenluft ein, falte den Schirm zusammen und bereite mich auf die stickige Busluft vor.
Als ich dem Busfahrer meine Karte zeige, nickt er ... und lächelt!
Sicher habe ich gerade einen irritierten Gesichtsausdruck - ein lächelnder Busfahrer? Auch die gewohnt stickige Luft ist nicht ganz so drückend. Habe ich irgendwas nicht mitbekommen?
Verwirrt schaue ich mich nach einem Platz um. Lauter Jugendliche mit Stöpseln in den Ohren. Zu denen brauch ich gar nicht zu schauen. Die lassen lieber ihren Rucksack sitzen als eine fremde Person. Das dumpfe Dröhnen der viel zu laut gestellten Discmans dringt in meine Ohren. Dass die keinen Hörschaden bekommen. Überhaupt, was für eine Musik!
Ruckend setzt sich der Bus in Bewegung. Ich stolpere leicht vorwärts und kann mich gerade noch an einem Sitz festhalten, auf dem ein Mädchen sitzt.
Unauffällig mustere ich sie: schwarz gefärbte Haare, schwarz geschminkt und auch sonst ist alles schwarz an ihr. Von diesen "Grufties", wie man sie nennt, hört man sonst nur gruseliges. Geistergbeschwörungen, Schlägereien und sowas.
Die lässt mich sicher nicht sitzen. Außerdem, wer weiß, was sie so alles in ihrem Rucksack hat! Bei der Jugend heutzutage weiß man ja nie...
"Möchten Sie sitzen?". Verwundert schaue ich das Mädchen an, die gerade ihren Rucksack vom Sitz nimmt und ihn unter ihren Platz schiebt. Ich schaue sicher wieder irritiert. "Ja...ja...danke", sage ich etwas leise und setze mich.
Ein bisschen nervös bin ich doch. Vor allem, als das Mädchen ihren Rucksack hervorholt. Sie wird doch jetzt keine Rauchen? Mitten im Bus! Nachher betet sie noch zu Satan...
Doch das Mädchen holt ein Buch heraus, im schwarzen Umschlag. Da stehn sicher Zaubersprüche drin. Als sie es öffnet, traue ich mich doch, kurz hineinzuschielen. Was ich da sehe, erstaunt mich noch mehr: lauter Formeln, Zahlen, x und y... Erleichert atme ich auf. Ein Mathebuch!
Während Häuser und Bäume an uns vorbeirauschen schaue ich mich um: etwas weiter schräg vorne sitzt eine junge Frau auf dem Vierer. Sie hat die Augen geschlossen, nur das nervöse drehen der Ringe an ihren Fingern, verrät, dass sie wach ist. Neben ihr sitzt ein junger Mann, in etwa ihrem Alter. Er schaut starr geradeaus.
Die beiden sind sicher ein Paar. Ob sie sich gerade gestritten haben? Ist ja bekannt, dass Beziehungen zwischen jungen Leuten nie lange halten, kein Wunder dass die deutsche Bevölkerung immer weniger wird.
"Ich freu mich schon auf unseren Tag an der Nordsee heute, Schatz." Die junge Frau öffnet die Augen und schaut den Mann neben ihr an. "Ja, besser kann man ein 7-jähriges Jubiläum kaum feiern!"
Der Bus hält und die beiden stehen auf um auszusteigen. Ein leichtes Bäuchlein kann man unter ihrer Jacke erkennen.
"Entschuldigung, aber ich muss hier raus." Ich reiße meinen Blick los und stehe auf, um dem Mädchen mit dem Mathebuch Platz zu machen. "Danke" lächelt sie.
Eine junge Türkin und ihre kleine Tochter steigen vorne ein. Sie bleiben vor meinem Sitz stehen. "Sie darf?", fragt die Frau und deutet auf den leeren Platz neben mir. "Klar!", sage ich und nicke. Das kleine Mädchen schaut mich ängstlich an, doch nachdem ihre Mutter ihr etwas auf türkisch zugflüstert, setzt sie sich neben mich, ihren weißen Teddy fest im Arm.
Süße große Augen hat sie.
Der Bus setzt sich wieder in Bewegung. Durch den Ruck erschreckt, lässt das kleine Mädchen ihren Teddy fallen, er rutscht gleich einige Reihen nach vorne. "Ah, Ma-ma!!!", weint sie.
Ich schaue dem Teddy nach. Ein großer Mann mit kurz geschorenen Haaren und schweren Stiefeln fängt ihn auf.
Gleich wird er den Teddy zerreißen! Er sieht aus wie ein Skinhead. Das arme Mädchen!
Auch die Mutter schaut etwas ängstlich. Doch der Mann klopft den Dreck etwas ab und reicht dem Mädchen ihren Teddy zurück: "Hier, bitte!". Sofort schließt sie ihn wieder in ihre Arme. "Dan-ke.", sagt die Mutter und schaut bestimmt genauso glücklich wie ihre Tochter.

Der Bus hält erneut. Ich nehme meinen Schirm und verlasse den Bus. Der Himmel ist blau und die Sonne scheint.

 

Hallo!
Eine amüsante Geschichte bei der ich allerdings ein paar sprachliche Unsauberkeiten entdeckt habe.
"Verwundert schaue ich das Mädchen an, die gerade ihren Rucksack vom Sitz nimmt und ihn darunter schiebt."
Den Satz habe ich nicht verstanden. Wen schiebt sie wo runter? Und dann noch ein Satz der mich stolpern ließ:
"Zu denen brauch ich mich gar nicht schauen." Da hat sich sicher ein kleiner Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen. ;)
Aber mal abgesehen davon, hat mir deine Geschichte gut gefallen. Wie deine Protagonistin immer wieder vom Gegenteil ihrer Vorurteile übereugt wird, finde ich klasse. Allerdings finde ich, übertreibts du es etwas. Der Mann am Ende, der aussah wie ein Nazi, fand ich etwas zu dick aufgetragen.
Aber die Idee ist toll!
Grüße, bluna

 

Hallo bluna!

Danke für deine Kritik! Deine sprachlichen Anmerkungen habe ich so gut es ging geändert.
Ja, vielleicht war der Skinhead wirklich ein bisschen zu dick aufgetragen, aber ganz ehrlich, mir viel auf die Schnelle kein weiteres Vorurteil ein...
Naja, ich steh ja noch am Anfang meiner "Autorenkarriere" ;)

Glori

 

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